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ADB:Ketteler, Wilhelm von

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Artikel „Ketteler, Wilhelm von“ von Woldemar Harleß in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 43 (1898), S. 127–128, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Ketteler,_Wilhelm_von&oldid=- (Version vom 16. November 2024, 05:44 Uhr UTC)
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Wilhelm (II.), Bischof von Münster (1553–1557), aus dem westfälischen Adelsgeschlechte der Ketteler zu Melrich und Assen, die einen rothen Kesselhaken im goldenen Felde im Wappen führen, geboren als zweitältester der sieben Söhne Godart’s Ketteler und der Sophia v. Nesselrode im ersten oder zweiten Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts – die genaue Geburtszeit ist nicht bekannt – widmete sich zu der Zeit, als sein Vater die von der Gattin überkommene Pfandschaft der Herrschaft Elberfeld besaß und von Herzog Johann III. von Jülich-Cleve-Berg inbezug auf dieses Pfand für sich und die Gattin eine lebenslängliche Assecuranz unter den 13. Januar 1530 erhalten hatte, dem geistlichen Stande und zugleich humanistischen Studien. Wie sein Vater, wurde er vor 1545 herzoglicher Rath und empfing als solcher durch Erlaß vom 1. September 1545 als Jahreinkommen die Hofkleidung nebst 100 Goldgulden Dienstgeld und den sonstigen Zulagen der Räthe (Quatembergeld, Entschädigungen für Rauhfutter, Hufbeschlag und Verpflegung der Pferde). Als er Kanonikus und demnächst Dompropst zu Münster geworden, wählte das Capitel den ‚gelehrten und wohlerfahrenen Mann‘ am 21. Juli 1553 zum Nachfolger des Bischofs Franz von Waldeck († am 13. Juli 1553) auf den Bischofsstuhl, nachdem kurz vorher (unter dem 8. April 1553) Herzog Wilhelm III. von Jülich-Cleve-Berg ihn dem Capitel des Stifts Kaiserswerth zu der vacanten Propstei desselben präsentirt hatte. Auf letztere Würde resignirte er indessen zu Gunsten seines jüngeren Bruders Dietrich, dem dann unter dem 3. October 1555 die landesfürstliche Präsentation zu Theil ward. Am 29. November 1553 von Papst Julius III. bestätigt und den 27. Februar 1554 zu Brüssel von Kaiser Karl V. mit den Regalien belehnt, hielt er am 24. Februar 1555 seinen feierlichen Einzug in Münster. Gewissenhaft wandte er sich nun den Aufgaben und Pflichten seines Amtes zu: ein Charakter von sittlicher Integrität, Freund stillen Wohlthuns, Milde mit unparteiischer Gerechtigkeitsliebe verbindend, war er eben so sehr für die Wahrung der Gerechtsame seines geistlichen Fürstenthums thätig als bestrebt, Bildung und Disciplin der Geistlichkeit zu heben und die Abschaffung greller Mißbräuche im Cultus herbeizuführen. Eine Reform der Kirche im Sinne der am Düsseldorfer Hofe Jahrzehnte hindurch gepflegten vermittelnden Tendenzen lag ihm sehr am Herzen und diesen hatte er schon als herzoglicher Rath und Abgesandter zu den Verhandlungen auf dem Reichstage zu Augsburg 1550 und zu Passau 1552 Ausdruck gegeben. Damit stand es durchaus nicht im Widerspruch, daß er als Bischof feierliche Gebete anordnete, um den allmächtigen Gott mit herzlicher Andacht anzurufen und zu bitten, Er wolle den hl. Glauben in christlicher Einigkeit erhalten. In einer Zeit, in der auch im Bisthum Münster in kirchlichen Dingen vielfache Neuerungen und Unzuträglichkeiten Platz gegriffen hatten, namentlich der Genuß des Abendmahles unter beiderlei Gestalt und die Priesterehe beinahe überall verbreitet, zudem Verfassung und Disciplin stark gelockert waren, hielt W. an der Hoffnung auf eine [128] schließliche allgemeine Regelung der