ADB:Georg Ernst
Wilhelm VI. von Henneberg-Schleusingen und Anastasia von Brandenburg. Eine seiner Schwestern war die bekannte Katharina von Schwarzburg, die auf ihrem Schlosse Rudolstadt sogar einen Alba zittern machte. Er genoß zu Schleusingen nach den Begriffen damaliger Zeit den besten Unterricht, sowie eine vortreffliche und streng religiöse Erziehung. Als Jüngling besuchte er die Höfe von Jülich und Königsberg, bereiste Rußland, Polen, Schweden, Dänemark und die Niederlande und kam 1530 an den Hof des Landgrafen Philipp des Großmüthigen von Hessen, der seit 1521 mit Henneberg erbverbrüdert war. Philipp fand Gefallen an G. E., weihte ihn in alle seine Pläne ein und nahm ihn alsbald mit auf den Reichstag zu Augsburg, wo G. E., während seine gleichfalls anwesenden Brüder nobeln Passionen huldigten, die Bekanntschaften vieler bedeutender Personen machte und namentlich der protestantischen Lehre näher trat. 1534 focht er als Rittmeister im Heere Philipps des Großmüthigen, welches Ulrich von Würtemberg wieder in sein Land einsetzte, dann machte er in kaiserl. Diensten 1536 den erfolglosen Krieg Karls V. nach Südfrankreich mit und focht 1542 als Oberster der fränkischen Kreistruppen gegen die Türken. In diesem Feldzuge zeichnete er sich als Reiter und Kriegsmann aus und rettete dem späteren Kurfürsten Moritz von Sachsen, welchen die Türken bereits vom Pferde gerissen hatten, das Leben. Zum Dank erwirkte Moritz nach siegreicher Beendigung des schmalkaldischen Krieges, daß Karl V. seine Absicht, die Stadt Schmalkalden zu zerstören, aufgab und das hennebergische Gebiet von Durchmärschen befreite. Nach seiner Rückkehr aus Ungarn verheirathete sich G. E. dem Wunsche seines Vaters zufolge 1542 mit Elisabeth, Tochter des Herzogs Erich von Braunschweig und Wilhelm VI. trat ihm dafür 1543 die Regierung in der Grafschaft Henneberg-Schleusingen ab, welche Herrschaft 1549 durch Aussterben der Linie Henneberg-Römhild sich über die gesammten hennebergischen Lande ausdehnte und G. E. den Rang eines Fürsten gab. Als Regent widmete G. E. seine Thätigkeit vorzugsweise drei Zwecken: der Einführung der Reformation in seinem Lande, der Verbesserung des Schulwesens und, da er keine Hoffnung auf Nachkommenschaft hatte, also mit ihm das Haus Henneberg ausstarb, der Ordnung der Verhältnisse seines Landes nach seinem Tode. Durch seine vielen Verbindungen mit hervorragenden protestantischen Fürstenhäusern schon lange für den Protestantismus gewonnen, bekannte er sich alsbald, nachdem er an die Regierung gelangt war, offen zur augsburgischen Confession. Sein Vater war damals noch streng katholisch gesinnt und wurde erst merkwürdigerweise durch den Sieg des Katholicismus im schmalkaldischen Kriege für die Reformation gewonnen, der er aber nun um so fester anhing. G. E. konnte deshalb bei der Einführung der Reformation [672] nur schrittweise vorgehen. Zunächst berief er auf Luther’s Empfehlung den Dr. theol. Johann Förster von Wittenberg als Generalsuperintendenten nach Schleusingen und gestattete, daß man überall evangelisch predigen dürfe. Da aber sein Volk durchgängig der evangelischen Lehre zugethan war, so verbreitete sich diese so rasch im Hennebergischen, daß Georg Ernsts Vater sich 1543 bereits ausdrücklich vorbehalten mußte, daß er und sein Hofstaat katholisch blieben. Eine 1544 abgehaltene Generalvisitation der Kirchen des Landes ergab unter den Geistlichen, von denen manche neben ihrem geistlichen Amte noch ein Handwerk betrieben, große Unwissenheit und in den Gemeinden die ärgsten Unordnungen. Es wurde deshalb eine der Anstellung der Geistlichen vorausgehende Prüfung eingeführt, Zucht in den Gemeinden geschafft und ein Consistorium und Ehegericht zu Schleusingen errichtet, welches später von da nach Maßfeld, Georg Ernsts gewöhnlicher Residenz, und endlich nach Meiningen verlegt wurde. Den Klöstern verbot man Aufnahme neuer Mitglieder, nur solche Convente, welche sich offen den Neuerungen widersetzten, wie die Minoriten in Schleusingen und die Benedictiner in Herrenbreitungen wurden alsbald aufgelöst. G. E. huldigte der versöhnlichen Richtung Melanchthon’s und suchte überall die getrennten Religionsparteien zu vereinigen, wie denn auch die der Concordienformel und Maulbronner Formel zu Grunde liegende, von Andreae und Chemnitz verfaßte Einigungsformel auf einer Anregung Georg Ernsts beruht. Hatte sich nun schon Förster durch sein schroffes Auftreten gegen