Zum Inhalt springen

ADB:Moibanus, Ambrosius

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Moibanus, Ambrosius“ von Adolf Schimmelpfennig in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 22 (1885), S. 81–82, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Moibanus,_Ambrosius&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 04:18 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 22 (1885), S. 81–82 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Ambrosius Moibanus in der Wikipedia
Ambrosius Moibanus in Wikidata
GND-Nummer 123964709
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|22|81|82|Moibanus, Ambrosius|Adolf Schimmelpfennig|ADB:Moibanus, Ambrosius}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=123964709}}    

Moibanus: Ambrosius M., ein um die Einführung der Reformation in Breslau hochverdienter Theologe, war der Sohn eines wohlhabenden Schuhmachers und am 4. April 1494 in Breslau geboren. Nachdem er die Schulen seiner Vaterstadt wie die in Neiße absolvirt und eine Zeit lang an der Schule zum heiligen Leichnam in Breslau als Unterlehrer (synergus) selber unterrichtet hatte, begab er sich zur Vollendung seiner Studien nach Krakau und von dort nach Erwerbung des Baccalaureats nach Wien, wo er Magister wurde. Nach seiner Rückkehr bestellte ihn Bischof Thurzo 1518 zum Rector der Domschule, von welcher er jedoch 1520 vom Breslauer Rath als Rector an die Magdalenenschule berufen wurde. Die Ereignisse in Wittenberg bestimmten M., seine Studien noch einmal aufzunehmen, und ein Stipendium des Raths gewährte die dazu erforderlichen Mittel. Die Nachricht, daß er, um hebräisch zu lernen, zu Reuchlin nach Ingolstadt und mit diesem alsdann nach Tübingen gegangen sei, ist mit anderweitig urkundlich bezeugten Daten indeß nicht vereinbar; M. begab sich vielmehr nach Wittenberg, wo er am 16. April 1523 inscribirt worden ist. Von dort berief ihn der Breslauer Rath 1525 zum Pfarrer an die vom Meister von St. Matthias der Stadt unmittelbar zuvor abgetretene Elisabethkirche unter der Bedingung, sich in Wittenberg zuvor das Doctorat der Theologie zu erwerben, welches ihm am 26. Juni 1525 ertheilt wurde.[1] In Breslau dachte damals noch Niemand an die Möglichkeit einer Kirchentrennung und so bestätigte der Bischof M. in dem ihm übertragenen Amte gegen das Versprechen, das Wort Gottes ohne Tumult und Aufruhr zu predigen, hinter dem Rücken des Bischofs in den Ceremonien auf eigne Hand nichts zu ändern, ihn, den Bischof, als seinen Vorgesetzten anzuerkennen und sich die höheren Weihen (M. war blos Acoluth der Breslauer Kirche) nach Vorschrift der römischen Kirche in der dazu bestimmten Zeit ertheilen zu lassen. Das Letztere ist unterblieben, da der Weihbischof die Ordination, zu deren Ertheilung außerhalb der dazu vorgeschriebenen Zeit es einer besonderen päpstlichen Erlaubniß bedurfte, für den Augenblick versagen mußte und M. in dem Segenswunsche, mit welchem ihn der Bischof entlassen hatte: „Gehe hin und predige das Evangelium Christi!“ den Ersatz für die ihm fehlende Priesterweihe erblickte. Seine Gegner haben ihm diesen Mangel nie verziehen. Qui absque sacrorum ordinum susceptione, schreibt Cochläus 1547 über ihn an den Cardinal Contarini, pastoralem sibi usurpat curam in hac urbe. Ueberall ging M. mit seinem Amtsgenossen Heß an der Magdalenenkirche Hand in Hand und obschon beide sich verheiratheten, so hörte Bischof Jacobus von Salza doch nicht auf, sie nach wie vor als seine ihm untergebenen Söhne zu betrachten, wie andererseits auch M. den Nachfolger Jacobs auf dem bischöflichen Stuhl, Balthasar v. Promnitz, in einem lateinischen Gratulationsschreiben als seinen Bischof auf das herzlichste begrüßte. M. war mehr Gelehrter als Prediger. [82] Ueber sein Predigen urtheilt Andreas Osiander sehr absprechend. Zur Befestigung der Jugend in der evangelischen Lehre verfaßte M.: „Catechismi capita X, primum quibusdam thematis, deinde etiam colloquiis puerilibus illustrata, juventuti Vratislaviensi proposita“, dessen zweite Ausgabe 1538 mit einer Vorrede Melanchthon’s erschien. Moibanus’ Dedication ist datirt 1537 die Ambrosii (4. April). Der Katechismus besteht aus einer Anzahl kurzer Sätze (themata) über die evangelischen Hauptlehren (Justitia, lex, evangelium, Christus, duo sacramenta, baptismus, eucharistia, caritas, vocatio, oratio), etwa 11 Octavseiten füllend, welche in 15 Colloquien ausführlicher erläutert werden. 1535 erschien eine deutsche Ausgabe desselben mit einer Vorrede von Caspar Cruciger unter dem Titel: „Catechismus Auff zehen Artikel Götlicher schrifft gestellet, wie man fur Gott und den menschen ein Christlich frumes leben füren sol. Durch D. Ambrosium Moibanum, Pfarrer zu Breslaw“. 8°. 156 Blätter. Die themata des lateinischen Katechismus kehren hier als „Aussprüche“ in wörtlicher Uebersetzung wieder, die Begründung und Ausführung derselben aber ist eine neue, selbständige Arbeit. Daß M. 1539 dem Bischof als Anhänger Zwingli’s verdächtigt werden konnte, erklärt sich aus seiner milden, in erster Linie die geistige Aneignung des Segens des Todes Jesu betonenden Abendmahlslehre; er beruft sich weder auf Luther noch Zwingli, noch irgend eine menschliche Autorität, sondern allein auf die heilige Schrift. Auch war er unbefangen genug, Calvin’s Verdienste um die Reformation anzuerkennen und in einem warmen, freundschaftlichen Briefe litterarische Verbindung mit ihm anzuknüpfen. Um die Kenntniß der Grundsprachen der heiligen Schrift zu verbreiten, fing er 1547 an das Hebräische öffentlich zu lehren. In seinen Studien war er so unermüdlich, daß er 1551 noch daran dachte arabisch zu lernen, wie wir aus einem Briefe an seinen in Padua studirenden Sohn erfahren, dem er aufträgt, eine in Venedig erschienene arabische Grammatik für ihn zu kaufen. Tief betrauert von seiner Gemeinde wie vom Rathe der Stadt starb er den 16. Januar 1554.

Kundmann, Silesii in nummis, p. 279 ss. Fibiger, Gewaltthätig eingerissenes Lutherthum, I. 153 ff. Ehrhardt, Presbyterologie, I. 90 ff., 175 ff. Schmeidler, Geschichte der Elisabethkirche. Köstlin, Johann Heß, in der Zeitschrift für Geschichte u. Alterthum Schlesiens, VI. 118 ff., 210 ff., XII. 418.

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. S. 81. Z. 21 v. u.: Vgl. jetzt P. Konrad, Dr. Ambrosius Moibanus (Schr. des Vereins f. Reformationsgesch. Nr. 34). [Bd. 36, S. 790]