Zum Inhalt springen

ADB:Böttger, Rudolf von

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Boettger, Rudolph Christian“ von Robert Knott in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 47 (1903), S. 143–144, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:B%C3%B6ttger,_Rudolf_von&oldid=- (Version vom 4. Dezember 2024, 08:15 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Böttger, Magnus
Nächster>>>
Bötticher, Karl
Band 47 (1903), S. 143–144 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Rudolf Christian Böttger in der Wikipedia
Rudolf Christian Böttger in Wikidata
GND-Nummer 116226390
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|47|143|144|Boettger, Rudolph Christian|Robert Knott|ADB:Böttger, Rudolf von}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=116226390}}    

Böttger: Rudolph Christian B., geboren am 28. April 1806 zu Aschersleben, † am 29. April 1881 zu Frankfurt a. Main. Er war der dritte Sohn des Oberküsters an der St. Stephansgemeinde zu Aschersleben. Mit elf Jahren kam er nach Halle als Zögling in die „Francke’schen Stiftungen“, deren Directorat damals Niemeyer inne hatte; 1824 bezog er die Universität Halle, um dem Wunsche des Vaters gemäß Theologie zu studiren; 3½ Jahre lang widmete er sich den theologischen und philosophischen Studien; eine von Kindheit an in ihm liegende Neigung für die Naturwissenschaften führte ihn aber auch häufig genug in naturwissenschaftliche Vorlesungen, insonderheit in die des Prof. Schweigger, und mancher mühselig ersparte Groschen – B. mußte sich seinen Lebensunterhalt durch Stundengeben erwerben – wurde aufgewendet zum Ankauf physikalischer Apparate und Bücher naturwissenschaftlichen Inhalts. Im Herbst des Jahres 1828 verließ er die Universität und nahm, auf Erwerb angewiesen, eine Hauslehrerstelle bei dem Oberförster Diederichs in Reifenstein bei Mühlhausen in Thüringen an, später bei dem Forstmeister v. Hanstein in Mühlhausen selbst; er übte dort mehrfach kirchliche Functionen aus und war ein gern gehörter Kanzelredner. Seine freie Zeit aber war wieder den Naturwissenschaften gewidmet, und mit Schweigger stand er in lebhaftem brieflichen Verkehr. Als ihn diese seine Lieblingsbeschäftigungen schließlich zu einer Entdeckung eines Vorganges am Platinschwamm des Döbereiner’schen Feuerzeuges führten, durch die jener an Stelle der damals noch nicht bekannten Streichhölzer allgemein verbreitete Zündapparat eine wesentliche Verbesserung erfuhr, beschloß er die theologische Laufbahn gänzlich aufzugeben und widmete sich nunmehr vom Jahre 1831 an völlig den Naturwissenschaften. Er veröffentlichte bald mehrere kleine Aufsätze über neue Beobachtungen in Schweigger’s Jahrbuch für Physik und Chemie, und 1835 wird er bereits als Lehrer der Physik und Chemie bei dem 1824 begründeten „Physikalischen Verein zu Frankfurt am Main“ berufen, an dem er nunmehr bis zu seinem Tode 46 Jahre lang wirkte, und mit dem er derartig sich verwachsen fühlte, daß er sogar höchst ehrenvolle Angebote, wie das einer Professur der Physik an der Universität Dorpat 1841, der Chemie in Halle 1842, der Physik und Chemie an der ungarischen Akademie in Altenburg 1848 ablehnte. 