das am hennebergischen Hofe herrschende Leben unmöglich gemacht und 1555 seine Stellung aufgeben müssen, so fand G. E. noch viel größeren Widerspruch bei seiner Geistlichkeit, als er seine liberalen Anschauungen in die Praxis umsetzen wollte: er wollte zahlreiche Feiertage beseitigen, selbst die Hauptfeste sollten auf einen Tag beschränkt werden, es störten ihn die Stellung der Altäre und Geistlichen nach Osten, die vielen Ceremonien, das Kreuzschlagen, der Exorcismus. Er entwarf daher eine neue Agende („Die Henneberger Kirchenordnung“), die gesammte Geistlichkeit bis auf einen Pfarrer (Fischer zu Schmalkalden) lehnte sich dagegen auf, bestritt ihm sogar das Recht zum Erlaß einer solchen Ordnung; er aber gab nicht nach, sondern setzte es durch, daß die allerdings in ihren strengsten Bestimmungen modificirte Kirchenordnung 1580 auf einer Synode förmlich anerkannt wurde. Die durch Aufhebung der geistlichen Stiftungen flüssig gewordenen Einkünfte verwandte er nur zu Zwecken, welche man damals mit zu den kirchlichen zählte, zur Gründung von Wohlthätigkeitsanstalten und namentlich zur Stiftung von Schulen. Ueberall, vorzugsweise in den Städten, wurden Schulen eingerichtet, insbesondere aber widmete er seine Aufmerksamkeit der hennebergischen Landesschule, dem jetzigen Gymnasium zu Schleusingen, welche Anstalt er 1577 gründete, mit den reichsten Mitteln ausstattete und mit einem Alumnat, der sogenannten Communität verband. Da Elisabeth, Georg Ernsts Gemahlin, 1566 kinderlos starb, so verehelichte er, auf dessen Augen allein das hennebergische Haus beruhte, sich 1568 nochmals mit Elisabeth, Tochter des Herzogs Christoph von Würtemberg; als aber auch diese Ehe kinderlos blieb, war seine ganze Sorge darauf gerichtet, für seine Länder nach seinem Tode zu sorgen, er hatte ja auch das materielle Wohl derselben stets im Auge gehabt. Zum Zwecke der Abtragung von Schulden hatte er das Amt Mainberg an Würzburg verkauft und dafür die Stadt Meiningen erworben, er hatte sorgsam regiert – selbst auf Reisen nahm er Beschwerden seiner Unterthanen entgegen, unter ihm war der Bergbau zu Ilmenau und anderen Orten neu aufgeblüht, dennoch aber lastete noch eine schwere Schuld auf seinem Fürstenthume. Diese mußte von seinem Vertragserben übernommen werden, damit er durch die Schulden unbeirrt die Einkünfte des Landes für dessen Wohl verwenden könne. Ein Theil seines Territoriums, [673] den er mit Hessen gemeinschaftlich besaß, fiel vertragsmäßig an Hessen-Kassel und für diesen brauchte er nicht zu sorgen; er schloß nur 1575 mit Wilhelm IV. von Hessen einen Vertrag dahin ab, daß sie in diesem Gebiete nicht mehr neben, sondern gemeinschaftlich mit einander regieren wollten. Wegen seiner übrigen Lande suchte er zuerst mit Kursachsen einen Erbvertrag abzuschließen; da ihm aber hier nicht die genügenden Zugeständnisse gewährt wurden, so wendete er sich an die Häuser der Ernestinischen Linie, und es kam mit diesen am 1. Sept. 1554 zu Kahla ein Erbfolgevertrag zu Stande, in Folge dessen die Herzöge der Ernestinischen Linie gegen sofortige Uebernahme der hennebergischen Landesschuld von 130474 Gulden 6 Gr. die nicht an Hessen fallenden hennebergischen Lande nach Georg Ernsts Tod erhalten sollten. Da es nun zweifelhaft war, ob die hersfeldischen Lehen (die Vogteien Herren- und Frauenbreitungen) an Hessen oder Sachsen fallen würden, so vermittelte G. E. zwischen beiden Häusern den sogen. Kasimirianischen Vertrag vom 31. August 1583, nach welchem diese Lehen getheilt werden sollten. Kurz darauf starb G. E.: er besuchte im December des genannten Jahres seine Stammburg Henneberg, dort erkrankte er und starb am 27. Decbr. 1583 im Hause seines Burgmanns Hermann Trott, der letzte Henneberger am Fuße seines im Bauernkriege zerstörten Stammschlosses. Die im Kloster Vessra beerdigten Ahnen hatte er schon selbst im Erbbegräbniß der Kirche zu Schleusingen beisetzen lassen; dort fand auch er seine letzte Ruhestätte und über seinem Sarge ward der hennebergische Helm und Schild zerbrochen.
Georg Ernst, der letzte Graf von Henneberg-Schleusingen, wurde am 27. Mai 1511 zu Schleusingen geboren. Seine Eltern waren- Schultes, Diplom. Gesch. d. gräfl. Hauses Henneberg, Th. II. (Hildburghausen 1791), S. 193 ff. Rückert, G. E., der letzte Graf von Henneberg, Jena 1873. Weicker, Festschrift zur Feier des 300jährigen Jubiläums des K. Pr. Henneberg. Gymnasiums zu Schleusingen. Meiningen 1877.