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ADB:Pezzen von Ulrichskirchen, Barthlmä Freiherr

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Artikel „Pezzen, Freiherr von Ulrichskirchen, Barthlmä“ von Loebl. in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 53 (1907), S. 41–47, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Pezzen_von_Ulrichskirchen,_Barthlm%C3%A4_Freiherr&oldid=- (Version vom 24. Dezember 2024, 00:39 Uhr UTC)
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Pezzen: Dr. Barthlmä P., Freiherr von Ulrichskirchen, kaiserl. Reichshofrath, Hofkriegsrath und Hofexpeditionsdirector unter Kaiser Rudolf II. (Die Schreibung des Namens wechselt zwischen Petz, Betz oder Becz, sogar Petsch und Petzen.)

Er entstammte einem heute erloschenen, alten, deutsch-tirolischen Brixener oder bischöfl. trientinischen niederen Stiftsadel aus dem Nonsberg. Die Familie ist weder mit den P. von Purckheim, noch mit den bairischen P. von Lichtenhof, noch auch mit dem erloschenen siebenbürgischen Adelsgeschlecht der Bécz von Bozita in verwandtschaftlichen Zusammenhang zu bringen. Italienische Historiker nennen das Geschlecht Pezzeni, bezeichnen die Mitglieder als Welschtiroler (orionda die Valcamonica, si stabili a Vermiglio quindi a Croviana sullo scorcio del secolo decimo quinto meint der Pfarrer Tomaso Viglio Bottéa aus Malé, S. 325), und nach solchen Angaben leitet Karl Außerer die Abstammung der Familie von Pezzo bei Cles ab (S. 193 des in der Litteraturanmerkung cit. Buches). Croviana, der Geburtsort unseres Barthlmä, ein Städtchen bei Malé im Sulzbergthale, heute Sitz der Grafen zu Castel-Braghier, freilich jetzt im italienischen Sprachgebiete des Trentino; aber der Vater, Michael P. aus Croviana, führt in seiner Eingabe um Wappenbesserung aus, daß das Geschlecht aus Brixen stamme. In dieser seiner Eingabe um Nobilitation und Wappenbestätigung, „also Anerkennung des alten, verloren gegangenen Adelsbriefes“ und Bestätigung des „alten, mehr als zweihundertjährigen Wappens“, führt der Vater als unterstützende Berechtigungsgründe für diese Bitte nicht so sehr seine Verdienste als Krieger in den Türkenkriegen Kaiser Maximilian’s II. als das Alter des Adels selbst an. Von einem Brixener Geschlecht leitet er seine Ahnen her. Lucas Pezzen, welcher im 15. Jahrhundert in kaiserlichen Kriegsdiensten stand, sei deshalb mit Güterconfiskation und Verlust sämmtlicher Würden und mit Verbannung bestraft worden, weil er in venetianische Dienste getreten war. Im Trientinischen habe er später eine neue Heimath gefunden und sich dort als Rechtsanwalt ehrsam ernährt. Von dessen einzigem Sohne Michael stammte des Bittstellers Vater Bartholomäus ab. In der That erlangte Michael auch die Nobilitation. Mit Diplom vom 29. October 1576, d. d. Regensburg, wurde ihm, sammt seinen drei Söhnen Barthlmä, Julius und Johann Baptista der Reichsadelstand verliehen und er als bonis natalibus ac nobili loco ortus und ex antiqua et nobili familia in Tirolensi comitatu natus bezeichnet. Auch in der Adelsurkunde für Johann Baptista und Julius vom 17. August 1608 wird das „ehrlich alt-adeliche und fürnehme Geschlecht“ hervorgehoben, „darinnen unserer und unseres löblichen Hauses Oesterreich tirolische Landt und Lehenleute die Pezzen von Croviana und ihre Voreltern herkhommen“. (Damit ergänze ich die Angaben, welche jener Wiener Archivbeamte in seinem Schreiben an den Custos Koegel des Innsbrucker Ferdinandeums am 28. Juni 1845 gemacht hat – gedruckt in der Zeitschr. des Ferdinandeums [42] von 1846, S. 180 ff. –, um die Behauptungen im Art. XIII des Tiroler Almanachs vom Jahre 1804, S. 259–61, zu entkräften, nach welchen Michael Pezzen, der Vater unseres Staatsmannes, einfacher Landwirth in Croviana und bürgerlicher Herkunft gewesen sei.)

