ADB:Mayr, Georg (Kartograph)

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Artikel „Mayr, Georg“ von Hyacinth Holland in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 21 (1885), S. 137–139, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Mayr,_Georg_(Kartograph)&oldid=- (Version vom 29. März 2024, 14:13 Uhr UTC)
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Mayr: (Johann) Georg M., Kupferstecher und Kartograph, geb. am 24. Juni 1800 zu Brixlegg in Tirol, folgte 1810 seinen Brüdern nach München, erhielt daselbst Unterricht im Stechen und fand, erst 14 Jahre alt, schon Verwendung im Topographischen Bureau als Kupferstecher-Eleve. Unter der Leitung des trefflichen Kupferstechers Joh. Bapt. Seitz, sowie durch weitere Studien an der Akademie der Künste, vervollkommnete sich M. in seinem Fache so rasch, daß er schon nach drei Jahren durch ein dem damaligen Vorstande des Bureaus, dem Generallieutenant von Raglovich vorgelegtes Blatt volle Zufriedenheit und großes Lob erwarb. So erhielt M. von seinem 24. Jahre an eine definitive Anstellung und warf sich mit dem eisernen Fleiße und dem Pflichteifer, womit er jedes auch noch so schwere Unternehmen rasch und stets gelungen zur Vollendung brachte, auf das große Werk des topographischen Atlas von Baiern. Viele der vorzüglichsten Blätter, welche sich alle durch die Reinheit des Stiches, charakteristische [138] Schärfe und Kraft der Darstellung auszeichnen, sind aus seiner Hand hervorgegangen und haben vielleicht zum guten Theile beigetragen, dem ganzen Kartenwerke die europäische Berühmtheit, welche dasselbe genießt, zu erringen. M. avancirte 1826 zum Revisor und 1840 zum Inspector, wurde aber schon 1852 in den Ruhestand versetzt. Außer seinen Berufsarbeiten fertigte M. die Pläne und Uebersichtskarten zu Völderndorff’s „Kriegsgeschichte von Baiern“ (München 1826), welche den strebsamen Geist des Jünglings bekunden, der sich zur Förderung seiner Bildung so tief eingehend mit dem historischen Studium befaßte. In rascher Folge erschienen eine „Postkarte von Baiern“ (München bei Piloty und Löhle), eine „Karte von Europa“, ein elegant gearbeiteter „Plan von Rom“, welchen Papst Gregor XVI. durch Verleihung des Ordens vom goldenen Sporn auszeichnete. Das auf seinen Erholungsreisen nach der Heimath gesammelte Material verarbeitete M. zu einer meisterhaften „Karte von Tyrol“ (1838 im Verlag der litterar.-artist. Anstalt (Cotta) in München), deren Vorzüge – große Reichhaltigkeit bei sehr beschränktem Raum, prägnante Gebirgszeichnung und die hohe Zuverlässigkeit und Naturwahrheit – ihr bei allen Touristen eine vordem unerhörte Verbreitung erwarben. Daran reihten sich die Stadtpläne von Salzburg und München (1837 bei G. Franz), eine Karte von Palästina (Utrecht bei Kemink in 3 Auflagen), von Italien (München bei Palm), eine „Reise- und Uebersichtskarte von Deutschland“ (München 1862 bei Rieger). Zweimal wurde ihm ein ehrenvoller Ruf ins Ausland angeboten: erst von Schweden, dann suchte ihn General von Berg, Chef des russischen Generalstabs, (1846) für die Dienste Rußlands zu gewinnen; aber M. lehnte jedesmal ab. Nach seiner Pensionirung begann M. den „Atlas der Alpenländer“, welchen er auch von 1858–62 in neun Blättern für J. Perthes in Gotha vollendete. In dieser trefflichen Arbeit gipfelt das ganze Wirken seines Lebens. M. hat „mit einer lichtvollen Uebersichtlichkeit, welche durch den Reichthum und die Genauigkeit