Reform durch ein Nationalconcil fest und war zugleich bemüht, durch seine Erlasse die Gegner der katholischen Religion an Angriffen wider dieselbe zu hindern. Im Lande hatte der sehr beliebte Bischof bei seinen Anschauungen und Maßnahmen starke Sympathien für sich. Es konnte gleichwohl kaum ausbleiben, daß W. infolge seiner kirchlichen Haltung mit der römischen Curie in Conflict, besonders aber gegenüber der Forderung, die bisher hinausgeschobene bischöfliche Ordination an sich vollziehen zu lassen und dem Papste den vom Trienter Concil vorgeschriebenen Subjectionseid zu leisten, in schwere Gewissensbedrängniß gerieth. Vergeblich suchten das Münster’sche Domcapitel und Herzog Wilhelm III. von Jülich W. von der ihm mehr und mehr unumgänglich erscheinenden Resignation zurückzuhalten; es kam bei W. wohl auch die Erwägung hinzu, daß die Verwirklichung seiner Reformpläne sich von Tag zu Tag schwieriger gestalte. Der entscheidende Schritt erfolgte, als ein päpstliches Breve vom 18. Juni 1557 ihm nur noch eine dreimonatliche Frist zum Empfange der Bischofsweihe und zur Eidesleistung übrig gelassen, vor den von ihm berufenen Landständen des Fürstenthums am 3. December desselben Jahres. Tags zuvor waren alle Beamte, Lehnsmannen und Unterthanen von ihm ihres ihm geleisteten Eides entbunden worden. W., dem man eine Pension von 1000 Goldgulden bewilligte, zog sich nach Coesfeld zurück, wo er vorwiegend seinen Studien lebte und mit Männern, wie Georg Cassander, im regen brieflichen Verkehr blieb. Auch an den Düsseldorfer Reformationsverhandlungen, zumal an den letzten Berathungen im Januar 1567, von Heresbach als ‚der große Rath‘ bezeichnet, bei denen er den Vorsitz führte, betheiligte er sich lebhaft. Von Freunden und Gegnern hochgeachtet, starb W. am 18. Mai 1582 und wurde in der St. Jacobikirche zu Coesfeld beigesetzt, wo sich auch noch sein Epitaphium befindet. Von Wilhelm’s Brüdern ist der älteste, Gotthard, als Herrenmeister des deutschen Ordens in Livland und erster Herzog von Kurland und Semgallen († am 17. Mai 1587), der jüngste Johann als bergischer Rath und Kammermeister (seit 22. October 1572) und Amtmann zu Elberfeld bekannt, derselbe († 1585) hatte aus seiner Ehe mit Agnes Schenk von Nideggen mehrere Söhne, von denen ihn Wilhelm und Johann überlebten. Der Erstere (geboren am 8. September 1558) begab sich als junger Mann an den Hof Kaiser Rudolf’s II. und von da zum König Stephan Bathory von Polen (1575–86), unter dem er an dessen Kämpfen gegen die Russen theilnahm. Wegen seiner Tapferkeit im Feldzug, an den ihn der Sage nach zeitlebens die durch eine eiserne Kette verursachten Narben erinnerten – er war von den Feinden als Gefangener an dieser Kette umhergeführt worden – ward er durch Belehnung mit der Herrschaft Ambotten in Livland belohnt. Im J. 1583 kam derselbe in die Umgebung des Kölner Kurfürsten Gebhard Truchseß, heirathete 1588 Adelheid v. Stommel, Tochter Arnold’s v. Stommel und der Adelheid v. Langen-Neuenhof, nach deren Tode 1603 Gudula v. Romberg, Wittwe Arnold’s von Vitinghoff gen. Schele. Zuletzt Gesandter in Preußen, starb dieser W. am 6. Mai 1620.

H. A. Erhard, Geschichte Münsters (1837) S. 381–384. – Münster’sche Chroniken von Röchell und Corfey in den ‚Geschichtsquellen des Bisthums Münster‘, Bd. 3 (herausg. v. J. Janssen), S. 1–10, S. 329–330 (das. auch das Epitaphium Wilhelm’s). – L. Keller, Gegenreformation in Westfalen und am Niederrhein, Bd. 1, S. 269–274, 345–351. – Staatsarchiv zu Düsseldorf, insbes. die handschriftlichen Elogia virorum illustrium Cliviae etc. von W. Teschenmacher daselbst, S. 63–65.