ADB:Johann Casimir (Herzog von Sachsen-Coburg)
Johann Friedrich II. von Sachsen und dessen zweiter Gemahlin Elisabeth, der ältesten Tochter des nachmaligen Kurfürsten Friedrich III. von der Pfalz. Wenige Jahre nach seiner Geburt wurde (1567) sein Vater in lebenslängliche kaiserliche Gefangenschaft nach Oesterreich abgeführt. Dadurch verloren J. C. und sein Bruder Friedrich und Johann Ernst III. jeden Anspruch auf die Lande ihres Vaters, die dem Oheim Herzog Johann Wilhelm zugesprochen worden waren. So blieben die Kinder der Pflege der Mutter Elisabeth allein überlassen, bis sie am 16. Juni 1572 mit kaiserlicher Genehmigung nach Oesterreich ging, um das Schicksal ihres Gemahls in der Gefangenschaft zu theilen. Auf dem Reichstage zu Speier im December 1570 hatten J. C. und sein Bruder durch die Verwendung ihrer Vormünder, Kurfürst August von Sachsen, Joachim II. von Brandenburg und Friedrich III. von der Pfalz, ihre theilweise Wiedereinsetzung in die väterlichen Erbrechte erlangt. Elisabeth hatte ihre Söhne der Aufsicht des Hofmeisters von Pöllnitz (zu Eisenberg) übergeben. Als nun am 6. November 1570 zu Erfurt die wirkliche Restitution der Lande erfolgte, bezogen die jungen Prinzen das Schloß Ehrenburg zu Coburg. Zu ihrer wissenschaftlichen Ausbildung hatte J. C. mit [370] seinem Bruder Johann Ernst schon im J. 1570 die Universität Leipzig bezogen, wo er drei Jahre verweilte. Bei dem Kurfürsten August zu Dresden war er öfters zum Besuche. Dieser fand Wohlgefallen an ihm, nahm ihn 1582 mit auf den Reichstag nach Augsburg und gab ihm seine jüngste Tochter Anna zur Gemahlin (16. Januar 1586). Bald nachher starb Kurfürst August, und J. C. übernahm zugleich für seinen Bruder Johann Ernst die Selbstregierung, bis letzterer sich selbstständig einzurichten unternahm, und zu diesem Zwecke die Einkünfte aus mehreren Gütern und eine Summe Geldes zugewiesen erhielt. Endlich am 4. December 1596 fand zwischen beiden Brüdern – Prinz Friedrich war schon am 4. August 1572 zu Eisenberg gestorben – eine völlige Landestheilung statt, in welcher J. C. das Herzogthum Sachsen-Coburg, Johann Ernst aber das Herzogthum Sachsen-Eisenach erhielt (s. Herzog Johann Ernst III.). Das Coburger Gebiet war beinahe doppelt so groß als das Eisenacher. Dafür hatte aber J. C. alle Reichs- und Kriegslasten, die Beschickung der kostspieligen Reichstage, den Unterhalt der Universität und des Hofgerichts zu Jena, sowie alle vorhandenen Schulden zu übernehmen. Während Eisenach nach den damaligen „Portionsbüchern“ nur 23 232 Fl. eintrug, beliefen sich die Coburger Einnahmen auf 44 742 Fl. (s. von Hellfeld, Beiträge zum Staatsrecht und der Geschichte von Sachsen, III., 45. 83). Ueber die Theilung vom J. 1572 entstanden mehrfache Irrungen, und J. C. konnte es ebenso wenig wie sein Bruder vergessen, daß sie die Strafe ihres Vaters abbüßen sollten. Sie sagten sich von dem gemeinschaftlichen Appellationsgerichte los, dagegen kündigten ihnen die weimarischen Vettern die Gesammtuniversität und das Hofgericht Jena. J. C. richtete nun im J. 1598 zu Coburg ein Hofgericht und einen Schöppenstuhl und im J. 1616 auch ein Appellationsgericht ein. In einem Vergleiche zu Ruhla (7. August 1599) wurden manche Irrungen beseitigt, namentlich wurde J. C. und sein Bruder als Miterhalter der Universität Jena wieder anerkannt, die brieflichen Urkunden, so gut es ging, getheilt. Weitere Irrungen