Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen/Leopold Joseph Marie, Reichsgraf von Daun
Einer der größten Feldherren Oesterreichs und dessen
hülfreicher Genius, gekrönt mit unverwelklichen Siegeslorbeern,
welcher dem Klange des Namens eines altberühmten
Geschlechts neuen Glanz verlieh. Schon der
Vater Wierig Philipp Lorenz Reichsgraf von Daun
hatte sich im spanischen Erbfolgekriege rühmlichst hervorgethan
und ausgezeichnet. Der Sohn wurde in
Wien geboren und ursprünglich für den Dienst der
Kirche bestimmt, für den er aber in seinen Knaben- und
Jünglingsjahren nicht die mindeste Neigung zeigte.
Leopold wurde Maltheserritter, dann aber Soldat; ein
solcher war und blieb er mit Leib und Seele. Von
seiner Jugend an sah er Oesterreichs Militairmacht stets
unter den Waffen; Krieg in der Türkei, Kampf in
Ungarn, Krieg in Spanien, der nordische Krieg und
des eigenen Vaters Ruhm, der Ruhm Prinz Eugen’s – das
alles wirkte mächtig und anziehend, und schnell
durchlief Daun die unteren Grade militärischen Ranges;
mit zwanzig Jahren war er schon Oberst. Als ein
Janitscharenaufruhr im Jahr 1730 Mahmud I. auf
den türkischen Kaiserthron erhoben hatte, endete der der
Türkei durch Eugen’s glänzende Siege abgenöthigte
Frieden mit der Pforte; sie wurde 1736 von Oesterreich
und Rußland zugleich mit Krieg überzogen; Daun
machte diesen Feldzug unter dem Obercommando des
Marschall von Seckendorf mit, zeichnete sich bei jeder
Gelegenheit aus, stieg zum General-Major und kehrte
nach dem übereilten Separtfriedensschluß Oesterreichs
zu Belgrad, 1739 als General-Feldmarschall-Lieutenant
zurück. Im folgenden Jahre starb Kaiser Karl VI.;
durch dessen Tod kam seine Tochter Maria Theresia in
harte Bedrängniß, denn von allen Seiten wurde ihr
Erbrecht auf die österreichischen Staaten angefochten; der
österreichische Erbfolgekrieg entbrannte und währte acht
lange Jahre. Dieser Krieg bot Daun volle Gelegenheit,
sich auf das ruhmvollste auszuzeichnen; er kämpfte
erst gegen Preußen, dann folgte er den Fahnen des
Erzherzogs Karl von Lothringen gegen die Franzosen,
und that sich in allen seinen kriegerischen Unternehmungen
ebenso sehr durch persönliche Tapferkeit, als
durch eine kluge Vorsicht hervor, die nicht nutzlos
Truppen opfert und gern der Alten weisen Spruch
[Ξ] befolgt, dem fliehenden Feind goldene Brücken zu
bauen. Die bewährte Taktik jenes Helden des Alterthums,
Fabius Maximus, war in vielen auch die des
General-Feldmarschall-Lieutenant von Daun; der Lohn
seiner Thaten war die Ernennung zum Feldzeugmeister
und Hofkriegsrath nebst der Hand einer liebenswürdigen
Dame, Gräfin Fuchs, welche Maria Theresia ihrer
besonderen Freundschaft würdigte. In den wenigen
Friedensjahren zwischen dem österreichischen Erbfolgekrieg
und dem Ausbruch des siebenjährigen Kriegs
stand Daun mit an der Spitze der trefflichen Einrichtungen,
welche seine Kaiserin ihrem Heerwesen zu
geben unablässig bemüht war. Sie lohnte ihm mit
dem Orden des goldenen Vließes und ernannte ihn,
als der Krieg begonnen hatte, 1757 zum Feldmarschall.
Jetzt begann für Daun die glänzendste Epoche des
Ruhmes und der Heldenthaten. In der denkwürdigen
Schlacht bei Kolin am 18. Juni 1757, die schon fast
für Preußens Heldenkönig entschieden war, wendeten
ein strategischer Mißgriff desselben und Daun’s heldenmüthige
Tapferkeit Oesterreich den Sieg zu. Im folgenden
Jahre war es der Ueberfall bei Hochkirch, am
14. Oct., welcher nach dem unglücklichen Ausgang des
Kampfes bei Zorndorf für Friedrich II. und sein Heer
so überaus unheilvoll ausfiel. Hätte Daun diesen
großen Sieg benutzt und den geschlagenen Feind hartnäckig
verfolgt, so wäre der Krieg ein siebenjähriger
nicht geworden. Daß er es unterließ, hat ihm harten
Tadel zugezogen, hauptsächlich weil der errungene Sieg,
da der König sich wieder verstärkte, ohne Folgen blieb.
Der Sieg hatte aber viele blutige Opfer gekostet, selbst
die Reihen der hohen Officiere waren stark gelichtet,
und dem wahren Helden gereicht edle Mäßigung zuletzt
mehr zum Ruhme, als planloses morden und hinschlachten
eines unterlegenen Feindes. Im Jahr 1759
war es Daun, der am 21. Nov. den preußischen General
Fink mit einer Macht von 12,000 Mann umzingelte
und ihn sammt allen seinen Truppen gefangen
nahm. Und obschon die verlorene Schlacht bei Torgau,
3. Nov. 1760 ihm einen Theil seiner Lorbeern entriß,
so erkannte doch die Kaiserin und das Vaterland Daun’s
Heroenthum willig an. Nach der Schlacht bei Kolin
stiftete erstere zum unvergeßlichen Andenken dieser
Schlacht den Marie-Theresien-Orden, und das erste
Kreuz dieses Ordens schmückte Daun’s Brust. Schon
vor dem Siege bei Hochkirch wurde eine Ehrenmedaille
auf Daun geprägt, deren Durchmesser 4 Zoll beträgt
und deren Avers das volle kräftige und doch milde
Brustbild des Helden im Harnisch zeigt über drei verschlungenen
Kränzen von Eichen-, Lorbeer- und Palmlaub,
während die Inschrift ihn als Oesterreichs ersten
Heerführer nennt. Der Revers zeigt eine, die finstern
Wolken zertheilende Sonne über gebirgischer Landschaft
mit befestigter Stadt im Hintergrunde, und die Unterschrift
deutet an, wie Olmütz, Mähren und Böhmen
ohne Schlacht befreit worden.
In hohen Ehren endete Graf Daun sein Heldenleben zu Wien, drei Jahre nach dem Schluß des Friedens zu Hubertusburg, und hinterließ das Andenken an seine Heldengröße in allen gut österreichisch gesinnten Herzen auf immerdar.