ADB:Gumpertz, Aaron Emmerich

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Artikel „Gumpertz, Aaron Emmerich“ von Ludwig Geiger in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 10 (1879), S. 121, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Gumpertz,_Aaron_Emmerich&oldid=- (Version vom 19. April 2024, 14:53 Uhr UTC)
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Gumpertz: Aaron Samuel G., geboren 1723 in Berlin, aus einer reichen Familie, vielleicht der erste deutsche Jude, der nach einer wahrhaft deutschen Bildung trachtete und durch dieses Streben von großer Einwirkung auf seine Glaubensgenossen wurde. Er war schon in seinem frühesten Alter von seiner frommen Mutter zum Rabbiner bestimmt und erhielt die für diesen Beruf erforderliche Unterweisung von polnischen Schulmeistern. Doch fand er unter diesen in Israel Moses aus Samosz, einem scharfsinnigen Mathematiker und tüchtigen Philosophen in den von ihm geübten Wissenschaften einen trefflichen Lehrer. Aber auch noch andere, für seine Bildung förderlichere Verbindungen erhielt der junge Mann wol durch Beziehungen des elterlichen Hauses zu anderen Kreisen. Er besuchte philosophische Disputationen christlicher Lehrer, zu deren Verständniß die Kenntniß der lateinischen Sprache nöthig war, und erlangte Einblick in die schönen Wissenschaften durch seine Stellung als Secretär bei Marquis d’Argens, dem litterarischen Freunde Friedrich des Großen (oben Bd. I. S. 521 ff.), und bei Maupertuis. So vorgebildet schrieb dann der Jüngling an den damaligen Meister der deutschen Dichtkunst, Gottsched, einen Brief (8. März 1745, muß aber wol heißen 1743), des Inhalts, er wolle in seinem Hause in Leipzig die begonnenen Studien fortsetzen. Die Verbindung Gumpertz’ mit Gottsched dauerte auch nach dem ersten Briefe, welchen Gottsched freundlich und herablassend beantwortet haben wird, fort. G. betheiligte sich sogar an den litterarischen Streitigkeiten im Gottsched’schen Sinne, indem er ihm (15. December 1747) ein (ungedrucktes) „Schreiben an Doris“ zuschickte, das meist gegen Rost’s Vorspiel, theils auch gegen den Aesthetiker Meier gerichtet war. In diesem, wie auch in einem späteren Schreiben (9. October 1748) stellte er in Aussicht, daß d’Argens seine Spöttereien gegen die deutsche Litteratur (wahrscheinlich sind die in den Lettres juives, Br. 115, La Haye, 1738, Bd. III, S. 322–31 enthaltenen gemeint) öffentlich zurücknehmen werde. Doch ist eine derartige Erklärung nicht erfolgt. 1751 schickte G. an Gottsched seine (medicinische) Dissertation: „De temperamentis“, auf Grund deren er am 19. März 1750 in Frankfurt a. O. zum Doctor promovirt worden war. Aus dem Plane, bei Gottsched zu studiren, wurde zwar nichts, vielmehr studirte G. dann, wol im Auslande, Medicin, die er aber nie praktisch ausübte, und trieb Mathematik, blieb jedoch dabei dem Studium der hebräischen Sprache getreu und schrieb einen Supercommentar zu einem Commentar Aben Esra’s, sowie einen hebräischen Ueberblick über alle Theile der Wissenschaft. So hat er sich dadurch, daß er als Erster die Schranken niederriß, welche die wissenschaftlich strebenden Juden von den Christen trennten, nicht geringes Verdienst erworben, noch bedeutender wird er aber durch den Umstand, daß Moses Mendelssohn, wie dieser selbst bekennt, von ihm „Geschmack an den Wissenschaften und einige Anleitung erhielt“. G. scheint es auch gewesen zu sein, der die erste Bekanntschaft zwischen Lessing und Mendelssohn vermittelte. Später lebte er in Hamburg, wo er sich verheirathete und 1770 gestorben ist.

Vgl. L. Landshut, Die Gegenwart, Berlin 1867, S. 318 ff. L. Geiger, Geschichte der Juden in Berlin, I. S. 65 fg. Danzel, Gottsched und seine Zeit, Leipzig 1848, S. 333–37.