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ADB:Schücking, Levin

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Artikel „Schücking, Levin“ von Hermann Hüffer in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 32 (1891), S. 643–647, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Sch%C3%BCcking,_Levin&oldid=- (Version vom 18. Dezember 2024, 05:04 Uhr UTC)
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Schücking: Christoph Bernhard Levin S., Schriftsteller, geboren am 6. September 1814 zu Clemenswerth bei Meppen, † am 31. August 1883 zu Pyrmont. S. stammte aus einem alten westfälischen Geschlechte, welches sei 1362 zu den ritterbürtigen Familien der Stadt Coesfeld gehörte und zur Zeit des Baseler Concils einen Rector der Universität Köln zu seinen Mitgliedern zählte. Schückings Urgroßvater, Christoph Bernhard S., erhielt am 16. Februar 1773 von Friedrich dem Großen für ein ihm gewidmetes Werk ein schmeichelhaftes Schreiben. Sein Vater Paul S. (1787–1867) war ein thätiger, lebhafter, aber leidenschaftlicher und eigenwilliger Mann, der sich in seiner Beamtenlaufbahn in mannichfaches Mißgeschick verwickelte. Von seltener Begabung und Liebenswürdigkeit war die Mutter Sibilla Katharina Busch, geboren am 6. Januar 1791 zu Ahlen, früh als Dichterin genannt, eine Verwandte M. Sprickmann’s und durch ihn in den Kreis der Fürstin Gallitzin und bei der Familie Droste-Hülshoff eingeführt, wo sie mit der zweiten Tochter Annette Freundschaft schloß. Sie hat ihre zahlreichen, im Kreise der Bekannten hochgeschätzten Dichtungen niemals in einer Sammlung, [644] sondern nur gelegentlich in Zeitschriften und litterarischen Taschenbüchern veröffentlicht; nicht wenige bringen ein edles, sinniges Gemüth und ein feines Naturgefühl zu glücklichem Ausdruck. Als Katharina während der Fremdherrschaft, am 7. October 1813, sich mit Paul S. vermählte, war derselbe französischer Friedensrichter, wurde aber im Januar 1815 hannoverischer Amtsrichter mit einer Dienstwohnung auf dem Schlosse Clemenswerth in der Nähe von Meppen. Hier, in einem durch die Kunst geschaffenen Park, inmitten unabsehbarer Haiden, erwuchs ihr ältester Sohn Levin, bis er im J. 1830 auf das Gymnasium nach Münster geschickt wurde. Von seiner Mutter erhielt er einen Empfehlungsbrief an die befreundete Dichterin, welche damals mit ihrer Mutter und der einzigen Schwester eine Stunde von Münster das kleine Landgut Rüschhaus bewohnte. In seinen „Lebenserinnerungen“ hat er anmuthig geschildert, wie er an einem Frühlingstage 1831 freundlich dort empfangen wurde. Am 2. November desselben Jahres verlor er seine Mutter. Annette begnügte sich nicht, der Freundin in einem ihrer schönsten Gedichte einen tiefempfundenen Nachruf zu widmen; sie nahm sich auch mit mütterlicher Sorge des verlassenen[WS 1] Knaben an, der jedoch bald von Münster nach Osnabrück übersiedelte, seit 1833 in München, Heidelberg und Göttingen der Jurisprudenz eine nicht eben leidenschaftliche Beflissenheit zuwandte und erst 1837 nach Münster zurückkehrte. Was ihm dort bevorstand, mag man in seinen Erinnerungen (I, 104 ff.) lesen. Von seinem Vater, der in zweiter Ehe lebte, hatte er nichts mehr zu erwarten, und als geborener Hannoveraner konnte er den Zulaß zu einer juristischen Prüfung in Preußen nicht erlangen. Aber der scheinbare Nachtheil gab für sein Leben die glückliche Entscheidung: er nöthigte ihn, seiner Lieblingsneigung zu folgen und die in Göttingen nur nebenbei betriebenen litterarischen Studien zur Hauptsache zu machen. Freilich an Bedrängnissen fehlte es nicht. Nur mit Mühe, durch Privatstunden in neueren Sprachen, konnte er das Unentbehrliche gewinnen. Seine Dichtungen trugen nichts ein; was ihm aushalf, war sein kritisches Talent. Er wurde Mitarbeiter an mehreren Zeitschriften, insbesondere an dem von Gutzkow redigirten „Telegraphen“, dessen Leitung beinahe in seine Hände übergegangen wäre.

