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ADB:Haeffelin, Kasimir Freiherr von

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Artikel „Haeffelin, Kasimir Freiherr von“ von Karl Theodor von Heigel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 49 (1904), S. 697–698, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Haeffelin,_Kasimir_Freiherr_von&oldid=- (Version vom 18. Dezember 2024, 11:57 Uhr UTC)
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Haeffelin: Kasimir Freiherr von H., bairischer Staatsmann, ist geboren am 3. Januar 1737 zu Minfelden im Herzogthum Zweibrücken. Er studirte in Pont à Mousson und Heidelberg und erhielt 1765 an der Hochschule zu Heidelberg auf Grund einer Abhandlung „De justa Theodori Mopsuesteni, Theodoreti et Ibae damnatione, vulgo de tribus capitulis“ die theologische Doctorwürde. 1767 wurde er zum Priester geweiht und als kurpfälzischer Hofcaplan angestellt, 1768 zum Cabinetsantiquarius und Münzcabinetsdirector, 1770 zum kurfürstlichen geheimen Rath ernannt. 1767 wurde er Mitglied der kurfürstlichen Akademie der Wissenschaften in Mannheim, 1777 Mitglied der Deutschen gelehrten Gesellschaft daselbst. 1775 veröffentlichte er einen Essay „Discours de l’influence de voyages sur le progrès des arts“; auch lieferte er zahlreiche Beiträge zu den Publicationen der genannten gelehrten Gesellschaften, u. a. „Vom gothischen Geschmack in der deutschen Schrift“, „Vom Ursprung der deutschen Buchstaben“, „Erste deutsch geschriebene Werke“ u. s. w. Auffällig ist in diesen Schriften eine heute fast komisch anmuthende, damals dem Zeitgeist entsprechende, rücksichtslose Verurtheilung „der rauhen, wilden, barbarischen Art, welche die Werke des mittleren Zeitalters verunstaltet hat, der gothischen Dome mit ihren nicht ausgehauenen, sondern ausgeschnitzelten Thürmen, ihren tausend überflüssigen Zierraten, ihren ungeheuren Gewölben, die in den Gemüthern nur Erstaunen und Schrecken erwecken können“ u. s. w. Dagegen trifft die Forderung, es möchte bei allen Culturvölkern gleichmäßig der lateinische Druck eingeführt werden, mit modernen Bestrebungen zusammen. 1778 siedelte H. mit Kurfürst Karl Theodor nach München über. 1782 wurde er zum päpstlichen insulirten Prälaten, sowie zum Comthur des Malteserritterordens und Generalvicar des bairischen Malteser-Großpriorats, 1783 zum Vicepropst des Collegiatstifts U. l. Frau zu München, 1787 zum Bischof zu Chersonnes ernannt. Als junger Geistlicher war H. Minervale des Illuminatenordens geworden; als aber die Regierung gegen den angeblich staatsverrätherischen Geheimbund einzuschreiten begann, trat er nicht bloß aus dem Orden aus, sondern wirkte auch, wie er selbst sich rühmte, bei der Unterdrückung eifrig mit. 1783 ernannte ihn der Kurfürst zum Vicepräsidenten des geistlichen Raths und zum geheimen Referendär in geistlichen Sachen (mit Gehalt von 1400 Gulden, 900 zahlbar vom kurfürstl. Hofzahlamt, 500 von der deutschen Schulcasse). Während Kurfürst Karl Theodor das Reichsvicariat innehatte, wurde H. am 8. October 1790 in den reichsfreiherrlichen Stand erhoben. Von Ostern 1796 bis Ostern 1798 verweilte er zur Erledigung von Geschäften des Malteserordens theils in Rom, theils in Malta. Das Kreisarchiv München verwahrt ein Bündelchen Briefe Haeffelin’s an seinen Freund, den Rechtsconsulenten v. Woschitzka, die wenigstens von der Kunstliebe des Reisenden günstiges Zeugniß geben, auch für die Zeitgeschichte nicht ohne Interesse sind. Nach dem Regierungsantritt Max Joseph’s (1799) hielt H. in einer akademischen Festsitzung eine Rede über das Thema: „Worin besteht die wahre Volksaufklärung?