ADB:Hermann, Friedrich Wilhelm
v. Archenholz zu Hamburg, in nähere Beziehung und ließ sich verleiten, 1805 dorthin überzusiedeln, um fortan diese Zeitschrift zu redigiren. In jeder Hinsicht getäuscht und in die mißlichste Lage versetzt, verlebte er dort mit seiner Familie „das schrecklichste Jahr seines Lebens“. Der Director des Johanneums, in welchem er Hülfsstunden gab, Dr. Gurlitt, empfahl ihn dem Senate zu Lübeck, dessen Gymnasium neu organisirt werden sollte. Hier wurde er, den 6. Juli 1806, zugleich mit dem kurz zuvor berufenen Director Dr. Mosche, als Professor eingeführt. Diese zwei innig befreundeten Männer brachten die Schule zu hoher Blüthe. H. genoß ungewöhnliche Verehrung und Liebe in den weitesten Kreisen (u. A. als Meister der Loge zum Füllhorn). Auch hier veröffentlichte er mehrere Bücher geschichtlichen und geographischen Inhalts, sowie eine Schulausgabe des Eutrop etc., außerdem im J. 1809 sein in echt deutschem, ernst sittlichem Geiste geschriebenes: „Der Nationen Fall“. Später trat er, als Mitglied des „Tugendbundes“ mit vielen bedeutenden Männern der Zeit in persönliche Verbindung; selbst von der Königin Luise erhielt er ein Schreiben. Beim Beginn der deutschen Erhebung forderte er in zahlreicher Versammlung die Jugend aller Stände auf, sich für den Dienst des Vaterlandes einzeichnen zu lassen; und beim Auszuge des Freicorps sprach er auf offenem Markte zündende Worte. Damals wurden auch seine patriotischen Lieder viel gesungen. Als nach kurzem Freiheitstraume im Frühjahr 1813 die Franzosen zum zweiten Mal in Lübeck einrückten, mußte H., um dem gewissen Tode zu entgehen, nach Mecklenburg flüchten, wo er sieben Monate weilte und zugleich für seine untergrabene Gesundheit Heilung suchte. Im J. 1815 schrieb er eines seiner größten und gehaltvollsten Werke: „Ueber die Seeräuber im Mittelmeer und ihre Vertilgung. Ein Völkerwunsch an den erlauchten Congreß in Wien. Mit historischen und statistischen Erläuterungen“ (Lübeck gr. 8. 438 S.), und im folgenden Jahre: „Appel aux puissances de l’Europe pour faire cesser les pirateries etc.“ (Bremen 8. 127 S.). Ein harter Schlag traf ihn durch den unerwarteten Tod [170] des Director Mosche (1815). Wiederholt erhielt er ehrenvolle Berufungen nach auswärts, welche er aber sowol im Blicke auf seine gebrochene Lebenskraft als aus Anhänglichkeit an seinen gegenwärtigen Wirkungskreis ablehnte. Mit gewohnter Treue und Lebendigkeit erfüllte er seine Berufspflichten, zu welchen auch die Verwaltung der Stadtbibliothek gehörte, bis kurz vor seinem plötzlich eintretenden Ende.
Hermann: Friedrich Wilhelm H., verdienter Schulmann und fruchtbarer Schriftsteller, geb. am 28. Juni 1775 in Mittweida, † am 17. Januar 1819 in Lübeck. Sein Leben, bis ins Mannesalter hinein, war ein beständiger Kampf gegen die drückendsten Verhältnisse, aber zugleich die Entfaltung seltener Begabung und Energie. Der Vater, ein verabschiedeter Soldat aus dem siebenjährigen Kriege, fand nach mehrjährigem Umherziehen endlich eine kümmerliche Versorgung als Thorschreiber zu Naumburg, wo der bisher aus einer Winkelschule in die andere übergegangene, aufs Härteste behandelte Knabe in der gelehrten Schule bessere Eindrücke und den ersten, nachhaltigen Impuls zu geistigem Streben erhielt. Aber, um sich die nöthigsten Lehrmittel zu verschaffen, mußte der zehnjährige Knabe Unterricht ertheilen, anfänglich für 1 Pfennig, nachher für 5 Pfennige pro Stunde. Siebenzehnjährig bezog er, als Student der Theologie, die Universität Leipzig, wo er ebenfalls auf Selbsthülfe angewiesen war und aus Noth seine, theils ästhetische, theils politische und wissenschaftliche, schriftstellerische Thätigkeit begann, daneben aber, besonders des Nachts, den Studien aufs Eifrigste oblag, neben seinem Fache namentlich Philologie und Geschichte mit Geographie fleißig cultivirend. Diese Anstrengungen legten den Grund zu der Krankheit, welche seine Lebenstage gekürzt hat. Nachdem er 1798 promovirt hatte, wurde er im folgenden Jahre als Conrector zu Lübben angestellt, aber sehr schlecht salarirt. Durch seine Mitarbeit an verschiedenen gelehrten Zeitschriften, auch durch populäre Schriften (z. B. seine aus 6 Theilen bestehende „Moralische Kinderbibliothek“) erwarb er sich, neben materiellen Vortheilen, vielseitige Anerkennung, ward z. B. hochfürstlich Schwarzburg-Rudolstädtischer Hofrath, auch Mitglied mehrerer gelehrten Gesellschaften. Damals trat er mit dem Herausgeber der „Minerva“,