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ADB:Hallwil, Hans von

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Artikel „Hallwil, Hans von“ von Carl Brunner in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 10 (1879), S. 447–449, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Hallwil,_Hans_von&oldid=- (Version vom 18. Dezember 2024, 08:25 Uhr UTC)
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Hallwil: Hans v. H., schweizerischer Kriegsmann, † am 19. März 1504. – Am nördlichen Ende des nach ihr benannten Sees im schweizerischen Canton Aargau steht Burg Hallwil, der Stammsitz eines Geschlechtes, welches – heute noch im Besitze dieses Schlosses – seit fünf Jahrhunderten eine Reihe von Männern erzeugte, die theils in der Schweiz, theils im Auslande als Kriegsmänner oder in Staatsämtern gestanden und von denen Manche sich ausgezeichnet haben. Im J. 1113 zum ersten Male urkundlich genannt, ursprünglich wol ritterliche Dienstmänner der mächtigen Grafen von Lenzburg, nach deren Erlöschen aber (1172) der Grafen v. Kiburg, traten die H., als Graf Rudolf von Habsburg, der nachmalige König, im J. 1273 die Kiburg’schen Güter im Aargau erwarb, in den Dienst des Hauses Habsburg über. Ansehnlicher Grundbesitz an Eigen-, Lehen- und Pfandgütern in den Thälern der Hallwiler Aa, der Wina oder Winen, der Suhr und der Aare war die Grundlage ihrer Bedeutung. In hervorragender Stellung erscheint zuerst Ritter Johannes v. H., Beamter und Vertrauensmann der habsburg-österreichischen Herzoge in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts. Schon um 1309 im Besitze des Marschallamtes von Habsburg, 1328 oberster Landvogt der Herzoge von Oesterreich im Sundgau und in der Grafschaft Pfirt, 1339 ihr Landvogt in Wesen und Glarus, Rath der Herrschaft und Verwalter von Ländereien in Schwaben, endlich auch Hofmeister des jungen Herzog Friedrich († 1344), erhob Ritter Johann das Ansehen und den Besitz des Hauses auf seinen Höhepunkt. Er starb am 31. Mai 1348. Als 70 Jahre später die Eidgenossen den österreichischen Aargau eroberten, dessen größter Theil Bern zufiel, nahmen die H. Burgrecht zu Bern und zu Solothurn. Bei Ausbruch des neuen achtjährigen Krieges aber zwischen Oesterreich und den Eidgenossen, der 1442 entbrannte, als Zürich, mit Letzteren seit 1436 über die Erbschaft des Grafen Friedrich von Toggenburg (Bd. VIII S. 38 ff.) zerfallen, mit König Friedrich III. Bund schloß, wandten sich zwei H., die beiden Thüring v. H., Vater und Sohn, auf die Seite Oesterreichs und Zürichs und spielten nun während des Krieges, der Letztere auch später noch, eine hervorragende Rolle. Thüring der ältere, ein Enkel des Marschalls Johannes (durch dessen 1386 bei Sempach gefallenen Sohn Thüring), hatte schon frühe im Auslande in Oesterreichs Kriegsdiensten, 1422 in Mähren gestanden, sich von den heimathlichen Verhältnissen allmälig abgelöst, in Schwaben angekauft, 1437 mit seinem Sohne den gemeinsamen Antheil an den Hallwil’schen Stamm- und Pfandgütern im Aargau an seine Namensverwandten käuflich abgetreten und gehörte der Adelspartei in den österreichischen Vorlanden an, die König Friedrichs Restaurationspläne für das Haus Oesterreich gegenüber den Eidgenossen eifrigst unterstützte. Fürsprecher der Zürcher bei dem Könige, hierauf des Letzteren Feldhauptmann in Zürich, Gesandter