Zum Inhalt springen

ADB:Rosen, Kunz von der

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Rosen, Kunz von der“ von Jakob Franck in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 29 (1889), S. 195–197, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Rosen,_Kunz_von_der&oldid=- (Version vom 14. November 2024, 10:30 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Rosen, Friedrich
Nächster>>>
Rosen, Reinhold von
Band 29 (1889), S. 195–197 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Kunz von der Rosen in der Wikipedia
Kunz von der Rosen in Wikidata
GND-Nummer 123556562
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|29|195|197|Rosen, Kunz von der|Jakob Franck|ADB:Rosen, Kunz von der}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=123556562}}    

Rosen: Kunz von der R., Günstling und Vertrauter, auch „lustiger“ Rath des Kaisers Maximilian I. Sein Familienname war Kunz Rößlin (Röslein) und sein Geburtsort Kaufbeuren im bairischen Schwaben; in welchem Jahre er geboren wurde, ist nicht überliefert. Sein Vater, Hans R., zog bald nach Landsberg am Lech, wo er eine Wirthschaft gründete, als deren Schild er eine gemalte Rose aushing, und sich eines großen Zuspruchs von Gästen erfreute, zumal von den[WS 1] alten Geschlechtern, welche bei ihm ihre Trinkstube hielten. Als der junge R. zu Jahren gekommen war, wurde er einem Kürschner in die Lehre gegeben, allein der Junge, der „von Natur gleichwol redlich und wahrhaft, aber fast ein frecher (trotziger, verwegener) muthwilliger Bub war“, entlief der Lehre und versuchte auf eigene Faust sein Glück in der weiten Welt. Und hiezu fand sich gerade damals eine günstige Gelegenheit. Erzherzog Maximilian war im Begriffe, sich nach den Niederlanden zu begeben, um mit der Hand der Maria auch das burgundische Erbe zu erwerben (1478), und um sich gegen äußere und innere Feinde zu schützen, nahm er, zumal aus den schwäbischen Gauen, viele Mannschaft in Sold. Diese Gelegenheit nahm dann auch der flüchtige R. wahr und trat in Maxens Dienst, in welchem er sich auch, vor den Augen des Herrn „so tapfer und redlich gehalten, daß Max ihn näher an seine Person gezogen und ihn zu einem Trabanten angenommen hat“. „Strengste Genauigkeit im Dienste“, so erzählt bruchstückweise J. J. Fugger a. a. O. „ein offenes muthiges Wesen, aber mehr als dies die Fertigkeit, allen Lagen des Lebens eine heitere Seite abzugewinnen, und sein stets schlagfertiger Witz führten ihn bald in die noch nähere Umgebung seines Herrn und endlich in die nächste als fast unentbehrlichen Gesellschafter, der zugleich mit der Gabe der Erheiterung aus dem Grunde der Schärfe seines Verstandes auch die des ernsten, wohlbesonnenen und meist das Richtige treffenden Rathes besaß“. Und von dieser Zeit an kam er nicht mehr von der Seite seines Herrn und ist „der erst und letzt“ bei ihm gewesen und hat sich in allen Kriegen „gar mannlich“ gehalten, so daß der König sich nach etlichen Jahren bewogen fand, den braven K. „beritten zu machen“, und ihn „auf sein Roß am Hof mit Futter und Mahl“ zu versehen. Begreiflicherweise zog ihm der Freimuth, womit er die Schwächen oft Hochstehender aufdeckte oder die Fehler derselben tadelte, manchen Widersacher zu. Aber durch seine treue Anhänglichkeit an seinen Herrn, durch seine Gerechtigkeitsliebe und durch sein Mitgefühl für Hilfebedürftige versöhnte er wieder.