Bartholomäus aber wurde laut Bologneser Universitätsdiploms vom 5. Januar 1574 zum Doctor beider Rechte promovirt und trat noch im selben Jahre als Rath in den Dienst des Erzherzogs Ernst. Schon im nächsten Jahre wurde er kaiserlicher Kriegsrath. Als Joachim von Sinzendorf und Gogitsch zu Feurek als kaiserlicher Orator an die Pforte abgesandt wurde, als Nachfolger des Freiherrn David Ungnad von Sonneck (seit 1575–77) wurde Dr. P. mit Ambrosius Schmeisser als Secretär dem Diplomaten beigegeben. Als solchen erwähnt ihn Stephan Schweigger (als Doctor Betz aus Sultz in Tirol) in seiner „neven Reißbeschreibung“ S. 69 und der Hofprediger und Reisebeschreiber Ungnads, Stephan Gerlach, hebt ihn in seinem türkischen Tagebuch, S. 506, unter den Personen hervor, welche dem scheidenden Orator am 5. Juni 1578 das Geleite „bis zur großen Brücke“ gaben. Schon nach Abgang Sinzendorff’s war Bartholomäus P. zum Orator ausersehen. So sehr hatte er sich das Vertrauen der kaiserlichen Oratoren und der Wiener Regierung erworben. Noch aber mußte er vorher unter zwei Oratoren als Internuntius dienen. Nachdem Freiherr Friedrich v. Breuner nach einjährigem Aufenthalte in Constantinopel 1584 daselbst gestorben und auch der Freiherr Paul v. Eitzing abberufen worden war, trat Bartholomäus P. dieses Amt an (seit Busbeck als der neunte kaiserliche Orator) und überbrachte im J. 1587 die gewöhnlichen Ehrengeschenke. Erwägt man, daß der Orator täglich 12 fl. Liefergelder bezog, für zwei Kanzleipersonen monatlich je 10 fl. und für den ganzen Staat eine Jahresbesoldung von 7500 Thalern, für ein Personal von über 100 Personen für Rüstgeld 2000 Thaler erhielt, ein Budget, welches mit Zubußen, Ausrüstungskosten, den Präsentführer den Meistbetrag von 16 228 fl. erreichen durfte, daß jeder, der sich damals der Beamtenlaufbahn widmete, womöglich so vermögend sein mußte, daß er in schwierigen Lagen Gelder vorstrecken und gefaßt sein mußte, sich auf Commissionen und Gesandtschaftsreisen jahrelang auf eigene Kosten zu unterhalten oder mit den geringen Gnadenergötzlichkeiten vorlieb zu nehmen, die ihm nach vielfachen Bitten „aus sonder kaiserlichem gefallen“ bewilligt wurden, so wird man verstehen, unter welch mißlichen finanziellen Verhältnissen der Dienst angetreten wurde, aber auch annehmen müssen, daß Bartholomäus P. damals bereits sehr wohlhabend war. Dazu stand man am Vorabend eines großen, langen und bisher viel zu wenig gewürdigten Krieges. Schon hatten sich zu Koppany, mitten im Frieden, die Waffen gekreuzt und allenthalben mehrten sich die türkischen Grenzbrüche. Mit seiner Sendung als selbständiger, kaiserlicher Orator im J. 1587 wurde ihm ein neuer Wirkungskreis eröffnet. Er überbrachte die üblichen Ehrengeschenke. Durch kluge, umsichtige Haltung, durch ein in entscheidenden Augenblicken kraftvolles Auftreten gelang es ihm, auch als selbständiger Leiter der Geschäfte rasch Vertrauen zu erwecken und, nachdem Reinhardstein Ende des Jahres 1590 die Ehrengeschenke (s. Prager Studien VI, 88) überbracht hatte, den ablaufenden Waffenstillstand, trotz zahlreicher Grenz- und Friedensverletzungen und einer starken und mächtigen