ADB:Heyer, Gustav

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Artikel „Heyer, Friedrich Casimir Gustav“ von Richard Heß in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 50 (1905), S. 315–320, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Heyer,_Gustav&oldid=- (Version vom 19. April 2024, 03:40 Uhr UTC)
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Heyer: Friedrich Casimir Gustav H., Dr. phil., Forstmann, geboren am 11. März 1826 in Gießen, † (verunglückt) am 10. Juli 1883 bei Fürstenfeldbruck (in Oberbaiern). Dieser hervorragende Gelehrte, welcher auf forstlichem Gebiete nahezu dieselbe Bedeutung erlangte, wie Liebig für die Chemie, erreichte hiernach nur ein Alter von nur 57 Jahren.

Er war der älteste Sohn des berühmten Professors der Forstwissenschaft Dr. Karl Heyer (s. A. D. B. XII, 364) und widmete sich gleichfalls dem forstlichen Berufe. Nachdem er das Gymnasium seiner Vaterstadt im Alter von 17½ Jahren mit der Note I absolvirt hatte, studirte er vom Sommersemester 1843 bis incl. Wintersemester 1846/47, im ganzen also 8 Semester, Forstwissenschaft und die einschlagenden Grund- und Hülfswissenschaften unter der Leitung seines Vaters an der Universität Gießen, die als forstwissenschaftliche Bildungsstätte schon damals einen guten Klang hatte, und promovirte im März 1847 als Dr. phil. Hierauf absolvirte er bis Ostern 1848 den vorgeschriebenen einjährigen Cursus bei der damaligen Oberforst- und Domänendirection zu Darmstadt, welchem ein ebenfalls einjähriger praktischer Cursus in der Oberförsterei Schiffenberg bei dem Oberförster Dr. Draudt (s. A. D. B. XLVIII, 73) zu Gießen folgte. Im Herbst 1849 habilitirte er sich als Privatdocent der Forstwissenschaft an der Universität Gießen und eröffnete im Wintersemester 1849/50 seine Vorlesungen. Am 1. Juli 1853 [316] wurde er zum außerordentlichen Professor der Forstwissenschaft ernannt, und nach dem Tode von Zimmer (1854) rückte er in die hierdurch erledigte zweite Lehrerstelle der Forstwissenschaft auf, mit der Verpflichtung, vorzugsweise die praktischen Fächer zu lehren. Neben seinem Lehramte verwaltete er vom Frühjahr 1854 ab bis dahin 1857 die Oberförsterei Gießen. Am 29. April 1857 erfolgte seine Beförderung zum ordentlichen Professor, unter Entbindung von seiner praktischen Thätigkeit. Bereits 1860 wollte ihn das Eidgenössische Polytechnikum zu Zürich für eine forstliche Professur gewinnen. Die Liebe zur Heimath und seine ausgesprochene Vorliebe für das Wirken an einer Universität, die er von jeher für die allein richtige Bildungsstätte auch für den Forstmann erkannt hatte, veranlaßten ihn, den ehrenvollen Ruf abzulehnen. Aus demselben Grunde lehnte er auch den 1865 an ihn ergangenen Ruf als Vorstand der Forstschule des großh. badischen Polytechnikums zu Karlsruhe ab. Hingegen folgte er am 7. März 1868 einer Berufung als Director an die neu gegründete königl. preußische Forstakademie zu Münden, theils wegen der verlockenden äußeren Anerbietungen, insbesondere der mit dieser Stellung verbundenen pecuniären Vortheile, theils weil er befürchtete, daß die schon damals zusammengeschmolzene Frequenz in Gießen (15 Studirende der Forstwissenschaft) infolge der Gründung und reichen Dotirung der neuen – in der Nähe Gießens befindlichen – Anstalt noch eine weitere Schmälerung erleiden würde. Im J. 1872 wurde ihm der Charakter „Geheimer Regierungsrath“ ertheilt. 1875 suchte ihn die österreichische Regierung unter glänzenden pecuniären Bedingungen als o. Professor der Hochschule für Bodencultur – und zwar für die Lehrkanzel der forstlichen Betriebsfächer – zu gewinnen; allein er nahm – nach langem Kampfe – auch diese Berufung nicht an. Für diesen Entschluß waren wol ausschlaggebend theils seine Freude an der herrlichen Umgebung Mündens, theils der Umstand, daß er nach manchen Verdrießlichkeiten, die ihm namentlich anfangs durch seine Stellung als Director bereitet worden waren, auch die Früchte seiner reformatorischen Thätigkeit genießen wollte, nicht zum letzten auch der Gedanke, daß die in Deutschland immer mehr Boden gewinnende Universitätsrichtung schließlich auch in Preußen zu seiner Wandlung, d. h. zu einer Verschmelzung der Forstakademie mit der Universität, führen werde.