des Königs an die Eidgenossen, Berichterstatter an denselben [448] über die Schlacht von St. Jakob an der Birs, aus Säkingen, etc. nahm er an den meisten wichtigen Vorfällen nahen Antheil; wurde aber auch wegen seiner den Eidgenossen feindlichen Gesinnung, wie sein Sohn und eine Anzahl anderer Adeligen, im J. 1445 von der Stadt Basel vom Rechte des Wohnsitzes daselbst auf immer ausgeschlossen. Von 1448 an, wo er mit seinem Sohne die im J. 1436 erkaufte Herrschaft Blumenegg (Badisches B. A. Bonndorf) an die Abteien Reichenau und St. Blasien verkaufte, verschwindet sein Name. Nach einem alten Donatorenverzeichniß des Klosters Capel (Canton Zürich) starb er im J. 1460. Aehnliche Laufbahn verfolgte Ritter Thüring, sein Sohn. Um 1450 Marschall Herzog Albrechts von Oesterreich und Landvogt der Herrschaft zu Ensisheim, wurde er damals vom Herzoge nach Freiburg im Uechtland gesandt, um diese Stadt, deren Bürgerschaft gegen Oesterreich sehr mißstimmt und von Einflüssen Savoyens und Berns bearbeitet war, der Herrschaft zu erhalten; er trat daselbst als Hauptmann an die Spitze eines eingesetzten neuen Rathes. Allein H. konnte die Stadt nicht behaupten; mit Berns Hülfe wurde von den Freiburgern der alte Rath wieder eingesetzt. H. verließ die Stadt mit der österreichischen Besatzung, nicht ohne sich noch auf Kosten der von ihm beim Abzuge getäuschten Bürger zu bereichern. 1455 und 1457 oberster Hauptmann der Herzoge in den Vorlanden, 1460 mit Herzog Sigmund vom päpstlichen Banne getroffen, die Stadt Winterthur für denselben vertheidigend, bekleidete H. seine Würden und Aemter in der Herzoge Dienst noch bei Ausbruch des Krieges derselben gegen Mühlhausen 1468. Kinderlos starb er im Jahre darauf, 1469, zu Thann im Elsaß. – Berühmter als die beiden genannten Männer, die mehr Geschäfts- und Verwaltungsmänner als hervorragende Krieger gewesen zu sein scheinen, wurde später ein anderer Nachkomme des Marschalls Johannes durch seine kriegerische Tugend: der Eingangs genannte Ritter Hans v. H. Ein Sohn Burkart’s v. H., geb. 1433 oder 1434, trat H. frühe schon mit einem jüngeren Bruder Walther in Herzog Albrechts Dienste, wofür ihnen der Herzog 1461 das elsässische Dorf Sierenz zu Mannslehen verlieh (das bis 1798 als solches im Besitze der Familie H. geblieben). Später weilte das kriegerische Brüderpaar zeitweise an den Höfen und im Lager König Podiebrad’s von Böhmen und des Königs Matthias von Ungarn, Schulen edelmännischer Bildung und militärischer Tüchtigkeit. In die Heimath zurückgekehrt erneuten die Brüder 1470 das einstige Burgrecht ihres Großvaters Rudolf mit den Städten Bern und Solothurn und ergriffen beim Ausbruch des Krieges Oesterreichs und der Eidgenossen gegen Herzog Karl den Kühnen von Burgund (1474–77) die Waffen sowol für Bern und Solothurn, als für sich selbst, da ihre österreichischen Lehen in der Grafschaft Pfirt mit dieser von Herzog Sigmund an Herzog Karl verpfändet waren und Letzterer deren Lösung nicht gestatten wollte. Bei Ericourt (13. Novbr. 