Kriegspartei im Divan entgegen, auf weitere acht Jahre zu verlängern. Dieser sollte am 1. Jänner 1591 neuerdings beginnen. Der Kaiser mußte sich verpflichten, den üblichen Ehrengeschenken noch 100 Zimmerzobel und 15 000 Dukaten „aus Freundschaft“ hinzuzufügen. Er wußte auch den Großvezier Ferhad Pascha zu bewegen, den friedbrüchigen Commandanten von Szigeth, Mehemet [43] Pascha, abzusetzen und den berüchtigten Bosnier Hassan zur Verantwortung nach Hof zu citiren. Selbst darüber einigten sich die Regierungen, für die schwebenden Grenzstreitigkeiten eine Commission zur Schlichtung der Gegensätze zu beschicken und auch die Forderung, den flüchtigen Wojwoden Peter auszuliefern, einer eigenen Commission zu überlassen. Beim Scheiden erhielt Bartholomäus P. nach hartem Kampfe wohl auch die Abschiedsgeschenke, bestehend aus einer Anzahl von Christensklaven, Fahnen und Beutestücken.

Inwiefern diese Erfolge zu Zeiten so hochgehender Volksbewegung und leidenschaftlicher Rufe nach ruhmvollen Zügen des Halbmondes unter der Regierung eines Sinan Pascha, des bekannten ehrgeizigen Albanesen (s. Kertbeny, Bibliogr. I, 601, u. Prager Studien VI, 47 ff.) dem schürenden Eingreifen Pezzen’s im persischen Krieg, oder seiner, den Haß der maßgebenden Berather auf Venedig ablenkenden diplomatischen Thätigkeit zu danken war, oder ob die inneren Unruhen hauptsächlich maßgebend waren, welche durch die stürmischen Forderungen nach Tilgung der Soldrückstände entstanden waren (s. Prager Studien VI, S. 88–105), wird im Einzelnen noch zu ermitteln sein. Jedenfalls hat keiner seiner Vorgänger so lange Jahre auf diesem gefährlichsten Posten ausgeharrt, wenige nur haben unter so mißlichen und schwierigen Verhältnissen die Interessen des Kaisers würdig und erfolgreich vertreten, außer Herberstein wohl keiner die Umsicht mit Sach- und Personenkenntniß, mit eiserner Ausdauer gepaart. Auch von Veruntreuungen, von Unterschlagungen von Geldern, wie sie damals von höheren Beamten und Officieren in erschreckendem Maaße betrieben wurden (vgl. meine Beiträge in den Mittheilungen für österr. Geschichte 1906, S. 629 ff.) und wie sie vielen Vorgängern, namentlich aber den Unverzagt und Sinzendorf nachgesagt wurden, ist mir keine Klage bekannt, eine Thatsache, die wohl im Hinblicke auf die damalige traurige Finanzlage des Staates mit ihren Auswüchsen, den erniedrigenden Crediteinzeloperationen, den Sold- und Leiherückständen, den Gnadenrecompensen für die Beamten und Staatsdiener und die nahezu von Allen betriebene Corruption rühmlich hervorzuheben ist. Die Angabe des vorcitirten Anonymus in der Zeitschrift des Ferdinandeums von 1846, wonach Dr. Barthlmä P. nach der Rückkehr aus Constantinopel ein Geschenk von 15 000 fl. erhielt, nebst der Würde eines erblichen ungarischen Barons, bedarf der Richtigstellung. Er erhielt den Titel eines Reichshofrathes und eine einmalige Gnadensumme von 17 500 fl. rh. verschrieben, eine Belohnung, wahrlich nicht ungerechtfertigt, wenn man erwägt, daß P. nach seiner Abreise von Constantinopel mit dem ganzen Gefolge noch 8 Monate gänzlich ohne Besoldung geblieben war. Seine Rangserhebung erfolgte erst später.

