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ADB:Michaelis, Johann Heinrich

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Artikel „Michaelis, Johann Heinrich“ von Carl Gustav Adolf Siegfried in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 21 (1885), S. 681–683, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Michaelis,_Johann_Heinrich&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 04:18 Uhr UTC)
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Michaelis: Johann Heinrich M. ward geboren zu Klettenberg in der Grafschaft Hohnstein am 26. Juli 1668. Anfänglich für den kaufmännischen Stand bestimmt, studierte er dann Philosophie, Theologie und besonders morgenländische Sprachen, suchte 1698 in Frankfurt a. M. Hiob Ludolf auf, um bei ihm äthiopisch zu lernen. Nach Meyer, Gesch. der Schrifterkl. IV, 17 soll er es sogar zur Fertigkeit im Aethiopischsprechen [mit wem?] gebracht haben. 1699 ward er außerordentlicher Professor der morgenländischen Sprachen zu Halle, 1709 ordentlicher Professor der Theologie, 1732 Senior und Inspector des theologischen Seminars. Für das von Aug. Herm. Francke errichtete collegium orientale theologicum entwarf er den Plan (vgl. d. Ztschr. Francken’s Stiftungen II S. 209 ff.). Er starb am 10. März 1738. [Winer, Hdb. d. th. Litt. II, 668. Herzog, Realencykl. 2. A. Bd. 9 S. 745 f., wo aber einige Fehler.] Die werthvollste Arbeit von M., trotz der schon damals an derselben entdeckten Mängel, war die Biblia hebraica ex aliquot manuscriptis etc. 1720 (der vollständige Titel ist in der Octavausgabe 23 Zeilen lang, vgl. auch Rosenmüller, [682] Hdb. f. d. Litt. d. bibl. Krit. Bd. 1 S. 233). Zu Grunde war die 1. Jablonskische Bibelausgabe von 1699 gelegt (vgl. über diese Eichhorn, Einl. Bd. 2 S. 693 f., wo aber unrichtig behauptet wird, M. habe die 2. Ausg. v. 1712 vorgelegen (s. dagegen Bibl. hebr. praefat. c. I § 4, Rosenmüller a. a. O. Bd. 1 S. 227–230). Dazu kam ein kritischer Apparat, beruhend auf der Vergleichung von 19 gedruckten Ausgaben und 5 Erfurtischen Handschriften, im Ganzen also 24 Zeugen, welche der Verfasser bibl. hebr. praef. c. I § 3 namhaft macht (vgl. auch Eichhorn a. a. O. Bd. 2 S. 694. Hetzel, Gesch. d. hebr. Spr. S. 295 macht daraus 24 Erfurtische Handschriften, Bleek-Kamphausen, Einl. in das A. T. S. 833 24 gedruckte Ausgaben). – Die Ausgabe erschien in verschiedenen Formen (Folio, Quart, Octav) in 3 Bänden, an den Seitenrändern stehen die exegetischen Anmerkungen, links auch die Qeri’s; unter dem Text stehen kritische Bemerkungen, die nicht blos auf die Consonanten, sondern auch auf die Vocale und Accente gehen, an deren Vergleichung damals noch Niemand gedacht hatte, obwohl deren genauere Fixirung nach neueren Erfahrungen das Einzige ist, was im Grunde bei Handschriftenvergleichungen herauskommt. Ein Uebelstand war nur, daß die Erfurtischen Handschriften überaus flüchtig verglichen waren und dadurch mancherlei übersehen war, was J. D. Michaelis, oriental. Biblioth. I S. 207–222 und Diederichs [nicht Dieterich wie bei Eichhorn u. a.] a. a. O. III S. 208–215 VI S. 238–247 auch im specimen variarum lectionum codd. Erfurtt. in psalmis 1775 nachwiesen [vgl. auch Meyer a. a. O. Bd. 4 S. 148–151]. Trotzdem