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ADB:Haun, Johann Ernst Christian

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Artikel „Haun, Johann Ernst Christian“ von Max Berbig in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 50 (1905), S. 69–70, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Haun,_Johann_Ernst_Christian&oldid=- (Version vom 7. November 2024, 22:35 Uhr UTC)
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Haun: Johann Ernst Christian H., Stiftsprediger, Seminardirector und Landschuleninspector im Herzogthum Gotha, geboren am 21. Juni 1748 zu Gräfentonna, † am 22. März 1801. Seine Eltern waren der Diakonus Joh. Ernst H. zu Gräfentonna und dessen Gattin, Christine Susanne, zweite Tochter des Raths und Kämmerers Nik. Augustinus Baumann in Gotha. Im Alter von 2 Jahren, am 2. Juli 1750, verlor H. seine Mutter und im J. 1752 siedelte er mit seinem Vater nach Siebleben bei Gotha über, wo dieser als Pfarrer angestellt wurde. Nach Absolvirung des Gothaer Gymnasiums studirte er Theologie, war eine Zeit lang Hauslehrer in Toddin in Mecklenburg und wurde 1777 Stifts- und Waisenhausprediger in Gotha. Außer seiner Amtsthätigkeit beschäftigte er sich auch mit pädagogischen Fragen, speciell mit den Ansichten der Philanthropen und eine seiner Abhandlungen „Ueber Erziehung der Waisenkinder“ wurde von der Hamburgischen Gesellschaft zur Beförderung der Künste und nützlichen Gewerbe mit einem Preise gekrönt. Dadurch wurde das herzogliche Consistorium auf ihn besonders aufmerksam und infolgedessen ward ihm am 27. October 1779 neben seiner bisherigen Stellung auch die eines ersten Lehrers und Directors an dem eben in der Gründung begriffenen Schullehrerseminare übertragen. Am 3. Januar 1780 trat er in aller Stille sein neues Amt an. Seine Schüler, zwölf an der Zahl, waren meist ältere, zum Theil verheirathete Leute und als Bediente in Gotha in Stellung. Sie erhielten wöchentlich 4 Stunden Unterricht, welcher sich anfangs nur auf Bibel- und Katechismuserklärung und Einführung in den Schulmethodus Ernst’s des Frommen und die „Grundsätze der Anweisung künftiger Lehrmeister in deutschen Schulen“, Hannover 1771, erstreckte. H. erhielt für diesen Unterricht ein jährliches Honorar von 60 Thalern, mußte davon aber auch die Heizung des Schullocals, die Erhaltung des Schulinventars und die Beschaffung der Lehrmittel bestreiten. Er war voll Begeisterung für das aufgetragene Amt, besonnen, voll Selbstverleugnung und Selbstaufopferung, pietätvoll gegen das bewährte Alte und bestrebt, mit aller Energie seine Anstalt zu bessern und zu vervollkommnen. Als am 7. März 1783 eine Visitation des Seminars stattfand, drückten ihm die Visitatoren: Geheimer Rath Freiherr v. Ziegesar und Generalsuperintendent Stölzel, ihre „völlige Zufriedenheit“ und „ganzen Beifall“ aus und forderten H. zu Vorschlägen über Erweiterung und Vervollkommnung der Anstalt auf. Dieser verlangte Erhöhung der Zahl der Schüler auf 18, Anstellung eines besonderen Schreibmeisters und Einrichtung einer Uebungsschule. Der Herzog und die [70] Regierung billigten seine Ideen und unterstützten die Ausführung derselben so, daß Johanni 1784 die Uebungsschule eröffnet werden konnte. Auch wurden ein Rechen-, ein Schreib- und ein Musikmeister angestellt, die wöchentlich je 3 Stunden unterrichteten und dafür eine jährliche Besoldung von 30 Thlrn. bezogen. Haun’s Verdienste wurden durch Erhöhung seines Gehaltes auf 260 Thaler und die Verleihung des Titels „Methodenmeister“ anerkannt. Den weitreichendsten Einfluß auf die Bildung der Volksschullehrer und auf eine bessere Gestaltung des Volksschulwesens gewann H. jedoch als Landschuleninspector. Dieses Amt, die Inspection sämmtlicher Dorfschulen, ward ihm mit dem Rang eines Ephorus am 28. März 1783 übertragen. Als Besoldung hierfür wurden ihm 85 Thaler zur Haltung eines Reitpferdes gewährt und außerdem mußte ihm jede Gemeinde für eine Visitation ihrer Schule 16 Groschen Zehrungskosten zahlen. Gerade aber die Stellung als Landschuleninspector wurde für H. eine unerschöpfliche Quelle von Aerger und Anfeindungen. Da er dem Schlendrian vieler fauler Lehrer ein Ende machte, ward er von diesen gehaßt. Die Geistlichen, welche sich durch ihn in ihrer Ehre als Localschulinspectoren gekränkt fühlten, hetzten die Lehrer gegen ihn auf und wurden nicht müde, sich über ihn bei der Regierung zu beschweren. Der Adel aber sah in ihm einen Neuerer, den man bekämpfen müsse, da er nicht mehr dulden wollte, daß die Patronatstellen mit alten dienstunfähigen Bedienten ohne jede Vorbildung besetzt würden. H. ließ sich jedoch in seinem Eifer und in seiner treuen Pflichterfüllung nicht irre machen. Das Seminar blühte auf und stiftete so viel Segen, daß der Generalsuperintendent Koppe, als er 1788 nach Hannover berufen wurde, dort sofort eine ähnliche Anstalt ins Leben rief. Das Volksschulwesen des Herzogthums Gotha gelangte allmählich zu immer höherer Blüthe und H. ging aus allen Kämpfen als Sieger hervor, – aber er mußte den Sieg mit dem Leben bezahlen. Infolge übergroßer Anstrengung traf ihn eine schwere Krankheit, welcher er – erst 53 Jahre alt – erlag. Mit Recht konnte er kurz vor seinem Ende von sich sagen: „Ich habe mehr Arbeit und Verdruß gehabt, als einer meiner Nachfolger je haben kann“, und Oberconsistorialpräsident Gelbke stellte ihm nach seinem Tode das Zeugniß aus: „Haun ist gefallen als ein Opfer seines Eifers und seiner Anstrengungen“.

