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ADB:Breisky, August

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Artikel „Breisky, August“ von Franz von Winckel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 47 (1903), S. 218–219, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Breisky,_August&oldid=- (Version vom 14. November 2024, 18:18 Uhr UTC)
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Breisky: August B., geboren 1832 zu Klattau in Böhmen, † am 25. Mai 1889 in Wien. Ueber die Kinder- und Jugendjahre dieses eminenten Gynäkologen ist uns leider nichts bekannt. Er studirte in Prag, war dann mehrere Jahre Assistent der pathologischen Anatomie bei Professor Treitz und später klinischer Assistent an der geburtshülflichen Klinik des Professors Seyfert in Prag. Das war in der Zeit, wo aus aller Herren Ländern Schüler gen Prag zogen, um unter Seyfert sich in der Geburtshülfe auszubilden, denn damals war die Möglichkeit, in diesem Fache zu lernen, an jener Schule in einer Weise geboten, wie nie später. 1861 begab sich B. auf Reisen und besuchte zunächst L. Winckel in Gummersbach, um sich über das Vorkommen der Osteomalacie daselbst zu unterrichten. Das Ergebniß dieser Reise publicirte er in der Prager Vierteljahrsschrift Bd. 70, S. 73. Nach der aus dem Jahre 1859 stammenden Mittheilung über einige Beobachtungen an todtgeborenen Kindern war diese Publication eigentlich der Anfang seiner litterarischen Thätigkeit in gynäkologischer Hinsicht und noch bis in seine letzten Lebensjahre erinnerte er sich besonders gern jener Studien und der im Hause Winckel verlebten Tage. Er ging damals und später wiederholt auch nach Frankreich und England und habilitirte sich 1865 als Docent für Geburthülfe in Prag auf Grund seiner Schrift: „Ueber den Einfluß der Kyphose auf die Beckengestalt“. „Mit durchdringender Klarheit“, sagt Dr. W. Fischel von ihr, „hat Breisky den mechanischen Zusammenhang der einzelnen Abweichungen des kyphotischen Beckens von der Norm mit der abnormen Belastung derselben erkannt, und durch eine sinnreiche graphische Methode, die bis in die Gegenwart der allgemeinsten Anerkennung und Nachahmung sich erfreut, illustrirt“.

Bald darauf wurde er Primararzt des neugegründeten Handelsspitales in Prag, kurz nachher Director der Hebammenschule in Salzburg, folgte aber schon 1867 einem ehrenvollen Rufe als Professor der Gynäkologie an die Universität Bern, wo er bis 1874 blieb. Von Bern kam er in gleicher Eigenschaft nach Prag, wo er zwölf Jahre lang Kliniker war und wurde 1886, nach dem Rücktritte des Professors Späth in Wien, als dessen Nachfolger berufen. Hier war er leider nur noch drei Jahre thätig, da er bereits am 25. Mai 1889 einem bösartigen Darmleiden erlag.

Wenden wir uns nun zunächst zu der litterarise:hen Thätigkeit Breisky’s, so hat derselbe außer den bereits erwähnten Publicationen eine große Reihe kleinerer Aufsätze in den verschiedensten medicinischen Journalen erscheinen lassen. Als Monographie ist sein Werk: „Krankheiten der Vagina“ Band VII des Billroth-Lücke’schen Handbuches der Frauenkrankheiten erschienen, die erste Auflage 1879, die zweite 1886. Seine Darstellungsweise war meisterhaft klar, kurz und bündig; seine Kritik stets sachlich, nie persönlich. Seine vorzüglichen pathologisch-anatomischen Kenntnisse befähigten ihn, wie wenige, zur Begründung exacter klinischer Forschung. Er stellte zuerst das Krankheitsbild der [219] Pyometra und Pyocolpos lateralis auf (Arch. f. Gynäk. II, 84. 1871), ferner die klinischen Gesichtspunkte zur Diagnose des spondylolisthetischen Beckens (Arch. f. Gynäk. IX, 1. 1876); er begründete die geburtshülfliche Messung des Beckenausganges (Wiener med. Jahrb. XIX. 1870). Die Einführung der Emmet’schen Operation in Deutschland ist an seinen Namen geknüpft und gestützt auf klinische Erfahrungen deckte er die Beziehungen zwischen Lacerationsectropien und Krebs auf und wies zuerst auf die Beziehungen zwischen chronisch entzündlichen Affectionen des Beckenbauchfells und der Entstehung von Ovarialkystomen hin. Auch hat er mancherlei neue Operationsverfahren und neue Instrumente ersonnen, wie z. B. den Kephalotriptor, die Operation der breiten Scheidenatresien, ohne je specielle chirurgische Vorbildung erhalten zu haben.

Ganz besonders hervorragend war B. als Lehrer: er verband nicht bloß eine eminente Gabe der Darstellung, sondern ein ausgezeichnetes anatomisches und klinisches Wissen mit dem gewissenhaftesten persönlichen Unterricht in der geburtshülflichen und gynäkologischen Untersuchung, er besaß auch ein seltenes Zeichentalent. Seine Skizzen, die er zu hunderten während des Unterrichtes auf die Tafel hervorzauberte, waren vortrefflich. Als Arzt zeichnete ihn, wie Alle, die ihn als solchen kennen gelernt haben bezeugen, die größte Humanität aus. Er behandelte die ärmste Spitalpatientin mit derselben Gründlichkeit, Gewissenhaftigkeit, ja fast peinlichsten Aengstlichkeit, wie die Damen der vornehmsten Stände. Er war, wie Fischel richtig sagt, kein aufs Operiren versessener Gynäkologe, und so lange eine Affection auch auf anderem Wege Aussichten zur Heilung bot, zog er stets diesen vor. Seine conservative Richtung hat er zeitlebens beibehalten. – Noch wäre zu erwähnen, daß die österreichische Hebammeninstruction, die bekanntlich viele andere an Bedeutung übertraf, größtentheils sein Werk ist. Wegen seiner Milde und Liebenswürdigkeit, wegen seiner großen Geschicklichkeit, bei widerstreitenden Ansichten zu vermitteln und zu versöhnen, wegen der freundschaftlichen Weise, in der er mit seinen Schülern und Collegen verkehrte, genoß B. zeitlebens die größte Verehrung. Er lebte in glücklichster Ehe und hinterließ seine Wittwe mit zwei begabten Söhnen in noch jugendlichem Alter.

Wernich-Hirsch, Biogr. Lexikon berühmter Aerzte, Bd. I. – W. Fischel, Hofrath Prof. Dr. Aug. Breisky (Prager med. Wochenschr. 1889, Nr. 22). – Vincenz Johannovsky, Correspondenzblatt d. Reichenberger Aerztevereins, II. Jahrg., Nr. 6, 1889. – Schauta, Gedächtnißrede auf Aug. Breisky (Prager med. Wochenschrift 1889, Nr. 22), und nach eigenen Erinnerungen.