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ADB:Rotenhan, Sebastian von

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Artikel „Rotenhan, Sebastian von“ von Franz Xaver von Wegele in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 29 (1889), S. 299–301, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Rotenhan,_Sebastian_von&oldid=- (Version vom 14. Dezember 2024, 04:13 Uhr UTC)
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Rotenhan: Sebastian v. R. (de rubro gallo), Humanist. Geboren im J. 1478 zu Rentweinsdorf im heutigen Unterfranken aus einem der Reichsritterschaft angehörigen Geschlechte, das zugleich zu den Hochstiften von Würzburg und Bamberg seit langer Zeit in vielfachen und engen Beziehungen gestanden hat. Jener Bamberger Bischof, Anton v. Rotenhan († 1459), der durch sein Zerwürfniß mit der Stadt Bamberg so bekannt geworden ist, war aus demselben Geschlechte hervorgegangen. Sein Vater, Mathäus II. v. R., ist im J. 1506 von einem Herrn von Schaumburg erstochen worden. Ueber die ersten 15 Jahre Rotenhan’s sind wir nicht zuverlässig unterrichtet. Die Ueberlieferung innerhalb seiner Familie bringt ihn schon für diese Zeit in nähere Verbindung mit seinem Landsmanne Konrad Celtis und weiß von dessen Einfluß auf seine gelehrte Ausbildung zu erzählen. Doch ist Alles dieses nicht sicher bezeugt. Gewiß dagegen ist, daß R. im J. 1493 die Universität Erfurt besuchte und im J. 1496 sich nach Ingolstadt wandte, wo um diese Zeit Celtis in der That noch in seiner Art als Lehrer wirkte, aber in demselben Jahre es endgültig verließ. Daß sich hier zwischen beiden ein engeres Verhältniß gebildet habe, wäre an sich nicht unwahrscheinlich, nur kann dafür nach Lage der Sache nicht viel Zeit übrig geblieben sein. Um so sicherer dürfen wir aber annehmen, daß Celtis in diesem Jahre Aventin näher getreten ist, der seit 1495 in Ingolstadt als Lernender erscheint: das freundschaftliche Verhältniß, das auf lange hinaus zwischen beiden Männern bestanden hat, ist unzweifelhaft in dieser Zeit entstanden. Als nicht minder gewiß dürfen wir annehmen, daß die humanistische Richtung der R. seitdem unentwegt treu geblieben, in diesen Jahren fest begründet ward und daß Aventin, der freilich nur um weniges älter war, nicht ohne Einfluß auf sie geblieben ist. Im J. 1498 tritt R. an der Universität von Bologna auf und erscheint in der Matrikel der deutschen Nation bis zum Jahre 1502. Dieser sein Aufenthalt ist für seine Zukunft von hoher Wichtigkeit geworden. Er widmete sich vor Allen dem Studium des Rechtes und hat sich hier den Grad eines Dr. juris erworben. Er traf hier ferner mit einer großen Anzahl junger deutscher Landleute zusammen und wußte sich in ihrem Kreise eine angesehene Stellung zu erwerben, wie das allein schon aus der Thatsache hervorgeht, daß er im J. 1500 zu einem der beiden procuratores nationis germanicae erwählt wurde. Für die nächsten Jahre verlassen uns wieder die zuverlässigen Nachrichten über R.; nach einer Erzählung soll er in dieser Zeit nach seiner Rückkehr aus Italien C. Celtes zu Gefallen, mit Aventin nach Wien gegangen, und auch dem bairischen Hof näher getreten sein u. dgl. m. Doch sind das unverbürgte Nachrichten. Glaubwürdig erscheint, daß der Tod seines Vaters (1506) R. nach Rentweinsdorf zurückgeführt und die Ordnung der Angelegenheiten seiner Familie ihn hier längere Zeit festgehalten hat. Nach Erledigung dieser Geschäfte, heißt es weiter, sei er zu Bischof Lorenz von Würzburg, aus dem Hause Bibra gegangen, und dieser habe ihm eine Stelle als Assessor am Reichskammergericht [300] zu Speier verschafft. Diese Angabe gewinnt u. A. durch den Umstand an Wahrscheinlichkeit, als wir bestimmt wissen, daß R. schon von Bologna aus in Beziehungen zu dem ged. Fürstbischof von Würzburg getreten war und dessen Unterstützung der „deutschen Nation“ vermittelt hat. In den Jahren 1512 bis 1515 hat R., den die Thätigkeit in Speier offenbar wenig zu fesseln vermochte, große Reisen unternommen, die ihn bis Palästina führten, wo ihm die Ehre zu theil wurde, in die Reihe der Ritter des Ordens vom heiligen Grabe aufgenommen zu werden, eine Ehre, die ihm keine weitere ernsthafte Verpflichtung auferlegte, es müßte denn die der Ehelosigkeit gewesen sein, welcher er wenigstens thatsächlich nachgekommen ist. Einer Nachricht zufolge soll R. diese seine Reisen in deutscher Sprache beschrieben haben, erhalten hat sich aber nichts daraus und wäre der Verlust ohne Zweifel zu beklagen. Wie dem nun sei, von