Als aber die Universität München, dem Beispiele Gießens folgend, im Sommer 1878 die Forstwissenschaft als vollständig ebenbürtiges Glied in den Kreis der akademischen Wissenschaften aufnahm und ihm die ordentliche Professur für Betriebslehre (Waldertragsregelung mit praktischen Beispielen, Waldwerthrechnung und Forststatik) anbot, konnte er, als ein entschiedener Anhänger der Universitätsbildung für die Forstwirthe, nicht widerstehen und siedelte im October mit seiner Familie dorthin über. Befreit von der lästigen, mit so vielen Unannehmlichkeiten verknüpften und mit Verwaltungsgeschäften reich belasteten Directorial-Stellung, fühlte er sich, von neuem den Pulsschlag der universitas fühlend und durch größere Muße zu wissenschaftlicher Geistesarbeit, in der freieren Stellung des Gelehrten hoch beglückt. Allein ein tückisches Geschick bereitete ihm schon nach 5jähriger Thätigkeit ein überaus jähes und beklagenswerthes Ende.

Am 10. Juli 1883 begab er sich, um seinem Lieblingsvergnügen, der Angelfischerei, nachzugehen, mit dem Frühzuge in die Nähe von Bruck an der Amper (bei München). Für den Nachmittag hatte er eine Vorlesung anberaumt. Als er zum Abend noch nicht nach München zurückgekehrt war, bemächtigte sich seiner Familie eine begreifliche Unruhe. Es wurden alsbald Nachforschungen nach seinem Verbleiben von seinen Freunden und Collegen [317] am Amperfluß, einem schmalen und seichten Gebirgswasser, angestellt. Nach längerer Zeit fand man daselbst erst seinen Hut, später eine im Schilf verwickelte Angelschnur, daneben ein Täschchen, sowie die Fußbekleidung. Erst am 14. Juli entdeckte man bei Emmering, etwa ¼ Stunde von Bruck, die über mehrere Wehre getriebene, entsetzlich verstümmelte Leiche des hochverdienten Gelehrten im Wasser. Nach ärztlichem Gutachten und dem Sectionsbefund ist anzunehmen, daß ihn ein Herzschlag in dem kalten Wasser getroffen haben muß, während er – barfuß und mit aufgestülpten Hosen – im Begriff war, die Angelschnur zu lösen. Die Beisetzung der Leiche fand unter großartiger Theilnahme von nah und fern am 15. Juli auf dem nördlichen Friedhof in München statt. Der Verfasser dieser Biographie hatte der Bestattung seines ihm unvergeßlichen Freundes zugleich als Vertreter der Universität Gießen beizuwohnen.

H. gehört mit zu den hervorragendsten Fachgelehrten. Mit ausgezeichneten Kenntnissen – namentlich auf forstmathematischem Gebiete – ausgerüstet, besaß er eine geradezu einzige Klarheit im Denken, Sprechen und in seinen Schriften. Auch seine naturwissenschaftlichen Kenntnisse waren umfassend und dabei gediegen.

