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ADB:Gorup von Besánez, Eugen Franz Freiherr

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Artikel „Gorup-Besanez, Eugen Franz Freiherr von“ von Carl Oppenheimer in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 49 (1904), S. 465–469, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Gorup_von_Bes%C3%A1nez,_Eugen_Franz_Freiherr&oldid=- (Version vom 18. Dezember 2024, 04:38 Uhr UTC)
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Band 49 (1904), S. 465–469 (Quelle).
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Gorup: Eugen Franz Freiherr von G.-Besanez wurde als Sohn des österreichischen Feldmarschalllieutenants und wirklichen Geheimen Rathes Franz Matthias Gorup v. Besanez am 15. Januar 1817 zu Graz in Steiermark geboren, wo er auch seine ersten humanistischen Studien auf dem dortigen Gymnasium begann. Im Herbst 1836 bestand er das Absolutorium zu Klagenfurt und bezog darauf im Wintersemester 1836/37 die Universität Wien, um seine naturwissenschaftlichen Studien zum Zweck der Vorbereitung für das Studium der Medicin zu beginnen. Nach viersemestrigem Aufenthalt in Wien ging er nach Padua, wo er ein Semester lang klinischen Studien oblag. Hierauf ging er nach München, wo er bei Walther, Gietl, Ringseis, Weißbrod, [466] Stromeyer u. a. hörte; daneben fand er jedoch noch Zeit, als flotter Corpsstudent die Freuden des Burschenlebens zu genießen. Im Jahre 1842 bestand er mit Auszeichnung das Examen „pro gradu“, worauf er wiederum ein Semester in Wien mit dem Studium der pathologischen Anatomie und physikalischen Diagnostik verbrachte. Darauf bestand er im Sommersemester 1843 bei dem k. Medicinalcomité die Proberelation ebenfalls mit Auszeichnung. In diese Zeit fällt auch das Hervortreten seiner Neigung zur Chemie. Im Jahre 1844/45 hatte er sich vorwiegend litterarisch und so gut wie gar nicht mit praktischer Medicin beschäftigt. Er hatte das Lehrbuch von Pétrequin über die medicinisch-chirurgische und topographische Anatomie aus dem Französischen ins Deutsche übersetzt und eine Abhandlung über „die Skepsis in der Medicin und die junge Wiener Schule“ veröffentlicht. Inzwischen hatte er bei dem damaligen Privatdocenten L. A. Buchner Vorträge über physiologische und pathologische Chemie gehört. Auch war damals gerade Liebig’s Werk über die Chemie in ihrer Anwendung auf Physiologie und Pathologie erschienen, Umstände, die begreiflich erscheinen lassen, daß er sich von jetzt ab ganz dem Gebiete der physiologischen Chemie zu widmen beschloß. Nachdem er im Jahre 1844 das medicinische Staatsexamen mit vorzüglichem Erfolge (unter 65 Candidaten als Zweitbester) bestanden, finden wir ihn vier Semester lang in dem pharmaceutisch-chemischen Laboratorium von Buchner in München unter Buchner’s specieller Leitung thätig. Neben vielen kleineren Arbeiten veröffentlichte er aus dem Buchner’schen Laboratorium die höchst beachtenswerthen Arbeiten über die Galle des Ochsen, des Schweins und des Menschen, welche namentlich über die Producte der Fäulniß der Galle Aufklärung brachten. Die ersten Resultate dieser Arbeit theilte er der chemischen Section der 23. Versammlung Deutscher Naturforscher in Nürnberg mit, während das Gesammtergebniß dieser Untersuchungen in einer größeren Arbeit „Untersuchungen über die Galle“ mitgetheilt ist, die ihm im Jahre 1846 als Habilitationsschrift diente. Im Sommersemester 1847 hielt er sich vorübergehend in Göttingen auf, um unter Wöhler’s Leitung chemisch zu arbeiten. Durch Buchner ermuntert, hatte er inzwischen der medicinischen Facultät der Universität Erlangen sein Habilitationsgesuch eingereicht, das sofort genehmigt wurde. Seine Probevorlesung handelte: Ueber das richtige Verhältniß der organischen Chemie zur Physiologie und Pathologie.

