ADB:Pfenninger, Johannes

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Artikel „Pfenninger, Johannes“ von Carl Brun in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 25 (1887), S. 658–660, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Pfenninger,_Johannes&oldid=- (Version vom 19. April 2024, 22:11 Uhr UTC)
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Pfenninger: Johannes P., Maler und Stecher, geb. in Stäfa am 20. Februar 1765, † zu Zürich am 31. December 1825. P. hatte das Unglück, sein Lebenlang unter der Maske der Menschenfreundlichkeit von seinen [659] Mitmenschen ausgenutzt zu werden. Kaum acht Jahre alt, 1773, kam er zu seinem Gevatter Johannes Schultheß, der Hafner in Stäfa war und die künstlerischen Anlagen des Knaben entdeckte. Bei ihm lernte er die Anfangsgründe im Zeichnen, ging aber nebenbei immer noch zur Schule. Er erhielt Blätter und Blumen zu copiren, und schon nach Verlauf eines Jahres ernannte der Hafnermeister den Knaben zu seinem Ofenmaler und konnte des eigentlichen Gesellen entbehren. P. verdiente jetzt wöchentlich etwa einen Gulden und mußte nach Mustern von Augsburger und Nürnberger Kupferstichen arbeiten. Erst der 1778 erfolgte Tod des Malers Kölla in Stäfa und das Studium seiner Werke ließ den angehenden Jüngling die Entdeckung machen, daß es noch etwas Höheres als bemalte Ofenkacheln gäbe und spornte ihn zum Weiterstreben an. Sein Wunsch war, bei Füßli in Zürich, dem Vater von Rudolf und Heinrich Füßli, in die Lehre zu treten; Füßli jedoch rieth P., trotz seines Talentes, hauptsächlich der großen Kosten halber, entschieden ab, Maler zu werden. Darauf nahmen sich Rathsherr Dr. Lavater und Pfarrer Lavater Pfenninger’s an. Letzterer lud ihn zu sich ein und machte den vergeblichen Versuch, ihn in Kloten bei Lips unterzubringen. Erst im Sommer des folgenden Jahres gelang es ihm, P. bei seinem Schwager Schmoll[WS 1] in Urdorf zu placiren. Dort copirte er Preisler’s Anleitung zur Zeichenkunst und übte sich im Tuschen; daneben wurde eifrig, für das Gedeihen der Kunst zu eifrig, gejagt. Lavater, dem die geringen Fortschritte Pfenninger’s auffielen, entschloß sich bald, den jungen Künstler ganz zu sich zu nehmen. Bei ihm sollte er physiognomische Dinge zeichnen lernen und außerdem die Stelle des Secretärs versehen. Natürlich drängte das Schreiberamt noch mehr als das Jagen die Kunst in den Hintergrund, und P. konnte schließlich noch von Glück sagen, daß sein gelehrter Protector, auf sein dringendes Bitten hin, ihm wenigstens gewährte, täglich zwei Stunden bei Prof. Bullinger[WS 2] zu nehmen. Zwei volle Jahre ist P. im Hause Lavater’s geblieben, dann bezog er eine selbstständige Wohnung und gab Unterricht und zeichnete Schattenrisse für Lavater’s Physiognomik. So trieb er es, bis ein in Lavater’s Hause wohnender Herr, Armbruster, den Kupferstecher v. Mechel bestimmte, ihn mit nach Basel zu nehmen. Neue Hoffnung, aber kein neues Leben! In Basel hatte er zwar die Freude, mit Männern wie Hübner und Gmelin zu verkehren, mußte im übrigen aber, zu seiner Verzweiflung, vom Morgen bis zum Abend illuminieren und in der Zwischenzeit für Lavater fortarbeiten, auf dessen Verwendung hin er dann nach zwei Jahren wieder nach Zürich entlassen wurde. Hierher zurückgekehrt, wurde er abermals von Lavater ins Joch gespannt und ging mit ihm auf die Suche nach neuen technischen Verfahren. Die Wachsmalerei lernt er durch Lips kennen, in der Oelmalerei giebt ihm Prof. Würsch aus Luzern Anleitung. Sein erster Versuch war das Bildniß seines Vaters. Einen ereignißvollen Wendepunkt in seinem Leben bezeichnet das Jahr 1793, in welchem er – es war im November – über den Gotthard nach Mailand und Rom zog, wo er die Ermordung Basseville’s[WS 3] mit erlebte. Rastlos zeichnete er jetzt im Vatican nach der Antike, z. B. den Kopf des Apoll von Belvedere (Künstlergut Zürich. Malerbuch. Bd. 6. Blatt 22) und die Laokoongruppe. Außerdem versuchte er sich als Landschafter, im Entwerfen eigener Compositionen, in der Miniaturmalerei und als Illustrator. Carstens unterstützte ihn mit seinen Rathschlägen„ und so wäre er, wenn Italien ihn dauernd hätte fesseln können, schließlich doch noch ein tüchtiger und angesehener Meister geworden. Allein die unsicheren Verhältnisse trieben P. 1799 doch wieder in die Schweiz zurück. Die Rückreise dauerte zehn Wochen und wurde gemeinsam mit dem Stuttgarter Hartmann und dem Berliner Kuhbeil angeführt, den Glanzpunkt derselben bildete ein längerer [660] Aufenthalt in Perugia und Florenz. In der Heimath war P. bald ein gesuchter Porträtmaler und Lehrer. Er porträtirte viele Officiere der österreichischen Armee, z. B. den Feldmarschallf Grafen v. Haddick; sein bester Schüler ist Daniel Albert Freudweiler gewesen. P. war zweimal verheirathet und hatte aus beiden Ehen Kinder; ein Schlag machte seinem Leben plötzlich ein Ende.