Kaum von Constantinopel zurückgekehrt, wurde er vom Prager Grenzberathungslandtag mit Männern wie Ilsung, Geizlkofler, Schleinitz, Wahl und Anderen, ausersehen, die „eilende, außerordentliche und mitleidenliche“ Reichshilfe zu betreiben (September bis November 1592). Mit welchem Erfolge er bei den meisten geistlichen und weltlichen Fürsten des bairischen Kreises (auch bei den Kurfürsten von Mainz, Köln und Trier) diese schwierige Aufgabe löste, ist in meiner Arbeit in den Sitzungsberichten der Ak. d. W. in Wien 1906, S. 49–74, zu ersehen. Nur den Kurpfälzer konnte er, trotz des tröstenden Bescheides in dem Lehensstreit mit Reichard von Simmern, (S. 81 ff.) außer einem Beitrag zu der rückständigen Reichshülfe, zu keiner außerordentlichen Hülfe an Geld oder Truppen bewegen. Nach seinen erfolgreichen Bemühungen auf dem Regensburger Reichstage des Jahres 1594, zwischen den schroff gegenüberstehenden Religionsparteien auszugleichen, wurde Bartholomäus P. im selben Jahre mittels kaiserlichen Diploms vom 24. Juli [44] S. Lateranensis Palatii et Imperalis Consistorii comes, ernannt; mit einer sonst seltenen Würde begabt, welche damals sowohl vom Papst als auch vom Kaiser vergeben und mit vielfachen Privilegien verknüpft war.

Mit den zunehmenden Verwirrungen in den ungarischen, siebenbürgischen und türkischen Angelegenheiten wurde P. als maßgebendstes Glied des Hofkriegsrathes immer häufiger den Berathungen in dem Geheimen Rath zugezogen. Doch umsonst wandte er allen Einfluß auf, den Wünschen des Papstes und der bairischen Partei nachkommend, den Kaiser zu bewegen, die Residenz von Prag nach Wien zu verlegen, damit er dem ungarischen Kriegsschauplatz näher sei. Ja P. hegte damals die Absicht, die Dienste als Hofkriegsrath zu kündigen, wie aus einer Unterredung mit dem bairischen Agenten Haberstock hervorgeht (dessen Bericht vom 30. September 1595 bei Stieve V), trotzdem er schon am 20. Februar 1595 die Herrenstandschaft im Königreiche Böhmen und am 25. Juni 1596 für seine vielfachen Verdienste multis laboribus et vigiliis, summa cum integritatis diligentia, ac dexteritatis laude, auch das ungarische Inkolat erhalten hatte, „in numerum et consortium Regni Hungarici nostri baronum“ für sich „ipsiusque haeredes et posteros utriusque sexus“ aufgenommen worden war; leider waren ihm diese nicht beschieden. So kommt es, daß ihn Schimon mit Recht in den böhmischen, Wertner unter den ungarischen Adel einreiht (im Magyar nemzet ségek II, 265–69). In der Dreimännercommission, welche im Auftrage der Hofkanzlei im J. 1598 nach Siebenbürgen gesandt wurde, um dieses Fürstenthum von Siegmund Bathory an Kaiser Rudolf zu übernehmen – die Uebergabe wurde am 10. April vollzogen –, ragt Dr. P. durch Sachkenntniß über den Bischof von Waitzen, Stephan Czuday und selbst über den Vicepalatin Niklas Istvanffy so hervor, daß sich die Regentin Maria Christine, welche nach ihres Gemahls Abgang nach Oppeln, vom 15. April vergebens auf die Ankunft des zum Gubernator eingesetzten kaiserlichen Bruders Maximilian wartete, während der vier Monate ihrer Regentschaft in Weißenburg vor allem seines Rathes und seiner Hülfe bediente. Aber Maximilian kam der Aufforderung der siebenbürgischen Sendboten, doch endlich nach dem Lande zu kommen und die Regierung zu übernehmen, nicht nach, sondern wartete in Kaschau auf reichere Geldsendungen aus Wien. Mittlerweile hatte Siegismund mit seinem Oheim Stephan Bocskay heimlich Verhandlungen angeknüpft und am 15. August erschien er unvermittelt in Klausenburg, ließ die Commissäre in Gewahrsam nehmen und als Antwort auf den Befehl des Kaisers, seinen Vertrauten, den ränkesüchtigen Günstling, den gefangenen Walachen Stephan Josika zu Szatmar am 30. August hinzurichten, den kaiserlichen Commissär Dr. P. in Ketten schließen. Er gab ihn nur auf die Fürbitte der Fürstin und des Kaspar Kornis frei (siehe Szádeczky: Erdély es Mihály Saida, Temesvar 1893, und Hurmuzaki XII).

