Zum Inhalt springen

ADB:Henselt, Adolph

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Henselt, Adolf“ von Robert Eitner in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 50 (1905), S. 206–207, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Henselt,_Adolph&oldid=- (Version vom 3. Dezember 2024, 11:41 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Hensel, Friedrich
Nächster>>>
Henzen, Wilhelm
Band 50 (1905), S. 206–207 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Adolf Henselt in der Wikipedia
Adolf Henselt in Wikidata
GND-Nummer 118903861
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|50|206|207|Henselt, Adolf|Robert Eitner|ADB:Henselt, Adolph}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=118903861}}    

Henselt: Adolf H., ein berühmter Claviervirtuose und Componist, geboren am 12. Mai 1814 zu Schwabach in Baiern, † am 10. October 1889 im Bade Warmbrunn in Schlesien. Sohn eines Kattunfabrikanten, der um 1817 nach München übersiedelte; dort erhielt Adolf Violinunterricht, doch da er mehr Neigung zum Clavierspiel zeigte, wurde er Lasser’s Schüler in München, darauf Schüler der Geheimräthin v. Fladt, einer Schülerin Vogler’s und einer ausgezeichneten Künstlerin; bei ihr bildete er sich zum Virtuosen und Componisten aus. Frau v. Fladt benützte ferner ihre Verbindung bei Hofe, vom Könige Ludwig I. ein Stipendium für ihren Zögling zu erhalten, damit derselbe bei Hummel in Weimar die letzte Künstlerweihe empfinge. H. studirte zwar mit Eifer bei Hummel, konnte sich aber mit dessen Spielmanieren nicht einverstanden erklären, da seine Technik bereits eine eigenartige Richtung eingeschlagen hatte; schon nach acht Monaten kehrte er nach München zurück. Nach kurzem Aufenthalte ging er nach Wien, lebte aber ganz zurückgezogen, nur seinen Studien sich widmend und von den verschiedenen dort auftretenden Virtuosen lernend, auch bei Sechter contrapunktische Studien treibend, denen er aber in seinen Werken nie gehuldigt hat. Kränklichkeit bewog ihn, Karlsbad aufzusuchen, wo er auch Kräftigung fand, 1836 ging er nach Berlin und ließ sich öfter in Privatkreisen hören, wo er gut aufgenommen ward und an dem Referenten Rellstab der „Vossischen Zeitung“ einen begeisterten Lobredner fand. Vor dem öffentlichen Auftreten hatte er eine unbezwingbare Abneigung, verbunden mit einer angstartigen Beklemmung, die er nur einmal zu bezwingen suchte, aber jeden weiteren Versuch aufgab; dagegen spielte er gern und oft in Privatcirkeln, sowol in dem bereits erwähnten in Berlin, wie in Dresden, Weimar und Jena, wo er sich längere Zeit aufhielt. Von da kehrte er wieder nach Berlin zurück und trat 1837 in den Stand der Ehe. Hohe Empfehlungen führten ihn 1838 nach St. Petersburg und in die dortigen vornehmsten Kreise, welche ihn durch Aemter und Ehrenstellen dauernd an die russische Hauptstadt zu fesseln wußten. Zum Kammervirtuosen der Kaiserin ernannt, spielte er fast nur in den Kreisen des Hofes, hatte auch die kaiserlichen Kinder zu unterrichten. Eine gleiche Stellung nahm er beim Prinzen von Oldenburg ein. Später wurde er Inspector des Musikunterrichts der sämmtlichen weiblichen Staats-Erziehungsanstalten und erhielt von seinem ehemaligen Schüler, dem Kaiser Alexander, den Wladimirorden, mit welchem der Adelstitel verbunden war, von dem er aber auf seinen Compositionen nie Gebrauch machte. Den Sommer über verlebte er fast ausnahmslos auf seinem Besitzthum in Schlesien, was er damals nur durch die Personenpost erreichen konnte. Um sich die lange und langweilige Reise zu verkürzen, oder auch in dem Bestreben, seine Technik nicht nur zu erhalten, sondern sie womöglich noch zu vervollkommnen, führte er stets eine stumme Claviatur mit sich, auf der er trotz Reisegesellschaft seine Fingerexercitien ausführte. Auf solchen Postreisen, die oft durch Umspannen unterbrochen wurden, [207] war er stets aufgelegt seine Kunst den Mitreisenden zum besten zu geben, und es herrschte nur eine Stimme, daß H. einzig in seiner Technik und Vortragsweise sei. Als Componist hat er in seiner Art Hervorragendes geleistet, wenn auch nicht im Sinne höchster Kunstleistungen, doch im Fache des Graziösen und Anmuthigen. Seine Etude „Wenn ich ein Vöglein wär’“ aus opus 2 und sein „Poëme d’amour“ opus 3, werden so lange gespielt werden, als es Clavierspieler gibt. H. hörte im J. 1867 mit opus 40 auf herauszugeben; nach dieser Zeit erschienen Jahr für Jahr nur noch Neuausgaben seiner hervorragendsten Clavierpiècen, sowol in Fassung der Originalausgabe als im Arrangement. Nur einige Bearbeitungen von Claviercompositionen anderer Meister (Hummel, Liszt und Cramer) unternahm er, wahrscheinlich auf den Wunsch der Verleger. Ein chronologisches Verzeichniß seiner Werke findet man in Hofmeister’s Handbüchern von 1844 ab bis 1867, darunter findet man auch mehrere Lieder für 1 Singstimme mit Pianofortebegleitung, ein Morgenständchen für Männerchor (1859).

Biographien bringen Schilling’s Jahrbücher 1839, S. 101; Centralblatt f. Musik, Leipzig 1884, Nr. 19 u 22; Niederrhein. Musikzeitung, 1. Jahrg. S. 45; La Mara in Musikal. Studienköpfe III und Klassisches u. Romantisches aus d. Tonwelt; G. v. Amyntor: Lenz u. Rauhreif.