ADB:Lepel, Bernhard von
Th. Fontane eintrat; bald wurde er auch Mitglied des von Saphir gegründeten Berliner „Sonntagsvereins“ („Tunnel“) und suchte durch schöngeistige Bestrebungen und Arbeiten die Oede des Kasernenlebens zu paralysiren. Im J. 1840 weilte L. wieder zum Besuch seiner Tante in Rom. Das Wiederbetreten der Plätze, die er schon in seiner Kindheit geschaut, warf manche Ausbeute für ihn ab, und fast alle Veröffentlichungen der nächsten Jahre bezogen sich auf diese Reise. Eine Auswahl seiner durch den Aufenthalt in Italien entstandenen Gedichte stellte L., nachdem sie den Beifall eines Geibel und Strachwitz gefunden, unter dem Titel „Lieder aus Rom“ (1846) zusammen. Von 1844 ab studirte L. drei Jahre auf der Berliner Kriegsakademie und benutzte während dieser Zeit (1846) einen sechsmonatlichen Urlaub zu einem erneuten Besuch der Tante in Rom, mit der er nach Sicilien reiste. Dann folgte ein Aufenthalt in Sorrento. Erinnerungen an diese Reise enthalten seine später erschienenen „Gedichte“ (1866). Im J. 1848 nahm er an dem Feldzuge in Schleswig theil, schied nach Beendigung desselben aus dem Militärdienst und wohnte einige Jahre auf dem unweit von Berlin gelegenen Gute seines (1847 verstorbenen) Vaters. Hier entstanden seine heiteren Reime „Die Zauberin Kirke“ (1850) und mehrere Dramen, deren eines „König Herodes“ (1860) im J. 1857 in Berlin zur Aufführung gelangte. Vorübergehend trat L. bei der Mobilmachung 1850–51 und während des Feldzugs [659] von 1866 in den activen Dienst zurück. Während des letzteren führte er eine Ersatzcompagnie. Später wurde er im Bureaudienst, beim Bezirkscommando in Berlin, beschäftigt und nachmals mit dem Charakter eines Hauptmanns Chef der Provinzial-Invalidencompagnie in Prenzlau. Dort starb er als Major a. D. am 17. Mai 1885.
Lepel: Bernhard von L., ein geachteter Lyriker, wurde am 27. Mai 1818 zu Meppen im Hannöverschen geboren. Sein Vater, aus Pommern stammend, war zur Kriegszeit 1813–15 in hannöverschen Diensten gewesen, hatte 1819 den Abschied genommen und ein Landgut auf der Insel Rügen bezogen. Dort verlebte der Sohn seine erste Jugend, erfuhr aber auch den ersten Schmerz, als er, vier Jahre alt, seine Mutter durch den Tod verlor. Als dann bald nachher der Vater zum Besuch seines Bruder, des Adjutanten vom Prinzen Heinrich von Preußen, nach Rom reiste, wurde der Sohn einem Landpfarrer zur Fürsorge anvertraut. Der Vater wählte nach seiner Rückkehr Stralsund zum Wohnorte und hier besuchte der Sohn etwa durch Jahresfrist 1825–26 das Gymnasium. Im folgenden Jahre fand die Uebersiedlung nach Mannheim statt, von wo aus der Sohn den Vater 1828 auf einer abermaligen Reise nach Rom begleiten durfte. Die in Italien empfangenen Eindrücke wirkten bestimmend für seine Lebensrichtung. In Mannheim erwachte in dem Knaben der Wunsch, Maler zu werden, und dieser Gedanke ließ ihn auch in den folgenden Jahren nicht los, ohne ihn indeß zur Ausführung bringen zu können, da er sich mit den Wünschen des Vaters nicht deckte. Gleichwol gestattete dieser, daß der Sohn neben dem Lyceum auch das Atelier des Directors der Gemäldegalerie besuchen durfte. Seine Leidenschaft für die Kunst hatte (1832) eine schmerzliche Katastrophe, die Flucht aus dem Elternhause, zur Folge, und da sich dieselbe in Berlin, wohin der Vater 1833 übergesiedelt war, wiederholte (1835), so brachte dieser, um ihn von den seine Vorliebe nährenden Eindrücken der großen Stadt fern zu halten, ihn auf das Pädagogium in Züllichau. Der Aufenthalt hierselbst wirkte nun freilich auch nicht in dem erwarteten Sinne, und so wurde L. mit 18 Jahren dem Soldatenstande zugeführt. Hatte er geglaubt, nebenher seinen künstlerischen Neigungen nachgehen zu können, so mußte er bald erkennen, daß die neuen Verhältnisse die Erreichung einer höheren Stufe als die eines Dilettanten nicht gestatteten. Indessen hatte er auf der Schule schon, neben Zeichenstift und Pinsel, die Feder zu führen versucht, und da ihm die eine Muse hartnäckig ihre Gunst zu versagen schien, bewarb er sich um die Gunst der andern. Es gelang ihm, um das Jahr 1839 einen Verein von Mitstrebenden zu stiften, in welchem auch„Edle Formenschönheit, Wärme, Wahrheit und Schwung der Empfindung und Gedankentiefe, besonders in den Oden, worin sein Genius am schönsten funkelt und strahlt, sind hervorragende poetische Eigenschaften Lepel’s. Hauptsächlich nach Platen gebildet, handhabt er das Gepräge der alten Kunstform mit Meisterschaft. Eine der köstlichsten Edelfrüchte, die er in der goldenen Schale formreiner Rhythmen geboten, ist die Ode ‚An Humboldt‘ (1847); der Dichter versenkt sich in das große Naturleben in kosmologischen Betrachtungen von plastischer Gedankenrundung im Geiste des großen Naturforschers.“ Seine „Gedichte“ (1866) zeugen von dem Ernste des Dichters um die Kunst. Die Sammlung ist nicht sehr umfangreich, was wol der Strenge des Dichters gegen sich selbst beizumessen ist, aber desto reicher ist sie in der Mannichfaltigkeit der Stoffe und der Formen, desto reicher in der gedankenvollen Behandlung derselben. In den „Bildern und Balladen“ dieser Sammlung, die sich durch Einfachheit und Correctheit des Ausdrucks auszeichnen, spiegelt sich jede beste Empfindung des Menschenherzens, während die lyrischen Dichtungen sich durch die Anmuth der Form auszeichnen, die gleich gelungen ist, ob der Dichter die Terzinen, die Ghaselen, das Sonett oder die einfache Liedstrophe wählte.
- Ignaz Hub, Deutschlands Balladen- u. Romanzendichter, 3. Bd., 1873, S. 354. – Heinrich Kurz, Litteraturgeschichte, 4. Bd., S. 241. – Emil Kneschke, Deutsche Lyriker seit 1850. 5. Aufl. 1883, S. 484.