ADB:Flayder, Friedrich Hermann

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Artikel „Flayderus, Friedrich Hermann“ von Wilhelm Scherer, Julius Hartmann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 7 (1878), S. 106–107, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Flayder,_Friedrich_Hermann&oldid=- (Version vom 1. Mai 2024, 21:38 Uhr UTC)
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Flayderus: Friedrich Hermann F., lateinischer Dramatiker.[1] Erscheint schon 1621 als Professor des Griechischen und Lateinischen an der Universität Tübingen; er war zugleich Lehrer am Collegium illustre und später auch Universitätsbibliothekar daselbst (bis 1640?). Er hat sich 1620 verheirathet, 1626 wurde er Poeta Laureatus. Janus Gruter nennt ihn seinen brüderlichen Freund, und F. schrieb Gruters Nekrolog (Vita mors et opera J. Gr. 1628). – Eines der üblichen Lobesepigramme bezeichnet ihn als Frischlinus secundus. Wirklich hat er von Nicodemus Frischlin (s. d.) manches gelernt, aber dem Wesen nach ist er ganz anders. Wenn Frischlin den Aristophanes übersetzte, so liegt dem F. der Anakreon näher (Anacreon gr. et lat. 1622). Wenn jener weder Liebesgedichte noch Idyllen verfaßte, so besingt dieser den Frühling und weiß Natur- und Liebesgefühl zu verbinden. Wenn jener in seinen Comödien höchstens sinnlich auflodernde Leidenschaft kennt, so bemüht sich dieser, gerade die zartere Empfindung zu schildern. Wenn jener nur mit grellen Farben Wüstlinge und komische Personen zu charakterisiren weiß, so geht dieser absichtlich darauf aus, alle seine Figuren – durch ihre eigenen Aeußerungen oder durch das, was andere über sie sagen – sorgfältig gegen einander abzuheben. Er übertrifft den Frischlin durch geschlossenere Composition und durch feinere der modernen Bühne nähere Züge. Er führt gern die Conflicte auf einen Punkt, wo sie unheilbar scheinen, und bringt dann eine überraschende Lösung. Er beobachtet die Einheiten der Zeit und des Ortes, motivirt meist sorgfältig Eintritt und Abgang, hat übrigens zu viel Monolog und noch immer den typischen Scenenanfang, wo die Leute sich nicht sehen oder sich belauschen. Dies alles gilt vorzugsweise von seinen beiden ersten Stücken, worin er die Sagen von Einhard und Emma (Imma portatrix, aufgeführt 3. März 1625) und vom Grafen von Gleichen (Ludovicus bigamus, aufgeführt 25. Aug. 1625) behandelte. Comödien Frischlins, wie Hildegardis maga, oder Frau Wendelgard, führten ihn ohne Zweifel auf die Wahl solcher Stoffe. Es sind nach unserer Bezeichnung Schauspiele oder eigentlich Rührstücke. Doch ist in die Imma eine bäuerische Liebesgeschichte, in den Ludovicus ein miles gloriosus verflochten und dadurch ein milderndes komisches Element gewonnen. Sehr schwach ist dagegen die Dramatisirung des berühmten Barclayischen Romans Argenis, des lateinischen Amadis ausgefallen (Argenis, aufgeführt 17. Aug. 1626), worin vier Acte hindurch eigentlich blos Dinge erzählt werden, [107] die hinter der Scene vorgehen. Aber die Moria rediviva (1627), welche den Grundgedanken und manche Einzelheiten aus dem Lobe der Narrheit von Erasmus entlehnte, ist eine unterhaltende Posse im Style von Frischlin’s Julius redivivus oder Priscianus vapulans eine Art Satire auf alle Stände in dramatischer Form, aber durch eine gewisse Einheit der Handlung zusammengehalten und durch recht hübsche Erfindungen belebt. F. beabsichtigte außerdem Torquato Tasso’s Schäferspiel Aminta ins Lateinische zu übersetzen und ein spanischer Stoff, Sanctia, sollte treue Gattenliebe verherrlichen, die sich in Noth und Verrath bewährt. Ob F. diese Pläne ausführte, wissen wir nicht. Es gibt von ihm noch Universitätsreden, eine Sammlung eigener und eine Blumenlese fremder Epigramme (Orationes et epigrammata, 1629; De arta volandi, 1627; Sal musarum, 1629). Ein Verzeichniß seiner ausgeführten und geplanten Werke (hinter der Rede De arte volandi S. 70 ff.) zeigt antiquarische und naturwissenschaftliche Interessen und, soweit Uebersetzungen und Ausgaben darüber belehren können, innere Beziehungen zu Petrarca, Scaliger und vor allem zu Daniel Heinsius. Wenn er die sechs von Frischlin übriggelassenen Comödien des Aristophanes übersetzen wollte, so schließen wir daraus, wie sehr er sich als Frischlins Nachfolger fühlte, von dem er auch ungedruckte Sachen besaß und zum Theil herausgab.

Vgl. Wolfg. Menzel, Gesch. d. d. Dichtung 2, 293; Klüpfel, Univ. Tübingen S. 95; Strauß, Frischlin S. 421. 568.

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. S. 106. Z. 20 ff.: Flayder war um 1595 in Tübingen geboren, ward dort 1615 Magister und starb im April 1640. Weil er viel mit den Mönchen des nach der Schlacht von Nördlingen wieder katholisirten Klosters Bebenhausen verkehrte, wurde er vom Senat der Universität verwarnt und ihm größere Sorgfalt für die Bibliothek anempfohlen. [Bd. 15, S. 795]