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ADB:Friedrich VII.

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Artikel „Friedrich VII., Graf von Toggenburg“ von Georg von Wyß in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 8 (1878), S. 38–42, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Friedrich_VII.&oldid=- (Version vom 23. November 2024, 08:10 Uhr UTC)
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Friedrich VII., Graf von Toggenburg, † am 30. April 1436. – Das Geschlecht der Freien von Toggenburg im oberen Thurthal in der Schweiz tritt urkundlich zuerst um 1044 auf. Aus Eigen, aus Lehen des Reiches und geistlicher Stifte, vorzüglich der Abtei St. Gallen, bildete es sich bis zu Ende des 12. Jahrhunderts ein Gebiet, das vom Stammsitze der Freien, der alten Toggenburg (in der heutigen Pfarre Kirchberg), den Namen erhielt und seit Beginn des 13. Jahrhunderts, wo die Freien gräflichen Titel annahmen, bis 1798 die [39] Grafschaft Toggenburg hieß. Um 1130 hatten die Freien die Gründung der Benedictinerabtei Fischingen in der Nähe ihrer Stammburg wesentlich begünstigt; Graf Diethelm III. († 1207) und dessen Sohn Diethelm IV. († nach 1229) stifteten die Johanniter-Ordenshäuser Bubikon im Zürichgau und Tobel im Thurgau. Der Enkel, Diethelm V. († nach 1236), ist als Mörder seines Bruders Friedrich I. († 1226) bekannt; von ihm stammten die späteren Glieder des Geschlechtes. Sein Enkel, Kraft II. († 1265/66), erscheint als Minnesänger in der sogen. Manessischen Handschrift. Graf Friedrich IV. kam 1315 im Heere Herzog Leopolds von Oesterreich bei Morgarten um, nach vergeblichem Versuche, seinen Nachbarn von Schwyz Friede beim Herzoge auszuwirken. Von seinen Söhnen starb Diethelm VIII. 1337[WS 1] im Treffen bei Grinau am oberen Zürichsee, als Anführer der Zürcher gegen den Grafen Johann von Habsburg-Rapperswil; während Friedrich V. durch Vermählung mit einer Tochter des letzten mächtigen Freien von Vatz im curischen Rätien den Grund zu allmählich ausgedehntem Besitze des Hauses in den dortigen Gegenden legte. Andere Toggenburger machten sich in geistlichen Würden bekannt. Der geschichtlich bekannteste aller Grafen von Toggenburg ist F. VII., der mächtigste und zugleich der letzte des alten Stammes, dessen Ende für die schweizerische Eidgenossenschaft zum Keim eines langen, sie aufs tiefste erschütternden inneren Krieges und zugleich neuen Kampfes mit Oesterreich wurde, des sogen. alten Zürichkrieges (1436–50). Graf F. VII., der einzige Sohn Diethelms IX. († 1385) und Enkel Friedrichs V., wurde um 1370 auf dem Schlosse Solavers bei Grüsch im Prättigau geboren, ging 1394 mit dem einzigen noch lebenden Stammesgenossen, seinem väterlichen Oheim Graf Donat († 1400), eine Theilung über das großväterliche Erbe ein, gerieth aber nach dessen Tode mit Donats Eidam und Erben, Graf Wilhelm von Montfort-Bregenz und dessen Gemahlin, in Fehde, worauf im J. 1402 erst eine vollständige und bleibende Ausscheidung des Besitzes zwischen ihnen erfolgte. Mit Burgen im Thurgau, mit der Vogtei von Fischingen, mit der von Oesterreich an die Grafen von Toggenburg verpfändeten Grafschaft Kiburg wurden Donats Erben abgefunden. Alles Uebrige: Die Grafschaft Toggenburg, die Herrschaften Greifensee bei Zürich, Uznach und obere March zwischen dem Walen- und dem Zürichsee, die sogen. Zehn Gerichte in Bünden, blieben dem