Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen/Leopold Joseph Marie, Reichsgraf von Daun

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Autor: Ludwig Bechstein
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Titel: Leopold Joseph Marie, Reichsgraf von Daun
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aus: Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen, S. 79–80
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1854
Verlag: Georg Wigand's Verlag
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Google und Commons
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Eintrag in der GND: 118678965
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Leopold Joseph Marie, Reichsgraf von Daun.
Geb. d. 25. Sept. 1705, gest. d. 5. Febr. 1766.


Einer der größten Feldherren Oesterreichs und dessen hülfreicher Genius, gekrönt mit unverwelklichen Siegeslorbeern, welcher dem Klange des Namens eines altberühmten Geschlechts neuen Glanz verlieh. Schon der Vater Wierig Philipp Lorenz Reichsgraf von Daun hatte sich im spanischen Erbfolgekriege rühmlichst hervorgethan und ausgezeichnet. Der Sohn wurde in Wien geboren und ursprünglich für den Dienst der Kirche bestimmt, für den er aber in seinen Knaben- und Jünglingsjahren nicht die mindeste Neigung zeigte. Leopold wurde Maltheserritter, dann aber Soldat; ein solcher war und blieb er mit Leib und Seele. Von seiner Jugend an sah er Oesterreichs Militairmacht stets unter den Waffen; Krieg in der Türkei, Kampf in Ungarn, Krieg in Spanien, der nordische Krieg und des eigenen Vaters Ruhm, der Ruhm Prinz Eugen’s – das alles wirkte mächtig und anziehend, und schnell durchlief Daun die unteren Grade militärischen Ranges; mit zwanzig Jahren war er schon Oberst. Als ein Janitscharenaufruhr im Jahr 1730 Mahmud I. auf den türkischen Kaiserthron erhoben hatte, endete der der Türkei durch Eugen’s glänzende Siege abgenöthigte Frieden mit der Pforte; sie wurde 1736 von Oesterreich und Rußland zugleich mit Krieg überzogen; Daun machte diesen Feldzug unter dem Obercommando des Marschall von Seckendorf mit, zeichnete sich bei jeder Gelegenheit aus, stieg zum General-Major und kehrte nach dem übereilten Separtfriedensschluß Oesterreichs zu Belgrad, 1739 als General-Feldmarschall-Lieutenant zurück. Im folgenden Jahre starb Kaiser Karl VI.; durch dessen Tod kam seine Tochter Maria Theresia in harte Bedrängniß, denn von allen Seiten wurde ihr Erbrecht auf die österreichischen Staaten angefochten; der österreichische Erbfolgekrieg entbrannte und währte acht lange Jahre. Dieser Krieg bot Daun volle Gelegenheit, sich auf das ruhmvollste auszuzeichnen; er kämpfte erst gegen Preußen, dann folgte er den Fahnen des Erzherzogs Karl von Lothringen gegen die Franzosen, und that sich in allen seinen kriegerischen Unternehmungen ebenso sehr durch persönliche Tapferkeit, als durch eine kluge Vorsicht hervor, die nicht nutzlos Truppen opfert und gern der Alten weisen Spruch [Ξ] befolgt, dem fliehenden Feind goldene Brücken zu bauen. Die bewährte Taktik jenes Helden des Alterthums, Fabius Maximus, war in vielen auch die des General-Feldmarschall-Lieutenant von Daun; der Lohn seiner Thaten war die Ernennung zum Feldzeugmeister und Hofkriegsrath nebst der Hand einer liebenswürdigen Dame, Gräfin Fuchs, welche Maria Theresia ihrer besonderen Freundschaft würdigte. In den wenigen Friedensjahren zwischen dem österreichischen Erbfolgekrieg und dem Ausbruch des siebenjährigen Kriegs stand Daun mit an der Spitze der trefflichen Einrichtungen, welche seine Kaiserin ihrem Heerwesen zu geben unablässig bemüht war. Sie lohnte ihm mit dem Orden des goldenen Vließes und ernannte ihn, als der Krieg begonnen hatte, 1757 zum Feldmarschall. Jetzt begann für Daun die glänzendste Epoche des Ruhmes und der Heldenthaten. In der denkwürdigen Schlacht bei Kolin am 18. Juni 1757, die schon fast für Preußens Heldenkönig entschieden war, wendeten ein strategischer Mißgriff desselben und Daun’s heldenmüthige Tapferkeit Oesterreich den Sieg zu. Im folgenden Jahre war es der Ueberfall bei Hochkirch, am 14. Oct., welcher nach dem unglücklichen Ausgang des Kampfes bei Zorndorf für Friedrich II. und sein Heer so überaus unheilvoll ausfiel. Hätte Daun diesen großen Sieg benutzt und den geschlagenen Feind hartnäckig verfolgt, so wäre der Krieg ein siebenjähriger nicht geworden. Daß er es unterließ, hat ihm harten Tadel zugezogen, hauptsächlich weil der errungene Sieg, da der König sich wieder verstärkte, ohne Folgen blieb. Der Sieg hatte aber viele blutige Opfer gekostet, selbst die Reihen der hohen Officiere waren stark gelichtet, und dem wahren Helden gereicht edle Mäßigung zuletzt mehr zum Ruhme, als planloses morden und hinschlachten eines unterlegenen Feindes. Im Jahr 1759 war es Daun, der am 21. Nov. den preußischen General Fink mit einer Macht von 12,000 Mann umzingelte und ihn sammt allen seinen Truppen gefangen nahm. Und obschon die verlorene Schlacht bei Torgau, 3. Nov. 1760 ihm einen Theil seiner Lorbeern entriß, so erkannte doch die Kaiserin und das Vaterland Daun’s Heroenthum willig an. Nach der Schlacht bei Kolin stiftete erstere zum unvergeßlichen Andenken dieser Schlacht den Marie-Theresien-Orden, und das erste Kreuz dieses Ordens schmückte Daun’s Brust. Schon vor dem Siege bei Hochkirch wurde eine Ehrenmedaille auf Daun geprägt, deren Durchmesser 4 Zoll beträgt und deren Avers das volle kräftige und doch milde Brustbild des Helden im Harnisch zeigt über drei verschlungenen Kränzen von Eichen-, Lorbeer- und Palmlaub, während die Inschrift ihn als Oesterreichs ersten Heerführer nennt. Der Revers zeigt eine, die finstern Wolken zertheilende Sonne über gebirgischer Landschaft mit befestigter Stadt im Hintergrunde, und die Unterschrift deutet an, wie Olmütz, Mähren und Böhmen ohne Schlacht befreit worden.

In hohen Ehren endete Graf Daun sein Heldenleben zu Wien, drei Jahre nach dem Schluß des Friedens zu Hubertusburg, und hinterließ das Andenken an seine Heldengröße in allen gut österreichisch gesinnten Herzen auf immerdar.