Im Wintersemester 1846/47 begann er nun seine akademische Laufbahn unter nicht gerade glänzenden Verhältnissen, denn er hatte die für einen jungen Docenten höchst unangenehme Sorge für ein eigenes Privatlaboratorium zu tragen. Indessen verschafften ihm seine Lehrbegabung ebenso rasch die Anerkennung seiner Hörer, wie seine rastlose Thätigkeit die der Facultät. Am 25. April 1849 erfolgte seine Ernennung zum außerordentlichen Professor der organischen Chemie an der medicinischen Facultät. Sechs Jahre später wurde er nach Kastner’s Tode am 18. April 1855 zum ordentlichen Professor der Chemie in der philosophischen Facultät ernannt. Diese ersten neun Jahre seiner akademischen Laufbahn bezeichnete G.-B. als die schwersten seines Lebens, indessen fand er von den Sorgen des Berufes Ruhe und Erholung in dem gemüthlichen Heim, das ihm seine im Januar 1847 heimgeführte Gattin Rosalie Deuringer aus München bereitete. Seine wissenschaftlichen Arbeiten während dieser Zeit bewegten sich vorwiegend auf physiologisch-chemischem Gebiete.

Mit der Uebernahme der neuen Professur begann für ihn auch eine neue Zeit hinsichtlich der Arbeitsräume. Die Facultät und der Senat waren, wenn auch langsam, endlich zu der Ueberzeugung gekommen, daß das jämmerliche Laboratorium, das er von seinem Vorgänger überkommen, völlig unzureichend sei, und hatten den Neubau eines zweckentsprechenden chemischen Laboratoriums [467] beschlossen, der noch im Jahre 1855 begonnen, 1858 vollendet wurde. Von dieser Zeit an erweiterte sich sein Schülerkreis ersichtlich. Denn G.-B. war vor allen Dingen ein begeisterter Lehrer, was in seinen Vorträgen deutlich zu erkennen war, ein Laboratoriumsvorstand von angenehmem, liebenswürdigem Verkehr, von wohlthuendem Interesse für seine Schüler. Die Universität und der Staat lernten allmählich seine Bedeutung kennen und schätzen, und Auszeichnungen mannichfacher Art wurden ihm zu theil. Wiederholt wurde er zum Prüfungscommissar für Realschulen sowie für Prüfungen für das naturwissenschaftliche Lehramt ernannt. Auch war er correspondirendes Mitglied der Akademien zu München und Göttingen. Ebenso hatte er in seiner Eigenschaft als Vorstand der pharmaceutischen Approbationsprüfungscommission sowie als Vertreter der bairischen Universitäten bei den Berathungen über die pharmaceutische Staatsprüfung Gelegenheit, für das allgemeine Wohl thätig zu sein. Seine Collegen ehrten ihn dadurch, daß sie ihn im Studienjahre 1864/75 zum Prorector der Universität ernannten (Rector ist der jeweilige König von Baiern). Auch das Ausland wußte seine Bedeutung zu würdigen. Im Jahre 1873 erhielt er einen Ruf nach Wien zur Uebernahme einer Professur für physiologische Chemie, deren Ablehnung der König durch Verleihung des Civilverdienstordens der bairischen Krone dankbar anerkannte, nachdem G.-B. schon 1871 das Ritterkreuz I. Classe des Michaelordens erhalten hatte. Die Ablehnung dieses Rufes sicherte ihm außerdem die Erweiterung des Universitätslaboratoriums, dessen Vollendung er jedoch leider nicht mehr erleben sollte.

Wenn wir G.-Besanez’s Veröffentlichungen genauer betrachten, so fällt uns in seinen Schriften vor allen Dingen seine schlichte, knappe Darstellungsweise verbunden mit streng logischem Aufbau und eine außerordentliche Klarheit auf. Am besten lassen wir wohl Zahlen für die Beliebtheit seiner Werke sprechen. Seine „Anleitung zur qualitativen und quantitativen zoochemischen Analyse“ erlebte 1850 die erste, 1854 die zweite, 1871 die dritte Auflage. Seine anorganische Chemie hat sieben, die organische sechs Auflagen erlebt.

