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ADB:Gottfried (Chronist)

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Artikel „Gottfried von Viterbo“ von Wilhelm Wattenbach in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 9 (1879), S. 481–482, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Gottfried_(Chronist)&oldid=- (Version vom 18. Dezember 2024, 13:54 Uhr UTC)
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Gottfried von Viterbo, stammte vermuthlich aus einer sächsischen Familie, welche durch den Hofdienst nach Viterbo gekommen und dort angesiedelt war; ihn selbst brachte Kaiser Lothar der Sachse nach Bamberg, wo er seine gelehrte Bildung erhalten hat. Dann kam er an den Hof und wurde Konrads II. Kaplan; nach dessen Tod er Friedrich I. als Kaplan und Notar gedient hat. Als solcher war er bei Rechtsgeschäften thätig, hatte Urkunden abzufassen, aber auch noch sonst vielerlei bei dem rastlosen Umherziehen des Hofes zu besorgen; dazwischen ist er nach seiner eigenen Angabe an 50 Mal mit verschiedenen Botschaften in nahe und ferne Länder geschickt, auch ein Mal in Gefangenschaft gerathen. Zuletzt fand er Ruhe in Viterbo, wo er sein letztes Werk verfaßte; den Ort rühmt er wegen seiner angenehmen und gesunden Lage, doch findet er, daß für die alten Diener des Kaisers besser gesorgt werden sollte. – Daß bei einem so unruhigen Leben zu genügender litterarischer Ausbildung und [482] sauberer Ausarbeitung wenig Zeit war, ist begreiflich, und G. schildert uns selbst die Schwierigkeiten, mit welchen er zu kämpfen hatte; dagegen rühmt er sich, 40 Jahre lang in allen Reichen und Kirchen, wohin er gekommen, die Bücherschätze durchgemustert zu haben; auch von fremden Gesandten des fernen Orients habe er viel erfahren, und hier mag die Quelle mancher fabelhaften Geschichten zu suchen sein, die er berichtet. Für Sagen und Märchen hat er überhaupt viel mehr Sinn, als für ernsthafte Geschichte, und den gesammelten umfangreichen Stoff hat er mit der äußersten Willkür und Kritiklosigkeit verarbeitet; dazu auch in einer sehr geschmacklosen Form, indem er immer auf zwei Hexameter einen Pentameter folgen ließ. Metrik und Grammatik stehen bei ihm auf gleich niedriger Stufe. Zuerst verfaßte G. um 1183 für den jungen König Heinrich das „Speculum regum“, eine Weltgeschichte von der Sintfluth bis zu Pippins Krönung, in welcher die Verwandtschaft der Römer mit den Franken, die beide von den Trojanern stammen, und die Vereinigung beider Elemente in Karl dem Großen den Hauptgegenstand bilden. Weitergeführt, wie er beabsichtigte, scheint er diese Arbeit nicht zu haben, und nur als Bruchstück liegen uns die „Gesta Friderici“ vor, welche die Kriege Friedrichs I. gegen Mailand, den unglücklichen Feldzug von 1167, diesen mit besonderer Lebendigkeit und Ausführlichkeit als Augenzeuge, und die Folgezeit bis 1181 behandeln. Fast nur diese Schrift hat geschichtlichen Werth; er behandelte dann noch in einer Mischung von Prosa und Versen die ganze Weltgeschichte als „Memoria saeculorum“, 1185 Heinrich VI. gewidmet, und verfaßte, nachdem ihm die Chronik des Otto v. Freising bekannt geworden, eine neue Bearbeitung unter dem Titel „Pantheon“, welche in verschiedenen Ausgaben vorliegt und bei welcher er noch 1191 beschäftigt gewesen ist. Wahrscheinlich rief ihn um diese Zeit der Tod von seiner Arbeit ab, welche wir ihm wenig danken, die aber den Zeitgenossen sehr gut gefiel. Nicht nur finden zahlreiche Handschriften, sondern das „Speculum regum“ ist auch mit einem weitläufigen Commentar versehen und scheint nach dem von ihm ausgesprochenen Wunsch in Schulen gelesen zu sein. Gerade was uns mißfällt, außer der verwirrten und ungenauen Darstellung die Fülle ganz grundloser Fabeln, welche er zuerst in die ernsthafte Geschichte einführte, gefiel damals, und da seine Werke von späteren Autoren viel benutzt wurden, haben sie eine sehr nachtheilige Wirkung gehabt. Für die Litteraturgeschichte aber sind sie wichtig, und um so dankenswerther die neue, wichtige Schriften auch in erster Ausgabe bringende Bearbeitung, welche G. Waitz mit unendlich mühsamer Arbeit im 22. Bande Scriptores der Mon. Germ. gegeben hat.

Vgl. Wattenbach, Deutsche Geschichtsquellen (4. Aufl.) II. 222–29.