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ADB:Adam, Eugen

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Artikel „Adam, Eugen“ von Hyacinth Holland in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 45 (1900), S. 689–693, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Adam,_Eugen&oldid=- (Version vom 15. November 2024, 15:42 Uhr UTC)
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Adam: Eugen A., Soldaten- und Genremaler, geboren am 22. Januar 1817 zu München, als der dritte Sohn des berühmten Albrecht A., wurde nach den im elterlichen Hause geltenden Maximen ernst und streng erzogen, wobei das Vorbild der älteren Brüder selbstverständlich mithalf. Eugen war, wie überhaupt das Gesetz der artistischen Vererbung in dieser Familie höchst lehrreiche Beispiele bietet, mit einem, auch dem Vater eigenen, ethnographischen Interesse und einer besonderen Wanderlust ausgestattet. So zog er 1843 und in den folgenden Jahren wiederholt nach Ungarn, Kroatien und Dalmatien, überall zeichnend und neue schöne Stoffe zu Gemälden sammelnd. Im August 1848 ging Eugen mit dem Vater nach Italien, wo er mit seinem Bruder Franz eine [690] Reihe von Terrainaufnahmen und Costümfiguren aus dem militärischen Leben einheimste, welche von Albrecht und Franz A. zu ihren Schlachtenbildern benützt wurden und die Grundlage für das große Lithographiewerk der Brüder A. gaben. Eugen wurde Ende November der Brigade des Grafen Clam-Gallas zugetheilt, lag die Wintermonate zu Como, wo er seine Skizzen ausarbeitete, rückte im Frühjahr 1849 nach Mailand und im Gefolge des Fürsten Karl von Schwarzenberg über Pavia nach Piemont, sah die Kämpfe bei Mortara, die Schlacht von Novara und verbrachte in Schnee und Frost, zwischen Verwundeten und Todten, eine Nacht auf dem berühmten Schlachtfelde. Die reiche künstlerische Ausbeute gab Anlaß zu mehreren Bildern, welche später von Franz A. auf Stein gezeichnet, dem großen Werke der Brüder einverleibt wurden. Ein besonderes Geschick bewährte Eugen für die charakteristische Schilderung der landschaftlichen und architektonischen Umgebung. Er begab sich nach Venedig und zu der Belagerung von Malghera; Eugen malte das porträtreiche Bild „Haynau vor Venedig“ (4. Mai 1859, bei Soldan Blatt 51) und zeichnete die innere Ansicht von Malghera am Tag der Einnahme (23. Mai). Dann vollendete er zu Mailand verschiedene Bestellungen, darunter das figurenreiche „Manöver des Kaisers auf der Haide von Malpensa 1851“ und kehrte erst 1853 nach München zurück, theilweise im Atelier des Vaters arbeitend, aber auch mit der Vollendung eigener Entwürfe vollauf beschäftigt, bis ihn, kaum ein Jahr nach seiner Verheirathung, der Krieg 1859 neuerdings nach Italien rief, um für Hackländer, beziehungsweise Hallberger und dessen Zeitschrift „Ueber Land und Meer“ zu zeichnen. Zwei Tage nach der berühmten Sonnenwende packten Franz A. und Hofrath Hackländer und gingen; der geduldige Eugen blieb, obwol vielfach geärgert und verstimmt. In der allgemeinen Verwirrung dachte Niemand mehr an die Maler, welche in mehr als erwünschter Zahl und oft sehr zweifelhafter Qualität sich eingefunden. Eugen erhielt nur einen Quartierzettel und eine Erlaubnißkarte, da und dort zeichnen zu dürfen; Stoff bot sich freilich überall in größter Fülle. Da gab es den Bau einer Schiffbrücke über die Etsch, eine interessante Scene, welche A. bei größter Sonnenhitze in fünfstündiger Sitzung zeichnete. Bei dieser oder einer ähnlichen Gelegenheit hatte der immer fleißig rauchende sich auf einer Gruppe von Fässern etablirt, ahnungslos, daß er auf einem Pulverdepot qualmte. Dann zog das fünfte und achte Armeecorps Stadion und Benedek nach Südtirol, wobei der Kaiser die braven Truppen eine Strecke begleitete: „Es war des Jubels und Lärms kein Ende, aber auch, um im Staub zu ersticken.