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ADB:Hagen, Bernhard vom

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Artikel „Hagen, Bernhard vom“ von Hermann Keussen in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 49 (1904), S. 698–700, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Hagen,_Bernhard_vom&oldid=- (Version vom 18. Dezember 2024, 08:43 Uhr UTC)
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Hagen: Bernhard vom H., kurkölnischer Kanzler, c. 1490–1556. H. wurde kurz vor dem Jahre 1490 in der kleinen westfälischen Stadt Geseke geboren. Am 3. October 1503 wurde er bei der artistischen Facultät der Universität Köln immatriculirt und trat in die Montanerburse ein. Seine Studien wird er an einer anderen Universität begonnen haben; denn schon zu Ende des Jahres 1504 wurde er Baccalaureus, im Frühjahr 1506 Licentiat und jedenfalls auch Magister der freien Künste. Nunmehr wandte er sich dem [699] juristischen Studium zu und verfolgte die gewöhnliche akademische Laufbahn. Im J. 1513 wurde er Baccalaureus, 1515 Licentiat und Doctor im kaiserlichen Rechte. Im J. 1518 wählte ihn die juristische Facultät zum Decan; und blieb er Mitglied des Professorencollegiums bis zum Jahre 1526. Zugleich bekleidete er das Amt eines kurfürstlichen Siegelbewahrers. Als im Mai des genannten Jahres der kurfürstliche Kanzler Degenhard Witte gestorben war, berief der Erzbischof Hermann von Wied H. auf diesen wichtigen und verantwortlichen Posten. Ebenso wie am clevischen Hofe waren damals in der Umgebung des Kölner Kirchenfürsten Persönlichkeiten von humanistischer Richtung zur Herrschaft gekommen, die zu Erasmus freundschaftliche Beziehungen unterhielten. Zu den bekanntesten Vertretern dieses Kreises gehörte neben dem Grafen Hermann von Neuenahr der neue Kanzler H. und der bedeutendste von den Genossen Johann Gropper, Hagen’s Nachfolger als Siegler.

Schon bald nach Hagen’s Amtsantritt wurden einige von den als nothwendig erkannten Reformen in Angriff genommen. H. proclamirte am 25. Juni 1527 vor den versammelten Deputirten der Kölner Kirche die Erklärung, daß er für die in den päpstlichen Monaten erledigten Pfründen selbst sorgen werde. Daß H. aber dabei selbst entschieden auf katholischem Standpunkte verharrte, erweist ein Brief Arnold’s von Tongern, der im J. 1529 an H. schrieb, daß der Glaube noch nie, seitdem ihn Deutschland angenommen, in solcher Gefahr gewesen sei. Als der Kurfürst im J. 1530 den Augsburger Reichstag besuchte, befand sich H. in seiner Begleitung. Das Ansehen, das er genoß, sprach sich aus in seiner Berufung in die beiden Ausschüsse, den 14er wie den 6er, welche die Lösung der religiösen Streitigkeiten versuchen sollten. Zwei Jahre später konnte H. seinem Herrn einen hervorragenden Dienst erweisen. Als der Paderborner Bischof Erich Herzog von Braunschweig-Lüneburg am 14. Mai 1532 gestorben war, eilte der kölnische Kanzler von Brühl aus ins Paderborner Bisthum und brachte die einflußreichsten Mitglieder des Capitels auf die Seite Hermann’s von Wied, sodaß auf diesen die Wahl zum Administrator am 13. Juni fiel. Aus den folgenden Jahren fehlen nähere Nachrichten über H. Wir wissen nur, daß er im J. 1534 auf dem Kreistage zu Koblenz gegen das Münstersche Unwesen auftrat. Doch ist soviel gewiß, daß H. bis in den Anfang der 1540er Jahre gemeinsam mit dem Erzbischof an der mittleren Richtung in den kirchlichen Dingen festhielt. Freilich verfehlte er nicht, dem Brauche der Zeit entsprechend, aus seiner einflußreichen Stellung private Vortheile zu ziehen. Außer seiner Domherrnpfründe besaß er ein Kanonikat an der Kölner Stiftskirche S. Severin und ließ sich noch dazu die Propstei von St. Andreas übertragen. Dadurch aber gerieth er in einen Conflict mit der Curie, welche sich für den päpstlichen Notar Nolden von Krefeld entschied. Als das Capitel von St. Andreas Nolden abwies, wurde es excommunicirt, ebenso H. selbst. Aber auf Veranlassung des Erzbischofs wurde das päpstliche Decret mit Zustimmung der Stadt nicht verkündet. Nolden rächte sich durch Spottverse und Caricaturen, worauf ihm die Stadt Köln den Schutz aufsagte. Die versöhnliche Richtung Hagen’s wird auch im J. 1539 durch einen Brief Melanchthon’s bezeugt. Noch auf dem Wormser Tage 1540 war er mit dem Dominicaner Everhard Billich Vertreter des Erzbischofs.

Nun aber drängten die rasch einander folgenden Ereignisse zum Bruche. Als der Erzbischof durch die zweite Berufung Bucer’s den ersten entschiedenen Schritt zur Ueberführung des Erzstifts zur Reformation that, stieß er bei H. wie bei Gropper auf den energischsten Widerstand. Als H. damals im Jahre [700] 1543 nach Bonn kam, mied er den dort sich aufhaltenden Bucer, obwol er vorhin gut mit ihm gestanden hatte. Mit seinem Freunde Gropper stand H. an der Spitze der Oppositionspartei des Domcapitels sowol auf dem Landtage im März 1543 wie im folgenden Jahre als Abgeordneter des Capitels, als man den Erzbischof ersuchte, die Prädicanten zu entlassen und die Neuerungen abzustellen. Ebenso war er das Haupt der Commission, für welche Gropper das ablehnende Gutachten über die Reformationsschrift Hermann’s ausarbeitete. Soweit wir Kunde von Hagen’s Verhalten in den nächsten Jahren haben, finden wir ihn unter den entschiedensten Gegnern des Fürsten, dessen vertrautester Rathgeber er zuvor gewesen war. Schroff trat er gegen jede Nachgiebigkeit in der kirchlichen Frage auf, obwol er mit Georg v. Witgenstein als eines der versöhnlichsten Mitglieder des Capitels galt.

Auch unter Hermann’s Nachfolger, dem Erzbischof Adolf von Schauenburg, blieb er Kanzler des Erzstifts und betheiligte sich an dessen in den Grenzen der katholischen Lehre sich haltenden Reformbestrebungen, namentlich an dem Provinzialconcil vom Jahre 1549. Doch tritt er seit dieser Zeit in den Hintergrund. Den Jesuiten versprach er auf Grund einer Empfehlung Gropper’s persönliche Verwendung beim Erzbischof zu Gunsten ihrer Privilegienbestätigung. Er starb am 5. October 1556, wie Hamelmann (Opera genealogica hist. 1336) angibt, eines unvorhergesehenen Todes; man fand ihn todt neben seinem Bette liegen.

Das Urtheil über H. wird ein getheiltes sein. Mögen auch Rücksichten auf seine Pfründen sein Verhalten beeinflußt haben, jedenfalls blieb er der ursprünglich gewählten kirchlichen Mittelrichtung getreu im Gegensatze zu seinem Erzbischof, der im Laufe der Jahre zum entschiedenen Bruche mit dem alten Kirchenthum gelangte.

Decanatsbücher der Universität Köln. – Ennen, Geschichte der Stadt Köln, Bd. IV. – Varrentrapp, Hermann von Wied.