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ADB:Ludolf, Hiob

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Artikel „Ludolf, Hiob“ von Carl Gustav Adolf Siegfried in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 19 (1884), S. 394–395, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Ludolf,_Hiob&oldid=- (Version vom 12. Oktober 2024, 22:09 Uhr UTC)
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Ludolf: Hiob L. (Leutholf), geb. am 15. Juni 1624 zu Erfurt, ward schon auf der Schule durch seinen Lehrer Bartholomäus Elsner dem Studium der orientalischen Sprachen zugeführt und es erwachte früh in ihm ein selbständiges Interesse für das Aethiopische. Sein Lehrer gab ihm den von Johann Potken, Propst zu Köln, 1513 herausgegebenen äthiopischen Psalter und eine von Karnrad hieraus abgeleitete Grammatik nebst einem Lexikon. In seinem 20. Jahre bereits (1644) war L. über diese dürftigen Hülfsmittel hinaus und schuf sich selbst eine neue Grammatik und ein besseres Lexikon. 1646 ging er nach Leyden, wo er die namhaften Orientalisten Golius und Constantin L’Empereur zu Lehrern hatte. Größere wissenschaftliche Reisen durch Frankreich, England und Italien, später durch Schweden und Dänemark vervollständigten seine Ausbildung. Von besonderem Werth für ihn war die Bekanntschaft des Abtes Gregorius, eines gelehrten Habessiniers, welche er zu Rom machte, da dieser ihm über die zu seiner Zeit in Habessinien herrschende Aussprache des Aethiopischen Auskunft geben konnte (Ueber den freilich einigermaßen bedingten Werth dieser Angaben vgl. Dillmann, Grammatik der äthiop. Sprache, 1857. S. 10). Nach seiner Rückkehr in das Vaterland ward L. von Herzog Ernst dem Frommen zu Gotha zum Lehrer des Erbprinzen ausersehen und er fand an jenem zugleich einen großmüthigen Förderer seiner Studien. Später zum Hofrath ernannt ward er auch zu diplomatischen Sendungen verwendet. Nach dem Tode des Herzogs 1678 nahm er seine Entlassung und ließ sich, um ganz den Studien zu leben, zu Frankfurt a. M. nieder. Indessen ward er auch hier, 1681 vom Kurfürsten Karl von der Pfalz zum Kammerdirector ernannt, mit Staatsgeschäften betraut. 1683 unternahm er eine zweite Reise nach Holland, England und Frankreich. Neben dem etwas abenteuerlichen politischen Zwecke, den er hierbei verfolgte, eine Coalition dieser Mächte mit Habessinien gegen die Türken zu Stande zu bringen, ließ er die aussichtsvollere Arbeit in den Bibliotheken dieser Länder nicht aus den Augen. 1684 erlangte er seine ersehnte Muße wieder, welche er wiederum in Frankfurt verbrachte, von den sächsischen Herzögen durch die Ernennung zum Geheimen Rath geehrt. Er starb, reiche Früchte gediegensten wissenschaftlichen Strebens zurücklassend, am 8. April 1704 (Christ. Juncker, Commentarius de vita scriptisque ac meritis illustris viri Jobi Ludolfi etc., Lips. et Frf. 1710. Meyer, Gesch. d. Schrifterklärung, Bd. 3, S. 25 ff.). Die erste Veröffentlichung der Studien Ludolf’s, sein „Lexicon aethiopicum“ ward durch die ungeschickten Hände des Editors, seines Schülers, Joh. Michael Wansleben verunstaltet. Ebenso erging es der „Grammatica aethiopica“. Beide erschienen London 1661 (s. den vollständigen Titel bei Meyer a. a. O. Bd. 3, S. 53). Die zweite von L. selbst veranstaltete Ausgabe des Lexikons erschien Frankfurt a. M. 1699, die ebenfalls von ihm selbst besorgte der Grammatik ebenda 1702 (s. die ausführlichen Titel beider Werke bei Meyer a. a. O. Bd. 3, S. 54). Es ist allgemein anerkannt, daß L. durch diese beiden Werke eine genauere und umfassendere Kenntniß der äthiopischen Sprache begründet hat. Er