wurden am 13. März 1602 zu Arnstadt ausgeglichen. Rühmlicher war das Denkmal, welches J. C. durch die Gründung eines akademischen Gymnasiums zu Coburg sich setzte. Schon auf dem Landtage von 1598 waren 20 000 Fl. zu diesem Zwecke verwilligt worden und im J. 1605 wurden bedeutende Einkünfte zum Unterhalte der Lehrer ausgesetzt; ein Convictorium von 24 Freitischen wurde eingerichtet, und von 1601 bis 1604 die neue Schule mit einem Aufwande von 26 000 Fl. auferbaut. Am 3. Juli 1605 wurde dieses Gymnasium eingeweiht. Der urspüngliche Plan, eine Universität einzurichten, konnte nicht zur Ausführung gebracht werden, weil das dazu nothwendige kaiserliche Privilegium nicht ertheilt wurde. Der Bau des Casimirianum academicum war nicht der einzige Prachtbau, den J. C. ausführen ließ. Im J. 1616 ließ er ein Zeughaus zu Coburg bauen, welches nahe an 12 000 Fl. kostete. Auf dem Kahlenberge ließ er eine kleine Kirche, ebenso in Oeslau eine bauen, die Veste Coburg wurde in Vertheidigungszustand gesetzt und das Schloß Ehrenburg erweitert und verschönert, das Ballhaus nebst Stahlhütte erbaut, zu Neustadt an der Haide eine Münzstätte eingerichtet und in Liebenstein der Sauerbrunnen gefaßt, der nach ihm der Casimir’sche Brunnen genannt wurde. Für das Wohl seines Landes und seiner Unterthanen war der Herzog immer besorgt. Coburg verdankt ihm eine Reihe vortrefflicher Anordnungen, Justiz- und Polizeiwesen wurden verbessert, eine Medizinal- und Apothekerordnung (1596 und 1607) veröffentlicht, dem übermäßigen Luxus, und namentlich der Kleiderpracht gesteuert. Fremde ausländische Trachten verbot er geradezu in einem Mandate vom J. 1613. Den einzelnen Classen der Unterthanen wurde vorgeschrieben, was sie tragen durften. So durften die Rathsweiber und deren Töchter keine Perlen, Edelsteine und [371] goldene Ketten, die Bürgerweiber keinen Sammet, Atlas oder Damast, der Bauer nichts von Sammet und Seide tragen. Auch bei Hochzeiten, Kindtaufen und Begräbnissen waren bestimmte Vorschriften einzuhalten. In religiösen Dingen war er mild und duldsam und glich in dieser Beziehung keineswegs seinem Vetter in Kursachsen. Beim Ausbruch des dreißigjährigen Kriegs verfolgte er daher auch eine andere Politik als der Kurfürst von Sachsen, der ihn vergebens gegen den neuen König von Böhmen aufzureizen suchte (1620). Ungeachtet er vom Kurfürsten Johann Georg zu Sachsen ein Patent (1625) erhalten hatte, daß seine Lande mit Durchzügen und Einquartierungen der kaiserlichen Völker verschont bleiben sollten, und ungeachtet Kaiser Ferdinand II. ihm ein gleiches Protectorium ausstellte (1627), wurde Coburg doch hart bedrückt, ja im October 1632 die Stadt Coburg vollständig geplündert. Mit der coburgischen Ritterschaft gerieth er in lange Streitigkeiten, weil sich dieselbe unabhängig von ihm, dem Landesherrn zu machen strebte und reichsunmittelbar werden wollte, insbesondere hatte sich Johann Truchseß zu Schwickershausen erdreistet, in die landesherrlichen Rechte einzugreifen und fürstliche Mandate zu Schwickershausen abreißen zu lassen. J. C. entband die fürstlichen Unterthanen ihrer Lehnpflicht gegen Truchseß und befahl ihm keinen Gehorsam fernerhin zu leisten, auch ihm keine Zinsen und Zehenden zu entrichten, und obgleich Truchseß darüber beim Reichskammergericht zu Speyer sich beschwerte, so wurde er doch an „seine ordentliche Obrigkeit“, d. i. Herzog Johann