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ADB:Gauermann, Friedrich

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Artikel „Gauermann, Friedrich“ von Karl Weiß in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 8 (1878), S. 420–422, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Gauermann,_Friedrich&oldid=- (Version vom 26. Dezember 2024, 01:17 Uhr UTC)
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Gauermann: Friedrich G., Maler, geb. zu Miesenbach nächst Gutenstein in Nieder-Oesterreich am 20. Septbr. 1807, † zu Wien am 7. Juli 1862. Sein Vater Jacob G., ein renommirter Landschafter, bestimmte den älteren Sohn Jacob der Kunst, den jüngeren Friedrich der Oekonomie, welche letzterer auf seiner Besitzung in Miesenbach unter der Anleitung des Großvaters praktisch erlernen [421] sollte. G. folgte der gegebenen Anregung bis zum Tode des Großvaters, ohne für die Kunst ein besonderes Interesse gezeigt zu haben. Erst nach dem Eintritt dieses Ereignisses vollzog sich eine Wandlung in dem Geistesleben des vierzehnjährigen Knaben. Im Verkehre mit den Kunstgenossen seines Bruders Rauch und Höger, welche im Sommer nach Miesenbach kamen, um Studien nach der Natur zu machen, erwachte auch in G. die Liebe zur Kunst. Ohne einen besonderen Unterricht genossen zu haben, zeichnete er nach der Natur und gleich der erste Versuch gelang derart, daß sein Vater dem Andringen des Sohnes nicht widerstand, auch ihn zum Künstler heranbilden zu lassen. Unter der Anleitung des Vaters machte G. seine ersten landschaftlichen Studien nach Ruysdael, Potter, du Jardin und Rosa, auf welche ihn ersterer hinwies. Mit außerordentlicher Beharrlichkeit und Fleiß copirte er wiederholt Radirungen dieser Meister in der Hofbibliothek und in der Bibliothek der Akademie der bildenden Künste und gleichzeitig auch deren Originalwerke in Oelfarben, von welchen insbesondere die gräflich Czernin’sche Gallerie in Wien eine reiche Auswahl besaß. Wie im Zeichnen blieb er auch in der Kunst der Oelmalerei Autodidakt und zeigte keine Lust in die akademische Schule einzutreten. Es war ein mühsamer und beschwerlicher Weg, welchen G. gewählt hatte, aber seine außerordentliche Begabung, sein geübtes Auge für die Erscheinungen der Natur und seine Hingebung für den gewählten Beruf halfen ihm die Schwierigkeiten überwinden. Andererseits brachten sie ihm den großen Vortheil, daß sich seine künstlerische Individualität voll und frei entfalten konnte. Gauermann’s erste selbständige Werke fallen nach seinen eigenen Aufzeichnungen in das J. 1822; sie bestanden aus folgenden Thierstücken: „Ein alter Mann, der ein paar Ochsen über eine Brücke treibt“, und „Das Wehr vom Posteldamm mit darübersitzenden Rehen“. In der Wiener Kunstausstellung des J. 1824 trat er bereits mit zwei Thierstücken neben den Werken seines Vaters auf. Welchen Eindruck dieselben machten, davon gibt eine Besprechung in Hormayr’s Archiv Zeugniß, worin es heißt: „Wahre Verwunderung erregten in dieser Ausstellung die beiden Thierstücke seines achtzehnjährigen Friedrich, gut componirt, von verdienstlicher Färbung und in der Zeichnung und Charakterisirung der Thiere trefflich zu nennen“. In den J. 1825 und 1826 finden wir G. bereits mit Aufträgen des Fürsten Metternich und des französischen Gesandten Caraman beschäftigt. Nachdem er im J. 1827 eine Reise nach München und Dresden zu dem Zwecke unternommen, um in den dortigen Gallerien Studien zu machen und als einzelne seiner Arbeiten den Kunstfreunden bekannt geworden, erhielt er auch Bestellungen aus Dresden, Leipzig und Berlin. Mit dem Bilde „Gewitter“ im J. 1829 begründete seinen Ruf bleibend. Von dieser Zeit an wurde er ein viel beschäftigter und hoch geachteter Künstler. Fast alljährlich brachte die akademische Kunstausstellung in ihren Ausstellungen Werke Gauermann’s, welche von öffentlichen und Privatgallerien des In- und Auslandes, insbesondere von den Wiener Kunstfreunden mit Vorliebe und zu verhältnißmäßig hohen Preisen erworben wurden. Mit Führich, Danhauser, Waldmüller galt er für eine der Zierden der Wiener Kunstschule. Als