Zum Inhalt springen

ADB:Havemann, Wilhelm

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Havemann, Wilhelm“ von Gustav Gilbert in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 11 (1880), S. 114–115, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Havemann,_Wilhelm&oldid=- (Version vom 3. Dezember 2024, 18:22 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 11 (1880), S. 114–115 (Quelle).
Wilhelm Havemann bei Wikisource
Wilhelm Havemann in der Wikipedia
Wilhelm Havemann in Wikidata
GND-Nummer 116550279
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|11|114|115|Havemann, Wilhelm|Gustav Gilbert|ADB:Havemann, Wilhelm}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=116550279}}    

Havemann: Wilhelm H., wurde den 27. September 1800 zu Lüneburg geboren, wo sein Vater Professor an der Ritteracademie war. Seine Mutter war die Tochter des Superintendent Möller in Bützow in Mecklenburg-Schwerin. Seinen Vater verlor er schon im 4. Lebensjahre und wurde nun theils von seiner Mutter, theils bei Verwandten in Bevensen sowie in Mecklenburg erzogen, von wo er zuletzt wieder nach Lüneburg auf’s Gymnasium kam. Ostern 1819 ging er auf die Universität Göttingen, wo er Jura studirte, um sich bald mehr und mehr der Geschichte zuzuwenden. Das letzte Jahr seiner Universitätsstudien 1821–22 brachte er in Erlangen zu, wo er der Burschenschaft sich anschloß. In Folge dessen wurde er – seit Herbst 1822 an einer öffentlichen Erziehungsanstalt in Darmstadt thätig – in die demagogischen Untersuchungen verwickelt und nach längerer Haft in der Hausvoigtei zu Berlin 1825 zu 5 Jahren Gefängniß verurtheilt, die er in Köpenik verbüßte. Nach seiner Haft kehrte er nach Hannover zurück und hielt, obgleich zunächst noch unter polizeilicher Aufsicht stehend, in Hildesheim, Hannover und Osnabrück geschichtliche Vorträge vor einem größeren Publikum, die ihm die Aufmerksamkeit der Regierungskreise und die Anstellung an der Generalstabsacademie in Hannover als Lehrer der Geschichte und der deutschen Litteratur verschafften. Ostern 1831 erhielt er eine Stelle als Lehrer am Pädagogium zu Ilfeld und verheirathete sich 1832. Während seiner Lehrthätigkeit in Ilfeld veröffentlichte er „Geschichte der italienisch-französischen Kriege 1484–1515.“ Bd. 1. Hannover 1833 (Geschichte und Kämpfe Frankreichs in Italien unter Karl VIII.). Bd. 2. Göttingen 1835 (unter Ludwig XII.). [115]Magnus II., Herzog zu Braunschweig und Lüneburg. Eine biographische Skizze.“ Lüneburg 1836. „Geschichte der Lande Braunschweig und Lüneburg für Schule und Haus.“ 2 Bde. Lüneburg 1837. 1838, neben der das „Handbuch für die Geschichte der Lande Braunschweig und Lüneburg“, Lüneburg 1838, bestimmt war, als ein kurzes Compendium zu dienen. Beide Bearbeitungen der braunschweig-lüneburgischen Geschichte tragen einen mehr populären Charakter und sind wesentlich für die Schule bestimmt. – Nach Entlassung der sieben Professoren von Göttingen 1838 als Nachfolger Dahlmann’s an die Georgia Augusta berufen, hat H. bis 1844 als Extraordinarius, seitdem als Ordinarius an derselben gelehrt. Von Ende 1841 bis Mitte 1848 mit der Redaction der Göttinger Gelehrten Anzeigen betraut, hat er sowohl als Redacteur wie als Mitarbeiter an denselben eine erfolgreiche Thätigkeit geübt: seine zahlreichen Anzeigen veröffentlichte er durchgehend ohne seinen Namen. Seine akademische Thätigkeit erstreckte sich auf Vorlesungen über mittlere und neuere Geschichte; daneben las er fast in jedem Semester braunschweig-lüneburgische Geschichte; vereinzelt publica über spanische Geschichte, Geschichte des Templerordens u. s. w. Sein Vortrag war anregend und lebendig. Während dieser Zeit schrieb er: „Elisabeth, Herzogin von Braunschweig-Lüneburg, geb. Markgräfin von Brandenburg“, Göttingen 1839. „Mittheilungen aus dem Leben des Michael Neander“, Göttingen 1841. „Die Kirchenreformation der Stadt Göttingen“, Göttingen 1842. „Geschichte des Ausgangs des Tempelherrnordens“, Stuttgart und Tübingen 1846. Außerdem bearbeitete er von dem durch Friedrich Straß begonnenen „Handbuch der Weltgeschichte“, die letzten 3 Bände (Bd. 4–6), welche die neuere Geschichte behandeln. An den Bestrebungen und Bewegungen des Jahres 1848 nahm er den lebhaftesten Antheil. 1850 wählte ihn die Gesellschaft der Wissenschaften zu ihrem Mitgliede. In diese Zeit fällt namentlich die Umarbeitung seiner älteren Geschichte der Lande Braunschweig und Lüneburg zu einer neuen erweiterten Ausgabe wissenschaftlicheren Characters in 3 Bänden, Göttingen 1853, 55, 57. Außer dieser Hauptarbeit seines Lebens sind noch zu nennen: „Darstellungen aus der neueren Geschichte Spaniens während des 15. 16. 17. Jahrh.“, Göttingen 1850 und „Das Leben des Don Juan d’Austria“, Gotha 1865. Für die spanische Geschichte und Sprache hatte er stets eine besondere Vorliebe. – H. war ein bescheidener und anspruchsloser Character, für alles Gute und Edle empfänglich und begeistert, als College, als Freund, als Familienvater gleich liebenswürdig wie geliebt. In die Umgestaltungen, die das Jahr 1866 herbeiführte, vermochte er sich nur schwer zu finden. Die Liebe, die er als Frucht seines Lebens und seiner langjährigen Beschäftigung mit der Geschichte seines engeren hannoverschen Vaterlandes für dieses hegte, ließ ihn die Occupation seines Geburtslandes, die Entwaffnung der Armee, das Aufhören der staatlichen Selbständigkeit des Königreichs nur mit tiefstem Schmerze sehen. Ein Ausdruck dieser Stimmung ist seine letzte Schrift: „Das Kurfürstenthum Hannover unter 10jähriger Fremdherrschaft“, Jena 1867. Am 23. August 1869 ist er gestorben.

Deutsche Volkszeitung, 1869. Nr. 654.