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ADB:Magnus I. (Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel)

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Artikel „Magnus I. der Fromme, Herzog zu Braunschweig und Lüneburg“ von Paul Zimmermann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 20 (1884), S. 62–64, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Magnus_I._(Herzog_von_Braunschweig-Wolfenb%C3%BCttel)&oldid=- (Version vom 4. November 2024, 21:25 Uhr UTC)
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Magnus I. der Fromme, Herzog zu Braunschweig und Lüneburg, Sohn Herzog Albrechts des Fetten, wurde wol nach dem Jahre 1307 geboren, † 1369. Da er und sein Bruder Ernst bei dem Tode des Vaters (1318) noch unmündig waren, so führte der älteste Bruder, Herzog Otto der Milde, über beide die Vormundschaft. Auch als sie volljährig geworden, blieb die Regierung in dessen Händen. Etwa im J. 1327 vermählte sich M. mit Sophie, einer Tochter des Markgrafen Heinrich I. von Brandenburg und Landsberg und einer Nichte Kaiser Ludwigs, zu dem er dadurch in nähere Beziehung trat. Derselbe verlieh ihm 1333 die Mark Landsberg und die Pfalz zu Sachsen. welche zu der Burg Lauchstädt gehörte, und damit zugleich Schloß und Stadt Sangerhausen, wo er sich in der Folgezeit zumeist aufgehalten zu haben scheint. Nach dem Tode Otto’s des Milden († 30. Aug. 1344) regierten die Brüder anfangs gemeinsam; doch erreichte die Gesammtregierung bald ein Ende; am 17. April 1345 nahmen sie zu Münden eine Landestheilung vor. Ernst bekam das Land Oberwald mit Göttingen, M. Braunschweig-Wolfenbüttel; der Ort Hahausen am Barenberge bezeichnete die Grenze; nur gewisse Besitzungen, zumal in der Stadt Braunschweig, blieben gemeinsam. So war man denn in dem verderblichen Grundsatze, die Länder wie Grundherrschaft zu betrachten und zu vertheilen, einem Grundsatze, der das welfische Haus Jahrhunderte lang an einer bedeutenderen Machtentfaltung verhinderte, [63] wieder einen Schritt weiter gegangen. Bald zeigten sich davon die schädlichsten Folgen. Schon Otto dem Milden hatte Erzbischof Otto von Magdeburg den Besitz etlicher im Osten seines Gebietes gelegener Schlösser, wie Hötensleben, Bahrdorf, Calvörde und Vorsfelde, streitig gemacht. Dem Herzoge M. gegenüber, dessen Landbesitz auf die Hälfte herabgemindert war, bot sich eine günstige Gelegenheit jene Ansprüche mit Nachdruck zu wiederholen. Auch die neuerworbenen Landestheile, die Mark Landsberg und die Pfalz Sachsen, forderte er als Stiftsgut von ihm zurück. Den im J. 1346 schon entbrannten Streit sollte nach Uebereinkunft der Fürsten das schiedsgerichtliche Urtheil des Herzogs Rudolf von Sachsen-Wittenberg, eines Parteigängers des neuerwählten Gegenkönigs Karl IV., und der Grafen Albrecht von Anhalt und Albrecht von Regenstein entscheiden. Die Rechtsfindung lautete im Ganzen dem Herzoge nicht günstig und bald ging der Krieg weiter. Da der Erzbischof in der Mark Landsberg bedeutende Fortschritte machte, so wandte sich M. um Hülfe an den Markgrafen Friedrich von Meißen. Dieser aber stellte dazu die Bedingung, ihm die Mark Landsberg zu verkaufen und so überließ ihm dann M. diese am 5. Juni 1347 zu Weißenfels für 8000 Schock Groschen. Aber auch im Norden war der Herzog nicht glücklich. Der Erzbischof eroberte Schöningen und zwang dadurch den Herzog Ende des Jahres 1347 zu einer Sühne in der dieser Hötensleben abtrat und in die Einlösung einiger anderer verpfändeter Schlösser von Seiten des Erzbischofs willigte. Die Aufwendungen zur Kriegführung sowie die daraus erwachsenen Schulden hatten die Mittel des Herzogs gänzlich erschöpft, und er war daher zur Verpfändung und Veräußerung von zahlreichen Schlössern und Gerechtsamen genöthigt. Je geringer dadurch die Macht des Fürsten wurde, desto mehr hob sich besonders die der Städte, vor Allem die Braunschweigs, das in den Besitz einer großen Anzahl fürstlicher Schlösser gelangte, wichtige Rechte, wie das der Münze, erwarb und sich immer mehr zu einem Staat im Staate herausbildete. Auch der Stadt Helmstädt, in welcher M. 1340 den in einem Aufruhre vertriebenen alten Rath wieder einsetzte, verpfändete er späterhin nach längerem Zwiste die Vogtei. Die Selbständigkeit der Städte wuchs und da die Landesherrn für Landfrieden etc. nicht sorgten, so traten sie in Bünde zusammen, um auf eigene Hand ihre Interessen zu wahren und die Gegner in gemeinsamer Abwehr fern zu halten. – An der Regierung des Vaters betheiligte sich seit 1345 auch sein ältester Sohn, Magnus mit der Kette, dem jener 1348 die Verwaltung der ihm noch jenseits des Harzes gehörigen Gebiete, der Pfalz Sachsen und besonders Sangerhausens, übergab. Noch im nämlichen