Zum Inhalt springen

ADB:Roth, Karl Friedrich

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Roth, Karl Friedrich“ von Richard Heß in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 53 (1907), S. 535–538, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Roth,_Karl_Friedrich&oldid=- (Version vom 9. November 2024, 14:35 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Roth, Karl Ludwig
Nächster>>>
Roth, Paul von
Band 53 (1907), S. 535–538 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Kein Wikipedia-Artikel
(Stand Januar 2019, suchen)
Karl Friedrich Roth in Wikidata
GND-Nummer 136895115
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|53|535|538|Roth, Karl Friedrich|Richard Heß|ADB:Roth, Karl Friedrich}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=136895115}}    

Roth: Karl Friedrich R., Dr. phil., Forstmann; geboren am 13. November 1810 in Dennenlohe bei Wassertrüdingen (Mittelfranken); † am 17. August 1891 zu Meinheim (Bezirksamt Gunzenhausen in Mittelfranken). Er war der zweite Sohn des Freiherrlich von Süßkind’schen Revierförsters, welcher außer ihm noch zwei Söhne und zwei Töchter hatte. Den ersten Unterricht empfing er in der Volksschule seines Heimathortes. Die gute Begabung, welche sich schon frühzeitig bei dem Knaben zeigte, veranlaßte seine Eltern, ihn auch durch den protestantischen Pfarrer in dem nahe gelegenen Orte Unterschwaningen in den alten Sprachen und im Französischen unterrichten zu lassen. Hierdurch zum Besuche einer höheren Lehranstalt vorbereitet, bezog er im Herbst 1824 das Gymnasium in Ansbach, welches er 1828 mit sehr gutem Erfolg absolvirte. Hierauf studirte er an den Universitäten Erlangen, Heidelberg und München Rechts- und Forstwissenschaft. Im October 1833 unterzog er sich der theoretischen Staatsprüfung und wurde auf Grund derselben für befähigt erklärt, als Rechtscandidat in die Praxis überzutreten. Vor die Wahl des nun zu ergreifenden Berufes gestellt, entschied er sich aber für das Forstfach. Die nächste Veranlassung hierzu lag wohl in den Anregungen, die er schon in seiner Jugend im Vaterhause empfangen hatte. Hierzu kam aber noch die Rücksicht auf seine etwas schwächliche Gesundheit, welcher das viele Sitzen im Bureau nicht zuträglich gewesen wäre. Er trat zunächst im Forstrevier Lellenfeld in die forstliche Praxis, nachdem er zuvor ein Examen pro absolutorio bei dem königl. Forstamt Gunzenhausen mit Erfolg abgelegt hatte. Im Juni 1836 erhielt er seine erste Anstellung als Reviergehülfe in Monheim (Schwaben). Im April 1837 bestand er die Staatsprüfung für den höheren Forstdienst mit ausgezeichnetem Erfolg (Note I). Infolge einer Empfehlung seines damaligen Vorgesetzten, des Forstmeisters Freiherrn v. Raesfeldt, wurde er schon im Juni 1839 zunächst in der bisherigen Eigenschaft eines Reviergehülfen als Functionär in das Ministerial-Forsteinrichtungsbureau nach München berufen und im December – ohne Aenderung seiner Verwendung – zum Forstamtsactuar ernannt. Im Juni 1842 erhielt er die erste pragmatische Anstellung als Revierförster in Selb (Oberfranken). Mit Rücksicht auf seine vorzügliche Brauchbarkeit wurde er aber auch in dieser Eigenschaft im Ministerialdienst belassen, welche Verwendung sich durch seine Ernennung zum Forstcommissär II. Classe im Januar 1847 nicht änderte. In dieser Stellung bot sich ihm reiche Gelegenheit, nicht nur den Schematismus der bairischen Forstverwaltung gründlich kennen zu lernen, sondern auch seine praktische Fortbildung zu erweitern, da er den durch scharfes Urtheil ausgezeichneten damaligen Oberinspector der bairischen Forste, Ministerialrath Christian Albert v. Schultze (s. A. D. B. XXXII, 731) bei längeren Dienstreisen häufig zu begleiten hatte. Erst im April 1850 trat R. als Forstmeister in Weiden (Oberpfalz) in den äußeren Forstdienst zurück. Hier entfaltete er über neun [536] Jahre lang eine rastlose, höchst ersprießliche Thätigkeit, insbesondere in Forstrechts-Ablösungen und -Purifikationen, sowie in besserer Arrondirung der Staatforste durch Tausch, Kauf und Verkauf. Ein großer Orkan im Sommer 1856, durch welchen ungeheure Holzmassen gebrochen und geworfen wurden, gab ihm weitere Gelegenheit, bei der Aufarbeitung, Sortirung und Verwerthung des Materials seine Umsicht und Tüchtigkeit zu beweisen. In Anerkennung derselben wurde er am 1. Januar 1859 durch Verleihung des Ritterkreuzes I. Classe des Verdienstordens vom heiligen Michael ausgezeichnet.

