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ADB:Hasenhut, Anton

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Artikel „Hasenhut, Anton“ von Egon von Komorzynski in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 50 (1905), S. 51–52, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Hasenhut,_Anton&oldid=- (Version vom 3. Dezember 2024, 17:38 Uhr UTC)
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Hasenhut: Anton H., Schauspieler. Geboren 1766 in Peterwardein als Sohn eines ursprünglichen Chirurgen, der aus Wien geflohen und Schauspieler geworden war und der sich durch Verwerthung eines natürlichen theatralischen Talents verhältnißmäßig bald zur Stellung eines Principals emporgeschwungen hatte, machte H. schon in seiner Jugend, ja in seiner Kindheit alle die jammervolle Misère des Komödiantendaseins mit; als ältester von fünfzehn Geschwistern soll er materielles Elend und familiären Kummer schon in jüngeren Jahren gründlich ausgekostet haben. Ein vielleicht nicht ganz unglaubwürdiges Histörchen weiß zu erzählen, er hätte schon als Knabe in Nachahmung seiner schreienden Geschwister sich eine affectirt helle, trompetende oder quäkende Stimme angeeignet, die er bei gelegentlicher Verwendung als Schauspieler zu komischen Zwecken ausgezeichnet zu verwerthen verstand. Für den unter solchen Verhältnissen Aufgewachsenen konnten natürlich die Eltern nicht sorgen: er stürzte sich wie einst sein Vater aufs gerathewohl in das Schmierenleben und kam nach allerhand Irrfahrten nach Wien, wo er bei dem Director des Leopoldstädter Theaters, Karl v. Marinelli, ein Engagement als lustige Person fand. Marinelli’s Theater, im J. 1781 als erste Wiener Volksbühne gegründet, fußte hauptsächlich auf einem Repertoire von komischen Stücken; der Schauspieler Laroche hatte den verbannten Hanswurst in der ständigen Figur des „Käsperle“ zu neuem, dauerndem Leben erstehen lassen und seine urwüchsige Komik, deren Hauptwirkung in derben Späßen, wie Gefräßigkeit und plumpe Frechheit, bestand, hielt das Publicum wie unter einem Bann. Hier trat H. als eine feine Ergänzung hinzu. Er schuf die Figur des sogenannten „Thaddädl“ und stellte gewöhnlich einen ungeschickten Gesellen oder Lehrjungen dar: läppisch, furchtsam, dumm, dabei vorwitzig und jung, der den Zopf hinten ganz oben am Kopfe festgebunden und wagerecht wegstehen hatte. Sein Spaß war nicht so derb, platt und tölpisch wie jener Käsperle’s, sondern feiner, anständiger, sittsamer; charakteristisch war die schmetternde, dem Klang einer Kindertrompete ähnliche Stimme. In der [52] feinsten Herausarbeitung aller kleiner einzelner Züge seiner Rollen wurde er kaum von Einem übertroffen. Nach der herrschenden Meinung ist H. erst 1793 in den Verband des Leopoldstädter Theaters eingetreten, jedoch gehörte er ihm nach Weittenhiller’s und Sonnleithner’s Aufzeichnungen bereits seit 1789 an: diese Frage ist immerhin nicht leicht zu entscheiden, weil die Theaterzettel des Leopoldstädter Theaters bis zum 19. December 1794 ohne die Namen der auftretenden Schauspieler gedruckt wurden. Er wurde bald eine der Stützen des Ensembles, der Theaterdichter Hensler legte für ihn eigene Thaddädl-Episoden in seine Stücke ein und schrieb z. B. 1799 sogar eine eigene Posse in drei Acten „Thaddädl der dreißigjährige ABC-Schütz“, die mit Musik von Wenzel Müller am 22. Mai 1799 zu Hasenhut’s Benefiz zur Aufführung gelangte; ähnlich verhielt es sich mit G. Meister’s Singspiel „Die Wanderschaft oder Thaddädl in der Fremde“, das am 17. November 1802 gegeben wurde. Am 12. April 1803 trat H. zum letzten Mal im Leopoldstädter Theater auf, nachdem er am 4. März d. J. schon an das Theater an der Wien engagirt worden war. Am 24. April hatte er dortselbst sein Debut als Martinl in der „Schneiderhochzeit“. Von nun an tritt er ungemein häufig in komischen Rollen auf; zu seinen Hauptrollen gehören 1803 bis 1819 die Titelpolle in Schikaneder’s „Anton der dumme Gärtner“, Henzl in Schikaneder’s „Pfändung und Personalarrest“, der Bäckergeselle Jodel im „Tiroler Wastel“, Rochus Pumpernickel in Stegmayer’s gleichnamiger Posse und in der Fortsetzung u. d. T. „Die Familie Pumpernickel“. Trotzdem H. in dieser Zeit die Elasticität seiner Jugend bereits verloren hatte, war seine Komik eben damals vertieft und blühend. Als Peter in „Menschenhaß und Reue“ brachte er den gastirenden Iffland durch sein Mienenspiel fast aus der Fassung; Clemens Brentano schrieb für ihn 1813 sein Festspiel „Viktoria und ihre Geschwister“. Am 10. Mai 1819 trat H. zum letzten Mal auf als Lorenz in der einactigen Posse „Der vazirende Lorenz“. Inzwischen hatte er zahlreiche Gastspiele absolvirt und dabei 1814 (im März und im Juli) im Leopoldstädter Theater eben solchen Beifall erzielt wie in den Provinzstädten Prag und Graz sowie in München, Frankfurt und Regensburg; nur in Berlin errang er im J. 1817 keinen Beifall. Nach 1819 aber war’s mit Hasenhut’s Blüthezeit endgültig vorüber: er schlägt sich mühsam als Gast durch die Provinztheater, kommt noch zwei Mal nach Wien in dauernde Stellung, ohne Glück zu haben, geht zuletzt auch als Director in Mödling zu Grunde; endlich geräth er gar ganz ins Elend, so daß man Sammlungen für ihn veranstaltet und zu seinem Vortheil auf Subscription der Schriftsteller F. J. Hadatsch eine Biographie unter dem Titel „Launen des Schicksals oder Scenen aus dem Leben und der theatralischen Laufbahn des Schauspielers Anton Hasenhut“ (Wien 1834) veröffentlicht.

H. starb am 6. Februar 1841 in Wien. Die letzte Zeit seines Lebens war trüb und kummervoll. Doch bedeutet seine Wirksamkeit an den beiden hedeutendsten Wiener Volkstheatern einen Höhepunkt in der populären Wiener Dramatik, deren Glanzzeit ja mit den Zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts verweht war. So werden wir auch am besten Grillparzer’s wehmüthige Worte begreifen, er habe nie wieder so herzlich über einen Komiker lachen können wie über H., der ihm eine Erinnerung seiner Jugendjahre blieb, und „jener Jugendzeit zum Theil ein Bild, wo noch der Ernst das Gute war, das Wahre, der Scherz ein Bach, der unter Blumen quillt“.

Wurzbach VIII, 24 ff. – Oesterreichische National-Encyklopädie II, 521. – Castle, Raimund’s sämmtl. Werke S. XXIII.