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ADB:Germberg, Hermann

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Artikel „Germberg, Hermann“ von Jakob Franck in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 9 (1879), S. 31–33, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Germberg,_Hermann&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 18:49 Uhr UTC)
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Band 9 (1879), S. 31–33 (Quelle).
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Germberg: Hermann G. (Gernberg, Gerenberg), Schriftsteller und Parömiograph zu Ende des 17. Jahrhunderts. Sein Geburts- und Sterbejahr, sowie der Ort und Gang seiner Universitätsstudien sind unbekannt. Gebürtig aus dem Lippe-Detmold’schen Dorfe Germberg, wo sein Vater ein Bauersmann war, besuchte er die gelehrte Schule zu Lemgo und erhielt dann eine Anstellung als Lehrer zu Frankenberg, darauf zu Hanau und seit 1583 als Conrector an dem kurz vorher neu gestifteten Gymnasium zu Corbach. Hier erscheint er bereits unter dem 19. Januar als Präses einer öffentlich gehaltenen theologischen Disputation, gerieth aber sehr bald über Ansichten des Glaubens in Streit mit den dortigen Predigern, die ihn schließlich bei dem Grafen von Waldeck[WS 1] verklagten, weil er „nach dem Heidelberger Katechismus unterrichte“. Stärker noch trat diese Uneinigkeit im folgenden Jahre hervor, als die Prediger ihm abschlugen, sein neugeborenes Kind ohne Anwendung der Exorcismusformel zu taufen, wozu sie aber durch Befehl angehalten wurden. Jedoch sah sich dieses Calvinismus[WS 2] wegen G. veranlaßt, Corbach zu verlassen und sich um eine andere Lehrerstelle umzusehen, welche er auch bereits am 21. Juli 1584 an der neugegründeten „hohen Schule“ zu Herborn als Professor der philosophischen Facultät mit einer jährlichen Besoldung von 200 Gulden erhielt. Als solcher stand er noch daselbst im J. 1587. Unter mehreren Schriften Germberg’s verdient seine Sammlung von Sprichwörtern Beachtung, nicht blos des Ansehens wegen, in welcher sie in früheren Zeiten stand und das sie in gewisser Beziehung auch jetzt noch verdient, sondern auch, weil sie in noch höherem Grade als jene des Gartner (s. d.) als ein Plagiat aus den proverbialen Sammlungen des Bruno Seidelius (s. d.) sich heraussstellt. Von den zwei Ausgaben erschien die erste anonym als: „Carminvm proverbialivm totius humanae vitae statum breviter deliniantium (sic) … loci communes … Basileae ex Officina Oporiniana a. 1576“, 8. (Halle, Univ.-Bibl.), wiederholt ibid. 1582, 8. (München: St.- u. Univ.-Bibl., Freiburg im Breisgau, Augsburg und in St. Gallen). Die Vorrede in beiden Ausgaben ist mit Streichung der Ueberschrift, der Namenschiffre, sowie der ersten 18 Zeilen durchaus identisch mit der ersten Sammlung des Br. Seidelius: „Sententiae proverbiales. Ex offic. Opor.“, Basil. 1568 (Weller, Ann. II. 16, 4), und [32] ebenso hat G. die zweite Vorrede des Seidelius völlig unverändert abdrucken lassen. Was hienach das Verhältniß dieser Sammlung zu der des letzteren betrifft, so hat allerdings die Entrüstung des Seidelius über die Eingriffe des G., der er in seinen „Paroemiae Ethic.“, 1589, Praef. Bl. A 3b Ausdruck gab, größere Berechtigung als bezüglich des Gartner. Denn außer der Vorrede ist auch der Inhalt seines Buches um ein starkes Drittheil nicht sein, sondern das Eigenthum der „Loci communes“ des Seidelius und die entlehnten lateinischen und deutschen Sprüche finden sich fast sämmtlich in beiden in einer meist bis auf die Rechtschreibung sich erstreckenden Form wiedergegeben. Insoweit sind Seidelius’ Vorwürfe allerdings begründet. Aber es sei hiemit doch nicht gesagt, daß die Sammlung seines Plagiators nicht auch ihren eigenen großen und keineswegs zu unterschätzenden Werth habe. Sie zeichnet sich sogar in manchen Beziehungen vor derjenigen des Seidelius aus, so namentlich in der besseren