Grafen F. Mit großem Geschicke wußte F. nun, während alle noch übrigen dynastischen Gewalten in seiner Umgebung sanken, sich in diesem Besitze nicht nur zu erhalten, sondern denselben noch zu mehren. Zwischen der eroberungsbegierigen Eidgenossenschaft, den keck aufstrebenden Appenzellern, der zähen Macht Oesterreichs, in den verwickelten Verhältnissen der Herrschaften und Gemeinden im rätischen Gebirgslande, behauptete er sich mit vollem Erfolge und fand sogar bei seinen Nachbarn auch Sicherung gegen etwaige Unbotmäßigkeit seiner von ihm streng gehaltenen Unterthanen. Anfänglich verband er sich enge mit Zürich durch Burgrechte mit der Stadt (1400–5), durch Verpfändung der Herrschaft Greifensee (1402), die ihr nach 18 Jahren unwiederlöslich blieb, durch Versprechung eines Vorkaufsrechts betreffend Uznach für Zürich oder die Eidgenossen (1402). Als der Appenzellerkrieg begann und Herzog Friedrich von Oesterreich nach seiner Niederlage am Stoß (1405) den Grafen F. zu seinem Hauptmann in seinen Landen ob dem Bodensee ernannte, wußte F. den Herzog zu bewegen, ihm die Herrschaft Gaster und die Grafschaft Sargans, des Herzogs Pfänder vom Reiche und vom Grafen von Werdenberg-Sargans, pfandweise zu überlassen, und schloß dann mit den Appenzellern, in deren großen „Bund ob dem See“ auch die Leute dieser und seiner eigenen Herrschaften eintraten, Verträge (Mai 1406, December 1407), die ihm Frieden von ihrer Seite verschafften und die Bundeseide seiner Unterthanen für ihn unschädlich machten. Zürich und die Eidgenossen waren [40] ihm hierbei behülflich. Auch auf die österreichischen Herrschaften Rheineck und Feldkirch erwarb F. Pfandansprüche und suchte diese, gestützt auf ein Bündniß mit den Appenzellern zur wirklichen Geltung zu bringen (Mai 1410); allein ohne Erfolg, da der Herzog sich damals gerade wieder des Rheinthals bemächtigte. Aber im Besitze von Sargans und Gaster bleibend, behielt er nun wenigstens ein Gebiet, das zusammenhängend von Davos herunter bis an den Zürichsee und die mittlere Thur reichte. Als der Eintritt Appenzells in die Eidgenossenschaft (1411) und der Abschluß des 50jährigen Friedens zwischen Oestreich und der Eidgenossenschaft (1412) den Einfluß der letzteren bis an den Bodensee und den Rhein befestigte, denjenigen Oesterreichs diesseits dieser Grenzen bleibender beschränkte, trat Graf F. dem Hause Oestreich ferner. Bei der Aechtung Herzog Friedrichs durch König Sigmund (1415 und 16) folgte er, wie die Eidgenossen, nicht ungern des Königs Rufe zum Reichskriege wider den Herzog, eroberte mit Hülfe Zürichs Feldkirch und erwarb vom König diese Herrschaft als Reichspfand, die er auch nach des Herzogs Aussöhnung mit Sigmund behielt. 1424 erkaufte F. von den Edeln von Jungingen und Bodman die Herrschaft Rheineck mit Altstätten und dem Rheinthal, seit 1415 Reichspfand der Edlen. So war nun auch unterhalb Maienfeld und Sargans das Rheinthal zu beiden Seiten des Flusses zu Friedrichs Gebiete geschlagen. Neue Verträge mit Zürich (1416), die bis auf fünf Jahre nach des Grafen Tode auch für seine Erben gelten sollten, Verträge mit Schwyz (1417) und Glarus (1419) sicherten F. fortdauerndes gutes Einvernehmen mit diesen Orten, und als 1426 die Appenzeller Unruhen aufs neue ausbrachen und ihn, ringsum Nachbar der Appenzeller und ihren Uebergriffen ausgesetzt, zum Kriege wider sie nöthigten, verschafften Zürich