Und damit er seinem Herrn „desto baß gedienen mochte“, erlernte er auch die flämische, französische, hispanische und italische Sprache und sein Einfluß bei Maximilian, der ihn sogar in den Adelstand erhob, war endlich so groß, [196] daß sich selbst bedeutende Männer in wichtigen Angelegenheiten um seine Fürsprache bei ihm bemühten. Wir wissen, daß Max nach dem frühzeitigen Tode der Königin Maria (1482) mit seinen Unterthanen in Zerwürfniß gerieth, daß sogar die von Brügge sich erfrechten, ihn hinterlistiger Weise gefangen zu setzen und festzuhalten. Bei dieser Gelegenheit nun erprobte K. seine ganze Treue, unerschrockenen Muth und berechnende Verschlagenheit in so hohem Grade, daß dies sein Benehmen in der gefährlichsten Lage des Königs allein unsere Achtung für ihn auf immer feststellen müßte. Nachdem er Maximilian schon vorher gerathen hatte, sich nicht nach Brügge zu begeben, es möchte ihm sonst übel ergehen, begleitete er ihn in die Stadt und erst nach vergeblichem äußerstem Bemühen, seine Harmlosigkeit zu erschüttern, verließ er ihn, um sich zur Ueberwachung und künftigen Rettung des unvorsichtigen Herrn in das Lager des bairischen Herzogs Christoph nach Middelburg zu begeben. Nachdem letzterer durch Verwüstung der Umgebung umsonst die Loslassung des Königs zu erwirken gesucht hatte, gedachte R. nun seinen Herrn persönlich durch List zu retten. Zu diesem Zwecke durchschwamm er mit Hilfe eines Schwimmgürtels in der Nacht den breiten Wassergraben, der das Gefängniß umgab, um dem Könige ein gleiches Mittel zur Flucht auf dem Wasserwege zu überbringen, wurde aber von aufgescheuchten Schwänen unter großem Geschrei angegriffen und von ihren Flügeln derartig geschlagen, daß er nur mit Mühe diesen und der herbeieilenden Wache entrinnen konnte, worauf die Brüggener den Gefangenen in ein anderes Haus brachten. „Diese Schwanen“, bemerkt Fugger, „waren gut französisch und ist ohne Zweifel ihr Geschrei eine Ursach gewesen, daß sie den König nicht länger in der Burg lassen wollten“. Durch diesen ersten mißglückten Versuch aber keineswegs entmuthigt, kam R. bald darauf in Verkleidung eines Franziskaners angeblich zum Zwecke der Abnahme der Beichte glücklich in das Gemach des Königs, drang in ihn, schnell die Haare sich abschneiden zu lassen und die Kleider mit ihm zu wechseln. Allein Maximilian ging auf den Vorschlag seines Rathes nicht ein, weil er glaubte, ein Heer sei zu seiner Befreiung im Anzuge, worauf R. tiefbetrübt und mit der Aeußerung, daß Max für die Flämlinge viel zu fromm sei, sich wieder entfernte. Große Dienste leistete dem Könige in seiner Haft auch der sich in Brügge aufhaltende Kaufmann Ambrosius Hochstetter von Augsburg, der zu jeder Zeit zu ihm freien Zugang hatte und ihn mit Geld versah, um die 60 ihn bewachenden Männer „böse muthwillige Buben“ zu bewegen, „damit sye gastimer weren und das der (desto) fraindlicher“. Auch in den italienischen Kriegen bewies R. seinem Herrn ähnliche Dienste, er war wie Fugger sagt, „ein recht körichhafftiger Held“. Im Jahre 1506 (nicht 1504) heirathete er eine Bürgerstochter von Augsburg, Felicitas Gräßler (Gräßlerin) und erhielt dadurch daselbst das Bürgerrecht. Zwei Jahre später erwarb er „vor unserer Frauen Graben“ das jetzt mit einer auf ihn bezüglichen Gedenktafel versehene Haus F. 406. Auch der Kaiser hatte seinem treuen Diener, der ihm auf der letzten Reise bis Wels gefolgt war, daselbst kurz vor seinem Tode eine Summe von 200 Gulden ausgesetzt, die er aber nicht lange genoß, da er, wie er es ahnte, diesem noch in demselben Jahre 1519 in die Ewigkeit folgte. Seine Grabstätte fand er in der Kirche von St. Anna zu Augsburg. Bisher kannte man nur eine Tochter des R., die Felicitas, für die nach einer Urkunde im Augsburger Stadtarchive im Jahre 1520 drei Bürger von Kaufbeuren, unter welchen Jörg Rößlin, als ihre Pfleger ein Rechtsgeschäft besorgen und die sich 1521 (nicht 1529) an Melchior Ilsung vermählt, der von ihr „bei 12000 Gulden Werth