ADB:Rudolf II. (Graf von Habsburg)

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Artikel „Rudolf II., Bischof von Constanz“ von Georg von Wyß in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 29 (1889), S. 539–542, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Rudolf_II._(Graf_von_Habsburg)&oldid=- (Version vom 29. März 2024, 05:27 Uhr UTC)
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Rudolf II., Bischof von Constanz, 1274 bis † am 3. April 1293; war der zweite von den drei Söhnen des Grafen Rudolf’s des Schweigsamen von Habsburg-Laufenburg (s. A. D. B. X, 284), die das Mannesalter erreichten. Zum Geistlichen bestimmt, erhielt er Kanonikate in Basel und Rheinfelden und andere kirchliche Pfründen und wird von 1253 an als Domherr, seit 1263 als Dompropst von Basel, seit 1271 auch als Propst von Rheinfelden in den Urkunden der Familie genannt, an deren Spitze sein älterer Bruder Gottfried waltete. Noch 1266 studirte er übrigens in Bologna. Als Graf Gottfried 1271 starb, übernahm der Dompropst mit seinem jüngeren Bruder Eberhard die Vormundschaft über Gottfried’s einzigen Erben, den einjährigen Knaben Rudolf, und vertrat nun als Aeltester die Familie. Auf ihre Geschicke übte die aufsteigende [540] Macht und Bedeutung des älteren Zweiges der Habsburger bestimmenden Einfluß. Graf Rudolf, das Haupt derselben, vermählte im Frühjahr 1278 die junge Gräfin Anna von Kiburg, seine Mündel, dem Grafen Eberhard und als er im Herbste 1273 den Königsthron bestieg und einige Monate später, am 19. Februar 1274, der Bischofsstuhl von Constanz durch den Hinschied Eberhard’s II. von Waldburg (s. A. D. B. V, 542) erledigt wurde, erwählten die Domherrn des neuen Königs Vetter, den Basler Dompropst R., zum Nachfolger des Verstorbenen. Vor Mitte Sommers 1274 nahm R. als Electus von der neuen Würde Besitz, die ihn an die Spitze des größten schwäbischen Bisthums stellte. Er empfing am 30. Juni 1275 in seiner Residenz Constanz den von Augsburg nach Zürich ziehenden König und erschien im October darauf, wie auch Graf Eberhard, in Lausanne bei der Zusammenkunft des Königs mit Papst Gregor X. Hier weihte der Papst die Domkirche Lausanne, den auf des Königs Wunsch von ihm zum Bischofe von Basel ernannten Barfüßer Heinrich, den Gürtelknopf, aus Isny in Schwaben (s. A. D. B. XI, 539), und wol auch den Erwählten von Constanz, den von dieser Zeit an die Urkunden nicht mehr bloß Electus nennen. Die persönliche Stellung der beiden Bischöfe, der einzigen ganz deutschen Kirchenfürsten unter den Anwesenden in Lausanne, war möglichst verschieden. Den Constanzer zeichnete seine Geburt und Verwandtschaft mit dem Könige aus; den gewesenen Ordensmann niedriger Herkunft, der den Stuhl von Basel bestieg, das besondere Vertrauen, dessen er seit langen Jahren beim Könige genoß, und die Begabung, die ihn im steigenden Maße zu dessen einflußreichstem Geschäftsmanne machte. Hier vielleicht schon regte sich der Gegensatz, in welchem nach Bischof Heinrich’s Erhebung zum Erzbischofe von Mainz, 1286, Bischof R. sich weigerte, daß Visitationsrecht des neuen Metropoliten in der Diöcese Constanz anzuerkennen, und als er dann doch hierzu verhalten wurde, den Erzbischof spöttisch an die Zeiten erinnerte, in welchen er dieselbe auf Barfüßersohlen bettelnd durchzogen habe. Für die Brüder von Habsburg-Laufenburg blieb übrigens das Verhältniß zum königlichen Hause das Wichtigste. Soweit es den Bischof R. anbelangt, behielt dasselbe ununterbrochen, für Graf Eberhard mit Ausnahme einer kurzen Zeit, äußerlich friedliche Gestalt, so lange König Rudolf lebte; innerlich indessen war es weit entfernt von der Anhänglichkeit, mit welcher einst Graf Gottfried dem Grafen Rudolf als treuester Waffengenosse und Freund zur Seite stand. Zwar wurde Bischof R. anfangs April 1276, als die Königin Anna in Rheinfelden – in Basler Diöces – ihrem damals in Mainz weilenden Gemahl ihren jüngsten Sohn Karl gebar, zum Vollzug der Taufe des Knaben berufen; zwar empfing er in Constanz im Mai 1277 die Königin und deren Familie, voraus die Grafen Albrecht und Hartmann, auf ihrer Reise nach Wien, wo König Rudolph seit dem Spätjahr 1276 weilte. Aber der Bischof zog dem Könige nicht nach Oesterreich zu, noch in den Krieg wider Ottokar von Böhmen zu Hülfe, wie der Bischof von Basel, und als Graf Eberhard, der 1277 in Wien und 1280 im zweiten böhmischen Feldzuge in des Königs Lager erschien, nach der Rückkehr des Letztern in die heimathlichen Lande, 1281, vom Könige wegen Friedensbruchs schwer bestraft wurde (s. A. D. B. X, 285), mußte auch der Bischof diese Heimsuchung seines Bruders empfinden. Zudem waren schon früher durch die Abtretung der kiburgischen Güter im Aargau und des habsburgisch-laufenburgischen Besitzes um Luzern und in den Waldstätten an den Grafen Rudolf, – Abtretung, welche 1273 der Vermählung des Grafen Eberhard mit Gräfin Anna von Kiburg zur Seite ging, – und durch die Art, wie der König 1277 die Lage des jungen Ehepaares zur Erwerbung von Freiburg im Uechtlande für seine eigenen Söhne benutzte, Keime der Unzufriedenheit in die Brust seiner Verwandten gelegt worden; wie denn Rudolf’s rücksichtslose [541] Vergrößerungssucht seinem Hause so viele Gegner gerade in den Stammlanden der Habsburger etweckte. Doch der Bischof und Graf Eberhard mußten sich fügen. So erschien denn wenigstens der Letztere auch auf dem Tage in Augsburg, im December 1282, wo die Belehnung der Grafen Albrecht und Rudolf mit den österreichischen Herzogthümern in ihm wenig erfreulichen Rückblick auf seine eigene Lage hervorrufen mochte; der Bischof aber hatte sich des Kommens enthalten. Nach nicht vollen zwei Jahren legte der Tod Eberhard’s, 1284, die Vormundschaft über dessen hinterlassene Kinder Hartmann und Margarethe, die den Namen von Kiburg führten, in des Bischofs Hand, der mit seinem Bisthum, mit der Vormundschaft über seinen Neffen Rudolf, Gottfried’s Sohn, sowie derjenigen über die hinterlassenen Kinder des Grafen Friedrich von Homberg im baselschen Jura, nun auch noch die Verwaltung der kiburgischen Herrschaften in Burgund in seiner Hand vereinigte. So besaß er in den Landschaften vom Bodensee bis zur Saane eine Bedeutung und Macht, welche nur derjenigen des Königs und seiner Söhne nachstand, ihn aber auch antreiben mochte, ihrem Beispiele eifersüchtig nachzustreben, und dadurch in mannichfache Verwicklungen mit ihnen bringen konnte. Für einmal wich er solchen aus. Er erschien 1287 an der vom König einberufenen Synode in Würzburg; er führte 1290 seine Nichte Margaretha von Kiburg an den königlichen Hof nach Erfurt zur Vermählung mit dem ihr vom Könige bestimmten Gatten, Graf Dietrich von Cleve, und er empfing Ende Januar 1291 den greisen König in Constanz, als derselbe nach langem Aufenthalte in Thüringen zum letzten Besuch in die heimathlichen Lande zurückkam; dem Könige folgte er auch ins Elsaß nach. Am 16. April 1291 besiegelte der Bischof im Kloster Murbach die Urkunde, welche des Königs letzte größere Erwerbung für sein Haus, den Kauf von Luzern nebst allen dazu gehörigen murbachischen Höfen, abschloß; am 20. Juni noch war der Bischof in Hagenau in des Königs Gefolge. Dann aber verabschiedete er sich, kehrte heim, und als vier Wochen später der König in Speier die Augen schloß, brach in dem Bischofe wie ein lange verhaltener Strom die leidenschaftliche Abneigung gegen das Haus Habsburg-Oesterreich los, von dem er seinen Neffen Rudolf, seinen Mündel Hartmann und sich selbst beeinträchtigt und gekränkt fühlte. In den Wirren, in denen sich nun im Reiche, so insbesondere im Lande zwischen den Alpen und dem Rhein, Alles für oder wider Herzog Albrecht parteite, stellte sich der Bischof an die Spitze der Gegner des Herzogs. Er war der Mittelpunkt des Widerstandes gegen denselben, zu welchem der vom Könige vertriebene Abt Wilhelm von St. Gallen, dessen Brüder die Grafen von Montfort, Graf Manegold von Nellenburg, die Gräfin Wittwe Elisabeth von Homberg-Rapperswil, die Städte Constanz und Zürich sich in verschiedenen Bündnissen vereinigten. Auch ins burgundische Land trug der Bischof seine Politik über. Mit König Rudolf und des Reiches altem Gegner, dem Hause Savoyen, verband er sich gegen das Haus Habsburg-Oesterreich. Graf Amadeus V.