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ADB:Amerling, Friedrich von

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Artikel „Amerling, Friedrich von“ von Theodor Frimmel von Traisenau in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 45 (1900), S. 766–771, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Amerling,_Friedrich_von&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 13:05 Uhr UTC)
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Amerling: Friedrich von A., Maler, geboren zu Wien am 14. April 1803. A. war Sohn eines Golddrahtziehers, der in ärmlichen Verhältnissen lebte. Friedrich lernte in seiner Jugend kennen, was Noth heißt, und das lebhafte Kind genoß eine nur dürftige Schulbildung; früh begann der Knabe zu zeichnen. Das Bildniß eines Schwesterchens auf dem Todtenbett gilt als erster ernstlicher Versuch, der dazu führte, daß man den begabten Jungen in die Akademie der bildenden Künste schickte. Es war 1816. A. machte rasche Fortschritte, hatte Erfolg in naturgetreuen Bildnissen und fand Anerkennung. Leider reichten die Mittel nicht aus, um den akademischen Unterricht weiter bezahlen zu können. So mußte denn der halb fertige Künstler bei einem Zimmermaler des Verdienens wegen eintreten. Er malte Aushängeschilder, Uhrblätter und viele Bildnisse um kargen Lohn. Vorübergehend, zu Anfang des Jahres 1823, war er in einer Steindruckerei bedienstet, und ein Weniges wurde auch durch Unterricht im Guitarrespiel verdient, das der junge, auch für Musik begabte Mann ohne Anleitung rasch erlernt hatte. Der immer stärker werdende Drang Maler zu werden, führte aber endlich zu einem entscheidenden Schritt. Friedrich kam im September 1823 (oder 1824) zu einem Verwandten nach Prag und besuchte dort die Malerakademie, wo er Bergler’s Anleitung genoß. Zwei Jahre ungefähr verblieb er in der malerischen Moldaustadt, aus welcher er wohl nur deshalb fortzog, weil sich aus einer Liebelei einige peinliche Verwicklungen ergeben hatten. Schon damals zeigte es sich, daß die Liebe für [767] Amerling’s Leben ein wichtiger Factor werden sollte. Späterhin war er vier Mal verheirathet, und von einigen mehr oder weniger ernst gemeinten Heirathsanträgen hat man bestimmte Nachrichten. Gegen seine weiblichen Kunden pflegte er, sofern sie jung und hübsch waren, auffallend galant zu sein.

In Kunstberichten aus den zwanziger Jahren wird von einem Bilde mit Dido gesprochen, das A. in Prag geschaffen hatte und das dort 1825 ausgestellt war. Bisher in Wien und Prag hatte A. nur eine etwas hausbackene steife Kunst überliefert erhalten. Ein frischerer künstlerischer Hauch wehte ihn erst in England an, wohin er sich nunmehr begab um Schüler des berühmten Lawrence zu werden. Im Juni 1826 (wie es scheint; eine Quelle nennt auch 1827) reiste A. von Prag ab. In London traf er im August ein. Lawrence nahm ihn freundlich auf und wies ihn an, sich als Eleve in die Malerakademie eintragen zu lassen. Der englische Aufenthalt, der bis in den März 1828 währte, hat ohne Zweifel den Künstler in A. zur Reife gebracht und war von nachhaltiger vortheilhafter Wirkung auf den jungen Mann. Gar manches seiner Werke weist auf englischen Einfluß und geradewegs auf Lawrence hin. An das Amerling’sche Knabenbildniß „Der Fischerknabe“ in der Wiener Galerie sei erinnert, das mit Master Lambton von Lawrence eine mehr als oberflächliche Verwandtschaft bekundet.