erheirathet hat“. Aber eine Urkunde vom J. 1518 in demselben Archive nennt als Tochtermann des R. auch den am kaiserlichen Hofe befindlichen Hans Wernburger. Im letztgenannten Jahre erscheint auch eine Anna v. d. Rosen, die [197] im Kauzengäßchen in Augsburg wohnte. Auch in der St. Martinskirche zu Kaufbeuren sieht man in einem am Chor stehenden Fensterstocke das Wappen einer „Katharina v. d. Rosen“. R. ist traditionell, jedoch höchst unverdient der Klasse der Hofnarren zugerechnet worden, deren Leben, wie das des Claus Narr (s. A. D. B. IV, 282), nur ein possenhaftes und deren Reden und Späße plump, gemein und obscön waren, und schon Manlius, der unseren R. als „Conradus de Rosis Imperatoris Maximiliani miles“ bezeichnet, setzt hinzu „homo lepidus, non autem volo eum nominare scurram, gemmae enim sunt raro inter lapides“. Denn R. hatte sehr wohl die Stellung begriffen, die er an dem Hofe hatte, nämlich das Privilegium, Jedem, er mochte hoch oder niedrig sein, unverholen und ungestraft die Wahrheit sagen zu können, eine Freiheit, deren er sich, unbeschadet der persönlichen Gunst seines Herrn, um so rücksichtsloser bedienen konnte, da alle seine treffenden und beißenden Bemerkungen strenge Wahrhaftigkeit neben großer Gemüthlichkeit und einen durchaus ehrenwerthen Charakter zur Unterlage hatten. Auch die Abbildungen, die wir von ihm besitzen, (die beste ist die im handschriftl. Werke Fuggers, auf Papier gemalt in Cod. Monac. german. V. II. Bl. 330) stellen ihn keineswegs in der üblichen Narrentracht dar, sondern bekleidet mit einem gerissenen Wamse, ein Barett auf dem Haupte und an der Linken ein Schwert, eine durchaus männlich-würdige ritterliche Gestalt. Wenn er sich gleichwohl selbst in seinen Reden und Schwänken, die sich sehr zerstreut in den unten angegebenen Quellen so wie in der von Barack herausgegebenen „Zimmerischen Chronik“ (II, 260 ff. IV, 353) finden, zuweilen „Narr“ nennt, so that er dies lediglich in Ironie und die, wie alle Anekdoten über ihn lehren, wohl verbunden war mit dem vollen Selbstgefühle eines vertrauten Dieners und Günstlings. Aber niemals hat er durch seine Scherze, die er mit Glimpf und Schimpf zur rechten Zeit an den Mann brachte, den Anstand und die gute Sitte verletzt, gegen welche bekanntlich die großen Herren jener Tage und des ganzen 16. und 17. Jahrhunderts hindurch so oftmals ohne Scheu gesündigt haben. R. war in jeder Hinsicht und zumal in seiner bedeutenden Stellung eine achtungsvolle Persönlichkeit und der Name des Mannes, der an natürlichem Witze wohl keinem seines Gleichen nachstand, an ehrenwerthem Charakter aber alle übertraf, hat sich unter dem Volke und dessen Mären bis auf unsere Tage herauf in gutem Andenken erhalten. Vergl. auch G. Freytag’s Lustspiel „Die Brautfahrt“ und Levin Schücking erzählt in seinen „Lebenserinnerungen“ (Westermanns Monatshefte 1880, 266), daß unser R. sich rühmen könne, ihm den allerletzten seiner vielen schlimmen Streiche gespielt zu haben, er habe ihn nämlich verführt, ihn zum Helden eines historischen Romans zu machen, der jedoch das Licht der Welt nie erblickt habe.

Fugger, Ehrenspiegel des Hauses Oesterreich und dazu dessen Handschrift in Groß-Folio, 2 Bände Cod. Monac. germ. N. 896 und Vol. II. Bl. 328 mit 30,000 gemalter Wappen. – Sigm. v. Birken, Ehrenspiegel (Auszug aus dem vorigen) S. 980 ff. – Bebelii facetiae lib. II. Bl. 53 (Tübing. 1561). – Manlius, loc. comm. Collectanea, Basil. 1563. p. 144. – Zincgreff, Apophthegmata I, 590. II, 5 – Ludewig, Germania Princeps von Finsterwald (Hempel) S. 194. 736. – Flögel, Gesch. d. Hofnarren S. 190–203 (mit Bildniß). – Kunz v. d. Rosen. Ein Beitrag zur Gesch. d. niederländ. Unruhen. Freib. 1792. – K. v. d. Rosen, Kaisers Max. I. lustiger Rath. München 1841 (Verfasser ist Ludwig Aurbacher) mit Bildniß d. R.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: vor

In diesem Artikel wird inkoseqent der Kunz von der Rosen sowohl mit „R.“ als auch mit „K.“ abgekürzt.