1474) und bei Murten (22. Juni 1476) focht Ritter Walther in den siegreichen Reihen der Eidgenossen. Ritter H. befehligte neben seinem Schwager, dem Schultheißen Niklaus v. Diesbach (Bd. V S. 142 f.), das bernische Heer, womit dieser im Frühjahr 1475 ins Burgundische eindrang, Pontarlier nahm, dann aber sich in die Wadt zurückwandte und Jougne, Orbe und Granson eroberte. Vor letzterem Platze stand H. im folgenden Jahre neben dem Schultheißen Niklaus v. Scharnachthal an der Spitze der eidgenössischen Vorhut, die sich Herzog Karl und seinem kriegsgewohnten Heere kühn entgegenstellte und, unterstützt von den nachrückenden Gewalthaufen, den Herzog in schmähliche Flucht schlug (2. März 1476). Im Herbste desselben Jahre nahm H. am Eroberungszuge der Berner und ihrer Bundesgenossen in die Wadt bis zum Lemansee aller Wahrscheinlichkeit nach ebenfalls Antheil. Das glänzendste Verdienst aber erwarb er sich bei Murten (22. Juni 1476) als Anführer der eidgenössischen Vorhut von mindestens 5000 [449] Mann Fußvolk und 1100 Reitern, die den Angriff auf Herzog Karls befestigtes Lager eröffnete und damit den siegreichen Ausgang des entscheidenden Tages einleitete, der Karls des Kühnen Macht vernichtete. Nach dem Schlusse des Krieges trieben Thatendurst, Lust nach Ehren und Gewinn H. auf einen größeren Schauplatz. Er trat als oberster Hauptmann sämmtlicher schweizerischer Söldner in Frankreich 1478 in König Ludwigs XI. Dienst und blieb in dieser Stellung bis zu des Königs Tode, 1483. In die Heimath zurückgekehrt, wo er 1486 Schloß Trostburg im Aargau erkaufte und 1491 zum Andenken des Tages von Murten eine Kapelle in Leutwil erbaute, scheint H. die übrigen Jahre seines Lebens meist in den friedlichen Beschäftigungen eines Landedelmanns zugebracht zu haben und ergriff auch wol nicht mehr die Waffen, als 1499 König Maximilians und des Reiches Krieg gegen die Eidgenossen (der Schwabenkrieg) sich erhob, in welchem jetzt in den schweizerischen Reihen des bejahrten Ritters jüngerer Bruder Dietrich focht. Umsonst blieben übrigens vielfache Bemühungen von Bern, durch seine Fürsprache bei König Ludwigs Nachfolger, Karl VIII., zu Gunsten des verdienten Kriegers genügende Erfüllung alles Dessen zu erhalten, was Frankreich an H. schuldete. Am 19. März 1504 starb H. ohne Nachkommen; ein Knabe, Jakob, sein einziges Kind aus später Ehe, war ihm im Tode vorausgegangen. – Seine Begräbnißstätte fand er in der Kirche zu Sengen; Schwert und Fahne vom Tage von Murten birgt Schloß Hallwil; in der Ruhmeshalle zu Regensburg steht Hallwil’s Büste. – In der Reformationszeit traten die schweizerischen H. der Reformation bei. Andere Linien des weitverzweigten Geschlechtes verblieben im alten Glauben oder kehrten zu demselben zurück. Ein Zweig derselben, 1616 in Böhmen angesiedelt, erlangte Erhöhung in den österreichischen Grafenstand. Aus demselben stammte u. A. Graf Franz Anton v. H., der im siebenjährigen Kriege als k. k. Feldmarschalllieutenant starb. Seine Tochter Franciska Romana v. H., wider den Willen der Eltern einem schweizerischen H. vermählt und in prüfungsvoller Laufbahn durch alle Tugenden ausgezeichnet, lebt noch in der Erinnerung des Volkes in der Umgebung der von ihr bewohnten Stammburg fort. Das Wappen der H. zeigt zwei schwarze Flüge im goldenen Felde.

S. Brunner, Karl (Archivar in Aarau), Hans v. Hallwil, der Held von Granson und Murten, mit Urkunden in der Zeitschrift Argovia, 6. Jahrg. 1871. (Auch in besonderem Abdruck, Aarau, Sauerländer). – Die schweizerischen Chroniken und Urkundenwerke, insbes. die Urkunden der Belagerung u. Schlacht v. Murten, gesammelt von G. F. Ochsenbein, Freiburg i. d. Schweiz, E. Bielmann, 1876.