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ADB:Baumstark, Anton

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Artikel „Baumstark, Anton“ von Friedrich von Weech in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 46 (1902), S. 260–262, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Baumstark,_Anton&oldid=- (Version vom 21. November 2024, 20:01 Uhr UTC)
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Baumstark: Anton B., Professor der Philologie, geboren am 14. April 1800 zu Sinzheim bei Baden, † am 2. Februar 1876[1] zu Freiburg, widmete sich nach Absolvirung des Lyceums zu Rastatt in Heidelberg dem Studium der Philologie. Schlosser, der Historiker, der einem kleinen Kreise auserlesener Schüler in seiner geistvollen Weise griechische und römische Classiker interpretirte, und Creuzer waren die Lehrer, die ihn am stärksten beeinflußten. Ein junger Mann von ausgeprägter Eigenart, wäre er am liebsten jeder Wirksamkeit fern geblieben, die ihn in die Fesseln einer amtlichen Thätigkeit schlug; da aber seine Mittellosigkeit dieses nicht gestattete, unterzog er sich 1824 der Staatsprüfung für das höhere Lehramt, die er glänzend bestand. Die damals in Baden herrschende Richtung war aber der von ihm gewünschten Verwendung an einem Lyceum nicht förderlich. Die Regel war, daß ausschließlich Geistliche – an [261] katholischen wie evangelischen Lehranstalten – zu fester Anstellung gelangten. Nur provisorisch wurde er, dessen Doctordissertation von reichem Wissen zeugte, durch die Bekanntschaft mit dem freisinnigen Professor Schreiber, 1826 am Lyceum in Freiburg verwendet. Das Prekäre seiner Stellung veranlaßte ihn, in der Schweiz ein geeignetes Unterkommen zu suchen, aber auch hier hatten seine Bemühungen – u. a. bei Fellenberg in Hofwyl – keinen Erfolg; er kehrte nach Freiburg in sein Provisorium zurück, das erst 1829 in ein Definitivum verwandelt wurde, als eine Reihe hervorragender wissenschaftlicher Arbeiten auch den ihm Uebelwollenden die Augen über seinen Werth öffnete. Neben der Stelle des Hauptlehrers an der obersten Classe des Lyceums erhielt er auf Zell’s Antrag auch eine Anstellung als Collaborator an dem von diesem begründeten philologischen Seminar an der Universität, wo er sich durch die meisterhafte Handhabung des lateinischen Stils besonders hervorthat. In dieser Zeit entwickelte B. eine umfassende litterarische Thätigkeit in zahlreichen philologischen Zeitschriften und als einer der hervorragendsten Mitarbeiter an Pauly’s Realencyklopädie. Als mit der Thronbesteigung des Großherzogs Leopold ein Systemwechsel erfolgte, trat B. eifrig für eine Umgestaltung der Organisation des Gelehrtenschulwesens in Baden, besonders für die Leitung des höheren Unterrichtswesens durch eine weltliche Behörde von Sachverständigen ein. Unmittelbar wirkte B. durch seine dem Geh. Rath Nebenius überreichten Vorschläge auf die 1835 erfolgte neue einheitliche Organisation des Gymnasialwesens. Die Hoffnung, selbst aus dieser Umgestaltung unhaltbarer Zustände Vortheil zu ziehen, erfüllte sich aber nicht. Weder die philologische Professur an der Universität, welche durch Zell’s Berufung in den Oberstudienrath erledigt wurde, noch die Direction des Gymnasiums wurde ihm zu Theil. Er mußte an der Universität Feuerbach, am Gymnasium Nokk weichen. Nur die bestimmt ausgesprochene Forderung, seiner Thätigkeit am Gymnasium völlig enthoben und nur noch an der Universität verwendet zu werden, wurde endlich im J. 1848 erfüllt. Von nun an widmete B. sich ausschließlich seinem philologischen Lehramt und seiner ausgedehnten schriftstellerischen Thätigkeit, in der er eine staunenswerthe Vielseitigkeit entwickelte. Sein mit Energie und, wo er es für nöthig hielt, mit der größten Schärfe festgehaltener Standpunkt der Ergründung der Materien bis in ihre letzten Tiefen unter gleichgültiger Behandlung des officiellen Formalismus trug ihm zahlreiche Anfeindungen ein und führte zu heftigen Fehden, denen er nie aus dem Wege ging. Am 15. October 1871 erbat und erhielt er seine Pensionirung. Den Rest seines Lebens widmete B. fast ausschließlich der weiteren Ausgestaltung seiner schon früher mit Eifer betriebenen Forschungen über die Germania des Tacitus. B. war ein ganzer Mann, eckig, knorrig, der seine eigenen Wege ging, ohne den landläufigen Ehrgeiz, gleichgültig gegen amtliche Ehren und Auszeichnungen, voll tiefen Wissens, selbständig in seinem Urtheil, hart im Widerspruch, derb im Ausdruck, unerschütterlich in der offenen Aussprache seiner Ueberzeugung. So lebt er fort im Andenken derer, die ihn kannten und – auch als Gegner – ihn ehren mußten, und in seinen wissenschaftlichen Werken.

