ADB:Mayr, Heinrich von

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Mayr, Heinrich von“ von Hyacinth Holland in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 21 (1885), S. 139–141, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Mayr,_Heinrich_von&oldid=- (Version vom 19. April 2024, 19:52 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Nächster>>>
Mayr, Johann Ulrich
Band 21 (1885), S. 139–141 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Kein Wikipedia-Artikel
(Stand August 2014, suchen)
Heinrich von Mayr in Wikidata
GND-Nummer 116973269
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|21|139|141|Mayr, Heinrich von|Hyacinth Holland|ADB:Mayr, Heinrich von}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=116973269}}    

Mayr: Heinrich v. M., Pferde- und Genremaler, geb. am 22. Febr. 1806 zu Nürnberg, verlor schon im vierten Jahre seinen Vater Daniel v. M.; sein Stiefvater Friedrich Christian Fues (1772–1836) vertrat bei seiner Erziehung sorgfältig die Stelle des Verstorbenen, weckte die Liebe zur Kunst und unterrichtete ihn im Zeichnen und Oelmalen. Nachdem M. auch die unter dem Director A. Reindel florirende Kunstschule besucht und nach der Antike und dem Leben gezeichnet hatte, ging er 1825 nach München, um sich hier in der Genre- und Bataillen-, vorzüglich aber in der Pferde-Malerei, für die er besondere Vorliebe gewonnen hatte, auszubilden. Er machte seine Studien im kgl. Marstall und in der Veterinärschule; Ausflüge ins Salzkammergut lockten zu landschaftlichen Bildern. Ermunternd wirkten die ersten Aufträge des Herzogs Maximilian, welcher, nachdem der junge Künstler 1832 und 1833 am Hofe des Fürsten von Thurn und Taxis mehrere größere Gemälde, Cavalcaden, Jagden und dgl. ausgeführt hatte, denselben als artistischen Begleiter auf seine orientalische Reise 1838 und 1839 mitnahm. Die Titelverleihung zum herzoglichen Cabinetsmaler war nur eine auszeichnende Förmlichkeit, da der Herzog den Künstler persönlich hochhielt und mit wahrer Freundschaft ehrte. Als Frucht dieser Aegypten, Nubien, Palästina, Syrien und Malta umfassenden Reise gab M. die beiden großen, damals gerechtes Aufsehen erregenden Prachtwerke heraus „Malerische Ansichten aus dem Orient“ (München und Leipzig 1839 ff., lithogr. von F. Kaiser, 60 Blätter) und „Genre-Bilder aus dem Orient“ (Stuttg. 1844–50, mit erklärendem Text von Seb. Fischer, Fol., auf Stein gezeichnet von P. Herwegen u. A. und durch Ton- und Farbendruck in Effect gesetzt). Wir sehen da z. B. Mehomed-Ali auf einer Spazierfahrt und die Audienz des Herzogs bei demselben, auch die sehr irreguläre ägyptische Cavallerie, dann eine ärztliche Consultation im Harem, den Sklavenmarkt in Kairo, den Einzug der Mecca-Pilger daselbst; ferner zeigt uns der Maler betende Araber in einer Moschee, die Ausführung eines zum Tode verurtheilten Missethäters, eine Recruten-Aushebung, wol auch wassertragende Frauen, eine nächtliche Hyänenjagd; er führt uns durch arabische Schulen, Barbierstuben und Spitäler, in Caffeehäuser mit Märchenerzählern und [140] Tänzerinnen; Brautzüge und Hochzeitsfeierlichkeiten rauschen vorüber; es ist das für jeden Abendländer sinnverrückende Treiben. Von besonderem Werthe sind die Detailblätter, welche Waffen, Costüme, Schmuckgegenstände u. s. w. mit großer Genauigkeit abbilden. Manches ist freilich flau und dilettantenhaft und ermangelt einer gediegenen Durchbildung. M. führte für seinen hohen Herrn auch mehrere Scenen als Oelbilder aus; eines derselben z. B. zeigt den Meister des Zitherspiels Joh. Petzmayer (welcher als Kammervirtuos des Herzogs die ganze Reise mitmachte) hoch auf Kameeles-Rücken durch die Wüste reitend. Eine kostbare Sammlung von Stoffen, Geräthschaften, cultur- und ethnographischen Gegenständen aller Art, welche M. mit in die Heimath brachte, verwendete derselbe zu Aufbau und Ausschmückung eines Kiosk, welchen der König von Württemberg für seine „Wilhelma“ erwarb. Ein ähnliches Meisterstück arrangirte der Künstler später in Schloß Berg. Sein dabei bewiesener Geschmack zog ihm sogar zu gleicher Thätigkeit einen Ruf nach St. Petersburg zu, von wo M. mit einem neuen Reichthum nordischer Producte, sibirischer und kamtschadaler Cultur zurückkehrte, mit denen er hohe Sammler erfreute. Sein unermüdlicher Geist, welcher sich in vielerlei Versuchen erging, erfand auch eine neue Thonerde, welche den enormen Vorzug gewährte, daß sie im Brennofen sich weder verzog, noch durch Sprünge oder Risse litt, dabei aber die größtmögliche Feinheit und Schärfe bis zum zierlichsten Filigran gestattete. M. modellirte und brannte eine Unzahl gemeinnütziger Artikel und Luxusgegenstände, z. B. zierliche Handgriffe zu Papiermessern u. s. w. construirte neue Oefen mit dünnen Wänden, kunstreiche Ofenkacheln, welche jedem Feuer widerstanden und Anderes dgl. Die beste Probe bewährte seine Thonerde, indem er daraus die Schale eines Straußeneies in gleicher Feinheit des Originals formte, dieselbe brannte und aus dem Brennofen in den Schnee warf, ohne daß das wunderliche Product Schaden genommen hätte. Leider verkaufte M. sein Geheimniß an eine Persönlichkeit, welche davon keine Nutzanwendung zu machen im Stande war. M. starb am 5. April 1871.

