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ADB:Burchard II. (Bischof von Halberstadt)

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Artikel „Burchard II., Bischof von Halberstadt“ von Theodor Lindner in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 3 (1876), S. 556–557, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Burchard_II._(Bischof_von_Halberstadt)&oldid=- (Version vom 21. November 2024, 18:30 Uhr UTC)
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Burchard II. (Buko, Bucco), Bischof von Halberstadt 1059–1088, gegen 1030 geboren, stammte aus einem schwäbischen Rittergeschlechte, dessen Name sich nicht mit Sicherheit nachweisen läßt; er war ein Schwestersohn des Erzbischofs Anno von Köln. Dieser verschaffte ihm wahrscheinlich die Präpositur am Goslarer Dome; sicher hat es B. Anno’s Einfluß zu verdanken, daß er in Freising Weihnachten 1059 von der Kaiserin Agnes zum Bischofe von Halberstadt ernannt wurde. Wahrscheinlich war B. Mitwisser der Verschwörung gegen die Kaiserin; als Anno nach der Entführung Heinrichs IV. eine machtvolle Stellung einnahm, weilte der Bischof meist in seiner und des Königs Nähe, von dem er mehrfache Schenkungen erhielt. Auf der Synode in Augsburg Ende October 1062 wurde ihm der wichtige Auftrag zu Theil, als Gesandter des Königs den Streit zwischen Alexander II. und dessen Gegenpapst Cadalus zu untersuchen und denjenigen von ihnen, dessen Sache er als die gerechte erfinde, nach Rom zu führen. Wie zu erwarten, entschied sich B. für Alexander, den er vereint mit Herzog Gottfried im Januar 1063 nach Rom geleitete. Er erhielt dafür vom Papste reichen Lohn; Alexander verlieh ihm in einer in den schmeichelhaftesten Worten abgefaßten Bulle das Pallium und außerdem das Recht, das Kreuz vor sich hertragen zu lassen und bei Processionen sich des sogenannten Naccus (eines besonders geschmückten Pferdes) zu bedienen. B. brüstete sich nicht wenig mit diesen Auszeichnungen und erregte dadurch den Neid der anderen Bischöfe; der Erzbischof Siegfried von Mainz beschwerte sich beim Papste laut über seine Hoffart. Während Anno damals zurück trat, stieg B. in des Königs Gunst durch einen glücklichen Feldzug, den er im Winter 1067–68 gegen die Liutizen unternahm; als Befehlshaber des sächsischen Heeres drang er bis nach Rethra vor und nahm aus dem dortigen Tempel das heilige Pferd mit. Wir finden ihn daher in den nächsten Jahren vielfach in des Königs Nähe; als B. am 13. Juni 1071 den neuerbauten Dom in Halberstadt – der alte war mit dem größten Theile der Stadt 1060 von den Flammen verzehrt worden – einweihte, verherrlichten der König, dessen Gemahlin nebst sieben Bischöfen und den meisten Fürsten des Reiches die Feier durch ihre Gegenwart. Aber dieses günstige Verhältniß zu Heinrich IV. hörte bald für immer auf. An der sächsischen Verschwörung 1073 nahm B. den thätigsten Antheil und blieb hinfort des Königs erbittertster Feind. Es wird erzählt, Heinrich habe den Bischof durch Entziehung einiger Güter beleidigt; wahrscheinlicher ist, daß der von Ehrgeiz und kriegerischem Muth erfüllte Mann durch Opposition gegen den König weiter empor zu kommen hoffte. Selbst als die Schlacht an der Unstrut die Hoffnungen der sächsischen Rebellen vereitelt hatte, suchte B. mit Otto von Nordheim und seinem Oheime, dem Erzbischof Wezilo von Magdeburg, den Kampf fortzusetzen; der Widerwille des Volkes gegen den Krieg aber nöthigte sie, sich dem Könige Ende October 1075 zu unterwerfen. B. wurde