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ADB:Erhard, Heinrich August

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Artikel „Erhard, Heinrich August“ von Adalbert Horawitz in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 6 (1877), S. 197–198, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Erhard,_Heinrich_August&oldid=- (Version vom 2. November 2024, 20:44 Uhr UTC)
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Band 6 (1877), S. 197–198 (Quelle).
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Erhard: Heinrich August E., Mediciner und Geschichtsforscher, ward zu Erfurt 13. Febr. 1793 als Sohn des Professors Dr. J. E. geboren, wurde 1813 praktischer Arzt und Privatdocent zu Erfurt, 1815 Oberarzt im VI. preußischen Armeecorps, 1812 wurde ihm die Ordnung des Erfurter Regiments-Archivs übertragen, 1822 war er königl. Bibliothekar daselbst, 1824–1831 Archivar zu Magdeburg, später königl. preußischer Archivrath und Vorstand des Archivs für Westfalen zu Münster, wo er 22. Juni 1852 starb. E. schrieb zuerst unter dem Namen seines Vaters mehrere kleine lateinische Abhandlungen über Erfurts Schulen und Bibliotheken, dann von 1817–1830 unter A. Hecker’s Namen das „Lexicon medicum reale“, betheiligte sich in eingehender Weise an der Klinik der chronischen Krankheiten von Fr. Jahn, der Materia medica desselben, schrieb dann an einem „Handbuche der deutschen Sprache“, das von 1821 bis 1826 erschien. Schon um 1822 hatte er eine „Allgemeine thüringische Vaterlandskunde“ abgefaßt, der sich von 1825–28 „Ueberlieferungen zur vaterländischen Geschichte“ anreihten. 1833–1837 gab er die „Zeitschrift für Archivkunde, Diplomatik und Geschichte“ heraus, die sehr viele Hoffnungen rege machte, von 1838 an die „Zeitschrift für vaterländische Geschichte und Alterthumskunde“. Schon diese kurze Uebersicht zeigt, daß sich bei einer seltenen Vielseitigkeit sein Hauptinteresse doch vor allem historischen Studien zuwandte. So hatte er auch in seiner frühesten Publication diese Seite mit der größten Vorliebe behandelt. 1813 erschien als Legitimationsschrift seiner an der Universität Erfurt angenommenen philosophischen Doctorwürde: „Academiam Erfordiensem de litteris tam sacris quam profanis optime meritam profert H. A. E.“ (Erfurt). In dieser Schrift schon zeigte E. seine Hinneigung zu historischen Studien, namentlich zur Geschichte des geistigen Lebens in Deutschland. Der Wunsch, zu zeigen wie die Wissenschaft hier wieder aufgelebt, oder aber der Reformationsgeschichte eine eingehende Darstellung zu geben, beschäftigte ihn schon damals. 1819 hatte dieser Wunsch eine festere Gestaltung gewonnen. E. faßte den Plan, eine allgemeine Geschichte der wissenschaftlichen Cultur Deutschlands zu schreiben (cf. seine Geschichte des Wiederaufblühens I. S. XIII f.), die bis auf seine Zeit geführt worden wäre; das biographische und litterarhistorische Element sollten darin besondere Pflege und Berücksichtigung finden. 1820 wollte er deshalb in eine [198] große Universitätsstadt, um den erforderlichen Bücherschatz zu haben und dort das akademische Lehramt zu erwerben. Doch blieb es nur bei der Absicht. 1825 konnte E. trotzalledem im I. Hefte seiner zu Magdeburg erschienenen „Ueberlieferungen zur vaterländischen Geschichte“ als Frucht seiner Arbeiten über einzelne Gelehrte der Renaissance-Epoche ein Buch „Teutschlands Morgenröthe“ ankündigen. Doch genügte ihm dasselbe wenig, er arbeitete noch längere Zeit daran, wobei ihm der Mangel an wissenschaftlichen Hülfsmitteln in Erfurt und die Schwierigkeit, aus der Ferne solche zu bekommen, allerdings übel mitspielten. Endlich war er so weit, abschließen zu können; das Buch, das aus sehr sorgsamen und oft tiefgehenden Studien erwuchs, von seinem Verfasser aber für das große Publicum bestimmt ward, beschäftigte sich wie natürlich mit der Vorgeschichte des Humanismus, mit der Scholastik, aber auch mit der italienischen Gelehrsamkeit, bevor es theils in zusammenfassender theils in biographischer Weise die deutsche Renaissance eingehend besprach. Es erschien unter dem Titel: „Geschichte des Wiederaufblühens wissenschaftlicher Bildung vornehmlich in Teutschland bis zum Anfange der Reformation“, Magdeburg, 3 Bde. 1827–1832, und gehört auch heute noch zu den gesuchteren. Und wahrlich ist es noch keineswegs antiquirt, auch der Forscher wird stets wieder auf dasselbe zurückkommen müssen; es zeigt des Verfassers reiche Litteraturkenntniß, nicht minder seinen warmen Eifer für den Gegenstand; seine Monographien über Wimpheling, vor allem aber die über Celtis, Reuchlin und Erasmus müssen höchst lehrreich genannt werden, wie denn auch sein großer Artikel über Erasmus in der Ersch’schen Encyklopädie (36. Bd. 155–212) 1842, vornehmlich wegen der genauen Bibliographie, sehr dankenswerth und wichtig ist. 1829 erschienen aus Urkunden zusammengestellt die „Mittheilungen zur Geschichte der Landfrieden in Teutschland“ (Erfurt). Die Arbeit entstand aus einem schon 1823 zu Erfurt gehaltenen Vortrage und hat vornehmlich Thüringen im Auge, sie theilt auch einige interessante Urkunden zur Geschichte des 14. Jahrhunderts mit. In späterer Zeit förderte E. die Geschichte seiner engeren Heimath, die Geschichte Westfalens: so erschien 1837 zu Münster die Geschichte dieser Stadt von der ältesten Zeit bis 1813. Auch dieses Werk war schon früher begonnen und aus den Quellen gearbeitet, aber auch dieses sollte nicht für Gelehrte, sondern für das große Publicum geschrieben sein. Doch auch die Fachgenossen werden es brauchbar finden. In ihrem Interesse aber war die nächste Arbeit Erhard’s die „Regesta Historiae Westphaliae. Accedit Codex Diplomaticus“, Münster, I. Bd. 1847, wodurch E. nicht blos um die Local- sondern auch die allgemeine Geschichte sich neue Verdienste erwarb. Der II. Bd. erschien 1851. Index und Fortsetzung (III. Bd.) lieferte Erhard’s Nachfolger Roger Wilmans 1861 und 1871. Es gibt in den letzten Jahrzehnten nicht bald einen fruchtbareren und verdienstvolleren Forscher als E., seine Arbeiten gehen aus selbständigen sorgfältigen Quellenstudien hervor, berichten in klarer und anregender Darstellung über die behandelten Stoffe und zeigen vor allem, daß ein genauer und gründlicher Kenner das Material verwerthete.

Ausführliche Nekrologe mit Schriftenverzeichniß finden sich in der (mir nicht zugänglichen) Zeitschrift für vaterländische Geschichte und Alterthumskunde XIII. Band, 1852, Münster, S. 319–343 und in Raßmann’s Nachrichten von dem Leben und den Schriften münsterländischer Schriftsteller. Münster 1866. 98–101.