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ADB:Osterwald, Peter von

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Artikel „Osterwald, Peter von“ von Johann Friedrich von Schulte in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 24 (1887), S. 525–526, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Osterwald,_Peter_von&oldid=- (Version vom 5. Oktober 2024, 07:27 Uhr UTC)
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Osterwald: Peter v. O. geb. 1718 zu Weilburg im F. Nassau, † am 19. Januar 1776 zu München. Mit 14 Jahren trat er zur katholischen Kirche über, besuchte, nachdem er am Gymnasium seiner Vaterstadt eine gründliche Vorbildung erlangt hatte, die Universitäten Leipzig, Jena, Halle und Straßburg, wo er außer der Jurisprudenz sich auf Philosophie, Geschichte und Mathematik verlegte. Im J. 1740 trat er in das Benedictiner-Reichsstift Gengenbach, betrieb theologische Studien und unterrichtete in der Mathematik, verließ aber nach acht Monaten das Stift und ging nach Augsburg, wo er in nähere Beziehung zu dem Stadtbaumeister und späteren Prälaten der Schotten zu Regensburg, Bernhard Stuart und dem Mathematiker Brander trat, nahm im J. 1744 in Regensburg im Schottenstift die Stelle des Lehrers der französischen Sprache, in St. Emmeran die eines Lehrers der Mathematik an. Der Fürstbischof Johann Theodor (H. v. Baiern, Cardinal) ernannte ihn 1745 zu seinem Secretär, 1749 zum Hofrath und Zahlmeister. Im J. 1757 wurde er von demselben zum Cabinetssecretär, im folgenden Jahre zum wirklichen Geheimen Rathe befördert und in den Adelstand erhoben und bei der Regierung in Freising (Johann Theodor war zugleich B. von Freising, von 1744 auch von Lüttich) beschäftigt. Der Kurfürst Maximilian Josef von Baiern rief ihn 1760 nach München, machte ihn 1761 zum Geheimen Rath, weltlichen Director des kurfürstlichen geistlichen Raths; die Akademie gab ihm eine Pension von 800 fl., wählte ihn am 27. Mai 1762 zum Director der philosophischen Classe, welche Würde seitdem regelmäßig erneuert wurde. In der Stellung beim geistlichen Rathe war er in hervorragender Weise betheiligt bei den vom Kurfürsten unternommenen kirchenpolitischen Reformen, indem er nicht blos durch seine amtlichen Arbeiten, sondern auch in Druckschriften dieselben begründete und rechtfertigte. Von großer Bedeutung war die im Auftrag des Kurfürsten von ihm unter dem Pseudonym Veremund von Lochstein verfaßte Schrift „Gründe sowohl für als wider die geistliche Immunität in zeitlichen Dingen. Herausgegeben und mit Anmerkungen begleitet von F. L. W. Straßburg 1766.“ Die Schrift entwickelt zunächst objectiv die von klerikaler Seite aufgestellten Gründe für die geistliche Immunität, zieht dann mit scharfen Gründen und dabei ruhig zu Felde gegen die curialistische Theorie, besonders des Cardinals Bellarmin, wonach der Papst der König der Könige, Fürst der Fürsten, souveräner Herrscher aller Staaten sei, legt dar, daß der Geistliche in weltlichen Dingen weder für seine Person, noch seine Güter eine Exemtion beanspruchen könne, daß der Staat souverän und von der geistlichen Gewalt gänzlich unabhängig sei. Seine Argumente sind wesentlich Febronius entlehnt. Die Schrift rief einen Sturm hervor. Der Fürstbischof Clemens Wenzel von Freising erließ ein öffentliches Verbot vom 13. August 1766 dagegen, welches auch im Kurfürstenthum an den Kirchenthüren angeschlagen wurde. Der Kurfürst cassirte dasselbe mit Erlaß vom 29. August als „einen sonderbaren Eingriff in unseren Landeshoheitsrechte“, drohte den Geistlichen Temporaliensperre, den Weltlichen „willkührliche Straff“ an, wenn sie es nicht fortnähmen, rechtfertigte das Buch, weil es „keine Glaubens- und Religions-Sachen, sondern nur landesherrliche Gerechtsame und Befugnisse“ abhandle, verbot die Gegenschriften und die Abhandlung Bellarmin’s über die päpstliche Gewalt in zeitlichen Dingen, sah selbst die zweite Auflage durch und ernannte O. am 30. August 1768 zum ersten Director des geistlichen Raths. Auf den Index wurde es am 26. Mai [526] 1767 gesetzt. Denselben Gegenstand betrifft seine Schrift „Antworten auf die Fragen eines ungenannten Mitglieds der churbair. Akad. d. Wiss. wegen der geistlichen Immunität in zeitlichen Dingen“, Straßb. 1767, einen andren die anonyme: „Nahe Beleuchtung derjenigen Einwürfe, welche einige Canonisten wider das churbairische Sponsaliengesetz vom 24. Juli 1769 machen“, München 1770, dann nach Einigen auch die Schrift „De religiosis ordinibus et eorum reformatione, liber singularis, quem e germ. in latin. traduxit suisque auxit animadversionibus T. R. a. G. in Germ.“ 1781. Außerdem enthalten die bairischen Acten viele Gutachten von ihm; verschiedene in der Akademie gehaltene Reden sind unter seinem Namen gedruckt. O. war ein durchaus kirchlicher Mann, besuchte den öffentlichen Gottesdienst regelmäßig „mit der größten Erbaulichkeit bis an sein Ende“, wurde, wie Westenrieder angibt, von den Hausgenossen, die unvermuthet in sein Zimmer kamen, „nicht selten knieend und im stillen Gebet“ angetroffen und begegnete nach dessen Zeugniß dem Klerus auf die beste Weise. Seine Schriften und Thätigkeit greifen nur den Mißbrauch an, ohne radical zu sein.

L. Westenrieder, Rede zum Andenken des P. v. O. u. s. w. den 2. April 1778 … abgelesen, München 1778, 4; desselben Geschichte der kön. baier. Akademie der Wissensch. Münch. 1784, 1807, 2 Thle. I, 58, 110, 130 u. ö. (S. 235–240 die beiden Erlasse von 1766), II, 547 ff. (ein Auszug aus der Rede). – Ersch u. Gruber, 3. Sect. 7 Th. S. 49 ff., wo noch andre Litteratur. – Pütter, Litter. d. Staatsr., II, 161. – v. Sicherer, Staat u. Kirche in Baiern. Münch. 1874, S. 8 ff. – Friedrich, Beitr. zur Kirchengesch., S. 41. – Die Gegenlitteratur des Veremund v. Lochstein in Annalen der baier. Litter. v. J. 1781, II, 134. – Moshamm, über die Amortisationsgesetze, S. 14 f.