Noch in demselben Jahre eröffnete sich ihm aber durch seine – laut Decret vom 8. Mai 1859 erfolgte – Berufung zum ordentlichen öffentlichen Professor der Forstwissenschaft an die Universität München (vom 16. Mai ab) ein ganz neues Arbeitsfeld. Den Anlaß hierzu gab der verordnete einjährige Universitätscursus für die Aspiranten zum höheren Staatsforstdienst. Als Empfangsgruß wurde ihm seitens der staatswirthschaftlichen Facultät am 10. Mai der Dr. honoris causa verliehen. Ob er seine Vorlesungen thatsächlich schon im Sommersemester 1859 eröffnet hat, ist nicht festzustellen, jedoch wahrscheinlich.

Seine Fächer waren: Encyklopädie der Forstwissenschaft (auf zwei Semester vertheilt), Staatsforstwirthschaftslehre, Forstrecht und Forstpolizei, Forst- und Jagdgeschichte Deutschlands. Außerdem hielt er praktische Uebungen im Forstrecht und in Forstpolizei, in Forstbetriebsregulirung und Waldwerthberechnung ab.

Er fungirte auch auf Grund wiederholter Wahl durch den akademischen Senat eine lange Reihe von Jahren als Rechnungsreferent des Verwaltungsausschusses der Universität mit voller Hingabe und peinlicher Gewissenhaftigkeit.

Als im Herbst 1878 der seither bloß in Aschaffenburg ertheilte forstwissenschaftliche Unterricht zum größten Theil nach München verlegt und mit der Universität organisch verbunden wurde, behielt er seinen Lehrstuhl – neben den fünf neu berufenen Gelehrten (Gustav Heyer, Gayer, v. Baur, Ebermayer, Robert Hartig) – noch einige Jahre bei. Am Schlusse des Sommersemesters 1882, also im 71. Lebensjahr, wurde er aber auf sein Ansuchen von der Verpflichtung, Vorlesungen zu halten und an den Facultätsgeschäften Theil zu nehmen, entbunden. Eine Pensionirung der Universitätsprofessoren findet in Baiern überhaupt nicht statt. Er behielt jedoch seinen Wohnsitz in München bei. Der Tod ereilte ihn, während er in Meinheim zum Besuch bei seiner an den Pfarrer Friedrich Gagel verheiratheten Tochter Wally weilte. Die Beisetzung der Leiche fand, seinem Wunsche gemäß, in Meinheim statt, welches nur wenige Stunden von seinem Geburtsorte entfernt ist.

Als Schriftsteller nimmt R., eine echte Gelehrtennatur, eine ehrenvolle Stellung in der Fachlitteratur ein. Seine selbständigen Werke und Aufsätze bewegen sich, seinem Lehrgebiete entsprechend, vorwiegend auf forstjuridischem und staatswirthschaftlichem Gebiete. Schon während seiner forstpraktischen Amtirung verfaßte er: „Theorie der Forstgesetzgebung und Forstverwaltung im Staate, oder System der staatswissenschaftlichen Grundsätze in Bezug auf die Wälder, deren Behandlung und Erzeugnisse“ (München 1842). Als Professor veröffentlichte er: „Handbuch des Forstrechts und des Forstpolizeirechts nach den in Baiern geltenden Gesetzen“ (München 1863); „Ergänzende Nachträge hierzu bis 1870“ (München 1871); „Geschichte des Forst- und Jagdwesens in Deutschland“ (Berlin 1879); „Ueber Wald und Waldbenutzung nach conservativen Grundsätzen“ (München 1880).