Als Lehrer eroberte er sich wegen seines streng wissenschaftlichen, logisch geordneten, klaren, formvollendeten und fesselnden Vortrages, sowie wegen seiner Liebenswürdigkeit – zumal der Jugend gegenüber – die Herzen aller seiner Zuhörer im Fluge. Als Meister des Stoffes überwand er die schwierigsten Fragen gleichsam spielend. Seiner Redegabe gelang es, die Waldformen und forstlichen Wirthschaftsverfahren, die er schildern wollte, zu plastischer Anschaulichkeit herauszuarbeiten; selbst der trockensten Materie verstand er Geist einzuhauchen und ihr hierdurch eine interessante Seite abzugewinnen. Sein Lehr- und Forschungsgebiet war hauptsächlich Waldertragsregelung und Waldwerthrechnung. Er hatte aber während seiner langen Docententhätigkeit in Gießen auch die auf naturwissenschaftlicher Grundlage beruhenden forstlichen Productionsfächer (Waldbau, Forstschutz und Forstbenutzung) mit vorzutragen, worüber er – wie aus der späteren Aufzählung hervorgeht – höchst anerkennenswerthe Werke verfaßte.

Auf den Gebieten der Waldwerthrechnung und Forststatik schuf er als Schriftsteller ganz neue Bahnen. Neben Preßler und Judeich muß er entschieden als Mitbegründer der Bodenreinertragstheorie bezeichnet werden. Er lieferte zu deren Fundamentirung und weiteren Vervollkommnung so werthvolle Bausteine, daß man ihn als den Begründer einer besonderen Richtung dieser Lehre bezeichnen kann, die später – durch seine Schüler fortgebildet und verbreitet – immer weitere Kreise erfaßt hat. Seine bezüglichen Schriften, die später in chronologischer Reihenfolge aufgezählt werden sollen, sind inbezug auf Inhalt und Form wahre Meisterwerke.

In der forstlichen Unterrichtsfrage stand er streng auf dem Universitätsstandpunkt. Durch die Annahme der Directorstelle an der Forstakademie Münden gewann es zwar den Anschein, als ob er diesem Standpunkte untreu geworden sei. Er motivirte aber die Annahme seiner Berufung damit, „daß der Beweis für die Richtigkeit seiner Ansichten über den forstlichen Unterricht nicht durch zähes Ausharren auf seiner seitherigen Stelle (d. h. in Gießen) zu erbringen sei; daß hingegen die große preußische Monarchie mit ihrem Wälderreichthum ihm einen viel ausgedehnteren Wirkungskreis gewähren und ihm Gelegenheit bieten werde, dasjenige, was er in seiner Wissenschaft als wahr und nützlich erkannt, einer weit größeren Schülerzahl mitzutheilen“ (Allgemeine Forst- und Jagd-Zeitung, Aprilheft 1868, S. 121).

[318] Obschon er sich nur kurze Zeit auf dem forstpraktischen Gebiet bewegt hatte, war es ihm, bei seiner großen Verstandesschärfe und vortrefflichen Beobachtungsgabe, sowie bei seinem raschen Orientirungsvermögen doch gelungen, sich auch das für den Docentenberuf erforderliche Maß praktischer Kenntnisse und Erfahrungen anzueignen. Wenn auch sein Sinn und ganzes Wesen in erster Linie der wissenschaftlichen Forschung zugewendet war, so fehlte ihm doch keineswegs das Verständniß für die praktische Seite seines Berufes, was sich schon dadurch kund gab, daß er (unter Beihülfe des Mechanikers Staudinger in Gießen) eine der besten und nach ihm benannten Kluppenconstructionen erfunden hat.

Durch reiche Beiträge seitens seiner zahlreichen Schüler, Freunde und Verehrer wurde es ermöglicht, ihm auf seinem Grabe in München ein Denkmal in Form einer wohlgetroffenen Marmorbüste zu errichten. Ein Gypsabguß hiervon hat in der kleinen Aula des Universitätsgebäudes zu Gießen geeignete Aufstellung gefunden.