Im nächsten Jahre leitete P. die freilich vergeblichen Friedensverhandlungen mit dem Großvezier Ibrahim Pascha, dem Slavonier, auf der Andreasinsel 7. October 1599 mit mehreren Delegirten. Kaum zurückgekehrt, wurde er mit den schwierigsten diplomatischen Verhandlungen mit Michael von der Walachei betraut, nachdem sich dieser auch den Besitz der Moldau zu verschaffen gewußt hatte (s. Huber IV, 425; Jorga II, 105; Stieve V, 500, Anm. 3). Schon war Michael bereit, die Eroberungen abzutreten und P. sollte im Namen des Kaisers die Regierung der Walachei übernehmen. Da schien das so schwierig vereinbarte wiederum an der Geldfrage zu scheitern. Um nun die 100 000 Thaler aufzubringen, welche P. dem zum kaiserlichen Gubernator einzusetzenden Wojwoden als Jahresgehalt für seinen Verzicht auf den Besitz der [45] ungarischen Grafschaften bis zur Theiß und der bedeutendsten Schlösser im Banate (s. Mon Comit. Transsylv. IV, 359, u. Hurumzaki XII, 1033, Anm. 1) bei der Uebernahme übermitteln sollte, mußte eine hypothekarische Antizipation von 150 000 fl. aufgenommen werden, und zwar auf die Herrschaft Komotau. Nun war diese Herrschaft ohnehin dem Herrn v. Kolowrat mit 140 000 fl. verschrieben, also das Geld sehr schwierig aufzutreiben. P. wurde mit Kredenzbrief vom 13. Februar (d. d. aus Pilsen) an den Oberstlandhofmeister und Oberstkanzler Christoph Popel auf Tachau und Brüx, Zdenko Popel auf Chlumetz und an den Freiherrn v. Sternberg, den Präsidenten der Kammer und Leiter der Landsteuerdirection in Böhmen, gesandt, damit er ihnen den kaiserlichen Willen rücksichtlich dieser Anleihe eröffne. Umsonst. Auf die kaiserlichen Anordnungen vom 18. und 23. März – „mit dem jungen v. Kolowrat wegen des Geldes zu reden, mit der Einnehmung der Gefälle und bewilligten Contributionen zu continuiren, die Kolowrat’sche Geldanleihe zu bewerkstelligen, die Versicherung der 100 000 Thaler, welche Zacharias Geizkofler austreiben wolle, auf die vom Kaiser auf die Herrschaft Komotau bewilligte Antizipation ins Werk zu richten“ – bat der Frhr. v. Sternberg um Amtsenthebung. So verzögerte sich Pezzen’ Reise infolge der schwierigen Geldbeschaffung um vier kostbare Monate. Erst am 12. September 1600 wurden in Prag die Urkunden ausgefertigt – Michael lebenslänglich als Gubernator anerkannt. Aber schon am 18. September hatte die Schlacht bei Miriszlo anders entschieden. Michael war zur Flucht nach Fogaras gezwungen. Auch als Gesandter beim päpstlichen Stuhle war P. öfters verwendet worden. Galt er ja in den letzten Jahren, besonders als Hofkriegsexpeditionsdirector, seit 1603, mit Rusworm eine Zeit lang als eines der eifrigsten katholischen Häupter im Sinne der Münchener Kriegspartei am Prager Hofe und war als derjenige bezeichnet, welcher Rudolf’s II. Friedensliebe bekämpfte (Stieve V, 715). Freilich hatte er auch schon früher nicht bloß in Angelegenheiten des Türkenkrieges, der Türkenhülfen, der Reichstagseinberufung, sondern auch in der Frage der Berathung über die Zulassung der evangelischen Stiftsadministratoren zu den Reichstagen, so namentlich vor den Regensburger Reichstagen