Nach den Studien in England, die ihn doch wohl auch vor einige Meisterwerke von Van Dyck’s Hand geführt haben dürften, beabsichtigte der junge Maler in Paris bei Horace Vernet zu lernen. Krankheit vereitelte die Ausführung dieses Planes fast gänzlich, wonach auch die Angaben von einem Unterricht bei Vernet zu beurtheilen sind, von denen man gelegentlich in Amerling’s Biographie zu lesen bekommt. Denn kaum hatte A. bei Vernet in aller Eile zwei Thierköpfe copirt, als er, heftig erkrankt, alles weitere Arbeiten in Paris aufgeben mußte. Dem Fiebernden erschien nun wieder die Heimath als höchst begehrenswerth, und er reiste ohne viele Umwege nach Wien. Dort traf er gegen Ende des Juni 1828 ein. Bald wieder hergestellt, ließ er sich nochmals an der Wiener Akademie einschreiben, um sich an einem Wettbewerb mit der Aufgabe: Dido auf dem Scheiterhaufen zu betheiligen. Das Bild, das er damals schuf, war 1880 auf der Auction Tirka und 1885 auf der Plach’schen Auction in Wien zu sehen. Das Didobild verschaffte ihm (1828) den Reichelschen Künstlerpreis und damit den großen Vortheil der Militärfreiheit. Auch wurde sein Name über die Akademie hinaus bekannt. Nach und nach stellten sich in der bescheidenen Künstlerwerkstätte auch Kunden ein, die von A. gemalt sein wollten und einige verhältnißmäßig gute Preise wurden gezahlt. Diesem Zeitabschnitte gehört auch der oben erwähnte „Fischerknabe“ an, der 1830 vollendet ist, sowie ein bemerkenswerthes scharf beleuchtetes Profilbildniß des Bruders Andreas Amerling (es ist datirt 15/4. 1829 und war vor wenigen Jahren in gräflich Breuner’schem Besitz). Das tüchtige Bildniß Josef Redl’s von 1828 kam in die Akademie als Aufnahmswerk. Die Namen derjenigen, die sich um 1830 von A. haben porträtiren lassen, füllen eine bunte Liste. Einige Persönlichkeiten stechen besonders hervor, so die Fürstin Gabriele Auersperg und Erzherzog Rudolf. Das Bildniß des Erzherzogs kam später nach Laxenburg in den Lothringersaal der Franzensburg und brachte A. mit dem Wiener Hof in Verbindung, der ihm seither wohlwollende Beachtung schenkte. Um die Mitte August 1831 trat A. eine italienische Reise an, die nahezu 7 Monate dauerte. Venedig entzückte den Künstler. In Rom erreichte ihn der Auftrag, den Kaiser (Franz) zu malen. Das Bildniß des Erzherzogs Rudolf, das dem Kaiser wohl gefallen hatte, war die unmittelbare Veranlassung zu diesem ehrenden Auftrage. Im Februar 1832 reiste A. nach Wien zurück, wo [768] er sich mit Geschick seines Auftrages entledigte. Den Kaiser Franz hat A. auch später noch einige Male porträtirt. Eines dieser Kaiserbildnisse befindet sich jetzt im Schlosse Schönbrunn, ein anderes war an den Sammler Bühlmeyer gelangt und wurde nach dessen Tode von Kaiser Franz Josef gekauft, ein weiteres befindet sich zu Laxenburg im kleinen Speisesaal der Franzensburg. Damals (1832) entstand auch das farbenfrische wenngleich wenig getroffene Bildniß der Baronesse Woyna (vermählten Benedek), das in der Galerie zu Graz aufgestellt ist. Zu nennen sind noch die Bildnisse des Freiherrn Speck-Sternburg und seiner Gemahlin (1832 und 1834; seither zu Lützschena bei Leipzig), der etwas schwache Paulus, der für’s Belvedere gekauft wurde (1833), ein vorzügliches Bildniß mit vier lebensgroßen Figuren aus der gräflichen Familie Breuner (datirt 1834; im Besitz der Herzogin von Ratibor), „Eine schlafende Fischerin“ und „Eine Betende“ (1835 besprochen), das Bildniß des Dr. Bischoff von Altenstern (1836). Sie und zahlreiche andere gehören in diese vielleicht glücklichste Periode des Malers, in welcher er zeitweise eine überraschende Schöpferkraft an den Tag legte. Eine äußerliche Anerkennung stellte sich damit ein, daß A. 1836 wirkliches Mitglied der Akademie wurde.