In allen diesen Schriften offenbaren sich gründliche und, infolge seiner juristischen und staatswissenschaftlichen Studien, umfassende Kentnisse. Er [537] war eine durch und durch conservative Natur, ein Gegner der neueren Lehren Preßler’s, indem er ausführte, daß der Kampf um das höchste Princip der Wirthschaft (ob größte Holzmasse oder größter Waldreinertrag oder Wirthschaft der größten Bodenrente) nicht bloß mit mathematischen Waffen ausgetragen werden könne. Im Gegensatz zu den Anhängern der Bodenreinertragslehre trat er für höhere Umtriebszeiten und die Wirthschaft der größten Massenproduction ein, außer in den genannten Werken auch in Abhandlungen, von welchen an dieser Stelle hauptsächlich der Aufsatz: „Ueber Procent und Durchschnittsertrag bei der Forstwirthschaft“ (Allgemeine Forst- und Jagdzeitung, 1867, S. 449–456) genannt werden soll. Nachdem aber die Reinertragslehre (Erzielung des größten Bodenreinertrags) im Laufe der Zeit nicht nur bei den Männern der Feder, sondern auch bei den Praktikern immer mehr Anhänger gefunden hat und nachdem zur Zeit eine verständnißvolle Reinertragspraxis bereits in vielen Forsten zur Geltung gelangt ist, kann man auf den Streit um die forstlichen Reinerträge, welcher die Gemüther Jahrzehnte lang beschäftigt und in eine mitunter hochgradige Aufregung versetzt hat, soweit er rein theoretischer Natur ist, als auf eine abgethane Sache zurückblicken. Die diesfallsigen Kundgebungen von R. gehören daher dem Gebiete der Geschichte an.

Weitere Abhandlungen von R., hauptsächlich forstgeschichtliche Studien, sind – außer in der Allgemeinen Forst- und Jagdzeitung – besonders in der Monatsschrift für Forst- und Jagdwesen, welche von 1879 ab den Titel „Forstwissenschaftliches Centralblatt“ führt, niedergelegt, weil deren Redacteur (Baur) in Bezug auf die forstliche Reinertragslehre das Maximum der Waldrente, welchem auch R. im Princip zugeneigt war, in seinen zahlreichen Kundgebungen als das allein richtige Wirthschaftsziel hinstellte und mit Feuereifer (leider nicht immer streng sachlich) vertrat. Von größeren Abhandlungen, die R. noch im 68. Lebensjahre dieser Zeitschrift zuwendete, sollen noch angeführt werden: „Ueber die fortschreitende Ausbildung der Taxation und Betriebsregulirung“ (1879, S. 82, 145 und 209) und „Ueber Abtrieb und Verjüngung des Waldes in älterer und neuerer Zeit“ (1880, S. 230 und 293).