“ Dabei begrüßte Graf Clam-Gallas im Beisein der höchsten Generäle und in Gegenwart unzähliger Krieger den Maler als „Lieber Adam und Kriegskamerad!“ Weiter aber kümmerte sich Niemand um den Künstler, der bis an den sinkenden Sommerabend zeichnete und, ohne einen Bissen zu essen, todmüde nach Verona zurückmarschiren konnte. Kein Wunder, wenn ihm darüber in seinen interessanten Briefen der Seufzer entfuhr: daß die mit solchen Opfern erkauften Skizzen ein Hallberger oder Hackländer nicht bezahlen und schätzen könne. Das mit solcher Mühe gezeichnete und dann noch weiter ausgeführte Blatt wurde bei „Ueber Land und Meer“ gar nicht angenommen. Man wollte vom Kriegsschauplatze nichts mehr wissen. Eugen erlebte noch viele bittere Strapazen und Mühsale, die ihn jedoch nicht abschreckten. Er war ganz Künstler und Soldat: „Im rauhen Kriegsleben ist inzwischen doch viel Poesie; der Mensch findet ohne Unterschied der Stände den Menschen in dieser Lage gern wieder und Gottes herrliches Himmelszelt und seine Erde bleiben sich ewig gleich.“ Nebenbei dachte er freilich in Sehnsucht an die Heimath und seine Lieben, an Starnberg und die vorjährige Hochzeitsreise; dann aber freute er sich auch wieder des vielfarbigen Lebens und Treibens „wo der blaue Himmel das Zelt, die Erde [691] das Bett ist und der Mensch lebt, wie er eigentlich von Natur aus leben sollte“. Der nächste Brief meldet, daß er im Feldlager vor Verona unter den Ulanen bei Graf Falkenhayn eine freundliche Aufnahme fand: „Ein kleines Zelt aus Pferdedecken, ein Habersack und Mantel als Kopfkissen ist mein Quartier und Lagerstätte in den jetzt so wunderschönen (Juli-)Nächten. Zwischen Gesträuchen und Weinranken, zwischen hohem türkischen Korn und einem sonnverbrannten dürren Boden lebt da Mann und Roß in vereinter Gesellschaft und in so pittoresken Gruppen, daß man von früh bis spät mit zehn Händen vollauf zu thun hätte.“ In der überwallenden Künstlerfreude gedenkt er des Bruders: „Das wär’ etwas für Franz! so etwas sieht er nimmer! und dreißig Grad Hitze im Schatten, bei Nacht ein tolles Donnerwetter!“ Ganz im Geiste seines Vaters heißt es ferner: „Hat man sich nun einmal an das Leben gewöhnt, so gibt es nichts Interessanteres, als mit den Soldaten im Felde zu leben, alles ist dabei in der Nähe anders und mitunter heiterer als in der Ferne.“ Während es im österreichischen Lager vor Siegesgewißheit kochte und alles sich darauf freute, daß es bald wieder losgehen könne, schlug plötzlich die Nachricht eines Waffenstillstandes alle ehrgeizigen Erwartungen nieder. Ein unglücklicher Zufall vereitelte seine Hoffnung, der Zeuge der Kaiserzusammenkunft in Villafranca zu sein. „Wenn die Herren, für deren Sache man so ein Zigeunerleben führt, einen jedesmal vergessen, wenn es gilt, etwas zu sehen, wo bleibt dann noch die Ambition, etwas Ungewöhnliches zu leisten.