Casimir, verwiesen. Demungeachtet berücksichtigte er in dem sogen. „Casimirianischen Abschiede“ vom 23. October 1612 die meisten ihrer Wünsche. Mit dem Bischof Julius zu Würzburg schloß er den Trappstadter Receß (1599), durch welchen die Cent- und Landesgrenze zwischen Coburg und Würzburg regulirt worden ist. Auch mit Bamberg wurden (28. September 1601 und 1608 zu Lichtenfels) nachbarliche Irrungen ausgeglichen. Am meisten aber machte ihm der Streit um die Jülich- und Clevesche Erbschaft zu schaffen, und zwar seit dem Jahre 1609. Demungeachtet blieben alle seine Bemühungen in dieser Sache ohne Erfolg, und der Streit über diese Erbschaft hat sich immer wieder von Zeit zu Zeit erneuert. Zu den Lieblingsvergnügungen J. C.’s gehörte die Jagd, die er bis zur Leidenschaft ausübte, und die er sogar auf dem Markte zu Coburg veranstaltete. So wurde z. B. im J. 1620 ein solches Lustjagen angestellt mit 2 Wölfen, 6 Hasen, 23 Füchsen und 15 Dachsen, und im J. 1630 mit 4 Hirschen, 8 wilden Schweinen, 2 Bären und anderen Thieren. Hofnarren, in rothen Gewändern belustigten dabei die Zuschauer. J. C. versäumte nicht leicht eine Jagd, wohnte aber auch gern Schmausereien bei. Als er im J. 1623 vom Stadtrathe zu Coburg zu einem Rathsessen eingeladen wurde, schrieb er eigenhändig zurück, „er habe zwar viel zu thun und setze die täglichen Jagden und andere hohe Anliegen nicht gern aus; doch wolle er so viel sich abmüßigen, daß er zu dem Schmause kommen könne.“ Zu seinen Schwachheiten gehörte es, daß er auch zuweilen über den Durst trank, was ihm sein Hofprediger Dr. Johann Gerhard noch in seiner auf ihn gehaltenen Gedächtnißrede nachsagte. Gleich wie er die Jagden leidenschaftlich liebte, so auch die Stahlbogen- und Armbrustschießen, und schon im J. 1585 ließ er eine besondere Schützenordnung durch den Druck bekannt machen. Berühmt ist das am Mai 1614 zu Coburg abgehaltene Armbrustschießen, bei welchem 4 silberne Becher im Werthe von 100, 50, 25 und 20 Fl. die Hauptgewinne waren. Unter einer Reihe von Denkmünzen, die er prägen ließ, befinden sich mehrere, welche schlüpfrigen Inhalts in Tentzel’s Medaillen-Cabinet der Sachsen-Ernestinischen Linie (Band I.) zu finden sind. Die Ehe Johann Casimirs mit seiner ersten Gemahlin Anna war eine höchst unglückliche (s. Bd. I. 471); sie wurde wegen Untreue getrennt (1593). Mit seiner zweiten Gemahlin Margaretha, [372] Tochter Herzog Wilhelms des Jüngeren von Braunschweig, lebte er glücklicher; doch blieb auch diese Ehe kinderlos. Er ließ bei dieser Gelegenheit eine Spottmünze prägen, auf deren einer Seite er, seine Gemahlin küssend, dargestellt ist mit der Umschrift: „Wie küssen sich die zwei so fein“. Auf der anderen Seite ist seine erste Gemahlin Anna im Nonnengewande zu sehen mit der Umschrift: „Wer küßt mich armes Nönnelein“ (s. Köhler’s Münzbelustigungen, XVI, 28). J. C. starb am 16. Juli 1633 und wurde am 24. März 1634 in der Coburger Stadtkirche zu St. Moritz beigesetzt. In der Stadtkirche zu Eisfeld ließ ihm Herzog Ernst der Fromme ein stattliches Epitaph aufrichten.
Johann Casimir, Herzog von Sachsen-Coburg, geb. den 12. Juni 1564 auf dem Grimmenstein zu Gotha, gest. den 16. Juli 1633 zu Coburg, war der dritte Sohn des unglücklichen Herzogs- J. A. von Schultes, Sachsen-Coburg-Saalfeldische Landesgeschichte. Cob. 1818. 4°. S. 71 ff. Aug. Beck, Geschichte des gothaischen Landes. Gotha 1868. Bd. I., 298.