Er war einer der ersten, die erfüllt von der Bedeutung der Chemie für die erfolgreiche Entwicklung der medicinischen Forschung waren. Sein ganzes Streben war dem Gedanken zugewendet, die Chemie für die Erklärung der physiologischen und pathologischen Vorgänge im Organismus heranzuziehen. Ein bedeutender Charakterzug von ihm war es, daß er mit Vorliebe zu demselben Thema immer wieder zurückkehrte, um neue Gesichtspunkte zu seiner Klärung zu finden. Diesen Zug finden wir auch seiner Lebensarbeit aufgeprägt. Wie seine ersten bedeutenden Arbeiten über die Chemie der Galle dem Gebiete der Physiologie angehören, so begegnen wir bei seinen letzten Mittheilungen über die diastatischen und peptonbildenden Fermente demselben Gebiete. Wenn wir das Material mustern, das er bearbeitet, so finden wir Arbeiten aus allen Gebieten der Chemie. Insbesondere hat er sich wiederholt mit der Chemie der Galle, der Entstehung und Wirkung des Ozons, und besonders in seinen letzten Lebensjahren mit der Wirkung der Fermente im Pflanzenreiche beschäftigt, auf welchem Gebiete wir ihm viele grundlegende Arbeiten verdanken. Auch auf dem Gebiete der gerichtlichen Chemie hatte er sich in seiner Eigenschaft als langjähriger Beisitzer des königl. Medicinalcomités große Erfahrung erworben.

Am 20. November 1878 wurde er am Nachmittag, als er gerade von der Besichtigung der Erweiterungsbauten des Laboratoriums heimgekehrt war, von einem Schlaganfall betroffen. Er erlangte die Besinnung nicht wieder und verschied am 24. in den Morgenstunden.