“ A. bot noch alles auf, um nachträglich das Terrain aufzunehmen, zeichnete nach den Berichten der Augenzeugen und brachte mit unermüdlichem Fleiß und unsäglicher Mühe das Material zu einem Bilde dieser Begegnung zu Stande. – In München malte A. viele militärische Genrebilder, Pferdeporträts, Scenen aus dem ungarischen Volks- und Jagdleben, darunter die ergreifende Episode „Ein verwundeter Soldat mit seinem Hunde auf dem Schlachtfelde“ (Neue Pinakothek) und als Gegenstück dazu „Der Ungar im Frieden“ (Mailand); ein „Reitergefecht zwischen österreichischen Ulanen und piemontesischen Dragonern“, eine „Herrschaftliche Equipage“, die „Kirche von Bicocca bei Novara“, das „Frühstück auf der Trommel“, eine „Oesterreichische Patrouille“ und vieles andere. Um Neues zu sehen und Geist, Auge und Hand frisch zu erhalten ging A. in die Schweiz, wo er von 1860 bis 1862 regelmäßig den friedlichen Manövern der Truppen beiwohnte und fleißig zeichnete. Er begleitete 1861 eine militärische Tour über den St. Gotthard, wo besonders an der Teufelsbrücke heftig kanonirt wurde. Die Leute fühlten sich sehr geehrt, daß ein „Adam“ bei ihnen sei und ihre „eidgenössische Montur auf das europäische Repertoire“ bringe. Nicht genug durch die officiellen Strapazen ermüdet, unternahm A. noch eine schwierige Alpenwanderung durch das Berner Oberland. Das Ganze erschien mit deutschem und französischem Text von O. A. Roth, „Bildliche Erinnerungen an den eidgenössischen Truppenzusammenzug im August 1861. Nach der Natur gezeichnet von Eugen Adam, lithographirt von Julius Adam“ (Bern 1863). Unter den folgenden Oelbildern ist besonders eine „Jahrmarktscene aus Croatien“ bemerkenswerth: wie ein berittener Volkssänger seine Balladen recitirt und mit einem Saiteninstrument begleitet, so überraschend und originell, so uralt und echt orientalisch, wie ein Nachhall aus homerischer Zeit! Bei Ausbruch des französischen Krieges that Eugen A. unverzüglich Schritte, daran Theil zu nehmen. Bis die unnöthig verzögerte Erlaubniß kam, zeichnete der Maler die zu Ingolstadt untergebrachten gefangenen Turkos und Zuaven und kam dann gerade recht auf den Kriegsschauplatz, um am Abend des 1. September eine Aufnahme von Bazeilles (Soldan, Blatt 61) und Tags darauf bei Sedan zu skizziren. Hier machte sich A., welcher seither seinen piemontesischen Tornister schleppte und zu Fuß mitmarschirte, [692] durch ein herrenloses Maulthier beritten und begleitete hinfort, dem ersten Armeecorps zugetheilt, die Munitionscolonne Dennerl. In Orleans fand er sehr gute Aufnahme bei General von der Tann. Auf dem Wege nach Chartres wurde A. dem Prinzen Friedrich Karl vorgestellt, welcher dem Maler sehr Verbindliches sagte. In Versailles besah Prinz Luitpold die ganze Sammlung von Eugen’s Skizzen; als er dem Maler herzlich die Hand drückte, wurden die anderen hohen Herren auf den grauen, kleinen, unscheinbaren „Civilmenschen“ aufmerksam und die Herzoge von Coburg und Schleswig-Holstein-Augustenburg, der Großherzog von Mecklenburg, insbesondere der Prinz von Hohenzollern fanden „des Lobens gar kein Ende“. Weihnachten verbrachte A. in München bei seiner Familie, dann reiste er im Auftrage König Ludwig II. abermals nach Versailles. Im Gewimmel des Waffenstillstandes, durch Generalmajor von Xylander an Herrn v. Seckendorf, den Adjutanten des Kronprinzen Friedrich gewiesen, verlangte dieser die Skizzen Adam’s, welche auch dem Kaiser Wilhelm unterbreitet wurden. A. erhielt einen Passirschein und gelangte endlich, dem Generallieutenant v. Hartmann zugetheilt, in das rechte Fahrwasser, um den großen Gürtel von Verschanzungen um Paris zu studiren. Insbesondere reizte ihn das Fort Vauves, das, nach seiner Meinung, allein acht Tage einem Maler Arbeit bieten könnte. „Mag sein, daß Unsereins dieses Alles mit anderen Augen schaut. Aber etwas Großes liegt doch in diesem Riesenkampf. Wie ich gestern vom zweiten Stock der zerstörten Caserne von Vauves bei Tagreveille zum Fenster hinaussah und bemerkte, wie eben unsere bairischen Truppen die deutsche Tricolore aufzogen, beschlich mich ein stolzes Gefühl, Augenzeuge dieser großen Kämpfe zu sein.