Mit Annette v. Droste bestand vorerst nur eine lose Verbindung, wahrscheinlich deshalb, weil S. den Goethe’schen Spruch: „Als Jüngling anmaßlich und stutzig“, eifriger, als Annette für nöthig hielt, zu bestätigen suchte. Erst das Erscheinen von Annettens Gedichten und eine litterarische Vereinigung, die sich 1838 im Hause der Regierungsräthin Rüdiger, einer Tochter der Dichterin Elise v. Hohenhausen, zusammenfand, führten wieder engere Beziehungen herbei, und zahlreiche Briefe Annettens geben Zeugniß, wie eifrig sie sich bemühte, dem bedrängten jungen Manne durch befreundete Personen eine sichere Stellung zu verschaffen. Im Sommer 1839 wurde S. mit Freiligrath befreundet, der nach Münster gekommen war, um für das von dem Buchhändler Langewiesche ihm übertragene Werk „Das malerische und romantische Westfalen“ Studien zu machen. Als Freiligrath sich der Ausführung dieser Aufgabe nicht gewachsen fühlte, trat S., an historischen und litterarischen Kenntnissen ihm weit überlegen, mit der zweiten Lieferung Ende 1840 für ihn ein. Aber auch diesem würde es schwer geworden sein, in der verabredeten kurzen Frist das Werk zu beendigen, hätte nicht Annette, beseelt von gleicher Heimathsliebe, unterstützt durch ihre Orts- und Personenkunde, mit der uneigennützigsten Freundschaft ihm Beistand geleistet. Auch an anderen Arbeiten Schückings war sie betheiligt. Zu einer etwas phantastischen Schrift über den Kölner Dom (1841) lieferte sie das Gedicht „Meister Gerhard von Köln“, für die Novelle „Der Familienschild“ (Morgenblatt, April u. Juli 1841) die Quelle und einen Theil des Entwurfs. In dem schon damals bearbeiteten, freilich erst später (Leipzig 1846) veröffentlichten Roman „Eine dunkle [645] That“ ist die reizende Episode von dem Stiftsfräulein ganz unverändert aus ihrer Feder aufgenommen. Aus dem Schützling war mittlerweile ein Freund geworden. Annette hatte den Winter von 1839–40 in großer Einsamkeit auf Rüschhaus verlebt, da die Mutter bei der an den Freiherrn v. Laßberg verheiratheten Schwester in Meersburg verweilte. Während dieser Zeit und im folgenden Jahre war S. ihr treuester Besucher, und die Freundschaft erstarkte noch, als Annette im September 1841 sich nach Meersburg begab, und S. schon im nächsten Monat ebendahin berufen wurde, um die Bibliothek des Freiherrn, insbesondere die provençalischen Handschriften, zu ordnen. Man ginge zu weit, wollte man die Fülle poetischer Erzeugnisse, durch welche der Aufenthalt in Meersburg für die Dichterin so bedeutsam wurde, auf eine Wette mit S. zurückführen; aber sicher hat er anregend durch Umgang und eigene Arbeiten auf Annette gewirkt. Im übrigen wird es schwer, den Charakter dieses Verhältnisses genau zu bestimmen, besonders da der Briefwechsel zwischen beiden noch nicht bekannt geworden ist. Auch S. gesteht, er habe mit Gefühlen, die sich selbst nicht ganz klar waren, in das Auge der besten Freundin geblickt, die er jemals besessen.