Aus Heyer’s Feder stammen folgende Werke: „Grundsätze über den Entwurf von Holzschadenersatztarifen“. Doctor-Dissertation (1849). Diese Arbeit bezeugte bereits die Befähigung des Verfassers zu streng wissenschaftlicher und eigenartiger Vertiefung in ein schwieriges Thema. „Das Verhalten der Waldbäume gegen Licht und Schatten“. Mit 2 Tafeln in Farbendruck (1852). Hier findet sich die Lehre von den gemischten Beständen nach ihren Grundlagen, Vorzügen und Regeln in mustergültiger Weise entwickelt. Die Schrift wurde 1856 von Aloys de Loes in das Französische übersetzt. Es folgte als erste forstmathematische Schrift: „Ueber die Ermittlung der Masse des Alters und des Zuwachses der Holzbestände“. Mit 19 lithographischen Tafeln (1852). Lediglich dem Umstande, daß dieses Werkchen inbezug auf mathematische Vorkenntnisse und Bildung ziemlich hohe Ansprüche stellt, ist es zuzuschreiben, daß es weniger zum Gemeingut der im allgemeinen formelscheuen Forstwirthe wurde, wie Heyer’s andere Publicationen. „Lehrbuch der forstlichen Bodenkunde und Klimatologie“. Mit 183 in den Text eingedruckten Holzschnitten, einer lithographirten schwarzen und zwei Farbentafeln (1856). In diesem Werke zeigt sich der ganze reiche Umfang seiner naturwissenschaftlichen Kenntnisse auf den Gebieten der Mineralogie, Chemie, Physik und im angewandten Theil auch der Physiologie. Seine hervorragendste Leistung ist aber unzweifelhaft die „Anleitung zur Waldwerthrechnung. Mit einem Anhang: Zur forstlichen Statik“ (1865). 2. Aufl. (1876; hier fehlt dieser Anhang). 3. Aufl. Mit einem (erweiterten) Abriß der forstlichen Statik (1883). Eine vierte, theilweise neue und umfangreichere Bearbeitung ist unter demselben Titel von seinem Schüler Karl Wimmenauer herausgegeben worden (1892). Die 2. Auflage ist 1878 in das Russische, Italienische und 1882 in das Kroatische übersetzt worden. Das Buch muß als eine streng wissenschaftliche, objective, klare, systematische und ausgezeichnet logisch disponirte Darstellung bezeichnet werden; es enthält eine Fülle origineller Gedanken und Beweisführungen. In nahem Zusammenhang mit der ersten Auflage steht die weitere classische Schrift: „Handbuch der forstlichen Statik. I. Abtheilung. Die Methoden der forstlichen Rentabilitätsrechnung“ (1871). H. verstand unter der forstlichen Statik, die Hundeshagen als Meßkunst forstlicher Kräfte und Erfolge aufgefaßt hatte, die Rentabilitätsberechnung forstlicher Wirthschaftsverfahren. Auch dieses Werk wurde in mehrere fremde Sprachen übersetzt. 1872 erschien eine Uebersetzung in spanischer Sprache von Professor Francisco de P. Arrilaga (Madrid) und 1878 eine in russischer (St. Petersburg). Beabsichtigt waren – in Verbindung mit mehreren Fachgenossen (wozu auch der Schreiber dieser Zeilen [319] gehörte) – noch zwei weitere Abtheilungen. Die II. Abtheilung sollte die Statistik der Erträge und Productionskosten umfassen. Die III. Abtheilung sollte wirkliche Bemessungen liefern, d. h. Vergleichungen der Effecte von Wirthschaftsverfahren, insbesondere auf Grund statistischen Materials. Leider unterblieb die Bearbeitung dieser beiden Theile aus Mangel an Muße und infolge seines frühzeitigen Ablebens. Außerdem besorgte H. die späteren Auflagen der beiden Hauptwerke seines Vaters. Eine zweite Auflage der „Waldertrags-Regelung“ erschien 1862, eine dritte 1883. Dies war sein letztes Werk, dessen vollständigen Druck er nicht mehr erlebte. „Der Waldbau oder die Forstproduktenzucht“ von Karl Heyer wurde vom Sohn in 2. Auflage (1864) und 3. Aufl. (1878) herausgegeben. Eine 4. wesentlich erweiterte Auflage rührt von dem Verfasser dieser Biographie (1893) her. An diesem weit verbreiteten classischen Werke, welches gleichfalls in verschiedene fremde Sprachen übersetzt worden ist, haben also die drei auf einander folgenden Inhaber der ordentlichen Forstprofessur in Gießen ihre Kräfte erprobt – gewiß ein seltener Fall, da ja oft genug der Nachfolger einreißen möchte, was der Vorgänger aufgerichtet hat. Die beiden späteren Herausgeber haben sich hingegen aus Pietät bemüht, dem Karl Heyer’schen Waldbau sein eigenartiges Gepräge möglichst zu erhalten.