Schriften: „Prolegomenorum in orationem Demosthenis adversus Phormionem caput prius sive de litigantium personis ac statu civili“ (Diss. 1826); „De Curatoribus Emporii et Nautodicis apud Athenienses Disputatio“ (1827); „Animadversiones de re tutelari Atheniensium“ (1829); „Caesaris commentarii de bello gallico et civili“ (1828); „Curtii Rufi de gestis Alexandri M. etc.“ (1829); „Die Formen des Perfecti und Supini der lateinischen Zeitwörter“; „Index prosodiacus latinae linguae antibarbarus“ (1830); „Lectiones Tullianae“ (1832); Schulausgabe des Caesar (1832); Uebersetzung des [262] Caesar (1836); „Blüthen der griechischen Dichtkunst in deutscher Nachbildung“ (1840–41); „Orationes latinae virorum recentioris aetatis disertissimorum etc.“ und mehrere kleinere Schriften, darunter ein „Grundriß der alten und neuen Geographie“; „Die freie religiöse Aufklärung, ihre Geschichte und ihre Häupter u. s. w. mit einer Einführung von Kirchenrath Paulus“ (1843); „Karl Freiherr v. Moser. Aus seinen Schriften sein Geist an das 19. Jahrhundert“ (1846); „Staatslexikon in Einem Bande. Staatswissenschaftliches Handbuch der politischen Aufklärung für die Gebildeten aller Stände. Im Verein mit Anderen herausgegeben“ (1847–52), die drei letzten Werke unter dem Pseudonym Hermann vom Busche. „Zur Neugestaltung des badischen Schulwesens“ (1862); „Fr. A. Wolf und die Gelehrtenschule“ (1864); „Urdeutsche Staatsalterthümer zur schützenden Erläuterung der Germania des Tacitus“ (1873); „Ausführliche Erläuterung des allgemeinen Theiles der Germania des Tacitus“ (1875); „Cornelii Taciti Germania, besonders für Studierende erläutert“ (1876); deutsche Uebersetzung der Germania (1876). Aus seinem Nachlaß herausgegeben: „Ausführliche Erläuterung des besonderen völkerschaftlichen Theiles der Germania des Tacitus“ (1888).

A. Baumstark. Seine Lebensgeschichte, von ihm selbst verfaßt, aus seinem Nachlasse herausgegeben und abgeschlossen von seinem Sohne Reinhold Baumstark. 1876. – Badische Biographien I, 48 ff.; III, 211.

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. Baumstark, Ant. XLVI 260 Z. 11 v. u. l.: † am 28. März (statt 2. Febr.) 1876. [Bd. 56, S. 395]