Der letztere Aufsatz gehört zum Theil dem Gebiete an, in welchem entschieden seine Hauptstärke bestand, denn in Bezug auf Forst- und Jagdgeschichte gehört R. ohne Frage mit zu den Schriftstellern ersten Rangs. Sein betreffendes Werk (291 §§ und ein Anhang, im Ganzen 671 Seiten) beruht auf gründlichen und umfangreichen Quellenstudien und beschäftigt sich vorwiegend mit der älteren Geschichte bis zur zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Von dem Auftreten der forstlichen Koryphäen (Georg Ludwig Hartig, Heinrich Cotta, Johann Christian Hundeshagen, Friedrich Wilhelm Leopold Pfeil u. s. w.) ab bis zur neueren Zeit handeln nur die §§ 280–291 auf cirka 30 Seiten. Die neueste Ausbildung der Forstwissenschaft ist leider gar nicht behandelt, was bei einem 1879 erschienenen Werk als eine wesentliche Lücke bezeichnet werden muß. Anerkennung verdient die gründliche Beherrschung des Stoffes, sowie der bienenartige Sammelfleiß des Autors, sein gewissenhaftes Quellenstudium, die Zuverlässigkeit des Gebotenen, seine Abneigung gegen unstatthafte Verallgemeinerungen und gegen voreilige Schlüsse. Das Buch bietet ferner eine Fülle von interessanten Einzelheiten für spätere Schriftsteller auf diesem Gebiete. Erschwerend für das Studium wirkt aber der Mangel eines Systems. Der Leser muß sich das vielfach zerstreute Material selbst mit großer Mühe zusammensuchen und erhält doch nicht von der Entwicklung der Forstgeschichte in allen Perioden ein zutreffendes Bild. Man vermißt vielfach den verknüpfenden Faden. Außerdem sind die Beschreibungen des Lebens und Wirkens der angeführten Forstmänner sehr ungleich ausgefallen, oft etwas einseitig und [538] bei den hervorragenden Männern oft zu aphoristisch. Auch ist die ganze Darstellung, insbesondere der Stil, etwas schwerfällig. Im Ganzen ist aber die Arbeit doch eine entschiedene Bereicherung der forstlichen Litteratur, auch in Bezug auf die Geschichte der Jagd, welcher etwa der dritte Theil des Werkes gewidmet ist. Roth’s Forstgeschichte bildet im Ganzen jedenfalls eine höchst werthvolle Ergänzung von Bernhardt’s „Geschichte des Waldeigenthums, der Waldwirthschaft und Forstwissenschaft in Deutschland“ (3 Bände, 1872, 1874 und 1875), auf welche vielfach Bezug genommen und verwiesen wird.

Als forstlicher Docent war R. nach den dem Unterzeichneten vorliegenden Mittheilungen sehr gründlich. Sein Vortrag war zwar im Allgemeinen nicht lebhaft und etwas trocken, wurde auch, da R. von schwächlicher Körperconstitution war, durch eine leichte, schwache Stimme beeinträchtigt; allein die Fülle des gebotenen Materials ersetzte doch gewissermaßen, was ihm in formeller Beziehung fehlte. Als Mensch war R. hochgeachtet, ein lauterer Charakter durch und durch, einfach, bescheiden, verträglich und der Freundschaft mit Gleichgesinnten zugänglich. Seine Lebensweise war sehr zurückgezogen und die denkbar mäßigste. Für Vergnügungen und rauschende Feste hatte er keinen Sinn. Die Studirstube bildete sein Heiligthum. Nur die Natur zog ihn an; noch in den siebziger Jahren machte er ausgedehnte Spaziergänge und größere Bergtouren (bei Partenkirchen), wobei ihm sein hochgradig entwickeltes Pedalsystem sehr zu statten kam. Mit den alten griechischen und römischen Classikern beschäftigte er sich noch in seinen vorgerückten Jahren. Auch für die schönen Künste war er empfänglich, insbesondere ein großer Freund der Oelmalerei, der er noch bis in seine letzten Lebensjahre mit großer Vorliebe huldigte.

Er war als Protestant ein gläubiger Christ, ohne ein Frömmler zu sein. Zeugniß hiervon gibt das von ihm noch im 72. Lebensjahre unter einem anderen Autornamen verfaßte Werk: „Wissenschaft und Offenbarung, Vernunft und Christenthum als in vollem Einklange befindlich“, welches unter dem Namen Ernst Friedauer 1882 in München erschienen ist.

Fr. v. Löffelholz-Colberg, Forstliche Chrestomathie, II, S. 338. – F. Baur, Nekrolog (Forstwissenschaftliches Centralblatt, 1892, S. 33–36). – Lehr, Litterarischer Bericht über Roth’s Forstgeschichte (Allgemeine Forst- und Jagd-Zeitung, 1880, S. 241–244). – Privatnachrichten.