Die Werke Pfenninger’s lernen wir am besten im Künstlergute zu Zürich kennen, woselbst im zweiten Saale des Erdgeschosses (Nr. 11) sein Hauptbild, die Vermählung des jungen Tobias, hängt. Der Entwurf zu demselben, in Wasserfarben ausgeführt, befindet sich im 5. Bande des Malerbuchs (Blatt 10). Von Illustrationen zu Geßner nenne ich die Ankunft des ersten Schiffers in der Hütte der Semira und Melida (Malerbuch, Bd. 4, Bl. 19, Kreidezeichnung) und Adam und Eva bei der Leiche Abels (Malerbuch, Bd. 5, Bl. 35, Sepia). Dem Bildniß des Idyllendichters begegnen wir im 7. Bande des Malerbuchs (Bl. 13, Kreidezeichnung) und im 5. Band der Handzeichnungen Zürcher Künstler (Bl. 19, Kreide). Stoffe aus der Mythologie und biblischen Geschichte behandelt P. im Malerbuch, Bd. 4, Bl. 37 (Venus und Amor, Aquarell), Bd. 6, Bl. 45 (Jupiter bei Philemon und Baucis, Sepia), Bd. 7, Bl. 49 (Herkules am Scheidewege, Sepia; gehört zum Besten des Künstlers; im Hintergrunde der Vestatempel bei Tivoli), Bd. 6, Bl. 5 (Die Frauen am Grabe Jesu, Aquarell). Schwach sind meistens seine allegorischen Compositionen, wie z. B. Die Erwartung (Malerbuch, Bd. 7, Bl. 29), Die Blumen streuende Aurora (Malerbuch, Bd. 9, Bl. 24, Sepia), Gottvertrauen (Bd. 9, Bl. 44, Aquarell), das durch Saturn enthüllte Antlitz der Geschichte (Malerbuch, Bd. 10, Bl. 17), geistreich dagegen seine wohl durch Usteri inspirirten Satiren. Sowohl Der Porträtmaler nach der Mode, inschriftlich 1813 entstanden (Malerbuch, Bd. 8, Bl. 19, Sepia), als auch Der Großmüthige (Bd. 8, Bl. 34, Sepia) zeugt vom Humor des Künstlers. Noch sei auf Bd. 3, Bl. 15 der Handzeichnungen Zürcher Künstler (Mutter mit ihrem Kinde gen Himmel strebend, Kreidezeichnung), auf Bd. 10, Bl. 40 und Bd. 12, Bl. 32 der Malerbücher hingewiesen, das zuletzt genannte Blatt, Das Schicksal des Charon, wurde nach dem Tode Pfenninger’s von W. Füßli eingelegt. Von den von P. nach eigener Zeichnung gestochenen Porträts sei dasjenige der Mad. de Krüdener, des Prof. der Geschichte J. H. Körner und das Bildniß von J. J. Heß erwähnt, von seinen Bildern in Zürcher Privatbesitz das Herrn Pestalozzi-Wiser gehörende Oelgemälde: Sokrates, der von seinen Schülern Abschied nimmt. P. hatte Talent und Liebe zur Kunst und war unermüdlich fleißig; daß ihm die nöthige Freiheit fehlte, deuteten wir schon an. Jedenfalls würde er, wenn er im Leben mehr sich selbst angehört hätte, eine ungleich höhere Stufe erklommen haben.

S. Neujahrsblatt der Zürcher Künstlerges. v. 1827. – Nagler’s Künstler-Lex. Bd. II, S. 214. – Ersch und Gruber’s A. Encykl. d. W. u. K. Dritte Section. XX, 358 (Artikel Frenzel).


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Georg Friedrich Schmoll (* in Ludwigsburg; † 1785 in Urdorf), deutscher Zeichner und Kupferstecher.
  2. Johann Balthasar Bullinger der Ältere (1713-1793), Schweizer Landschafts- und Porträtmaler, Kupferstecher und ab 1773 Professor an der neugegründeten „Kunstschule Zürich“.
  3. Nicolas Jean Hugon de Bassville oder Basseville (1743–1793), französischer Journalist und Diplomat.