hatte keine nennenswerthen Vorarbeiten, sondern entnahm fast alles aus den Handschriften. Das Lexikon ist reichhaltig an Material, klar in seiner Anordnung, scharf und bestimmt in der Angabe der Wortbedeutungen, instructiv durch die Menge der Belege und durch gelegentliche [395] Erörterung besonders schwieriger Stellen. Außerdem ist Anweisung über die Auffindung der Wortstämme und Erklärung der Suffixen und Präfixen gegeben. Daneben findet sich ein Verzeichniß sämmtlicher Handschriften und Drucke, welche der Verfasser benutzt hat und eine Uebersicht über die Entwickelung der äthiopischen Studien. - Die Grammatik ist sehr methodisch und mit vielen sprachvergleichenden Erörterungen versehen. Mag nun immerhin gesagt werden müssen, daß auf dem Standpunkte der gegenwärtigen orientalischen Sprachwissenschaft Ludolf’s Aufstellungen nicht mehr genügen, daß ihm namentlich der Blick fehlt für die inneren Veränderungen, welche der äthiopische Dialekt in seiner geschichtlichen Entwickelung erlitt (vgl. Dillmann a. a. O. S. 9): immer wird dem genialen und ausdauernden Manne der Ruhm bleiben, der Bahnbrecher für die äthiopischen Studien gewesen zu sein und dieser Wissenschaft ihre Grundlagen geschaffen zu haben. Das erkennt ihm auch der ruhmvolle Erneuerer der äthiopischen Grammatik in unsern Tagen, August Dillmann a. a. O. S. 10 zu. - Auch das Amharische, den in Aethiopien gegenwärtig verbreitetsten Volksdialekt, bearbeitete L. - Es erschienen 1698 zu Frankfurt a. M. „Grammatica Amharicae linguae“ und „Lexicon Amharico-latinum“. Um auch das Verständniß des Schauplatzes dieser sprachlichen Erscheinungen zu erweitern, schrieb L. seine „Historia aethiopica“, Frankfurt a. M. 1681, der später 1691 ein „Commentarius“ folgte (die ausführlichen Titel beider Schriften s. b. Meyer a. a. O. Bd. 3, S. 89. 90). Er behandelte hier ausführlich die Geographie Habessiniens, die Geschichte seiner Bewohner, die politischen und kirchlichen Einrichtungen des Landes und gab einen Ueberblick über die äthiopische Litteratur (L. IV, 2 de libris et eruditione Aethiopum). Sehr werthvoll war auch seine Ausgabe des äthiopischen Psalters, die nach 2 Drucken und 3 Handschriften von ihm veranstaltet und mit einem kritischen Apparat sowie mit philologischen Anmerkungen versehen wurde. Das 1701 zu Frankfurt a. M. erscheinende Werk (s. d. vollständigen Titel bei Meyer a. a. O. Bd. 3, S. 263) enthielt auch einige Lieder und andere Stücke des A. und N. Testamentes und das Hohelied. Die beigefügte lateinische Uebersetzung ist von Joh. Heinr. Michaelis. Ueber die Geschichte dieser Ausgabe, besonders über eine anonym 1699 erschienene Probe derselben s. Rosenmüller, Handb. f. d. Litt. der bibl. Krit. Bd. 3, S. 68-70. - Noch ist zu erwähnen das von Bruns (s. Bd. III, S. 452) publicirte samaritanische Schreiben der Sichemiten an L., herausgegeben unter dem Titel: „Epistolae Samaritanae Sichemitarum ad Jobum Ludolphum“, Cizae 1688. Es finden sich in demselben allerlei schwindelhafte Angaben der Sichemiten über eine alte Abschrift des Gesetzbuches, die in ihrem Besitze sich befinde und angeblich im 13. Jahre der Niederlassung der Israeliten in Kanaan von dem Aaroniden Abisua verfertigt worden sei, worüber von diesem selbst in der Handschrift ein Certificat beigefügt sei. Man vgl. über diesen albernen Handel: Eichhorn. Einl. in das A. T. 4. Aufl. Bd. 2, S. 598 ff. Repertorium für bibl. und morgenl. Litt. Thl. 9, S. 1-46. Thl. 13, S. 257-277 und besonders S. 277-292.

Zur allgemeinen Würdigung Ludolfs vgl. noch Diestel, Gesch. des A. Testamentes S. 456 und vor Allem Dillmann a. a. O. S. 10 und 11.