der Reise heimgekehrt, verblieb R. bis zum Jahre 1519 in Speier und cultivirte von hier aus seine zahlreichen Verbindungen mit gleichgesinnten humanistischen Freunden; eine Karte von Franken soll ebenfalls hier entstanden sein. Im J. 1519 trat er als Rath in die Dienste des Cardinalerzbischofs Albrecht von Mainz. Seine amtlichen Geschäfte ließen ihm Zeit hier (1521) die Chronik des Regino (zum ersten Male) herauszugeben; er dedicirte sie Kaiser Karl V. und erhielt ein Privileg gegen den Nachdruck derselben. Seine Ernennung zum eques auratus durch Karl V. war bereits vorausgegangen und steht vielleicht im Zusammenhang mit den politischen Vorgängen dieser Zeit. Ulrich v. Hutten hat R. (1520) sein Gespräch „Vadiscus“ gewidmet und richtete an ihn im September desselben Jahres ein Schreiben, worin er ihn zur Theilnahme an dem Werke der Erhebung gegen das Papstthum auffordert. R. war jedoch keine so feurige Natur wie Hutten; er täuschte sich nicht über die Nothwendigkeit einer Reformation innerhalb der Kirche, der conservative Zug seines Wesens gestattete ihm aber nicht, die Folgerungen zu ziehen, wie sein Freund dies that. Er ist daher auch bis zu seinem Tode ein treuer, wenn auch kritischer Anhänger der alten Kirche geblieben. So wurde es ihm in dieser Rücksicht auch nicht schwer, noch im J. 1521 in die Dienste des neuen Bischofs von Würzburg, Konrad v. Thüngen zu treten, in welchen er bis zu seinem Ende ausgeharrt hat. Welche Gründe ihn zu diesem Wechsel seiner Stellung bestimmten, wissen wir nicht, möglich, daß schon seit längerer Zeit bestehende nahe Beziehungen zu dem Bischof dabei mitgewirkt haben. Das Amt, das ihm am bischöflichen Hofe in Würzburg zufiel, war das des Oberhofmeisters, und man sagt nicht zu viel, wenn man behauptet, daß R. die einflußreichste Person in der Umgebung des Fürsten war. Von weiterer Verfolgung seiner wissenschaftlichen Pläne scheint keine Rede mehr gewesen zu sein. Er hatte seiner Zeit, wie er an Capito schreibt, wol die Absicht gehabt, auf Regino die Ausgabe noch mehrerer mittelalterlicher deutscher Chronisten folgen zu lassen, doch ist nichts mehr der Art geschehen. Das wichtige Amt und die schweren Zeiten nahmen ihn ganz in Anspruch. Wahrscheinlich vom fränkischen Kreise erwählt, wurde er 1524 Mitglied des Reichsregiments und stand auf Seite der Reformpartei in demselben. Welche wichtige Rolle zur Zeit des Bauernkrieges und bez. der Belagerung des Marienberges durch die Aufständischen ihm zugefallen ist, ist bekannt; er hat sich hier als ein ebenso tüchtiger Kriegsmann wie als gewandter Unterhändler hervorgethan. Auch auf der blutigen Rundreise, die sein Fürst nach dem Unterliegen der Erhebung durch die Aemter seines Hochstifts unternahm, hat er ihn begleitet, und man würde es gerne wieder erzählen, wenn die Ueberlieferung bezeugt wäre, daß er sein Mißfallen an dem nicht endenden entsetzlichen Morden ausgesprochen habe. Die zeitgenössischen, sonst am besten unterrichteten Quellen, wie L. Fries, schweigen aber davon; nur das eine berichten sie, daß R. zugleich ein Mitglied der Commission [301] war, die die Frage der Entschädigung des angerichteten, so umfangreichen Schadens zu ordnen hatte. Von da ab verläuft sein Leben in ruhigem Schritt. Der sogenannte Hessenkrieg, der u. a. auch das Hochstift Würzburg in empfindliche Mitleidenschaft zog, nahm selbstverständlich auch seine Thätigkeit in Anspruch. Das Wohlwollen seines Herrn blieb ihm ungeschmälert und erhielt im J. 1528 durch eine Rangerhöhung in der Stufenleiter höfischer Ehren einen neuen Ausdruck. Auch die Huld des Kaisers hat er sich bis zuletzt bewahrt: während seiner Anwesenheit am Reichstage zu Augsburg zeichnete ihn Karl durch einen Dienst- und Schutzbrief in den ehrenvollsten Ausdrücken aus (1530, 15. Sept.). Im J. 1534 ist R. gestorben.

Vgl. M. L. Sal. Eyring, vita Seb. de Rotenhan. Jenae 1739. – Ferner eine als Manuscript gedruckte Geschichte des Hauses Rotenhan, (1 Bd.) die vor einigen Jahrzehnten versucht worden ist, aber für unseren Fall den billigen Anforderungen nicht entspricht. – Strauß, Ulrich von Hutten (1. Aufl. 2. Theil S. 47. – M. L. Fries, die Geschichte des Bauernkrieges in Ostfranken (Würzburg 1883), edid.. Schäffler und Henner. – Acten der Erfurter Universität 2. Theil zum Jahre 1493, S. 175, wo statt Seb. de Rotenhan de Repeldorff: de Rentweinsdorff zu lesen ist. – Acta nationis Germanicae Universitatis Bononiensis edid. E. Friedlaender et Carolus Malapola. Berolini 1887 p. 206, 253, 254, 258, 340.