Jahre verlieh aber König Karl IV. dem Fürsten Bernhard von Anhalt sowol die Pfalz Sachsen wie die Mark Landsberg. Eine neue Gefahr für Herzog M. Erst durch die Heirath des jüngeren M. mit Katharina, der Tochter des Fürsten Waldemar von Anhalt, die vor 1356 stattfand, scheint ein endgültiger Vergleich um die streitige Pfalz mit dem Hause Anhalt herbeigeführt zu sein. Hoffnung auf bedeutenden Machtzuwachs für seine Familie erwuchs M. aus den mit seinem Vetter Wilhelm getroffenen Bestimmungen. Nach dem Tode seines Bruders Otto († 1352) hatte dieser nämlich die bis dahin gemeinsam beherrschten Lüneburgischen Lande in alleinigen Besitz erhalten, aber trotz zweimaliger Ehe war er, wie auch sein Bruder, ohne Söhne geblieben. Da er dennoch sein Land seiner Nachkommenschaft zu bewahren wünschte, so bat er König Karl IV., für den Fall seines söhnelosen Todes Herzog Albrecht von Sachsen, den Sohn seiner mit Herzog Otto von Sachsen-Wittenberg († 1350) vermählt gewesenen Tochter Elisabeth, mit dem Fürstenthume Lüneburg zu belehnen. Aber er kam bald von diesem Plane zurück, da er wol einsehen mußte, daß er dadurch dem welfischen Hause ein wichtiges Erbe entziehen und sich in unvereinbaren Widerspruch mit dem [64] Familienrechte des welfischen Hauses setzen würde. Er wählte sich deshalb nach Uebereinkunft mit M. am 23. Juni 1355 einen Erben unter seinen nächstberechtigten Verwandten, nämlich den zweiten Sohn des Herzogs M., Ludwig, dem er seine zweite Tochter Mechthild zur Gattin versprach. Auch M. bestimmte diesem Sohne die Nachfolge in seinem Fürstenthume, so daß nach aller Voraussicht dereinst die Vereinigung des größten Theiles der welfischen Lande in seiner Hand zu erwarten stand. Stürbe er früher als Herzog Wilhelm, so sollte, setzte man fest, die Erbschaft in gleicher Weise einem anderen Sohne des Herzogs M. zu Theil werden. Der Fall trat ein; denn Herzog Ludwig, der sich 1359 mit seiner Braut vermählt hatte, starb bereits 1367. Herzog Wilhelm setzte nun den älteren Bruder des Verstorbenen, Magnus mit der Kette, in jenes Erbrechte ein. Inzwischen hatten aber auch die sächsischen Herzöge nicht geruht. Bereitwillig war Kaiser Karl IV., der mit ihnen in guten Beziehungen stand, auf ihre Wünsche eingegangen und hatte dem Herzoge Albrecht von Sachsen wie seinen Oheimen Wenzel und Rudolf am 3. October 1355 zu Prag die schon 1352 ausgestellte Eventualbelehnung auf das Fürstenthum Lüneburg erneuert, dasselbe in geradem Gegensatze zu den Bestimmungen des Herzog Otto dem Kinde 1235 ausgestellten kaiserlichen Lehnbriefes als ein heimgefallenes Reichslehen betrachtend. Dies gab bald darauf den Anlaß zu langen blutigen Kämpfen, dem sogenannten Lüneburger Erbfolgekriege, der erst 1388 unter den Söhnen Magnus mit der Kette sein Ende erreichte. Abgesehen von kleineren Fehden wurde M. noch in den Streit seines 1361 zum Erzbischofe von Bremen ernannten Sohnes Albrecht mit dem Grafen Moriz von Oldenburg, Administrator des Stifts Bremen, verwickelt, der 1362 mit dem Siege Albrechts endigte. Ganz unglücklich aber lief der, so viel bekannt, letzte Feldzug seines Lebens aus. Der Erzbischof Dietrich von Magdeburg, Bischof Albert von Halberstadt, Graf Waldemar von Anhalt und viele Edle verbanden sich 1367 mit ihm aus, wie es scheint, geringfügiger Ursache gegen den Bischof Gerhard von Hildesheim, erlitten aber von diesem zwischen Farmsen und Dinklar am 3. September eine vollständige Niederlage. Unter der großen Zahl der Gefangenen befand sich auch Herzog M., der seine Freiheit nur mit schwerem Lösegelde erkaufen konnte. Neue Verpfändungen waren nöthig, um es aufzubringen; M. hat die Folgen des Unglücks kaum noch verwinden können. Er starb im Sommer 1369. – Wie schon der Beiname des Frommen (pius), den[WS 1] man M. beilegte, andeutet, so zeigt er sich auch in der That als ein gerechter, sorgsamer Herrscher. Daß er sich auch über manche Vorurtheile seiner Zeit erheben konnte, beweist unter Anderem sein Verhalten gegen die Juden. Feldherrngeschick sowie klare Erkenntniß für die wachsende Bedeutung der Städte scheinen ihm gefehlt zu haben. Dadurch ist wol vor Allem die finanzielle Bedrängniß zu erklären, von der er sich Zeit seines Lebens nicht frei machen konnte. Leider sollte die Hoffnung, daß sein Sohn dereinst die Fürstenthümer Braunschweig und Lüneburg in glücklicher Herrschaft unter sich vereinigen werde, nicht in Erfüllung gehen. – Seine Gemahlin war ihm schon im J. 1356 im Tode vorausgegangen. Von seinen Söhnen überlebten ihn vier, außer Magnus (s. u.) der Erzbischof Albrecht von Bremen († 1395), Heinrich, Dompropst zu Halberstadt († nach 1380), und Ernst, der nach 1374 gestorben ist.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: dem