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ADB:Süpfle, Theodor

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Artikel „Süpfle, Theodor“ von Gottfried Süpfle in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 54 (1908), S. 637–639, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:S%C3%BCpfle,_Theodor&oldid=- (Version vom 21. November 2024, 17:06 Uhr UTC)
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Band 54 (1908), S. 637–639 (Quelle).
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Süpfle: Theodor S., namhafter Schulmann und Litterarhistoriker, wurde am 24. Mai 1833 zu Karlsruhe geboren. Als Sohn des in Deutschland und über dessen Grenzen hinaus in Oesterreich, Holland und Dänemark durch seine „Aufgaben zu lateinischen Stilübungen“ rühmlichst bekannten Schulmannes, des großherzoglich badischen Hofrathes Karl Friedrich Süpfle, hatte er das Glück, die vortrefflichste Erziehung zu genießen und für das Amt eines Lehrers wie Wenige vorgebildet zu werden. Nachdem er das Lyceum seiner Vaterstadt absolvirt hatte, studirte er classische sowie neuere Philologie in Göttingen und Heidelberg; so gewissenhaft er auch seinen Fachstudien oblag, so wenig vernachlässigte er die verwandten Fächer und erwarb sich besonders eine umfassende philosophische und historische Bildung. An der Georgia Augusta waren es K. F. Hermann, Schneidewin, v. Leutsch und Ehrenfeuchter, die auf Richtung und Betrieb seiner Studien einen tiefgehenden Einfluß ausübten; neben gediegenen und ausgebreiteten Kenntnissen gewährte ihm diese Universität durch näheren Umgang mit Hermann und Schneidewin einen Einblick in die Gründlichkeit deutscher Gelehrtenarbeit. Im September 1858 wurde er auf Grund seiner Dissertation „De Theocriti primo idyllio“ zum doctor philosophiae promovirt, nachdem er bereits im November 1854 das badische Staatsexamen mit Auszeichnung bestanden hatte. Nach längerem Studienaufenthalte in Frankreich, wo er an unmittelbarer Quelle Sprache und Litteratur dieses Volkes kennen und schätzen lernte, begann er 1861 seine amtliche Thätigkeit am Gymnasium Ernestinum zu Gotha; hier wirkte in wissenschaftlicher wie pädagogischer Hinsicht ein hervorragender Philologe und Schulmann fruchtbar auf ihn ein, der damalige Anstaltsdirector Joachim Marquardt. Im J. 1870 wurde S. zum Professor ernannt und ein Jahr darauf durch die Verleihung des Ritterkreuzes des sächsischen Hausordens ausgezeichnet. Aber bereits im März 1872 verließ er, um einer Berufung in das dem deutschen Reiche zurückgewonnene Metz Folge zu leisten, die seinem Herzen so nahestehende Stadt, in welcher er sich durch seine Vermählung mit der Tochter des Geheimen Archivrathes Dr. August Beck ein eigenes Heim [638] gegründet hatte. Von 1872–1885 gehörte er dem kaiserlichen Lyceum der alten Reichsstadt als dessen tüchtigster Lehrer an: erfüllt von Schaffensdrang und Schaffenskraft hat er dort im äußersten Westen unseres Vaterlandes als Lehrer wie als Gelehrter eine an Erfolgen reiche Wirksamkeit entfaltet. Durch ein Augenleiden sah er sich vor der Zeit genöthigt, um Entlassung aus dem Schuldienste zu bitten, die ihm 1885 gewährt wurde, nachdem wiederholte Versuche der Behörde, ihn dem Dienste noch weiterhin zu erhalten, fehlgeschlagen hatten. Ostern 1886 ließ er sich in seinem Heimathlande, in Heidelberg, nieder; in stiller Zurückgezogenheit arbeitete hier der verdiente Forscher mit Einsetzung seiner ganzen Kraft, seiner ganzen Persönlichkeit an dem Ausbau seines litterarhistorischen Werkes ununterbrochen bis zu seinem Tode, der ihn am 15. September 1895 unerwartet seiner Familie, seinen Freunden, seiner Wissenschaft entriß.

Als Mann der Schule hat S. 24 Jahre gewirkt. Musterhafte Pflichttreue und peinliche Gewissenhaftigkeit in allen Obliegenheiten seines Amtee zeichnete ihn aus. „Vornehm, wie er in seinem ganzen Wesen war, hielt er auch bei Andern streng auf äußere Form, Ordnung und Sauberkeit; doch war ihm die Form nicht mehr, als sie eben sein soll: der Geist war es, den er durch die schöne Form bilden und erziehen wollte. Seinen Schülern war er ein liebevoller Erzieher und Berather.“ Schriftstellerisch ist S. als praktischer Schulmann durch Veröffentlichung von „Uebungsstücken zum Uebersetzen in das Französische“ sowie durch Weiterführung der lateinischen Uebungsbücher seines Vaters hervorgetreten. „Wie viel er aus dem Eigenen bei jeder der von ihm herausgegebenen 20 Auflagen den genannten Büchern einverleibte, weiß jeder, der während der letzten 25 Jahre sich mit ihnen befaßt hat.“

Als Litterarhistoriker erwarb sich S. einen bedeutenden Namen im In- und Auslande durch seine Forschungen über Ausdehnung und Stärke des Cultureinflusses Deutschlands auf Frankreich. „Allerdings“, bekennt er selbst, „war ich mir der großen Schwierigkeiten des Unternehmens und der nahezu unbegrenzten Ausdehnung der zu durchlaufenden Gebiete wohl bewußt. Aber das Ziel, das ich an den Grenzmarken der beiden großen Völker verfolgte, galt mir als ein so hohes und innerlich so lohnendes, daß ich vor keiner Arbeit, keiner Mühe, keinem Opfer zurückschreckte.“ Nach Beendigung schwieriger Vorarbeiten, nach Beschaffung und kritischer Sichtung des nicht bloß ungemein ausgedehnten, sondern auch an den verschiedensten und auseinanderliegendsten Fundorten zerstreuten Materiales wurde die „Geschichte des deutschen Cultureinflusses auf Frankreich“ im J. 1890 zu Heidelberg vollendet.

Eine werthvolle Ergänzung und Erweiterung des Hauptwerkes (Gotha 1886–1890) bilden die Einzelforschungen auf dem Gebiete der internationalen Litteraturgeschichte, welche S. in den Jahren 1886–1895, größtentheils in der „Zeitschrift für vergleichende Litteraturgeschichte“ veröffentlicht hat. „Alle seine Arbeiten tragen das Gepräge seines Schaffens: Alles, was er schrieb, war gründlich, klar und formvollendet dargestellt; in ihm verband sich mit dem Scharfsinn des Forschers die Gestaltungskraft des Künstlers.“

Die Herausgabe seiner kleineren Abhandlungen sowie seines litterarischen Nachlasses wird von seinem Sohne besorgt.

Von den Nekrologen, die in der Tagespresse und in Zeitschriften erschienen, sind hervorzuheben: Schwäbischer Merkur Nr. 250 vom 24. October 1895, zweite Abtheilung, S. 2144. – Straßburger Post Nr. 821 vom 2. November 1895. – National-Zeitung Nr. 709 vom 17. December [639] 1895. – Südwestdeutsche Schulblätter, XIII. Jahrgang 1896, Nr. 2, S. 52–55.