Im August 1832 hatte A. sich mit Antonie Kaltenthaler vermählt, die ihm mehr als zehn Jahre lang eine zärtliche, frohe, verständnißinnige Lebensgefährtin blieb und auch über gesellige Talente verfügt haben dürfte. Amerling’s hielten offenes Haus für Künstler verschiedener Art und für andere Persönlichkeiten, die ihnen interessant erschienen. Der Claviervirtuos J. Fischhof gehörte dem frohen Kreise an. Franz Liszt, den A. 1838 porträtirte, war dort wiederholt zu finden. Von Schriftstellern verkehrten dort A. R. v. Perger, Joh. Graf Mailáth, E. Melly, L. A. Frankl. Der Dichter Carlo de Guaita soll die persönlich anregendste Erscheinung an der Amerling’schen Tafelrunde gewesen sein. Vorwiegend waren es aber Maler und zwar solche aus der Gruppe Gauermann, Höger, Danhauser, die sich an A. anschlossen. Die Schrotzberggruppe und der Kreis Führich’s blieben ferne. Die meisten seiner Freunde hat er gemalt. In jener Zeit entstanden auch viele für den heutigen Geschmack süßliche Einzelfiguren von Orientalinnen, Italienerinnen u. s. w., unter denen übrigens die Lautenspielerin von 1838 (Galerie der Wiener Akademie) als tüchtig hervorsticht. Viele Bildnisse hervorragender Personen wurden 1836 in Mailand gemalt, einige auch in Berlin. Daß A. auf einer Reise nach dem Haag und nach Amsterdam 1837 künstlerisch thätig gewesen wäre, ist dagegen unwahrscheinlich. 1838 entstand ein Bildniß des 8jährigen damaligen Kronprinzen Franz Josef, das später in den Besitz des Erzherzogs Karl Ludwig gelangte. Beachtenswerth ist unter den vielen Werken aus jener Periode auch ein „Taubenmädchen“, das 1840 vollendet wurde. Es ist merkwürdig sicher hingeschrieben.

So erfolgreich auch des Künstlers Schaffen in Wien sich gestaltete, so zog es A. doch wieder nach Italien, besonders nach Rom, wo er mit seiner Familie am 1. April 1841 eintraf. Der Aufenthalt in der ewigen Stadt bot ihm, wie konnte das anders sein, ungeheuere freudige Anregung künstlerischer Art, wurde jedoch durch Krankheit und Tod der Gattin (Mitte April 1843) in der traurigsten Weise abgeschlossen. A. kehrte nach Wien zurück, wo ihn ein neuer Schlag, der Verlust der geliebten Mutter, treffen sollte. Ihn aus der drückenden Stimmung zu reißen, veranstalteten die Wiener Freunde ein Willkommfest. Unter den Arbeiten der römischen Zeit muß das Bildniß Thorwaldsen’s hervorgehoben werden, das nachträglich in die fürstlich Liechtenstein’sche Galerie gelangt ist. Eine „Römerin“ von 1841 befand sich später in Ferd. Waldmüller’s Besitz, und eine „Italienerin“ aus demselben Jahre sah man auf der Versteigerung Julius Trenkler (Wien 1885). „Ein Negermädchen“ aus 1843 wurde vom [769] Fürsten Liechtenstein gekauft. In Wien malte A. 1844 den Dichter Oehlenschläger, der damals vorübergehend daselbst verweilte, 1845 den jungen Fürsten Johann v. u. z. Liechtenstein zu Pferd, späterhin (nach einer neuerlichen Romfahrt) den 17jährigen Kronprinzen Franz Josef. Einen nur episodischen Anstrich hat Amerling’s zweite Verheirathung im J. 1844. Der übereilt geschlossene Bund wurde nach wenigen Wochen wieder gelöst. Während der Revolution 1848 floh A. zeitweise aus Wien. Vorübergehend kehrte er, um emsig zu arbeiten, wieder zurück. Ganze Reihen von Bildnissen wären aus jenen Jahren zu nennen. Um jene Zeit wurde A. geadelt (nach Mittheilungen L. A. Frankl’s zu schließen). Spätere Jahre brachten ihm noch andere Auszeichnungen (Deputationen, Orden und Aehnliches). Eine Reise nach Constantinopel (1854) bot malerische Anregung; sie war aber sonst wenig ergiebig, wogegen in Wien bedeutsame Werke geschaffen wurden, unter denen die Bildnisse der Fürsten Obrenovich und Windischgrätz (letzteres ein Reiterbildniß aus 1855, ausgestellt 1857 im österreichischen Kunstverein), des Marschalls Nugent, der Gräfin Nako, des Dichters Grillparzer als Beispiele genannt seien. Zahlreiche andere Bilder aus jenen Jahren kamen in die alten Wiener Sammlungen (z. B. zu Arthaber, Beroldingen, Tirka, Gall). Die Galerie Arthaber enthielt auch frühere Werke des Künstlers.

