ADB:Johann I. (Bischof von Straßburg)

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Artikel „Johann, Bischof von Straßburg“ von Wilhelm Wiegand in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 14 (1881), S. 418–419, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Johann_I._(Bischof_von_Stra%C3%9Fburg)&oldid=- (Version vom 18. April 2024, 15:00 Uhr UTC)
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Johann, Bischof von Straßburg 1306–1328), aus dem württembergischen Dürbheim stammend, von unehelicher Geburt, erscheint zuerst als Protonotar König Albrecht I. im J. 1298. In der Reichskanzlei legte er rasch die gewöhnliche Laufbahn mittelalterlicher Staatsmänner zurück: binnen wenigen Jahren begegnen wir ihm als Vicekanzler und Kanzler, daneben 1301 als Propst des Chorherrnstiftes von St. Felix und Regula zu Zürich, 1305 als Bischof von Eichstädt. Bereits in den ersten Monaten des Jahres 1306 erhielt er durch päpstliche Provision den durch den Tod Friedrichs von Lichtenberg erledigten Bischofsstuhl von Straßburg, obschon sich um denselben zahlreiche und einflußreiche Concurrenten bewarben. In treuer Anhänglichkeit lohnte er König Albrecht die rasche Beförderung. Er war sein Begleiter und Rathgeber auf mancher Heerfahrt, sein letzter Beistand im Augenblick des Todes, als ihn am 1. Mai 1308 an den Ufern der Reuß die meuchlerische Hand seines Neffen niederschlug. Die einmal genommene Parteistellung blieb für Bischof J. fortan maßgebend: überall sehen wir ihn die Interessen des habsburgischen Hauses geschickt und erfolgreich vertreten. Kaiser Heinrich VII. wußte er, obschon er sein Kanzleramt verlor, zu maßvoller Berücksichtigung der habsburgischen Ansprüche zu stimmen, ihn selbst brachte seine reiche po1itische Erfahrung auch bei dem Luxemburger bald zu Einfluß und Ansehen. Von seiner Romfahrt, an der J. nicht theilnahm, schrieb ihm Heinrich wiederholt Briefe voll besonderen Vertrauens. Nach des Kaisers Tode beim Eintritt der Doppelwahl trat J. bestimmter in den Vordergrund der Ereignisse. Mit dem größten Eifer warb er für Friedrich den Schönen und bei dem Gewinn der Kurstimmen von Köln und Sachsen war er wesentlich betheiligt. In der politischen Action hielt er sich zunächst zurück. Zwar zog er fast alle elsässischen Städte, mit Ausnahme Straßburgs, das aus Furcht vor innerem Aufruhr strikte Neutralität beobachtete, auf die habsburgische Seite; doch begnügte er sich damit, die Partei Ludwigs des Baiern, an deren Spitze Ulrich v. Werd stand, so in Schach zu halten, daß das Elsaß vom Bürgerkrieg nahezu verschont blieb. Es gelang ihm um so leichter, als das persönliche [419] Erscheinen der beiden Gegenkönige am Oberrhein fast wirkungslos blieb. Nach der Schlacht von Mühldorf schien er eine Zeit lang sich gänzlich aus dem Kampfgetriebe zurückziehen zu wollen; erst als sich die Verhandlungen Ludwigs des Baiern mit Oesterreich zerschlugen, als Papst Johann XXII. gegen ihn entschieden Partei ergriff, begann auch für J. eine neue Periode seiner politischen Haltung: der entschlossene kräftige Angriff auf das bairische Reichsoberhaupt. Mit höchstem Eifer sorgte er für die Publikation des Proceßverfahrens der Curie gegen Ludwig, den Papst selbst unterhielt er stets auf dem Laufenden der politischen Ereignisse, deren Entwickelung er jetzt als Kanzler Friedrichs des Schönen wieder sehr nahe stand. Mit seiner Unterstützung gewann Herzog Leopold im J. 1324 das ganze Elsaß, selbst die nach der Katastrophe von Mühldorf bairisch gesinnten Städte für die habsburgische Partei. Er brachte im Wesentlichen das Durlacher Bündniß von 1325 zu Stande, das auch den Mainzer Erzbischof ins Feld führen sollte. Mit dem Augenblicke indeß, da Ludwig einlenkte, sich zu Verhandlungen mit den Oesterreichern und zur Versöhnung mit Friedrich entschloß, erlahmte die Energie Johanns, so daß er in seinen letzten Lebensjahren trotz aller habsburgischen Sympathien allgemein für einen zuverlässigen Reichsfürst und getreuen Unterthan des Königs galt. Seiner milden, concilianten Natur widerstrebte es, die Gegensätze bis in die Extreme zu treiben und sein in der Schule des Staatsmannes geübter Blick lehrte ihn mit den realen Machtverhältnissen zu rechnen. Das bewies er auch in seinen Beziehungen zur Stadt Straßburg, die wiederholt andere politische Bahnen einschlug als ihr Bischof. So bestimmt er auch seine Rechtsstellung zu ihr betonte und an derselben festhielt, wie unter Anderem an dem lehnsrechtlichen Charakter des Schultheißen- und Burggrafenamts, dessen Verleihung ihm zustand, so zeigte er doch für das aufblühende, kraftschwellende städtische Gemeinwesen wohlwollendes Verständniß und suchte nicht die naturgemäße Entwickelung desselben zu hemmen. Als Landesfürst war er eifrig auf die geordnete Verwaltung seines Bisthums und die Hebung des allgemeinen Wohlstandes bedacht, namentlich sorgte er für geregelte Rechtspflege und strenge Disciplin des Clerus. Dem Sectenwesen steuerte er mit Strenge, aber ohne Härte. Von seiner litterarischen Bildung wissen wir wenig, obgleich sie nicht unbedeutend gewesen sein mag. An dem großen publicistischen Streit dieser Zeit um die Competenz der Curie und der Krone scheint J., der lange Jahre hindurch Commendator der Dominikaner in Deutschland war, nicht theilgenommen zu haben. Am 6. November 1328 ereilte ihn zu Haslach der Tod. In der Kapelle des von ihm gegründeten und dotirten Hospitals zu Molsheim ward er beigesetzt.

Chronik von Closener und Königshofen in den Deutschen Städtechroniken VIII u. IX; Chronica Matthiae Nuewenburgensis ed. Huber; Bezirksarchiv des Unterelsaß G. fasc. 82–86, 88, 89, 91–93. Vgl. Rosenkraenzer, Bischof Johann I. von Straßburg, Trier 1881.