des behandelten Stoffes nicht die geringste Einbuße leidet, die größte unserer continentalen Gebirgsketten vielleicht zum ersten Male in ihrem totalen Zusammenhange, in allen Gruppirungen und Einzelformationen zum klaren Bewußtsein gebracht“. Eine „Karte von Italien“, welche M. in Verbindung mit einem italienischen Topographen bearbeitete, blieb unvollendet, da M. am 17. Januar 1864 starb. Das Hauptverdienst dieser Karte fiel auch hier an M., da seine Arbeit nach dem Urtheil des Turiner Professors Luigi Schiaparelli „jede andere Karte der Art, die wir gegenwärtig besitzen, bei Weitem übertrifft“. M. hat sich übrigens auch als Schriftsteller versucht, sein Buch „Der Mann von Rinn (Joseph Speckbacher) und Kriegsereignisse in Tirol 1809“ (Innsbruck 1851 bei Ostermann) ist nicht allein aus den bekannten Quellenschriften geschöpft, sondern auch aus der dem Autor noch erreichbaren mündlichen Ueberlieferung aufgebaut und mit einer so lebenswarmen Empfindung geschrieben, daß man den etwas zu blumigen und verzierten, ganz autodidaktischen Styl gerne darüber vergißt. Im Ganzen wird Speckbacher vielleicht zu sehr und auf Kosten Hofer’s, in den Vordergrund der Tiroler Erhebung gerückt und Manches aus der Tradition allzu vertrauensvoll erzählt, was doch unser kritisches Bedenken erregt. Indessen haben Wolfgang Menzel (Litt.-Blatt 1852 S. 241), Fallmerayer (Kritische Versuche, Leipzig 1861, S. 287–97), Häusser, L. Steub und Franz Pocci die Vorzüge seiner Darstellung bereitwillig anerkannt. Außer einigen Beiträgen in Isabella Braun’s „Jugendblättern“, etlichen Reiseschilderungen und Aufsätzen über die „Brenner-Bahn“ verfaßte M. noch eine umfangreiche Bearbeitung „Leben und Thaten des Kurfürsten Max Emanuel“ und ein weiteres Buch über „Andreas Hormayr“, welche, obwol im Manuscript vollendet, doch ungedruckt verblieben, da der Autor vielleicht fühlte, daß seine Kraft hierzu nicht ausreichte. Neben ihm verdienen [139] auch seine beiden älteren Brüder Erwähnung. Der erste, Christian M., kam früh nach Baiern, durchlief mit Auszeichnung alle Schulen, hatte juridisches Talent, war schon mit 28 Jahren bairischer Hofrath, wurde 1813 Regierungspräsident in Tirol, trat wieder in bairische Dienste zurück und starb als Oberappellationsgerichtsrath zu München. Der zweite, Simon M., geb. am 28. Oct. 1779 zu Stumm im Zillerthal, folgte seinem Bruder frühzeitig nach München, wurde Dreher in der kgl. Porzellan-Manufactur zu Nymphenburg, arbeitete sich fast ohne Anleitung zum Zeichner empor, trat als solcher 1805 in die Hofbau-Intendance, leitete die Restauration des zum Sommersitze König Maximilian’s I. bestimmten ehemaligen Klosters Tegernsee und die Neubauten im Bade Kreuth, brachte es zum Rufe eines anerkannt praktischen Baumeisters und unter Klenze zur Stelle eines kgl. bair. Hofbauinspectors, in welcher Eigenschaft er am 20. October 1840 zu München starb.

Vgl. über Simon M. Nagler 1839 VIII, 498. Kunst-Vereins-Bericht f. 1840 S. 97. Wurzbach 1868 XVIII, 175. Ueber Joh. Georg M. die autobiographischen Notizen in dessen obengenanntem „Mann von Rinn“ S. 330, dann den Nekrolog von F. v. T. in dem von Dr. Otto Titan von Hefner herausgegebenen „Münchner Omnibus“ Nr. 27 vom 27. Januar 1864 (auch in Nr. 211 Morgenblatt der Baierischen Zeitung vom 2. August 1864). Karl Theodor von Inama-Sternegg im XXVII. Jahresbericht des Histor. Vereins für Oberbaiern 1865 S. 116 ff. und Wurzbach 1868 XVIII, 117.