Den Winter hindurch bis zum Frühling dauerte das glückliche Zusammensein. Dann erhielt S. durch Freiligraths Vermittlung einen scheinbar sehr vortheilhaften Antrag von Seiten des Fürsten Wrede, die Erziehung seiner beiden Söhne zu übernehmen. Ostern 1842 verließ er die Meersburg und begab sich auf das Schloß des Fürsten nach Ellingen in Franken. Aber was er dort fand, war wenig erfreulicher Art; schon zu Anfang 1843 war er entschlossen, das Verhältniß zu lösen. Gerade rechtzeitig kam eine Aufforderung des Freiherrn v. Cotta, an der Redaction der „Allgemeinen Zeitung“ theilzunehmen. S. sagte um so freudiger zu, als die neue Stellung ihm die Möglichkeit bot, den sehnlich gewünschten eigenen Hausstand zu gründen. Denn eine junge Dame in Darmstadt hatte sein Herz gewonnen, obgleich er sie noch nicht persönlich, sondern nur aus Schriften und Briefen kannte. Es war Luise v. Gall (geboren am 19. September 1815), die Tochter eines hessischen Generals, ebenso schön als talentvoll, musikalisch begabt und bereits als Schriftstellerin durch eine Reihe meist im Morgenblatt veröffentlichter Novellen bekannt geworden. Am 23. Mai reiste S. von Mondsee ab und traf nach einem Aufenthalt in Augsburg und Stuttgart am 30. mit seiner Braut in Darmstadt zusammen. Den Sommer verlebte er mit Freiligrath und Geibel in St. Goar, führte am 7. Oct. die Erwählte zum Altare und trat, nachdem der Versuch, eine Professur in Gießen zu erhalten, erfolglos geblieben war, wenig später seine Stellung in Augsburg an. In angenehmem Verkehr mit Kolb, dem Leiter der Zeitung, und so ausgezeichneten Mitarbeitern, wie Fallmerayer und Friedrich List, verlebte er dort zwei Jahre, übernahm aber im Herbst 1845 unter sehr günstigen Bedingungen die Redaction des Feuilletons der Kölnischen Zeitung. Der unvergessenen Heimath und seiner westfälischen Freundin wurde er durch diesen Wechsel wieder näher gerückt; leider war das Verhältniß nicht mehr ungetrübt. Ostern 1844 hatte S. seine junge Frau nach der Meersburg geführt; aber es waren Gegensätze zwischen ihr und Annette hervorgetreten, und obgleich sich S. um die zweite Auflage von Annettens Gedichten, welche im Herbst bei Cotta erschien, große Verdienste erwarb, glaubte die Dichterin doch in seinem Benehmen eine Entfremdung, ja sogar Undank und Vernachlässigung zu erkennen. Schücking’s Gedichte (Stuttgart 1846) wurden von ihr nicht günstig beurtheilt, da der Verfasser, wenn auch allem revolutionären Wesen abhold, doch den Ideen des jungen Deutschlands mehr, als Annette lieb war, sich zuwandte. Zu ausgesprochener Uneinigkeit führte dann um Ostern desselben Jahres der Roman „Die Ritterbürtigen“. S. hatte in diesem Buche den westfälischen Adel nicht gerade mit Vorliebe geschildert, zudem Vorfälle und Eigenheiten ans Licht [646] gezogen, deren Kenntniß man in einigen Fällen mit Recht und noch öfter mit Unrecht auf Mittheilungen seiner adligen Freundin zurückführte. Sicher hat sie von Standesgenossen manches darüber hören müssen, und ihre Verstimmung war so groß, daß sie bei ihrer letzten Reise nach Meersburg (September 1846) während eines längeren Aufenthalts in Bonn mit S. nicht zusammenkam, den sie dann auch bis zu ihrem Tode am 24. Mai 1848 nicht wiedergesehen hat.