An- und Unterordnung der einzelnen Theile (loci comm.), durch die größere Reichhaltigkeit ihrer lateinischen Sprüche, welche an Zahl die des Seidelius beträchtlich übersteigen und durchaus sehr guten und weit zurückreichenden sprichwörtlichen Inhalts sind und endlich, daß die ihm eigenen, immerhin eine nicht unansehnliche Zahl, einen Charakter der Unmittelbarkeit und Ursprünglichkeit tragen, der nicht selten denen des Seidelius abgeht. Woher er aber solche, namentlich die ihm eigenthümlichen deutschen Sprüche bezogen, hat er nicht angegeben, daß sie aber durchaus volksmäßig seien, wird Niemand läugnen, ebenso daß er für seine Kalendersprüche („temporum notationes“) ältere Quellen benutzt habe. Duplessis[WS 3] in seiner Bibliographie parémiographique (Paris 1847), S. 89, nennt das Buch Germberg’s nicht mit Unrecht „très curieux et intéressant sous plus d’un rapport“. Den Inhalt, sagt er, bilde eine große Zahl Maximen, Sentenzen und Sprichwörter und der größte Theil der lateinischen Sprichwörter sei zugleich ins Deutsche übersetzt. „Mais il renferme aussi“, fährt er fort, „et ce n’est pas la partie la moins curieuse du livre, une certaine quantité de petites pièces de poésie religieuse, inspirées par l’esprit de la réforme, et, de plus, comme complément de ces vers dogmatiques, de très vives épigrammes contre les prêtres, contre les moines, contre tout ce qui tient à l’église romaine. Ce petit volume, fort rare, est donc un véritable répertoire des opinions classiques, réligieuses et littéraires des réformés à la fin du XVI. siècle“. Diesem Urtheile ist nur berichtigend und ergänzend beizufügen, daß nicht der größte, sondern nur ein sehr kleiner Theil der lateinischen Verse ins Deutsche übersetzt sind und daß G. wie gegen Priester und Mönche, so ganz besonders auch auf die Weiber sehr übel zu sprechen und in dieser letzteren Beziehung sein Buch eine Fundgrube ist von lateinischen Lascivitäten und Anzüglichkeiten gegen das schöne Geschlecht, vgl. S. 234–42. Die Zahl der lateinischen Sprüche beträgt, die Ueberschriften ungerechnet, 2641, die der deutschen nur 708, deren einer oft durch 8–10 lateinische illustrirt wird. Ein anderes proverbiales Buch Germberg’s, das jedoch keine deutschen Sprichwörter enthält, ist: „Proverbiorum Centuriae XIV … Omnia graece latineque … Basil. per Sebastianum Henricpetri. 1583. mense Martio.“ 8. (München, St.-Bibl., und Speyerer Lycealbibl.); es sind Auszüge aus Stobaeus[WS 4] und die lateinische Uebersetzung stammt aus der Feder des Hier. Wolf. Unter den anderweitigen Schriften Germberg’s sind noch zu nennen: „Daemonologia, hoc est adversus incantationem sive magiam institutio…“, Hannouiae 1604, 12., und „Synagoge Judaica, Hoc est, Schola Judaeorum, in qua nativitas, institutio, religio, vita, mors sepulturaque ipsorum e libris eorundem … descripta est“, Hannouiae 1604. Es ist dies die lateinische Uebersetzung der „Jüden Schul“ durch Joh. Buxtorf, 1603 zu Basel gedruckt; im J. 1641 kam aber die lateinische Uebersetzung des Genfer [33] Professors David Clericus[WS 5] zu Genf heraus und ebenso 1661 und 1680 (Lipenii Bibl. Theol.; Reimanni Catal. Bibl. Theolog.). Da diese aber eine verbesserte war, so ist Germberg’s Arbeit nicht weiter aufgelegt worden.

Vgl. meine Abhandlung: Zur Quellenkunde des deutschen Sprichworts, in Herrig’s Archiv, Bd. XL. S. 117–126. Steubing, Gesch. d. hohen Schule zu Herborn, 1823, S. 28. 37. 101. Curtze, Gesch. d. Kiliankirche zu Corbach, 1850, S. 321 ff., und dessen Beiträge zur Gesch. d. Fürstenthümer Waldeck und Pyrmont, III.. 12–18.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Josias I., Graf von Waldeck-Eisenberg (1554–1588)
  2. Vorlage: Calvinismns
  3. Pierre Alexandre Gratet-Duplessis (1792–1853), Bibliograph, Rektor der Akademie in Douai
  4. Johannes Stobaeus (5. Jhd.), griechischer Kompilator aus Makedonien.
  5. David Leclerc (1591–1655), Theologe