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ADB:Jester, Friedrich Ernst

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Artikel „Jester, Friedrich Ernst“ von Richard Heß in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 13 (1881), S. 788–790, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Jester,_Friedrich_Ernst&oldid=- (Version vom 26. November 2024, 04:55 Uhr UTC)
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Jester: Friedrich Ernst J., ursprünglich Jurist, später Forstmann, geb. den 9. October 1743 zu Königsberg, † den 14. April 1822 daselbst. Frühzeitig verwaist – seine Mutter starb schon acht Tage nach der Geburt dieses einzigen Sohnes, sein Vater (Secretär beim Handelscollegium) folgte der Gattin drei Jahre später – wuchs er unter Anverwandten auf, lernte daher von Kindheit auf, sich in fremde Verhältnisse zu fügen. Durch einen guten Privatunterricht, zumal in der lateinischen Sprache, hinlänglich vorbereitet, durchlief er vom 12. bis 15. Lebensjahr die höheren Classen der altstädtischen Parochialschule und bezog hierauf die Universität seiner Vaterstadt. Dem Wunsche seines Pflegevaters, des Notars Bielefeld, entsprechend, widmete er sich dem Studium der Rechtswissenschaft. Mit Gewissenhaftigkeit, wenn auch ohne innere Neigung, warf er sich auf das römische Recht, vernachlässigte aber daneben auch andere, mehr allgemeine Wissenszweige nicht. Er hörte u. A. Philosophie bei Kant, Mathematik bei Buck, Naturkunde bei Teske[WS 1], trieb die französische Sprache und begeisterte sich ganz besonders, einem idealen Zuge seines Herzens folgend, für die Dicht- und Schauspielkunst. Diese schlug ihn so in ihre Fesseln, daß er, angeregt durch seinen gleichdenkenden, begüterten Freund Tritt (aus Danzig), gemeinsam mit diesem ein Liebhabertheater stiftete, in welchem er wiederholt mit Beifall, sogar in weiblichen Rollen (z. B. als Lessing’s Sara Sampson), debütirte. Diese Liebe zur lebenslustigen Thalia, welcher auch eine Reihe dramatischer Arbeiten ihre Entstehung verdanken, begleitete ihn bis an sein Lebensende. Von 1765 ab finden wir J. auf Reisen durch Deutschland, die Schweiz und Frankreich, wo er drei Monate in Paris zubrachte. Auf diesen Wanderungen kam er mit Künstlern und Gelehrten, besonders mit Dichtern, wie Lessing u. A., in häufige Berührung, wodurch sein Ideenkreis fruchtbare Erweiterung und sein Wissen schöne Bereicherung empfing. Aber auch dem Erwerb praktischer Kenntnisse und Fertigkeiten war seine Aufmerksamkeit zugewendet. So suchte er sich z. B. in dem waldreichen Thüringen und im Harzgebirge, woselbst er einen kurzen Aufenthalt in Clausthal und Goslar nahm, auch mit dem Berg-, Hütten- und Forstwesen bekannt zu machen. Der Jagd war er schon vom 14. Lebensjahre ab mit großer Vorliebe ergeben. Kaum in seine Vaterstadt zurückgekehrt (1767), ward er von seinem Verwandten und Pathen, dem Minister von Rhode, preußischem Gesandten am Wiener Hof, der sich gerade damals auf Urlaub in Königsberg befand, als Secretär bei der Gesandtschaft engagirt. In Wien fand J. neben seinem Berufe reichlich Muße und Gelegenheit, seinen Hang zu den schönen Wissenschaften zu befriedigen und seiner Passion für das edle Waidwerk nachzugehen. Er erlernte hier förmlich bei einem kaiserlichen Oberförster in der Nähe der Kaiserstadt drei Jahre lang die Forstwirthschaft und Jägerei praktisch, wozu ihm die Zeit verblieb, da er wöchentlich [789] nur zweimal in seinem Geschäftbüreau zu erscheinen brauchte. Nachdem er noch Italien und Tirol dienstlich bereist hatte und hierbei mit den größten Fürsten der damaligen Zeit, Kaiser Joseph II. von Oesterreich und Friedrich dem Großen, in persönliche Berührung gekommen war, kehrte er 1772 mit dem Gesandten nach Königsberg zurück. Hier übernahm er vorläufig die Stelle eines zweiten Bibliothekars bei der königlichen Universitätsbibliothek und nebenbei die Secretärstelle bei dem Präsidenten von Domhardt. 1775 wurde er zum Kriegs-, Domänen- und Präsidialrath in Königsberg ernannt und aushülfsweise ein Jahr nach Marienwerder beordert. Nach seiner Zurückkunft warf er sich vorwiegend auf das Forstwesen, welches zu Ende des vorigen und Anfang des gegenwärtigen Jahrhunderts in Preußen aufzublühen begann. Häufige Dienstreisen mit dem Präsidenten von Domhardt und dessen Nachfolger von Golz verschafften ihm Einblick in den damals noch sehr der Verbesserung bedürftigen Zustand der preußischen Forste und bereicherten seine forstlichen Kenntnisse und Erfahrungen. Dies hatte seine Anstellung als Forstdepartementsrath bei der Kriegs- und Domänenkammer durch den Minister von Schulenburg im J. 1780 zur Folge. 