und Schwyz durch ihre Haltung und ihren Einfluß dem Grafen Frieden (1429). Letzteres Land hatte er durch den Abschluß einer gleich engen Verbindung wie mit Zürich, Einräumung eines Vorkaufsrechtes auf seine Burg Grinau am obern Ende des Zürichsees und durch das Versprechen gewonnen (1428), daß die anstoßende, ihm angehörige Landschaft der oberen March nach seinem Tode an Schwyz fallen solle. Sein rätisches Gebiet sicherte ein um dieselbe Zeit geschlossenes Bündniß mit den Gemeinden des Gotteshausbundes (1429). Friedrichs Beziehungen zu den Nachbarn waren für diese, wie für seine Herrschaften um so wichtiger, als die Ehe des Grafen mit Elisabeth v. Metsch kinderlos blieb, und zwei Söhne seiner einzigen Schwester, Gemahlin des Grafen Bernhard von Thierstein, frühe starben, sein Besitz daher einst unter seine Gemahlin und zahlreiche entferntere Verwandte, die Descendenten der Geschwister seiner Mutter, Katharina von Werdenberg-Heiligenberg, sich theilen mußte. Mehr und mehr begann auch um den Grafen ein Werben in Betreff der künftigen Verhältnisse seiner Lande, wobei die Erben, vorzugsweise aber Zürich unter Bürgermeister Rudolf Stüßi (1430–43) und Schwyz unter Landammann Itel Reding dem älteren (1427–47) eifrig sich betheiligten. Beiden eidgenössischen Orten gaben ihre mit dem Grafen bestehenden, fünf Jahre über sein Leben hinaus gültig bleibenden Verträge Aussicht auf politisch wichtige Verbindungen mit Friedrichs künftigen Erben und deren Unterthanen; Verbindungen, die zu Einfluß und Macht, möglicherweise zu eigentlichen Gebietserwerbungen führen konnten; dem Lande Schwyz hatte ja F. bereits die March zugesichert. Zürich verschaffte sich dagegen vom König Sigmund Bewilligung, die Landschaft Gaster, welche Oesterreich von Reiche, F. dagegen von Oesterreich zu Pfand besaß, an sich zu lösen und hoffte von dem Grafen, wenn nicht die Lösung selbst, so doch Anerkennung seines Rechtes auf den Fall seines Todes, ohne Rücksicht auf Oesterreich, zu erhalten. Verbindung mit den künftigen Herren und den Leuten der Grafschaft Toggenburg und der Herrschaft Uznach nahmen beide Orte wetteifernd [41] in Aussicht. Aber auch Graf Friedrichs Unterthanen sahen mit Erwartungen der verschiedensten Art dem Zeitpunkte entgegen, der ihnen frühere Herrn wieder- oder neue Herrn geben würde und trafen Anstalt, sich durch Verbindung unter einander gegen Ueberdrang derselben zu schützen. In dieser Lage benahm sich F. mit der nämlichen Klugheit, die er stets bewährt hatte. Vorsichtig vermied er so lange als möglich, sich durch bestimmte Erklärungen zu binden, die zum Bruche mit dem einen oder anderen Betheiligten hätten führen können. Unterstützt durch Schwyz und durch Bern, in dessen Burgrecht einige seiner erbberechtigten Verwandten standen, wich er dem ungeduldigen Drängen Zürichs um Bezeichnung eines Erben und Beschwörung seines Burgrechtes mit der Stadt durch diesen und die Unterthanen aus (1432, Aug., Novbr.). Als er endlich doch einer Aufforderung dazu nachgeben und bei König Sigmund die Erlaubniß einholen mußte, einen Erben seiner Herrschaften zu bezeichnen (1433), erklärte er zwar Zürich gegenüber seine Gemahlin zum Erben, verclausulirte aber diese Erklärung mannigfach und behielt sich auch Abänderung seines Entschlusses vor, so daß dem Verlangen der Stadt damit nur zum Scheine entsprochen war (1435). Innerlich aber wandte sich F., verletzt durch ihr Drängen, stets mehr von ihr ab, Schwyz immer enger zu, bezeichnete diesem gegenüber den Freiherrn v. Brandis als künftigen Erben von Toggenburg und von Uznach und gab dem Lande die Zusicherung, daß die Unterthanen dieser Herrschaften gleich nach Ablauf des zürcherischen Burgrechts ein ewiges Landrecht mit Schwyz schwören sollen (1435. 