[WS 1] hatte sich nach des Königs Tode sofort der Städte Peterlingen und Murten bemächtigt, Bern sich für die königslose Zeit in seinen Schirm begeben; die Schlösser Laufen und Gümmenen suchte der Graf in seine Gewalt zu bringen. Mit ihm schloß Bischof R. für sich und seinen Mündel Hartmann am 17. Herbstmonat 1291 in Kerzers unweit Murten ein Bündniß, wodurch sie sich, unbekümmert um das Reich, verpflichteten, dem Grafen in Behauptung seiner Eroberungen und Unterstützung seines Unternehmens beizustehen. Zahlreiche Fehden erfüllten nun das Land. Am Martinstag 1291 nahmen der Bischof und die Constanzer mit Sturm die österreichisch gesinnte Stadt Buchhorn (Friedrichshafen) am Bodensee; am 13. April 1292 erlitten hinwieder des Bischofs Bundesgenossen, die Zürcher, vor dem österreichischen Winterthur eine blutige Niederlage. Aber [542] Herzog Albrecht, der nach der Wahl König Adolf’s am 5. Mai in Frankfurt, in dessen Nähe er gelegen, mit Kriegsmacht in seine Stammlande heraufkam, zersprengte binnen wenigen Wochen alle seine Gegner, zwang Zürich durch eine Belagerung von sechs Tagen zum Frieden, nahm und brach die Feste Nellenburg, legte sich belagernd vor Abt Wilhelm’s Stadt Wyl, die sich ergeben mußte, worauf der Abt mit dem Herzog sich sühnte, und brachte endlich auch den Bischof und die Stadt Constanz, denen er am 15. August einen Waffenstillstand bewilligte, zum Frieden. Vergeblich hatte der Bischof persönlich bei König Adolf um dessen Hülfe geworben. In einer Zusammenkunft mit Herzog Albrecht in der Kirche zu Sirnach im Thurgau wurde am 24. August der Friede vom Bischofe für sich und seinen Mündel Hartmann verbrieft. Diesen Ausgang seiner politischen Pläne überlebte der Bischof nicht lange. Nachdem er noch den neuen König anfangs Februar 1293 in Constanz empfangen hatte, als derselbe über Basel und Zürich an den Bodensee kam, starb er plötzlich, zwei Monate später, an einem Schlaganfalle, der ihn in Zürich bei der Tafel traf. Der Erbe seiner Gesinnungen blieb sein Neffe Rudolf von Habsburg-Laufenburg. Unter seinen kirchenregimentlichen Handlungen sind der Erlaß eines neuen Statuts für das Chorherrnstift Zurzach vom 31. Decbr. 1279, die Bestätigung des von Ritter Johann von Küßnach gegründeten Augustinerinnenklosters Neuenkirch unweit Sempach im März 1282 und der Rückkauf der verpfändeten Stadt Arbon von Marquard von Kempten[WS 2] an das Bisthum im Mai 1282, sowie der zugehörigen Vorstädte von den Herrn von Bodmen im J. 1285, hervorzuheben. – Nach einem Nekrologium von St. Gallen hätte R. einst diesem Kloster als Mönch angehört; ob sich dies auf seine frühere Jugendzeit bezieht, oder auf eine kirchliche Confraternität in späteren Jahren, ist nicht mit Gewißheit zu entscheiden.

A. Münch, Regesten der Grafen von Habsburg-Laufenburg in: Argovia, Bd. X (Aarau 1879) und Bd. XVIII (1887). – Böhmer, Regesten König Rudolfs. – Annales Colmarienses.Albertus Argentinensis. Kuchimeister. Nüwe casus Monasterii St. Galli, h. von Meyer v. Knonau in den Mittheilungen des sanctgall. historischen Vereins. Neue Folge, 8. Heft (St. Gallen 1881). – Neugart, Episc. Constant. Tom. I, pars II. – Kopp, Gesch. der Eidgen. Bünde. Band I bis III.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Amadeus V. von Savoyen
  2. Marquard von Kemnat