dem Bischofe Robert von Bamberg zur Haft übergeben, später nahm ihn der König an seinen Hof. Daher unterschrieb auch B. jenen Absagebrief, welchen die deutschen Bischöfe in Worms am 24. Jan. 1076 an Gregor VII. richteten; wahrscheinlich that er es nur gezwungen. Denn er [557] erlangte trotzdem seine Freiheit nicht, er wurde vielmehr dem Könige Salomo übergeben, damit ihn dieser mit sich nach Ungarn führe. Unterwegs gelang es ihm, zu entfliehen und etwa im Juni 1076 nach Sachsen zu eilen, welches er bereits in voller Empörung gegen den König fand. Fortan war B. an allen Unternehmungen gegen Heinrich IV. betheiligt; dreizehn Mal soll er persönlich ins Feld gezogen sein. Er war der treueste Anhänger Rudolfs von Schwaben; der zweite Gegenkönig Hermann wurde am 26. Dec. 1081 in Goslar gekrönt und hatte dort meistens seinen Sitz. B. übte auf ihn großen Einfluß und eine der beiden Urkunden, welche wir von Hermann besitzen, überweist dem Bischofe bedeutende Schenkungen. Als jedoch König Heinrich im Sommer 1085 siegreich in Sachsen einbrach, mußte B. mit dem Gegenkönige und dem Erzbischofe Hartwig von Magdeburg zu den Dänen fliehen, während Heinrich Hamezo als Gegenbischof in Halberstadt einsetzte. Doch gelang es B. schon gegen Ende desselben Jahres nach seinem Bisthume zurückzukehren und den Gegner zu verdrängen; er nahm weiter regen Antheil an den kriegerischen Ereignissen und verweigerte jede Aussöhnung mit Heinrich. Da gerieth er in Zwist mit dem Markgrafen Ecbert von Meißen, dem er, wie es heißt, Aussichten auf die Krone eröffnet hatte, ohne dann seinen Versprechungen nachzukommen. Ecbert söhnte sich daher mit Heinrich aus und brach Anfang 1088 wüthend in das Halberstädter Bisthum ein und verwüstete es weit und breit. Der Bischof bat um Waffenstillstand; zu Goslar sollte über seine Unterwerfung unter Heinrich verhandelt werden. Aber dort brach ein Tumult gegen den Bischof aus, der mit Recht als die Hauptursache der fortwährenden Kriegsleiden, welche Sachsen heimsuchten, betrachtet wurde. Ecbert soll die Bürger noch mehr gereizt haben, so überfielen sie B. in seiner Herberge und mißhandelten ihn. Er wurde so schwer verletzt, daß er am folgenden Tage, am 6. April 1088, in dem benachbarten Kloster Ilseburg, wohin man ihn gebracht, seinen Geist aufgab. – In den ersten Jahren hat B. sein Bisthum sehr gefördert: er baute die Kathedrale und mehrere andere Kirchen in Halberstadt, er gründete das benachbarte Kloster Huysberg, das Kloster Ilseburg restituirte er; aber der leidenschaftliche fünfzehnjährige Kampf gegen Heinrich IV. ruinirte die Diöcese völlig. B. war eifrig in religiösen Dingen, besonders lag ihm die Disciplin am Herzen und die Reform der Klöster, in denen er Mönche der cluniacensischen Richtung einsetzte; deshalb und da seine politische Stellung stets auf Seiten des Papstes war, wird er von den Gegnern Heinrichs mit dem höchsten Lobe gefeiert, während ihn dessen Freunde als den hartnäckigsten Rebellen verdammten. – Auf B. wird gewöhnlich der bekannte Kindervers: „Buko von Halberstadt, bring doch meinem Kinde was“ etc. bezogen, doch läßt sich die Sage von seiner Liebe zu Kindern nicht historisch begründen.

Unter den Quellen gibt namentlich der Annalista Saxo viel Stoff; in ihm ist auch ein Theil der verlorenen Passio Burchardi enthalten, welche dessen Neffe, Abt Herrand von Ilseburg, verfaßte. Vgl. Leuckfeld, Antiquitat. Halberstad. Sein Leben bis zum J. 1073 behandelt die Dissertation von Sellin, Hal. Sax. 1866.