von 1594 und 1598, eine einflußreiche Rolle gespielt, und sein Urtheil fiel gar oft, da er in vielen Fragen den Berathungen im geheimen Rath zugezogen wurde (siehe Stieve V, 270), so im November 1596, schwer in die Wagschale. Ende December (30.) des Jahres 1603 wurde er „aus Anlaß seiner 28jährigen treuen, aufrichtigen Dienste in vnterschiedlich ansehnlichen legationibus und schickungen, aus aigner kaiserlicher bewegnus, in den erblichen Freiherrnstand erhoben, gewürdigt und gesetzt“, mit dem Prädikate „zu Ulrichskirchen“, nach dem Schlosse bei Wien. Anderthalb Jahre nachher, im Frühjahre 1605, Ende Mai, starb er. Nur ein Grabstein im Fußboden der Capelle des heiligen Michael in der Kirche von Croviana mit den Namen und den Anfangsworten über seinen Hingang erinnert dort noch an ihn, so daß vom Pfarramte von Malé die Auskunft dahin lautete, che la salma del Barone sia rimasta in Boemia, e qui resti solo la pietra per memoria.

Außer seinen Soldrückständen hatte er auch noch 50 000 fl. rh. für den Türkenkrieg vorgestreckt. Bei der ewigen Finanznoth konnte ihm wohl keine Entschädigung in Baarem geleistet werden und auch die oberwähnte Gnadensumme dürfte mit in jene Kaufsumme einbezogen worden sein, als ihm am 22. August 1596 das Schloß Troppau nebst den zugehörigen Gütern, welche der Stadt bis zum Jahre 1582 als Pfandgläubigerin gehört hatten und laut kaiserlichen Zugeständnisses vom 22. August 1592 an niemanden weiter vergeben werden sollten, gegen eine Summe von 67 500 fl. – im [46] Oesterreichischen Archiv des Jahres 1837, S. 228 wird die Summe mit 76 500 Thaler bezeichnet, was wohl verschrieben sein dürfte – auf drei Jahre verpfändet wurde. Und als im J. 1611 diese schlesische Herrschaft mit der Herzogswürde dem Fürsten Karl von Lichtenstem übertragen wurde, mußte dieser 50 000 Thaler an die „Pezzi’schen“ Erben und eben so viel an die Grafen von Basta herauszahlen. Am 4. Mai 1601 wurde dem B. P. auch noch die Herrschaft Belfort, oder Schloß und Feste Altspaur, sammt dem Amtsgericht in Andalo und Molveno im Nonsberg verschrieben und außerdem ein Gnadengeld von 5000 fl. (welches zu dem Pfandschilling von 4900 fl. in Münz, der auf jenen Gütern lastete) unverzinst hinzugeschlagen. Vermählt war er mit Eva, der Tochter des Ritters v. Fürst, seit November des Jahres 1592. (Woher Desid. Reich den Namen Thierstein für die Gattin nennt, konnte ich nicht ergründen.) Aus Anlaß dieser Hochzeit wiesen der Kaiser den Hofzahlmeister, die Erzherzoge Ernst und Maximilian den Hofkammerpräsidenten an, ihm werthvolle Trinkgeschirre als Geschenke ankaufen zu lassen. (Diese Weisungen aus Prag, Graz und Wiener Neustadt vom 29., 18. und 17. November erliegen im Hofkammerarchiv zu Wien. Familia sub Lit. Pe. No. 93.) Die Ehe war kinderlos. Seiner Gattin vermachte er mit letztwilliger Verfügung vom 11. oder 17. Mai 1605 den Nutzgenuß der Herrschaft St. Ulrichskirchen und die Jurisdiction über Schloß und Herrschaft Belfort. Zur Erhaltung der Schule von Croviana hatte er testamentarisch ein Vermögen von 17 000 fl. ausgesetzt. Am 13. October 1607 wurden Schloß und Feste