Sparsam und bedürfnißlos, wie A. war, hatte er es bereits zu einem ansehnlichen Vermögen gebracht. Seine Bildnisse, obwohl nunmehr schon merklich verflacht und manierirt, wurden glänzend bezahlt. Im J. 1857 trat A. zum dritten Mal vor den Traualtar. Er vermählte sich mit der Tochter Emilie des Wiener Architekturmalers Heinrich, mit der er glücklich bis zu deren Tode (1880) zusammen lebte. Die Mittel, die ihm zu Gebote standen, verwendete er u. a. auch darauf, einer alten Leidenschaft nachzuhängen, dem Sammeln von Kunstwerken aus älterer Zeit. Um die Mitte der 50er Jahre hatte sich bei ihm eine solche Menge von Kunstgegenständen angesammelt, daß sie ihm die Wohnung zu sprengen drohten. Er suchte nach einem neuen geräumigeren Heim und fand es in dem malerisch nahe der Wien gelegenen Schlößchen Gumpendorf. Dort richtete er sich wohnlich ein und die Kunstsammlung wurde in malerischer Weise aufgestellt. Im Gumpendorfer Schlößchen wohnte der Künstler, zahlreiche große Reisen abgerechnet, bis an sein Lebensende. 1881 ging der greise Künstler eine vierte Ehe ein und zwar mit Marie geborenen Nemetschke verwittweten Paterno. A. ging damals schon ein wenig gebeugt, und gemalt wurde nur mehr aus Gewohnheit, weniger aus innerer Nöthigung. Das Gedächtniß wurde schwach und mancherlei körperliche Leiden stellten sich nach und nach ein. Einige große Reisen (1882 nach Spanien, in den nächsten Jahren nach Belgien, England und Schottland, zum Nordcap, nach Constantinopel, Athen, 1886 nach Aegypten und Palästina) boten Zerstreuung und freundliche Eindrücke. Nur von der Palästinafahrt kehrte der Künstler auffallend geschwächt und bedenklich krank zurück. Noch einmal erholte sich die kräftige Natur, doch bald sollte es zu Ende gehen. A. verschied am 14. Januar 1887.

