ADB:Jacob von Breda
Jak. Revius, „Theol. Doctor, Ord. Holl. et West-Frisiae praefectus“, der im J. 1651 zu Leyden eine ausführliche Geschichte der Stadt Deventer unter dem Titel „Daventria illustr. s. Hist. urbis D. libb. sex“, in Quartform erscheinen ließ und dem für diese Arbeit ohne Zweifel die Archive dieser Stadt geöffnet, wie auch sonstige Hülfsmittel zu Gebote standen, der auch bei sonstigen Gelehrten derselben keineswegs die Worte [551] spart, weiß auch nicht die geringste Nachricht über die persönlichen Verhältnisse des Buchdruckers anzuführen und beschränkt sich bei der Aufzählung seiner Drucke auf die Worte S. 191–92 „Bonas literas Daventriae circa hoc tempus pro virili promovebat insignis Typographus Jacobus de Breda“. Und ebensowenig hat es der verdienstvolle Bibliograph und Bibliothekar zu Deventer, Ledeboer (s. die Quellen) vermocht, sich über den äußeren Lebensgang unseres Druckers zu äußern. Aus Breda, einer Stadt und Festung der jetzigen holländischen Provinz Nordbrabant (in einigen seiner Drucke nennt er sich auch de Breyda) gebürtig, erscheint die Thätigkeit seiner Presse zu Deventer, wenn nicht früher und später, so doch bestimmt zwischen 1480–1518, woselbst 1493 (Gemmula vocabulorum am Ende) „in mercuriali oppido Dauentriensi loco famatissimo … in domo angulari plateae pollis (polstrate) juxta scholas“ und „Kerkhof naaste scholen“, seine Officin sich befunden hatte. Seine typographische Marke aus den Jahren 1493, 1496 und 1508, die später auch der antwerpensche Buchdrucker Godofr. de Back mit einer kleinen Abänderung und noch später Tym. Petri van Os zu Zwoll adoptirte (Holtrop, Mon. typogr. des Pays-Bas, pl. 68, c. 1) war: Die vier Evangelisten. Nach dem J. 1518 verschwindet sein Name aus der Buchdruckergeschichte. Seine anonymen Drucke sind leicht erkenntlich durch die Figuren und Verzierungen in der Gestalt eines Sternes, welche bei seinen zwei ersten Büchern seinen Unterschriften beigegeben sind, weil sie sich nur bei diesem Drucker finden und ebenso dient die Vignette, mit welcher er die erste Seite seiner meisten Erzeugnisse verziert hat, zur Erkennung seines Eigenthums, auch wenn er seinen Namen nicht unterzeichnet hat. Neben den gleichzeitigen Druckern Deventers: Theod. de Borne, den beiden Paffraet, Wesselus, Zuselerus u. a. zählt J. zu den thätigsten seiner Zunft und man kennt jetzt gegen 50 Werke, worunter jedoch nur drei holländische, deren Druck er zum Theil in wiederholten Ausgaben besorgt hat. Seine ersten Erzeugnisse sind mit Typen Richards Paffraet (holländisch: Paffroed, Paffroet) gedruckt, der, aus Köln gebürtig, zuerst die Buchdruckerkunst zu Deventer einführte und dieselbe dort 34 Jahre, 1477–1500 ausübte (vgl. den Art.) und für den Druck seines Boëtius 1489 verwendete er vier verschiedene Typengattungen, von welchen drei auch in Aeneas Sylvius de Fortuna und eine in Alani Doctrinale altum sich befinden; dagegen gebrauchte er in seinen „Epistelen en Evangelien“ 1493 Charaktere des Formschneiders Henric die Lettersnider. Unter den Jacob’schen Büchern zeichnen sich aus: „Esopus moralisatus cum bono commento“ (c. 1480), 10. Kal. Aug.; 1495, 1500, 1502; die Sprichwörtersammlung: „Proverbia seriosa in Theutonico primo, deinde in Latino sibi invicem consonantia …“, zwar ohne Ort, Jahr und Name des Druckers, jedoch nach den Untersuchungen holländischer und belgischer Bibliographen unzweifelhaft aus der Presse des J. und um das J. 1486 gedruckt; „M. Tullii Ciceronis officia“ (c. 1486); „Sequentie et hymnie p. tot. annum“ 1490, 92, vgl. hierzu Bartsch, Die latein. Sequenzen des Mittelalters, Rostock 1868; „Gemmula vocabulorum“, 1493; „Ars epistolandi“, 1494, ultima Julii, welches Buch auch dadurch Interesse hat, weil dessen Verfasser, Franc. Niger, Venet. doctor, dasselbe einem Deutschen, Jakob Gerold Styr Knittelfeldensi, der um dieselbe Zeit in Padua als moderator Patavini Gymnasii lebte, dedicirt hat; „Faceti docens mor. hom. praecl. utiles“, 1496, 99 (Hain 6888–89) und „Georgica Virgilii