Die Reihe ausgezeichneter Persönlichkeiten, mit denen S. in Verbindung stand, war unterdessen durch einen großen Dichter vermehrt worden. Im Frühling 1846, als er im Auftrage der „Kölnischen Zeitung“ nach Paris gegangen war, trat er mit Heine in lebhaften, beinahe vertrauten Verkehr. Im folgenden Jahre traf er in Bonn öfters mit Annettens Freundin Adele Schopenhauer zusammen, die er im Mai 1840 in Rüschhaus kennen gelernt hatte. Im Herbst 1847 wurde er von der „Kölnischen Zeitung“ zu längerem Aufenthalt nach Rom gesandt, um über die Reformen Pius’ IX. und die begeisterten Regungen italienischen Nationalgefühls zu berichten. Früchte der Reise waren die Beschreibung derselben in dem Buche „Eine Römerfahrt“ (Koblenz 1848 und 1860) und eine Sammlung von Gedichten unter dem Titel: „Italia. Deutsche Dichter als Führer jenseits der Alpen“ (Frankfurt 1851 und 1857). Die Nachricht von der Pariser Februarrevolution rief ihn aus Neapel nach Deutschland zurück. Noch vier Jahre verlebte S. am Rhein; dann bewog ihn die Neigung zu vollkommener Unabhängigkeit, seine Stellung an der Kölnischen Zeitung aufzugeben. Die „Ritterbürtigen“ und bald eine Reihe anderer Romane, insbesondere „Der Bauernfürst“ (2 Bde. Leipzig 1851) hatten Schücking als Erzähler zu so anerkannter Geltung gebracht, daß ein so fleißiger Arbeiter, wie er, seine Existenz darauf gründen konnte. Am 6. Sept. 1852 machte ihn ein Kaufvertrag mit einer Verwandten zum Herrn des alten Stammgutes zu Sassenberg in der Nähe von Warendorf, das er noch vor Ende des Monats bezog. Seine Gattin blieb auch nach der Verheirathung als Schriftstellerin thätig; es erschienen „Frauennovellen“ (1845), die Romane „Gegen den Strom“ (1851) und „Der neue Kreuzritter“ (1853), sowie ein Lustspiel „Das böse Gewissen“. Daneben war sie unermüdlich in der Erfüllung ihrer häuslichen und mütterlichen Pflichten. Zwei Söhne und zwei Töchter wuchsen heran; aber das glückliche Familienleben wurde durch den Tod der Mutter am 16. März 1855 getrübt. S. hat den Verlust niemals verschmerzt, aber seine Schaffenskraft blieb ungeschwächt; beinahe jährlich folgte von jetzt an ein größeres Werk, begleitet von Novellen und einigen dramatischen Versuchen. Erwähnt seien insbesondere die Romane „Paul Bronckhorst“ (Leipzig 1859), „Verschlungene Wege“ (1867), „Schloß Dornegge“ (1868). Schriften von S. sind ins Holländische, Italienische, Englische und Ungarische übersetzt worden und schon bei seinem Leben (1864) und abermals nach seinem Tode in Gesammtausgaben erschienen. Gleichwohl hat er kein Werk hinterlassen, das etwa wie Immermanns Münchhausen unzertrennlich mit der deutschen Litteratur und dem Bewußtsein der Nation verwachsen wäre, und ich habe ihn öfters klagen hören, daß er nicht, ungehemmt von äußeren Rücksichten, seine ganze Kraft und Gestaltungsfähigkeit einer großen Aufgabe zuwenden könne. Aber nichts wäre ungerechter, als die Annahme, er habe vornehmlich für den Erwerb oder für die Unterhaltung müßiger Stunden gearbeitet. Er besaß ein ernstes, sicheres Gefühl nicht allein für die Handgriffe, sondern auch für die Kunst und die Pflichten des Schriftstellers. Er war ein feiner, geistvoller Erzähler, ein scharfer, kenntnißreicher Beobachter, und es fehlt in den meisten seiner Werke nicht an einem sittlichen oder socialen Problem, das sie über den Bereich des Gewöhnlichen erhebt. Am liebsten