Am Abende seines Lebens hatte ihn der Verlust seines Bruders Josef betrübt. Josef A. starb im November 1885 als k. k. Oberst im Ruhestande. Er hinterließ seines edlen Gemüths wegen ein freundliches Andenken, In der Familie vertrat er einen wissenschaftlichen Zug nicht nur in den militärischen Fächern, sondern auch in kunstwissenschaftlicher Beziehung. Seine Kenntnisse auf dem Gebiet der Länderkunde und Ethnographie waren anerkannt. Man verdankt ihm auch biographische Mittheilungen über den Maler, die in Kabdebo’s Kunstchronik (II S. 81 ff.) abgedruckt sind. Josef A. starb im 68. Lebensjahre. Bruder Andreas, gleichfalls Militär, starb 59 Jahre alt im October 1879. [770] Ein Sohn des Malers, der gleich dem Vater Friedrich hieß und künstlerisch angelegt war, verstarb 1850, erst 15jährig.

Amerling ist für die deutsche und besonders die Wiener Bildnißmalerei von Bedeutung. Er vertritt in den ersten Jahren seiner künstlerischen Reife die guten Eigenschaften des altwiener Porträts und vermittelte dem vormärzlichen Wien überdies etwas vom Farbenzauber der englischen Maler, die damals den gleichzeitigen Genossen in anderen Ländern überlegen waren. Obwohl Lawrence (vorübergehend) in Wien thätig war, hatte er doch in der Wiener Malerei keine bleibenden Spuren hinterlassen. Es war A. vorbehalten, aus England einen merklichen Einschlag von dieser Seite ins Gewebe zu bringen. Eine Zeit lang war A. ohne Zweifel der beste Bildnißmaler in den Ländern deutscher Zunge. Seine Bildnisse aus den 30er und 40er Jahren sind fast ausnahmslos tüchtige, oft geradewegs geniale Schöpfungen, was besonders bei den Gruppenbildern zum Ausdruck kommt. Sie haben einen echt künstlerischen Werth, der den Modegeschmack nunmehr schon ziemlich lange überdauert hat. Anders steht es um die Charakterfiguren Amerling’s, wie er deren im Geschmack Riedl’s, L. Pollak’s und Anderer so viele geschaffen hat. Sie waren ehedem sehr gesucht, sind aber nunmehr als leer und wirklich meist geistlos in den Hintergrund geschoben. Resi oder Kathi aus Hernals und Ottakring, verkleidet als Morgenländerin oder Italienerin erscheint uns heute läppisch. Vielleicht werden einige Sittenbilder mit unverkleideten österreichischen Modellen auch für die Zukunft Bedeutung bewahren. Für geschichtliche Darstellungen mangelte es dem Künstler an Bildung und Wissen. Dagegen gelang ihm gelegentlich ein Wurf in der idealen Landschaft.

A. war ein ungewöhnlich fruchtbarer Künstler. Er dürfte weit über 2000 Werke geschaffen haben. War gerade kein Auftrag auszuführen, so malte er gelegentlich Eigenbildnisse, deren viele erhalten sind, u. A. in den Uffizien zu Florenz und in der Wiener Akademie. Hie und da zeigte er sich geradewegs als Schnellmaler. Von einigen gelungenen Köpfen Amerling’s ist es beglaubigt, daß sie in wenigen Stunden gemalt sind. Mit Gelehrsamkeit hat A. sich niemals gequält, und ihm mangelte nicht weniger als Alles dazu, Schüler heranzubilden. Trotzdem schlossen sich eine Zeit lang jüngere Talente ihm an, die gelegentlich als Schüler Amerling’s genannt werden. Einigermaßen kann man bei Josef Borsos und Josef Aigner von einem Schulzusammenhang mit Amerling sprechen. Sonst werden noch Charles Vesque von Püttlingen, Julie Mentzel, Franz Boutibonne, Richard Anschütz, ein Rosenberg und Hummel im Gefolge Amerling’s genannt.