c. comm. H. Torrentini“, 1505. Das letzte bekannt gewordene Produkt seiner Presse führt den Titel: „Aulularia Plauti, Comoedia lepidissima“ 1518, v. Kal. April. Von allen diesen Drucken sind wiederum die weitaus bedeutendsten, weil kulturhistorisch wichtigsten der „Esopus moralisatus“ und die „Proverbia seriosa“. Denn Aesops Fabeln gehörten zu den [552] Schriften, auf welche, weil sie auf eine populäre und sinnliche Weise Moral lehren, die deutschen Uebersetzer zuerst aufmerksam geworden waren, sie waren aber auch zugleich das erste Werk, mit welchem der griechische Druck der griechischen Klassiker eröffnet wurde. Die editio princeps erschien in Mailand aus der Druckerei des Bonus Accursius von Pisa (Panz. A. t. II. 96) ungefähr um 1480. Dieser Ausgabe folgten erst 1497 und 98 zwei andere zu Reggio und Venedig. Viel früher aber waren mehrere lateinische Ausgaben dieses Fabeldichters, wenigstens schon seit 1470, vorausgegangen. Von dieser Zeit aber wurde Aesop so sehr der Lieblingsdichter der Deutschen, der Niederländer und Italiener, daß sich die Ausgaben in lateinischer und schon seit 1472–74 auch in deutscher Sprache, seit 1480 auch in italienischer und französischer in wahrhaft überraschenden Mengen folgten. Hain hat bis zum J. 1500 allein 100 Ausgaben dieser Fabeln (von denen ein großer Theil lateinischer, mit Beifügung von Nutzanwendungen, wie jene Jacobs) aufgeführt und darunter 11 Drucke deutscher Uebersetzungen, namentlich von dem gelehrten Dr. med. Heinrich Steinhövel, fast alle zu Augsburg von Günther Zainer, Ant. Sorg, Hans Schönsperger, seit 1474 (die älteste vielleicht 1473 zu Ulm von Joh. Zainer) gedruckt, auch zwei spanische, zwei holländische, eine englische und eine böhmische Uebersetzung. Zu bemerken ist, daß die Augsburger Ausgaben von Zainer und Sorg, sowie auch die Ulmer schon Holzschnitte zu den Fabeln enthalten, welche nachher auch allen anderen Ausgaben beigegeben sind, also seit 1473 oder 74 mit die ältesten Holzschnitte dieser Art in Deutschland. Was aber die Proverbia seriosa oder communia, eine Sammlung altniederländischer Sprichwörter mit lateinischer Uebersetzung, das Werk eines unbekannten Verfassers anbelangt, so erweisen sich diese als deutsche tief in das Mittelalter zurückreichende Sprichwörter nicht nur im Allgemeinen für die Germanisten, sowie die Forscher auf dem Gebiete mittelalterlicher Latinität als eine hochwichtige Quelle, sondern sind auch wegen ihres Einflusses auf die folgenden Sammlungen und ihrer Beziehung auf die Sitten, Bildungs- und Rechtszustände zur Zeit ihres Entstehens höchst beachtenswerth; vgl. des weiteren und über die verschiedenen Ausgaben dieses Buches Suringar a. a. O. Wir fügen diesen Auslassungen noch die Titel einiger undatirter Drucke bei, die, aus Jacobs Presse hervorgegangen, bei Panzer sowol als Hain fehlen. Es sind: Joh. Murmelii Versus selecti ex Tib., Prop. et Ovidio (Reichling, Murmellius, S. 52), Tract. de forma visitat. monastic. (Serapeum 1852, 140–41) und Collationes inter Salomonem et Marcolfum (in Oldenburg). Ueber die gleichzeitigen niederländischen Drucker, Landsleute des J., Peter van Os und Tyman van Os’ Sohn, vgl. diese Art.
Jacob von Breda (Jacobus de Breda), einer der ausgezeichnetsten Buchdrucker zu Deventer gegen den Schluß des 15. und zu Anfang des 16. Jahrhunderts. Ueber seinen äußeren Lebensgang herrscht völlige Dunkelheit und es scheint, daß bereits um die Mitte des 17. Jahrhunderts in Breda und Deventer selbst die Nachkommen der Familie gestorben und alle biographischen Traditionen an dieselbe erloschen waren. Denn- Panzer, A. t., IV. 267. Brunet, III. 1210, IV. 913, V. 1298. Hain, Vol. II. P. 2, N. 13429, 13430. Holtrop, Monum. typ. I. 337, 614, 616. Reiffenberg, Bull. de l’Acad. d. sc. de Brux. VI. (1839), p. 125; XII. (1844), p. 92. Anz. f. d. Kunde d. d. Vorzeit, 1854, 83; 1865, 11–18. Serapeum, 1857, 155–160; 1867, 358–362. Weimar. Jahrb. II. 173–78. Ledeboer, La Biblioth. de Deventer, S. 34–42. Suringar, Over de Prov. Communia, Leyden 1864, 4.