1788 rückte er zum Oberforstrath auf, 1805 erhielt er den Charakter eines Oberforstmeisters, eine seltene Auszeichnung, welche bis dahin in Preußen einem Bürgerlichen noch kaum zu Theil geworden war. In allen diesen Stellungen wirkte er namentlich auf dem Gebiete des Forstculturwesens höchst erfolgreich. Er schuf in der Provinz Preußen neue Waldanlagen, beförderte die Einführung fremder Holzarten (z. B. der Lärche) und wendete zumal dem Anbau des Flugsandes und der Dünen besondere Aufmerksamkeit zu. Daneben organisirte er das Forstwesen, regelte auch den Jagdbetrieb. Ihm ist z. B. hauptsächlich die Schonung des bereits dem Untergange nahen Elenwildes in der dortigen Gegend zu danken. Seine jagdlichen Erfahrungen legte er in einem mehrbändigen Werke „Ueber die kleine Jagd, zum Gebrauche angehender Jaeger und Jagdliebhaber“ (8 Bändchen, 1793–1808) nieder, welches 1817 in 2. Auflage (4 Bände) erschien und nach seinem Tode noch zweimal (1848 und 1859) vom Oberforstrath Dr. Edmund von Berg aufgelegt wurde. Diese wiederholten Auflagen sprechen, da es damals an Jagdschriften durchaus nicht fehlte, gewiß für den Werth des Buches, lange Zeit (bis zu Diezel) des besten im Gebiete der „niederen Jagd“. Der Verfasser hatte bereits bei dem Erscheinen des ersten Heftes eine über 30 Jahre im Dienste Diana’s verbrachte Thätigkeit hinter sich! Man fühlt aus allen Heften heraus, wie sehr der Autor auf diesem Gebiete zu Hause ist, aus eigener Anschauung schöpft und aus eigener Erfahrung spricht. Auch die Beschreibungen der einzelnen Jagdthiere sind kurz und treffend. Von forstlichen schriftstellerischen Leistungen sind zu nennen „Anleitung zur Kenntniß und zweckmäßigen Zugutemachung der Nutzhölzer“ (3 Theile, 1815–1816) und „Erfahrungen über Borkenkäfer- und Raupenfraß“ (in Hartig’s Forst- und Jagdarchiv von und für Preußen, Jahrg. 2, Heft 4, S. 45). Das erstgenannte Werk schrieb J. in dem hohen Alter von 72 Jahren, selbstverständlich hat dasselbe bei den inzwischen so wesentlich veränderten Verhältnissen der Holzausformung und des Holzmarktes nur noch einen historischen Werth. In den „Erfahrungen etc.“ bewährt sich J. als scharf blickender Praktiker, indem er die schon damals brennende Frage: ob der Borkenkäfer nur krankes, oder auch gesundes Holz befalle? richtig dahin beantwortet: „auch gesundes“ und daher für den Hieb in frischer Wurmtrockniß eifert. Im Ganzen war übrigens J. doch weit mehr Jagd- als Forst-Schriftsteller. Die umfangreichste schriftstellerische Thätigkeit entfaltete aber J. im Gebiete der schönen Künste. Wir verdanken ihm, abgesehen von einer kleineren Schrift: „Der Freund der Schooßhündchen“, Neujahrsgeschenk für Damen (1797), 5 Schauspiele, 5 Lustspiele, 13 Uebersetzungen [790] französischer Lustspiele, 9 Original-Operntexte (meist komische) und 4 Uebersetzungen von Opern. Man muß über eine solche außerordentliche Vielseitigkeit und beispiellose, sich auf die heterogensten Dinge erstreckende Arbeitskraft geradezu staunen! Sein Freund und Biograph, der blinde Professor von Baczko in Königsberg, erklärt dieselbe aus „Frühaufstehen und Zeitsparsamkeit“. J. trat 1820 auf sein Nachsuchen in den Ruhestand. Am 21. März 1822, also wenige Tage vor seinem Tode, hatte er noch das Glück, die 50jährige Jubelfeier der von ihm zu Königsberg gestifteten Freimaurerloge mitzubegehen. Offen und bieder in seinem ganzen Wesen, tüchtig im Amte, tactvoll in seinem Auftreten, wohlwollend gegen Untergebene, ein vollendeter Weltmann in seinen Manieren gegen Jedermann, verstand er es, überall Achtung und Liebe zu ernten. Er starb unverheirathet, zuletzt von der Wittwe Gerlach, einer langjährigen Freundin, gepflegt und schlummert, seinem Wunsche gemäß, im Logengarten „an den Ufern des Pregels unter selbst gepflanzten Bäumen, nachdem er im Leben wenig geruht hatte“.

Fischer und v. d. Borch, Sylvan, N. F., 2. Jhrg. 1824, S. 3–20 (enthält u. A. eine vollständige Aufzählung aller seiner Theaterschriften). Ersch und Gruber, Allgemeine Encyklopädie II. Sect. XV. S. 421. Ratzeburg, Forstwissenschaftl. Schriftstellerlexikon, S. 270. Bernhardt, Geschichte des Waldeigenthums etc. II. S. 341.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Johann Gottfried Teske (auch: Taeschke, Teschke) (1704–1772), Professor der Physik