1837 hatte er in Halle promovirt, am 12. April 1842 verlieh ihm der Senat der Stadt Frankfurt den Professortitel, und 1846 wurde er Ehrenbürger der Stadt. Auch viele gelehrte Gesellschaften ernannten ihn zu ihrem Ehrenmitglied. Am 20. April 1841 verheirathete sich B. mit Christiane Harpke aus Aschersleben; der glücklichen Ehe entsprossen 8 Kinder, 5 Söhne und 3 Töchter. Bei aller Wissenschaftlichkeit seiner Arbeiten richtete er sein Augenmerk doch stets auf die Anwendungen seiner Entdeckungen, sodaß ihm die Technik viel verdankt. So stellte er z. B. eigenhändig eine galvanoplastische Copie einer von Prof. Felsing in Darmstadt gestochenen Platte, den kreuztragenden Christus darstellend, her, von der über 1000 Abdrücke in den Kunsthandel kamen; die Platte wird – als erste große auf galvanoplastischem Wege hergestellte – im Berliner Museum als historische Merkwürdigkeit aufbewahrt. B. erhielt dafür vom König Christian VIII. von Dänemark die große goldene Medaille. Auf seine Veranlassung wurde auch das Gutenbergdenkmal, [144] entgegen der ausdrücklichen Meinungsäußerung Liebig’s, der das für unmöglich hielt, auf galvanoplastischem Wege hergestellt. 1838 erfand er ein Enthaarungssmittel, das in der Gerberei, Chirurgie, wie auch im praktischen Leben vielfach Verwendung fand. In den Jahren 1842 und 1843 erfand er gemeinschaftlich mit Bromeis ein Verfahren Glas zu ätzen und davon Abdrücke herzustellen; das Verfahren hat sich indeß nicht eingebürgert. Am 8. August 1846 stellte er selbständig die zur selben Zeit von Prof. Schönbein in Basel entdeckte Schießbaumwolle dar. Eine Nationalbelohnung, die der Deutsche Bund den beiden Erfindern dafür in Aussicht stellte, kam zwar nicht zur Auszahlung; der König Oskar von Schweden ernannte sie aber dafür zu Rittern des Wasaordens mit dem Commandeurbande. 1848 erfand er die „Schwedischen Zündhölzer“. Ein ausführliches Verzeichniß seiner Arbeiten, die sich zerstreut in Schweigger’s Jahrbuch der Chemie und Physik, in Poggendorff’s Annalen der Physik und Chemie, in Liebig’s Annalen der Chemie und Pharmacie, in den Berichten der deutschen chemischen Gesellschaft, in Erdmann-Kolbe’s Jahrbuch für praktische Chemie, in Dingler’s polytechnischem Journal, ferner im Frankfurter Gewerbefreund, in den Jahresberichten des Frankfurter Physikalischen Vereins u. a. finden, ist abgedruckt in Poggendorff’s biographisch-litterarischem Handwörterbuch, Band 1 und 3 (Leipzig 1898). Selbständig begründet hatte er das „Polytechnische Notizblatt“, das er auch 35 Jahre leitete. In Buchform sind nur wenige Arbeiten von ihm erschienen; zu erwähnen wären die „Beiträge zur Physik und Chemie, eine Sammlung eigener Erfahrungen, Versuche und Beobachtungen“ (1838–46). Auch auf belletristischem Gebiete hat er sich versucht; so finden sich einige Aufsätze von ihm im Mühlhäuser Gemeinnützigen Unterhaltungsblatt. In brieflichem Verkehr stand er mit allen bedeutenden Fachgenossen seiner Zeit; auch versäumte er nie den Besuch der Versammlungen deutscher Naturforscher und Aerzte, wo er als „Anführer der Schwefelbande“, einer kleinen Gesellschaft von Fachgenossen, bekannt und beliebt war. – Außer den bereits erwähnten Ehrungen ist noch anzuführen die Verleihung des Ritterkreuzes des Ordens der Eisernen Krone durch den Kaiser von Oesterreich am 11. December 1852; mit dieser Auszeichnung war der persönliche Adel verbunden, den B. indeß aus Bescheidenheit nie führte; 1878, beim Jubiläum seiner 50jährigen Lehrthätigkeit, erhielt er von der preußischen Regierung die Insignien des Rothen Adlerordens.

Jahresbericht des Physikalischen Vereins zu Frankfurt am Main für das Rechnungsjahr 1879–80 (Frankfurt, Juli 1881). Auch in: Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft. 14. Jahrg., Juli–December. Berlin 1881. Mit Bildniß Boettger’s. – Meyer’s Conversationslexikon. 1895. – Poggendorff’s biograph.-litterar. Handwörterbuch. Leipzig 1898.