und am längsten wird man, glaube ich, den Theil dieser Schriften lesen, der sich mit der Darstellung westfälischer Zustände befaßt. S. kannte seine Heimath in Vorzügen und Mängeln; er sah [647] sie mit dem Auge des Dichters und des Geschichtskundigen, und sein Herz hing an ihr, wenn er auch, besonders in der späteren Lebenszeit, zu den religiösen Ansichten der Mehrzahl seiner Landsleute in immer schärferen Gegensatz gerieth. Für seine Gesinnungen zeugt das schöne Gedicht „Westfalen“, mit welchem er im Herbst 1841 für elf Jahre von seiner Heimath Abschied nahm, für seine Darstellungsgabe der Roman „Paul Bronckhorst“ (1859), der den Leser in die bewegten, wechselvollen Ereignisse zu Anfang unseres Jahrhunderts versetzt. Die Schilderung, wie die preußische Einquartierung nach der Besitznahme des Bisthums Münster im J. 1802 zuerst mit den Insassen des Bauernhofes, zu dem sie sich verirrt hatte, zusammentrifft, darf als Meisterstück komischer Charakteristik gelten. Es ist wohlthuend, zu gewahren, daß unter so viel neuen Erscheinungen des Lebens wie der Kunst das edle, durch den Tod verklärte Bild der Freundin unvergänglich vor seiner Seele stand. Eifrig war er für ihren Nachruhm und die Verbreitung ihrer Schriften thätig. Mit Beihülfe der Frau v. Laßberg gab er 1860 „Letzte Gaben von Annette v. Droste“ (Hannover bei Rümpler) heraus. Die kritischen Grundsätze bei dieser Veröffentlichung lassen sich nicht empfehlen; immer blieb es aber ein Vortheil, so manches in Zeitschriften Zerstreute, dazu einiges vorher Ungedruckte gesammelt vor Augen zu haben. Zwei Jahre später erschien in demselben Verlag „Annette v. Droste, ein Lebensbild“, als Biographie unvollständig und nicht immer genau, aber durch die warme, liebevolle Schilderung des Wesens der Freundin überaus anziehend und von bleibendem Werthe. S. war es auch, der 1879 bei Cotta die erste Sammelausgabe von Annettens Schriften besorgte, mit dem entscheidenden Erfolge, daß das Interesse für die Dichterin nunmehr in die weitesten Kreise getragen wurde.

In dem einfachen Lebensgange Schückings trat beinahe 30 Jahre hindurch keine erhebliche Veränderung ein. Den Sommer verbrachte er gewöhnlich auf seinem Landgute, das zu verschönern und zu erweitern eine Lieblingsbeschäftigung seiner Muße war, den Winter in Münster inmitten eines angeregten Verkehrs, zu dem auch fremde Besucher nicht selten beitrugen. Erwünschte Abwechslung bot es, daß S. die Winter von 1863 auf 1864, 1874/75, 1876/77, 1878/79 in Rom, den Winter von 1877 auf 1878 in Wien verlebte, wo ihm der Umgang mit Betty Paoli zu besonderer Freude gereichte. Im April 1882 sah ich ihn zum letzten Male in Berlin, lebhaft angeregt, beweglich, als seien einige Jahrzehnte wirkungslos an ihm vorübergegangen, der helle Blick des Auges ungetrübt und das volle schwarze Haar noch ungebleicht. Um so weniger erwartet, um so betrübender kam im folgenden Jahre die Nachricht, daß er am 31. August 1883 zu Pyrmont in dem Hause seines dort als Arzt lebenden jüngsten Sohnes sanft und schmerzlos verschieden sei.

Schücking, Lebenserinnerungen. Breslau 1886. – Hauschronik der Familie Schücking, als Manuscript gedruckt. – Schücking, Gesammelte Werke. – Hüffer, Annette v. Droste-Hülshoff, Gotha 1887. – Raßmann, Münsterländische Schriftsteller, Münster 1866.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: verlassen en