Von seinen Oelbildern seien erwähnt aus dem Jahre 1829: Porträt eines Mannes zu Pferd; 1830: Nürnberger Eilwagen; Russisches Bivouak: ein Chevauxleger Pferde spazieren reitend; 1831: Uhlan mit 2 Pferden; Chevauxlegers mit einem Mädchen am Brunnen; gebrochener Gesellschaftswagen; 1834: Gefecht zwischen baierischer und österreichischer Reiterei; 1835: das Schlachtfeld zu Regensburg (im Vordergrunde ein Pferd und zu dessen Füßen ein todter Reiter; ein Dragoner mit einem erbeuteten Pferde; österreichische Husaren nehmen einen polnischen Offizier gefangen; 1836: italienische Gensdarmen transportiren mehrere Räuber; Scene aus einem englischen Reiter-Circus; 1837: österreichisches Lager; Eduard, Prinz von Sachsen-Altenburg zu Pferde; 1840: Herzog Maximilian von Baiern mit Gefolge in den Ruinen von Karnack; der Europäer (Joh. Petzmayer) in der Wüste; ägyptische Truppen auf dem Marsche; 1844: Beduinen, ein Pferd stehlend; Gruppe von arabischen Frauen, welche am Nil waschen und Wasser schöpfen; 1845: Fohlenhof des Ibraim Pascha zu Kairo; 1846: ägyptische Moschee mit betenden Arabern; ärztlicher Besuch im Harem (diese vier für den König von Württemberg); Mehmed Ali mit Gefolge; Nachtritt eines vornehmen Aegypters; eine Dame in syrischem Costüm laßt sich von einer ägyptischen Dienerin den Caffee reichen; 1847: griechische Dame im ägyptischen Harem; die Nadeln der Kleopatra; der Tempel von Ombos; Nilbarke mit Sklaven; das Pestspital zu Kairo; arabische Schule; ägyptischer Brautzug; Hyänen-Jagd am Nil; 1848: Empfang des Herzog Maximilian im Hafen von Alexandrien u. s. w. M. radirte auch eine Anzahl kleiner Blätter, wovon die sog. Maillinger-Sammlung II, 192 eine Auswahl bietet.

[141] Vgl. Schaden, Artistisches München, 1836, S. 72. Nagler 1839 VIII, 498. Raczynski II, 424. Vincenz Müller, Universal-Handbuch von München, 1845, S. 160. Beil. 107 Allg. Ztg. vom 17. April 1871. Kunstvereins-Bericht für 1872 S. 66.