aber ist das Variantenverzeichniß noch jetzt von Werth. Die Exegese stand unter dem Einflusse der Spener-Francke’schen Richtung (vgl. bibl. h. praefat. c. 5 § 9). Die Kürze der Anmerkungen war durch das Bestreben hervorgerufen, die continua lectio des ganzen A. T.’s zu ermöglichen und den Blick von den Ansichten der Ausleger auf den Gehalt der Bibel selbst zu lenken. Darum läuft am Rande nur kurze Angabe des Inhalts, wichtiger Ausdrucksweisen der Uebersetzungen, knapper aber fruchtbarer exegetischer Winke; reichlich und sehr dankenswerth sind die Parallelstellen angegeben; doch paßt diese Characteristik genau nur auf den Anfang des Werkes, im weiteren Verlauf stellt sich doch die exegetische Tradition wieder ein, namentlich rabbinische Exegeten werden reichlich berücksichtigt. Dadurch gerathen die Anmerkungen ins Schwellen, bei Deut. 32 bereits tragen ihre Fluten den obenaufschwimmenden Text fast bis an den Kopf der Seite empor und bei den Hagiographen tritt die Nöthigung ein, nur einen Theil derselben an den Rand zu setzen und das Weitere einer besonderen Sammlung vorzubehalten. Ueber die Art der Exegese, namentlich über das oft seltsame Nebeneinander tüchtiger grammatischer und sachlicher Textbehandlung und dogmatisirender Gesichtspunkte vgl. die gutgewählten Beispiele bei Diestel, Geschichte des Alten Testaments S. 417. Ueber den Antheil, welchen Michaelis’ Neffe Christian Benedict an dieser Arbeit hatte s. o. S. 676. Der angeschwollene Stoff zu den Hagiographen ward besonders herausgegeben in dem Werke: „Uberiores annotationes philologico-exegeticae in hagiographos V. T. libros“, 1720. Bis Psalm 18 ist der Stoff aus der bibl. h. wiederholt, von Psalm 19 an beginnt die ausführlichere Erklärung. Die Deutung der Psalmen ist bis in die speciellsten Einzelheiten christologisch, auch Hiob wird als Vorbild des Leidens Christi, das Hohelied als Urbild der Verbindung Christi mit der Kirche gedeutet, die historische Kritik ist ganz apologetisch, siehe die Beispiele bei Diestel a. a. O. S. 417, 418. Ueber den Antheil von Christian Benedict s. d. Art. Außer diesem arbeitete auch Johann Jacob Rambach mit, welcher Ruth, Koheleth, Esther, Nehemia, das 2. Buch der Chronik, wie es nach T. I praefat. scheint, mehr redigirte als eigentlich bearbeitete. [683] Ganz allein hat also M. nur Psalmen, Hiob, Esra, das Hohelied (was Diestel S. 417 ausläßt) und das 1. Buch der Chronik geliefert. – Seine „hebraica grammatica facilior“, 1702 erlebte wegen ihrer praktischen Einrichtung 1723 die 5. Auflage. In der Accentlehre ward er durch seine „manuductio ad notitiam de accentibus hebr. metricis“ 1696 und seine „institutio de accentibus prosaicis et metricis“ 1700, welche letztere 1706, 20, 30, 37, 55 wieder aufgelegt wurde, eine Art Autorität, obwohl er nur die allgemeinen Grundzüge des Accentuationssystems darstellt. – Von weniger Belang sind seine Abhandlungen über Ezechias als Reformator der israelitischen Kirche 1718 und über den targumischen Gebrauch des Memra 1720 (s. die vollständigen Titel bei Fürst, biblioth. jud. II, 377). – Außerdem rührt von ihm die lateinische Uebersetzung in Hiob Ludolf’s (s. d. Art.) äthiopischem Psalter (1701) her (vgl. Eichhorn a. a. O. Bd. 2 S. 354).