Die Kunst Amerling’s war niemals eigentlich realistisch. Man kann sie, besonders in der mittleren und späten Zeit des Malers als eine entschieden idealistische betrachten, als eine, die aufs Gefällige ausgeht, ohne dabei gefallsüchtig zu sein. Zugeständnisse, die nicht seiner künstlerischen Empfindung entsprachen, hat er wohl niemals gemacht, doch schob er sich selbst die Natur zurecht, bis sie ihm gefiel.

A. als Mensch machte auf die Meisten den Eindruck eines großen Kindes, das recht lieb, aber auch recht unartig und albern sein konnte. Er war sein lebelang naiver Naturbursche, doch hatte seine Naivität gelegentlich auch etwas Dummdreistes oder etwas Gemachtes. Ein gutes Herz schlug ihm in der Brust.

Als Kunstsammler verdient A. noch ein Wort. Er suchte Gegenstände zu erwerben, die seinen künstlerischen Blick anregten, befriedigten. Geschichtliches Interesse zog ihn selten und oft in mißverstandener Weise zu den alten Kunstwerken hin. Demnach hatte seine Sammlung einen mehr malerischen, als kunstgeschichtlichen Charakter. Er wollte sie unter gewissen, schwer zu erfüllenden [771] Bedingungen der Stadt Wien vermachen. Diese trat jedoch die Erbschaft nicht an, wonach der Amerling’sche Kunstbesitz an die Wittwe fiel.

Hormayr’s Archiv für Geschichte, Kunst und Litteratur von 1832. – Pietznigg’s Mittheilungen aus Wien (dreißiger Jahre). – L. A. Frankl’s Sonntagsblätter. – Förster und Kugler’s Kunstblatt, 1847. – Ant. v. Perger, Die Kunstschätze Wiens. – Kugler, Handbuch d. Gesch. d. Malerei, 1867. – Fr. Reber, Geschichte der neueren deutschen Kunst (1. Aufl. 1876). – Muther, Malerei des 19. Jahrhunderts. – Kabdebo’s und Lützow-Seemann’s Kunstchronik (passim, besonders aber XXIV. Jahrgang, Nr. 6). – Zeitschrift f. bildende Kunst, XXIII. – R. v. Eitelberger, Gesammelte Kunsthistorische Schriften I. – Die Wiener Tagesblätter aus der Zeit von Amerling’s 80. Geburtstage (1883): Deutsche Zeitung vom 16. April 1883 (J. M. Aigner). – Wiener Zeitung vom 5. September 1885. – M. M. v. Weittenhiller, Schloß Gumpendorf und seine Besitzer (1886). – Zahlreiche Nekrologe in den Wiener Tagesblättern und in vielen deutschen illustrirten Zeitschriften (1887). – Beilage zur Münchener Allgem. Ztg. vom 19. Januar 1887, Nr. 19. – Kunst für Alle, 1. März 1887 (C. v. Vincenti). – Neue Freie Presse vom 12. Juni 1889 (K. v. Thaler). – Siebenbürgisch-deutsches Tageblatt, 24. August 1895. – Georges Meyer, Erinnerungen (Carl Rahl), 1879, S. 162, 164. – L. A. v. Frankl, Friedrich v. Amerling, ein Lebensbild (Wien, Pest, Hartleben 1889). – Lott, Bericht über die Studienjahre an der Akademie der bildenden Künste (Wien 1892). – Nagler’s Künstlerlexikon. – Jul. Meyer, Künstlerlexikon. – Herm. Al. Müller, Biogr. Künstlerlexikon. – C. v. Wurzbach, Biogr. Lexikon d. österr. Kaiserstaates. – Kabdebo, Handlexikon österr. Künstler u. Kunstverwandten (Artikel Aigner u. Alconière). – Bötticher, Malerwerke d. 19. Jahrh. – Ungezählte Kataloge v. Sammlungen, Versteigerungen u. Ausstellungen, bes. d. Katalog d. Amerlingausstellung im österr. Kunstverein 1880 und d. histor. Ausstellungen v. 1877, 1880 u. 1891 (Wien). – Persönl. Erinnerungen.