“ Er hielt den Moment fest und gestaltete für General v. Hartmann ein lebendiges Bild (Soldan, Blatt 81). Am 1. März 1871 war A. unter den Ersten, welche beim Einzug in Paris durch den „Arc de triomphe“ marschirten; Prinz Otto von Baiern bot ihm vom Pferde herab die Hand zum Gruß mit dem Ausdruck wirklicher Freude, auch hier wieder „einen Adam zu sehen“. Eugen’s Herz brach in Jubel aus, als ihm ein Officier im Bois de Boulogne erfreuliche Briefe aus der Heimath übergab. Vorher hatte A. mit Heinrich Lang, Louis Braun und Georg Bleibtreu die große Revue im Long-Champ mitgemacht, wo er im vorigen Frühling das fröhliche Rennen mit angesehen. Er war also binnen Jahresfrist dreimal in Frankreich gewesen. Dann eilte A. über Straßburg und Stuttgart nach München zurück, um seine Erlebnisse künstlerisch zu gestalten. In rascher Folge entstanden die Oelbilder: „In einem Laufgraben auf dem Plateau bei Chatillon vor Paris“, „Vorspann bei der preußischen Batterie Nr. 11 bei Fontenay“, die „Nördliche Bastion am Fort Vauves während des Waffenstillstandes“, eine „Requisition bei Artenay“ (Soldan 32), „Ulanenbivouac vor Paris“ und „Bazeilles am Abend des 1. September 1870“. Im Jahre 1873 malte er die Scenen „Während des Waffenstillstandes von St. Cloud“, 1874 ein Aquarell als Ehrengabe für Oberst Friedrich von Treuberg; 1876 den „Brand von Orleans“ und eine Episode nächst einer brennenden Windmühle (Soldan 22) und „Marodeurs“; 1877 eine „Husaren-Attaque“ und 1878 die Scenen am Wachtfeuer vor dem durch die Franzosen 1870 zerstörten „Schlosse zu St. Cloud“ (Soldan 11) u. s. w. Zwischendurch kamen „Ein Schiffzug am Inn“, „Touristen in der Schweiz“, eine „Requisition aus dem italienischen Feldzug“ und zusammenhängend mit den neueren Ereignissen seit 1875, mehrere Bilder aus der Herzegowina, womit er seine früheren Studien in erwünschter Weise verwerthen konnte. A. war im besten Schaffen, freute sich seiner reifenden Bilder, wozu ihm noch die anziehendsten Stoffe für Jahrzehnte vorlagen: da raffte den herzleidenden Mann eine Lähmung am 4. Juni 1880 hinweg. Er war nach dem Zeugniß seines Vaters „ein milder [693] Charakter, voll Herzensgüte und jeder Aufopferung fähig, wodurch er oft sein eigenes Interesse verkürzte.“ Er blieb immer eine neidlose Seele, ein treuer Freund, ein liebevoller und für seine Familie zärtlich besorgter Vater, als Künstler ein echter Schüler seines Vaters, ein unermüdlicher Gehülfe seiner Brüder und mit seinen eigenen Schöpfungen ein würdiges Glied dieser berühmten Malerfamilie. Seine über zweihundert Blätter umfassende Sammlung von Handzeichnungen aus dem deutsch-französischen Kriege erwarb der Staat für das Kupferstich- und Handzeichnungscabinet in München.

Vgl. Nagler-Meyer, Künstlerlexikon, 1872, S. 72 ff. -– Nekrolog in Beil. 274 d. „Allgem. Ztg.“, 30. Septbr. 1880. – Kunstvereinsbericht f. 1880, S. 64 ff. – Albrecht Adam’s Selbstbiographie, 1886, S. 368 ff. – Soldan, Das Werk der Künstlerfamilie Adam, 1890.