Kurz vor seinem Tode, am 24. Februar 1801, hatte H. auch das Buch vollendet, in dem seine pädagogischen Ansichten, Wünsche und Forderungen niedergelegt waren. Es führte den Titel: „Allgemeiner Schulmethodus oder praktische Anweisung für Aufseher und Lehrer niederer Schulen jeder Art, wie auch für Privatlehrer, zur leichteren und nützlicheren Führung ihres Amtes nach den mancherley Verrichtungen desselben, in Verbindung mit genau darstellenden Tabellen“, Erfurt 1801. Die Vollendung des Druckes erlebte er nicht. Im „Schulrath an der Oder“ wurde Haun’s Buch später mit Unrecht einer sehr herben Kritik unterzogen und leider fand sich für dasselbe kein Vertheidiger mehr.

Vermählt war H. seit dem 6. November 1783 mit der Tochter des Landkammerraths Möller, Dorothea Sophia Wilhelmine. Aus dieser Ehe gingen sechs Kinder, zwei Söhne und vier Töchter, hervor, von denen jedoch die zwei Söhne und eine Tochter noch vor, eine Tochter kurze Zeit nach dem Vater starben.

Vgl. Dr. K. Kehr, II. Jahresbericht über d. Lehrerseminar zu Gotha. 1868. – A. Zeyß, Geschichte des Lehrerbildungswesens im Herzogthum Gotha. 1880. – G. Reinhardt, Geschichte d. Marktes Gräfentonna. Langensalza 1892, S. 351. – A. Beck, Ernst II., Herzog zu Gotha und Altenburg. Gotha 1854, S. 124.