Die Zahl der von H. in die Allgemeine Forst- und Jagd-Zeitung, welche er von 1856 ab bis zu seiner Uebersiedelung nach München im Herbste 1878 redigirte, gelieferten Abhandlungen ist zwar nicht groß, allein dieselben sind zum größten Theil von einer fundamentalen Bedeutung. Die wichtigsten sollen daher im Nachstehenden angeführt werden: „Unsere Aufgaben in der nächsten Zeit“ (1857, S. 1); „Einige Anwendungen der Wahrscheinlichkeitsrechnung auf Gegenstände des Forststrafwesens“ (1857, S. 161); „Forstliche Reinerträge“ (1858, S. 1 und 1859, S. 1); „Ueber den praktischen Unterricht in der Forstwissenschaft“ (1858, S. 253); „Beim Jahreswechsel“ (1860, S. 1); „Ueber die Größe der Probeflächen“ (1861, S. 399); „Ueber Wirthschaftsregeln“ (1862, S. 1); „Sonst und Jetzt“, Artikel I und II (1862, S. 409 und 1863, S. 1); „Ueber die Bestimmung des mittleren Alters ungleichaltriger Holzbestände (Supplemente, IV. Band, 1863, S. 30); „Die Wahl der Umtriebszeit“ (1366, S. 1); „Zur forstlichen Statik. Offenes Sendschreiben an Herrn Oberforstmeister von Manteuffel zu Colditz“ (1866, S. 469); „Ueber die Bestimmung der einträglichsten Abtriebszeit abnormer Bestände“ (1872, S. 104); „Ueber die Aufstellung von Holzertragstafeln“ (1877, S. 185). In allen diesen Abhandlungen zeigt sich sein hoher wissenschaftlicher Sinn und sein ernstes Bestreben, an Stelle der damals in forstlichen Kreisen noch vielfach üblichen einfachen Beobachtung die auf vergleichenden Beobachtungen und Untersuchungen beruhende exacte Forschung einzubürgern. Dabei ist die Darstellung des bearbeiteten Themas so klar, so durchsichtig und so fesselnd, daß das Studium zum Vergnügen wird. Wahrhaft köstlich sind seine hier und da eingestreuten feinen satirischen Bemerkungen, die namentlich in der Polemik gegen den Oberforstrath Pfeil (s. A. D. B. XXV, 648), seinen größten Antipoden, und in den beiden Artikeln „Sonst und Jetzt“ zu Tage treten. Letztere betreffen eine Entgegnung auf die gleichnamige Abhandlung des Oberforstrathes von Berg (Monatschrift für das Forst- und Jagdwesen, 1862, S. 121 und 161), welcher den forstlichen Universitätsunterricht (damals bloß in Gießen vorhanden) in einer leidenschaftlichen Weise angegriffen hatte. Auch diese Abhandlungen trugen mithin – nicht minder wie seine selbständigen Schriften – zu einer wesentlichen Klärung hochwichtiger Fragen (Umtriebszeit, Versuchswesen, Reinertragstheorie, Unterrichtsthema etc.) bei. Sie wirkten mächtig [320] anregend auf seine Zeitgenossen und sind noch heute eine Fundgrube für seine Schüler und sonstigen Verehrer, die – theilnehmend am Kampfe der Wissenschaft – seine Lehren und Grundanschauungen durch Wort und Schrift weiter verbreitet haben und noch verbreiten.

Zum Abschluß dieses Lebensbildes des hochverdienten Gelehrten noch einige Bemerkungen nach anderer Richtung hin.