[468] Schriften: „Untersuchungen über die Galle“, Erlangen 1846; „Anleitung zur qualitativen und quantitativen zoochemischen Analyse“, Erlangen 1850 (III. Ed. Braunschweig 1871); „Vergleichende Untersuchungen im Gebiet der zoochemischen Analyse“, Erlangen 1850; „Tafeln zur Typentheorie“, Braunschweig 1860; „Lehrbuch der Chemie“, Braunschweig. Bd. I: Anorganische Chemie 1861. (7. Ed. 1885), Bd. II: Organische Chemie 1862. (6. Ed. 1881), Bd. III: Physiologische Chemie 1863. (4. Ed. 1878). – Neue medicin.-chirurg. Ztg. 1844: „Ueber die Blutmischung bei Chlorose und Typhus.“ Roser und Wunderlich’s Archiv 1844: „Ueber die Skepsis in der Medicin und die junge Wiener Schule“. Heller’s Archiv 1846: „Ueber die Natur der Ranulaflüssigkeit“, „Beiträge zur Constitution des Harnes bei Krankheiten“, „Ueber ein eigenthümliches Verhalten des Albumins“, „Analyse von Lungenconcretionen“. Buchner’s Repertorium 1846: „Ueber das Vorkommen von Kupfer in der Galle und über ein Verfahren zur Auffindung von Spuren dieses Metalls“; 1848: „Ueber das Vorkommen von schwefelsaurem Bittererdekali in der Kissinger Mutterlauge“; 1850: „Zur Phosphornachweisung“; 1852: „Chemische Analyse des Mineralwassers zu Steben; 1853: „Ueber das Kreosot und einige seiner Zersetzungsproducte. Sitzungsberichte der Soc. Phys.-med. Erlangen 1868: „Ueber Phloron“, Bd. V: „Ueber Brenzkatechin im Beerensaft von Ampelopis hederacea“, „Chemische Untersuchung bei linearer Leukämie“; 1877: „Melissylalkohol und organische Selenverbindungen“, „Fette und Säuren der Butter“, „Milchanalyse“, „Heptylsäure und Derivate“, „Derivate von Buchenholz-Theerkreosot“. Erdmann’s Jb. f. pract. Chem. 1850: „Methoden der Blutanalyse“; 1878: „Schönbornsquelle bei Kissingen“. Griesinger’s Archiv 1849: „Beiträge zur pathologischen Chemie und Histologie“, „Ueber die Respiration bei Krankheiten“, „Untersuchung von Blut vor und nach der Aetherisation“, „Harnanalyse bei Krankheiten“, „Analyse der Milch von Ziegen und Frauen“, „Zur Blutanalyse“. Prager Vierteljahrsschrift III, 51: „Ein Beitrag zur Zusammensetzung thierischer Flüssigkeiten“, „Chemische Untersuchung der Galle zweier Hingerichteter“. Zeitschr. f. analyt. Chem. I: „Elementaranalysen bromhaltiger organischer Substanzen“. Zeitschr. f. Biologie I: Verschlechterung der Zimmerluft durch Beheizung“. Münchener akad. Ber. 1866: „Zur Kenntniß des Kreosots“; 1867: „Pyrocatechin“; 1868: „Phloron aus Kreosot“. Pflüger’s Archiv 1877: „Ueber Faserstoffgerinnung“ (zur Abwehr gegen Al. Schmidt). Liebig’s Annalen 61: „Ueber den Kieselerdegehalt der Vogelfedern“, „Ueber die Zusammensetzung des Schleimhautepitheliums“; 66: „Ueber die Verbreitung der Kieselsäure im Thierreich“; 69: „Ueber Buttersäure in den Früchten des Seifenbaumes und über die flüchtigen Säuren in den Tamarinden“, „Guanin, ein wesentlicher Bestandtheil der Secrete wirbelloser Thiere“; 72: „Ameisensäure in Brennesseln“; 78: „Chlorhaltiges Zersetzungsproduct des Kreosots“; 79: „Chemische Untersuchungen der Mineralquellen von Steben und der Max-Marienquelle in der Langenau bei Geroldsheim O. Fr.“. (auch 89); 86: Beitrag zur Kenntniß des Kreosots und seiner Zersetzungsproducte“ (auch 96); 89: „Ueber eine neue Säure im Gewebe der Thymusdrüse“, „Ueber die ätherischen Oele von Osmitopsis astericoides“; 93: „Beschreibung eines Sublimationsapparatas“; 94: „Ueber eine eigenthümliche Modification des Faserstoffes“; 98: „Ueber die chemischen Bestandtheile einiger Drüsensäfte“; 100: „Ueber einen bedeutenden Eisen- und Mangangehalt der Asche einer Wasserpflanze“, „Ueber Guanin; 110: „Ueber die Einwirkung des Ozons auf organische Verbindungen“; 111: „Ueber Amidovaleriansäure“; 118: „Ueber eine einfache Gewinnung und Reindarstellung des Glykogens“, „Ueber die Entschweflung des Leucins“, „Ueber die Anwendung von Ozon zur Reinigung [469] alter Drucke, Holzschnitte und Kupferstiche“, „Zur Kenntniß des Glycyroticin“, „Ueber Monobrombuttersäure und Bromvaleriansäure“, „Einwirkung von Platin auf Mannit“, „Analyse der Asche von Tropa natans und des Teichwassers, in dem die Pflanze gewachsen war“; 119: „Die Mineralquellen von Wiesau“; 125: „Fortgesetzte Untersuchungen über die Einwirkung des Ozons auf organische Verbindungen“, „Ueber die Einwirkung von Brom auf Tyrosin“, „Asparagin in der Wurzel von Scorsonera hispanica“; 126: „Ueber die Einwirkung von Brom auf Zimmtsäure“; 127: „Ueber das Verhalten der vegetirenden Pflanzen und der Ackererde gegen Metallgifte“; 142: „Amidovaleriansäure“; 143: „Rheinisches Buchenholz-Theerkreosot“; 147: „Synthese des Guajacols“; 157: „Synthese des Rautenöls“, „Zur Kenntniß der Cholalsäure“, „Darstellung der Glycocholsäure“; 161: „Ueber Ozonreactionen der Luft in der Nähe von Gradirhäusern“, „Ueber die chemischen Bestandtheile der Blätter von Ampelopis hederacea“; 173: „Leucin neben Tyrosin im frischen Saft der Wickenkeime“; 176: „Ditaïn, ein Chininsurrogat“; 183: „Ueber das Osthrutin.“ Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft 4: „Brenzcatechin, Bestandtheil einer lebenden Pflanze“; 5: „Bemerkungen zu Flückigers Mittheilung über das Vorkommen von Pyrocatechin in Kino“; 7: „Ueber Osthrutin, einen neuen krystallisirbaren Pflanzenbitterstoff“; 7–9: „Diastatische und peptonbildende Fermente im Pflanrenreich“; 7 und 10: Leucin und Glutaminsäure im Saft der Wickenkeime.