der englische Thiermaler Landseer Bilder von G. sah, sandte er demselben, ohne früher seine Bekanntschaft gemacht zu haben, seine sämmtlichen Radirungen, welches Geschenk der Künstler mit einer Naturstudie erwiderte. In Gesellschaft seines Freundes Höger, eines tüchtigen Landschafters, machte G. im J. 1838 eine Reise nach Venedig, in jener des Malers G. Reinhold im J. 1848 eine zweite Reise nach Venedig, Padua, Verona, Mailand und Tirol. Die übrigen Jahre verbrachte er einen großen Theil des Jahres theils auf seinem väterlichen Erbe in Miesenbach, theils auf Studienreisen in den österreichischen Alpenländern. Die Eindrücke der großartigen Natur und der Eigenthümlichkeiten ihrer Bewohner [422] sowie das Belauschen der Thierwelt boten dem Künstler einen unerschöpflichen Stoff für seine Werke, und sein Vertrautsein mit den Erscheinungen der Alpenwelt reifte in ihm, wie Eitelberger charakteristisch hervorhebt, sein Hauptstreben, die Landschaft mit dem Thierleben zu einem lebendigen Ganzen zu verbinden. In der Auffassung der Thierwelt lag seine vorzügliche Stärke und darin liegt auch seine hervorragende künstlerische Bedeutung. G. gibt uns nicht ein Thierstück als Staffage behandelt, sondern das Leben der Thiere in der Natur. Bald ist es der Auftrieb der Kühe auf die Alpe oder auf die Weide, bald die Heimkehr von der Ernte, das Pflügen auf dem Felde oder die Wirkung von herannahenden Gewittern auf die Thiere, welche er uns in effectvoller Farbenwirkung darstellt. Dann drückt er uns das Leben der Thiere im Kampfe um ihr Dasein in Bildern aus, wie beispielsweise den lauernden, über bemooste Felsen einsam schleichenden Fuchs, die gehetzte Gemse, den Adler oder Bären einen Raub ergreifend oder vertheidigend, einen zu Tode verwundeten Hirsch, der sich in das dumpfe Waldesdickicht geflüchtet, umkreist von beutegierigen Adlern. Allerdings ist bei einzelnen Landschaftsbildern ein Zug nach starken Licht- und Farbeneffecten vorhanden, welcher deren Gesammtwirkung beeinträchtigt, aber die meisterhaft ausgeführten Einzelheiten sichern denselben bleibenden Werth. Die vorzüglicheren Bilder Gauermann’s sind: „Wölfe und Bären“ (1831), „Felsengegend mit Bären“ (1831), „Landschaft mit einer Kohlenbrennerei und Holzwägen“ (1832), „Geier mit einem Hirsch" (1832), „Bärenfamilie um ihre Beute“ (1832), „Parforcejagd“, „Ländliche Schmiede“ und „Eber von Wölfen angefallen“ (1834), „Der Ackersmann“, „Sturm am See“ und „Wölfe mit einem Hirsch“ (1835), „Erntescene“, „Umspannen des Eilwagens“ und „Wildschweine“ (1836), „Verendender Hirsch mit dem Adler“ (1837), „Viehmarkt in Salzburg“ (1838), „Wölfe mit Jungen auf hohen Felsen“ und „Erntewagen bei Gewitter“ (1839), „Jagdscene im Hochgebirge“ und „Das Passeyrerthor bei Meran“ (1840), „Scheibenschießen in Tirol“ (1841), „Ländliche Schmiede aus der Ramsau“ (1842), „Parthie von Zell am See“ (1843), „Der Dachstein und Gosauersee“, „Landschaft mit einer Jagdscene“ und „Saumweg bei Meran“ (1844), „Ein Abend“, „Gemsenjagd“ und „Wildschützen am See“ (1845), „Die vier Jahreszeiten“ (1847), „Eine Alpe“ und „Ein Schiffzug“ (1848), „Gemsenjagd II“ (1850), „Bauernpferde“ (1850), „Rückkehr von der Hirschjagd“ (1850), „Ruhende Heerde“ (1852), „Eber mit Hunden“ (1852), „Am Attersee“ (1858), „Kühe und Schafe“ (1858). – Eine Anzahl von Gauermann’s Bildern wurden, meist durch Vermittlung des Wiener und österreichischen Kunstvereins, von Sandmann, Schrödl und Ed. Kaiser lithographirt. Ein paar Bilder aus älterer Zeit wurden von Passini gestochen. Funfzehn Blätter seiner Thierstudien sind von ihm selbst (1821–25) radirt worden. – Nach seinem Tode veranstaltete der österreichische Kunstverein (September 1862) eine Ausstellung von 53 Bildern des Künstlers. In seinem Nachlasse fanden sich 1034 Oelbilder, 569 Handzeichnungen, 6 Oelskizzen und 15 begonnene Oelbilder, welche zur Versteigerung gelangten. Einzelne Bilder wurden zu außerordentlich hohen Preisen erworben.

R. v. Eitelberger, Friedrich Gauermann in Schmidl’s österr. Bl. für Litteratur und Kunst. – C. v. Wurzbach, Biogr. Lexikon V, 104 u. XI, 414.