“ Ganz im Sinn und Geist der neuen Regierung forderte der Redner „entschlossene Bestreitung und Ausrottung der schädlichen Mißbräuche und Vorurtheile auch in der Religion“. Auch nach seiner Ernennung zum bairischen Gesandten in Rom 1803 wirkte der Prälat durchaus nach den Anschauungen und Absichten des Ministers Montgelas. Es war keine leichte Aufgabe, die weitreichenden kirchenpolitischen Neuerungen des Ministeriums in Rom zu vertheidigen, um wenigstens den directen Bruch mit der Kurie zu verhüten, doch H. war dieser Aufgabe gewachsen. „Klug und geschmeidig wußte er sich stets in die herrschende Richtung zu fügen; Schwierigkeiten liebte er nicht zu besiegen, [698] sondern zu umgehen; in Unterhandlungen befolgte er den Grundsatz, daß man durch Eingehen auf den Standpunkt des Gegners am raschesten zum Ziele komme; um die Wahrung von Principien kümmerte er sich wenig, wenn er nur den nächstliegenden Zweck erreichte“ (Sicherer). Freilich, die Bemühungen um ein Landesconcordat für den in der Napoleonischen Aera stattlich erweiterten und 1806 zum Königreich erhobenen Staat mußten vergeblich bleiben, da die von Montgelas gegebenen Richtpunkte niemals die Zustimmung des apostolischen Stuhles finden konnten. Nachdem aber der leitende Minister am 2. Februar 1817 auf Betreiben des Kronprinzen Ludwig seine Entlassung bekommen hatte, trat in der Kirchenpolitik Baierns bald eine Wandlung ein, und auch H. verfolgte nun eine Richtung, die der bisher verfolgten gerade entgegengesetzt war. Die neue Instruction für den bairischen Gesandten am Quirinal ließ ja auf größere Nachgiebigkeit der Regierung in kirchlichen Fragen schließen, allein H. ging noch darüber hinaus. Am 5. Juni 1817 unterzeichnete er ein Concordat, das in mehreren Punkten in offenem Widerspruch mit der Instruction stand, das die Aufhebung des gesammten bairischen Kirchenstaatsrechts und die Ersetzung desselben durch das kanonische Recht anordnete. Das Ministerium war mit diesem Vorgehen unzufrieden, konnte sich aber zu der vom Minister Lerchenfeld und der protestantischen Partei geforderten Zurückberufung Haeffelin’s nicht aufraffen, ja, nach neuen Unterhandlungen in Rom wurde der etwas abgeänderte Entwurf am 24. October 1817 vom König unterzeichnet. Die Belohnung für die der Curie geleisteten guten Dienste blieb nicht aus. Am 6. April 1818 wurde H. auf Empfehlung des Königs von Baiern trotz des Widerstandes einflußreicher Mitglieder des geheimen Consistoriums zum Cardinal erhoben. Als sich im Herbst 1818 die Widersprüche zwischen einzelnen Bestimmungen des Concordats und der inzwischen ins Leben getretenen Verfassung fühlbar machten, erlaubte sich H. neuerdings eigenmächtiges Vorgehen. Ohne die Zustimmung der Regierung einzuholen, gab er am 27. September 1818 vor der Curie die Erklärung ab, das Religionsedict habe nur für die Nichtkatholiken, das Concordat allein für die Katholiken Geltung, während nach der Meinung der Staatsregierung das Religionsedict für alle Einwohner des Königreiches, Concordat und Protestantenedict je für die betreffenden Kirchen maßgebend sein sollten. Auch diese eigenmächtige Auslegung des Gesandten blieb, obwol sie amtlich widerrufen wurde, ungeahndet. H. starb, neunzig Jahre alt, in Rom am 27. August 1827.

Felder, Gelehrtenlexikon der kathol. Geistlichkeit Deutschlands und der Schweiz (1817) I, 289; II, 499. – Westenrieder, Gesch. d. bair. Akademie d. Wissenschaften II, 463. – Sicherer, Staat u. Kirche in Baiern vom Regierungsantritt des Kurfürsten Max Joseph IV. bis zur Erklärung von Tegernsee (1874), S. 72 ff. – Seydel, Bayerisches Staatsrecht III, 434. – Atti del consistorio segreto tenuto dalla Santià Papa Pio VII. nel palazzo apostolico Quirinale, il 6. aprile 1818. – Acten im kgl. allgem. Reichsarchiv und im kgl. Kreisarchiv zu München.