1436). Ungeachtet die Gräfin bei diesem Acte anwesend war, blieb derselbe Zürich unbekannt. So hielt F. die sich um ihn bemühenden Parteien hin, die Gestaltung der Dinge der Zukunft überlassend, bis zu seinem am 30. April 1436 auf der Schattenburg bei Feldkirch erfolgten Hinschiede. Nun sicherten sich seine rätischen Unterthanen durch den Abschluß ihres „Zehngerichtenbundes“ (8. Juni 1436), der sich bleibend behauptete; in Toggenburg und Uznach, in Gaster und Sargans traten die Landleute zusammen und bestellten Vertreter ihrer Interessen; Schwyz besetzte die obere March und ließ sie sich huldigen. Dagegen konnten sich weder die Wittwe und die Verwandten Graf Friedrichs, noch Zürich und Schwyz unter einander verständigen, und indem nun letztere ihre Ansprüche durch Parteinahme und Verbindungen mit den einen oder anderen Erbberechtigten und mit Oesterreich zu fördern suchten, entstanden Verwicklungen, aus welchen schließlich jener erbitterte Krieg Zürichs gegen die Eidgenossen erwuchs (1437–50). Der Anblick seiner verheerenden Wirkungen, die Gefahr gänzlichen Zerfalls, welchem die Eidgenossenschaft nur mit Noth entging, erzeugte später die in schweizerischen Chroniken ausgesprochene Meinung, Graf Friedrichs eigentlichste Absicht sei es gewesen, diese Kriegsflamme zu entzünden und die Zerstörung der ihm verhaßten Eidgenossenschaft herbeizuführen. Es ist dies eine Vermuthung, die ihn nicht nur ohne allen Nachweis tiefster Verwerflichkeit beschuldigt, sondern die auch an sich höchst unwahrscheinlich genannt werden muß. Denn abgesehen davon, daß F. den Gang der Dinge nach seinem Tode unmöglich mit Gewißheit voraussehen konnte, erklärt sich sein ganzes Verhalten sehr natürlich aus den verwickelten rechtlichen und politischen Verhältnissen verschiedenster Art, in denen seine einzelnen Lande standen, aus den Schwierigkeiten, mit welchen dies und die gegenseitige Eifersucht von Zürich und Schwyz, wie die große Zahl seiner Seitenverwandten, jeden bestimmten Schritt seinerseits umgaben und aus der Scheu des staatsklugen und bejahrten Mannes, eine Stellung und Macht, welche die Frucht vieljähriger Anstrengungen war, im Alter noch durch eingreifende Entschlüsse zu erschüttern. Ueber die schließliche Vertheilung seines Besitzes zwischen den Erben s. die unten angeführten Quellen, insbesondere Juvalt.

[42] Die schweizerischen Chroniken des 15. u. 16. Jahrhunderts. Urkunden. – J. A. Pupikofer, Geschichte des Thurgaues, I. Bd., Bischofzell 1828. – Wegelin, Geschichte d. Landschaft Toggenburg, 2 Bde., St. Gallen 1830–31. – J. C. Zellweger, Geschichte des appenzellischen Volkes, Bd. I. und Urk. Bd. I, Trogen 1830–31. – Anzeiger für schweiz. Gesch. und Alterthumsk. Jahrg. 1855–68, Zürich. – F. S. Vögelin, Das Kloster Rüti, in Mitth. der antiqu. Gesellschaft in Zürich, Bd. XIV, 1862. – Wolfg. v. Juvalt, Forschungen über die Feudalzeit im curischen Rätien, 2. Heft, Zürich 1871.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: 1237. Vgl. Hinweis im Artikel Habsburg Seite 287 oben.