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ADB:Kunz, Konrad Max

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Artikel „Kunz, Konrad Max“ von Hyacinth Holland in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 17 (1883), S. 399–400, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Kunz,_Konrad_Max&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 10:48 Uhr UTC)
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Kunz: Konrad Max K., Componist, geb. am 30. December 1812 als Sohn eines Stadtthürmers zu Schwandorf in der Oberpfalz, empfing am Gymnasium zu Amberg und dann auf der Universität zu München, wo er dem Studium der Philosophie und Philologie oblag, hohe Gewandtheit in den klassischen Sprachen, aber auch frühzeitig schon die trefflichste Unterweisung in der Musik, wozu er die größte Befähigung hatte, welche durch den Hofkapellmeister Hartmann Stuntz glücklich erkannt und streng wissenschaftlich ausgebildet wurde. Seine Mittellosigkeit zwang ihn durch Clavierunterricht den Lebensunterhalt zu erwerben (daher seine „Praktische Pianoforte-Schule“, 1841, opus 2), auch leitete er als Chormeister die „Münchener Liedertafel“ und die „Bürger-Sänger-Zunft“ und darf deshalb mit Recht als einer der Väter des deutschen Männergesangs gelten. In Folge seiner Leistungsfähigkeit in der Führung großer Massen wurde K. als Dirigent zum ersten Sängerfeste in Freising 1844 und 1847 nach Regensburg berufen, inzwischen 1845 als Chordirigent am Münchener Hof- und Nationaltheater angestellt, welchen Posten der wackere Mann mit größter Gewissenhaftigkeit und eiserner Ausdauer bis wenige Jahre vor seinem Abscheiden ausfüllte. Ihm hatte der Münchener Hoftheaterchor die Begründung seines weit über Deutschland hinaus reichenden Rufes zu danken. Für die Münchener Liedertafel componirte K. seine berühmt gewordenen Chöre, z. B. den mächtig dahin brausenden Schlachtgesang an „Odin“, die „Hymne an Hertha“ (gedichtet von Dr. Ludwig Koch, vierstimmig als op. 7 Leipzig bei Breitkopf & Härtel), das feierlich großartige „Wenn heut ein Geist herniederstiege“ nach Uhland und dessen Brautgesang „Das Haus benedei’ ich“, den „Nachtgruß“ (von Eichendorff, vierstimmig 1877 als [400] Manuscript bei Aibl, op. 12), auch setzte er ältere Lieder, wie „Ach Elslein“, „Prinz Eugenius“ (nach der ursprünglichen Melodie von 1719), dann „Odo olam“ (nach einer hebräischen Ritualmelodie), aber auch köstliche Burlesken, z. B. die „Zwei Knödel“, das „Metzelsuppen-Lied“ (op. 9) nach Uhland, das Kneiplied „Auf beim Spund“, op. 17 (Text von Otto v. Reichert) und die Ballade „Der Bauer geht hinter’n Zaun“, welche als wahre Muster contrapunktischer Bravour betrachtet werden müssen. Zu dem großen Künstler-Maskenfest 1840 (Albrecht Dürer-Fest), welchem K. als „wilder Mann“ (gezeichnet von Eugen Neureuther) beiwohnte, schrieb unser Tondichter als opus 1 die Aufzüge, Zwischenspiele, Menuett und Polonaise (für Clavier bei Falter 1840), dann die „Aufzüge für Naturtrompeten und Pauken“ zum Festzug beim 700jährigen Bestehen der Stadt München (op. 15), zwei Märsche „Den Siegern und Gefallenen“, 1870–71, für Cavalleriemusik. Die weiteste Verbreitung erhielten seine „200 kleine zweistimmige Canon’s, den Umfang einer Quinte nicht überschreitend (Supplement zu jeder Pianoforteschule), opus 14“, München 1877 bei Aibl, welche mit Vorwort von Dr. Hans v. Bülow, dann mit französischem Text von E. Laurent (1878), englisch von L. Rothfeld, ebenso mit schwedischem, russischem und dänischem Text erschienen. Außerdem gab K. „Oberpfälzische Bauerntänze“ (Mainz 1855) heraus und lieferte die vierstimmige Bearbeitung der Melodien zu G. Scherer, „Die schönsten deutschen Volkslieder“ etc. Die Zahl seiner großentheils noch ungedruckten Werke beläuft sich auf 64. Besondere Erwähnung verdient noch die von dem heitersten Geiste echten Humors eingegebene Satire „Die Stiftung der Moos-Gau-Sänger-Genossenschaft Moosgrillia“ (München 1866 bei Hermann Manz, 32 S. 8°), worin K. mit schonungslosem Spotte die Auswüchse des Sangesbrüderthums geißelte, aber auch seinem Unmuth über die Zukunftsmusik die Zügel schließen ließ. Sie kann, sowol in Tendenz wie nach ihrer Schreibart, als ebenbürtiges Seitenstück zu Jos. Ant. Koch’s „Rumfordischer Suppe“ gelten. K. war ein seltener Charakterkopf, ein biederer wahrer Mann, ohne Falsch, kerndeutsch, ein idealer Künstler, aber in rauher, fast unerträglicher Schale, eine ganz sokratische Natur, frei von aller Sucht nach äußerem Glanze, mit reicher Schöpfergabe, Originalität und tiefster Empfindung für den reinen Charakter der Kunst ausgestattet. Kein Kind des Glücks fand er nie die ihm gebührende Muße noch die höhere Wirksamkeit, daher sein mehr als bescheidenes, zurückgezogenes, ja verstecktes misanthropisches Leben. Er starb arm, wie er immerdar gelebt, am 3. August 1875 im Allgemeinen Krankenhause zu München. Seine Freunde setzten ihm auf dem südlichen Kirchhofe eine von Rudolf Schwanthaler gemeißelte Porträtbüste, welche überraschend und unwillkürlich an jene im Museo Napoli befindliche Herme des Sokrates gemahnt.

Vgl. die gelungene Charakterzeichnung von Martin Greif in Nr. 92 des Augsb. „Sammler“ vom 14. August 1875 und H. Mendel, Musikal. Conversat.-Lex. 1876, 6. Bd., S. 200.