Altspaur (Belfort) „sambt dem Ambtgericht im Andalo und Malfein (Molveno) auf dem Nonsberg seinen beiden Brüdern Julius und Johann Baptista pfand und satzweise vnverrait vnd one ainiche Burckhuet innenzuhaben“, verschrieben (come feudo pignorafizio). Julius war Truchseß und bestallter Hauptmann, also Stabsofficier unter seinem Bruder Johann Baptista, dem Obersten in Trient und Kriegsrath, der sich mit selbständigem Commando im Türkenkriege und in Siebenbürgen bewährt hatte; – dort war er 1602 in Gefangenschaft gerathen. Er wahr am 17. April 1567 getauft (nicht geboren, wie Koegel und Außerer angeben) und war der jüngste von den drei Brüdern. In dem vorhin cit. Fascikel des Hofkammerarchivs werden Julius und Johann Baptist als Söhne des Barthlmä bezeichnet. Auch wird dort irrthümlich die Verleihung des Freiherrnstandes an sie ins Jahr 1610 gesetzt. Aus dem Diplomsconcept dieser Standeserhöhung in den Hofacten des Wiener Adelsarchivs aber ersehe ich, daß sie mit Diplom vom 18. October 1608 (d. d. Prag) in den Freiherrnstand erhoben, mit dem Prädikate von Croviana und Altspaur und der ehrenden Anrede „edel, liebe, getreue“ ausgezeichnet wurden, mit welchen Angaben ich die Notiz in Anm. 3, S. 49 meiner Arbeit über „eine außerordentliche Reichshilfe“ hiermit berichtige. Im J. 1610 war Julius, der kaiserliche Hauptmann, bereits gestorben. Von seiner Gemahlin Barbara Fopulo hatte er nur eine Tochter Elisabeth hinterlassen – der einzige Sohn Michael, geboren am 4. November 1582, war dem Vater im Tode vorangegangen –, die mit dem Grafen Franz Terlago vermählt war. Johann Baptista aber starb kinderlos im J. 1616. Mit dem Heimgange dieser beiden Brüder war also das Geschlecht der Pezzen von Croviana, Freiherren zu Altspaur ausgestorben. Ihr Wappen ist in dem vorgenannten Diplomsconcept der Standeserhöhung von 1608 und bei Des. Reich S. 218 abgebildet. Das bischöfliche Seminar zu Trient verdankt den Freiherren Pezzen ansehnliche Stiftungen und die Erben des Geschlechtes haben das Recht, Stiftungsplätze zu besetzen.

[47] Litteratur: Tiroler Almanach d. Jahres 1804, Art. XIII, S. 259–61 „Die drei Bauernsöhne von Croviana im Sulzberg“. – „Die Freiherren von Pezzen zu Croviana“ in der Neuen Zeitschrift des Ferdinandeums 1846, S. 180 ff. – Meine Abhandlung: „Eine eilende Reichshilfe in reichstagsloser Zeit“ i. d. Sitzungsberichten d. Wiener Akademie 1906, Bd. 153, S. 49 ff. mit der eben (S. 46) angegebenen Berichtigung und meine Arbeiten „Zur Geschichte des Türkenkrieges von 1593–1606“ Heft VI und X der Prager Studien.
Notizen bringen Kertbeny in seiner Biographie der ungarischen und internationalen Litteratur Bd. II, S. 560; Dr. Karl Außerer, „Der Adel des Nonsberges“ im Jahrbuch der heraldischen Gesellschaft „Adler“ 1899, Wien 1900, S. 155 ff., 193; Tomasa Vigilio Bottéa, Brani di storia Trentina s. Bibl. Tirol. F. 1822, S. 325; Perini, Hammer, Schweigger, Gerlach S. 426; Schimon, Böhmischer Adel, S. 121; Megerle v. Mühlfeld, Ergänzungsband S. 402; Stieve IV. V u. a. O. und die genealogischen Taschenbücher der Adeligen Häuser 1870–84, Brünn 1881, VI, 443.
Loebl.