H. war eine fein angelegte, tactvolle Natur von diplomatischer Befähigung und weitem Ausblick. Dabei kümmerte er sich aber auch um die kleinsten Dinge. Seine Vorsorglichkeit nach allen Richtungen hin bewährte sich namentlich während seiner Dienstzeit als Director in Münden. Als warmer Freund der Natur, zumal des Waldes, benutzte er die ihm sogar in den Ferien nur spärlich zugemessene Muße zu Studienreisen, welche ihn bis in die Wälder von Schweden und Norwegen führten. Sein Familienleben war ein äußerst glückliches. Seine Frau und eine (bei ihm wohnende) Schwägerin nahmen sogar thätigen Antheil an seinen wissenschaftlichen Arbeiten, indem sie ihm manchen Fingerzeig gaben, den er weiter verfolgte. Als Freund der Geselligkeit versammelte er, so oft es Zeit und Umstände erlaubten, gern einen Kreis von ihm nahe stehenden Personen, auch Schülern, um sich. Durch zündenden Witz und musikalische Vorträge auf einer großen Ziehharmonika, die er meisterhaft handhabte, wirkte er gern als belebendes Element. Als Grundzüge seines Charakters sind Einfachheit, Bescheidenheit und eine nahezu fascinirend wirkende Aufopferungsfähigkeit sowie Liebenswürdigkeit gegenüber seinen Schülern und anderen jungen Fachgenossen, die er als besonders befähigt erkannt hatte, zu erwähnen. Allen war er ein trefflicher Rathgeber, Vielen ein treuer Helfer. Gar mancher Schüler verdankt ihm seine Stellung. Allerdings verlangte er dann in wissenschaftlicher Hinsicht strenge Gefolgschaft; das Gegentheil verzieh er niemals. Mit vollem Rechte konnte sein früherer Schüler Professor Lehr, als er die erschütternde Trauerkunde von Heyer’s jähem Dahinscheiden vernahm, ausrufen: „Er war mir Lehrer und wohlwollender Freund, ja er war mir mehr als Freund, er war mir ein zweiter Vater!“

Fraas, Geschichte der Landbau- und Forstwissenschaft, 1865, S. 603, 611 und 626. – Fr. von Löffelholz-Colberg, Forstliche Chrestomathie, II. 1867, S. 179 und 284; IV. 1868, S. 102, 126, 150, 151, 201 u. 235; V. 1874, S. 55, 57, 76 und 137. – Allgemeine Forst- und Jagd-Zeitung, 1868, S. 121 (Uebersiedlung der Redaction der Allgemeinen Forst- und Jagd-Zeitung von Gießen nach Münden); 1878, S. 331 (Der forstliche Unterricht an der Universität München); 1879, S. 40 (Biographie); 1883, S. 288 (Todesnachricht), S. 353 (Nekrolog, von Lehr). – Ratzeburg, Forstwissenschaftlicheos Schriftsteller-Lexikon, 1874, S. 243. – Bernhardt, Geschichte des Waldeigenthums etc. III. 1875, S. 201, 241, 286, 287, 290, 297, 299–301, 305, 310, 322, 323, 357, 382 und 393. – Forstliche Blätter, N. F. 1875, S. 255 (Berufung nach Wien); 1883, S. 285 (Nekrolog). – R. Heß, Der forstwissenschaftliche Unterricht an der Universität Gießen in Vergangenheit und Gegenwart, 1881, von S. 26 ab und besonders S. 83 (Biographie). – Centralblatt für das gesammte Forstwesen, 1883, S. 416 (Nekrolog, von v. Seckendorff) u. S. 548 (Gustav Heyer und seine neueste Publication). – Forstwissenschaftliches Centralblatt, 1883, S. 484 (Todesanzeige). – Zeitschrift für Forst- und Jagdwesen, 1883, S. 458 (Nekrolog, von Danckelmann). – Kölner Zeitung, Nr. 199, Erstes Blatt vom 20. Juli 1883. – Schwappach, Handbuch der Forst- und Jagdgeschichte Deutschlands, 2. Band, 1888, S. 815, 820, 822, 834, 848 und 859. – Universitätsacten. – Eigene Kenntniß.