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ADB:Ehrenfeuchter, Friedrich

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Artikel „Ehrenfeuchter, Friedrich“ von Friedrich Uhlhorn in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 48 (1904), S. 285–290, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Ehrenfeuchter,_Friedrich&oldid=- (Version vom 18. Dezember 2024, 21:02 Uhr UTC)
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Ehrenfeuchter: Friedrich August Eduard E., evangelischer Theologe, geboren am 15. December 1814 zu Leopoldshafen bei Karlsruhe, † am 20. März 1878 in Göttingen. Sein Vater war Volksschullehrer in Leopoldshafen, ein ungemein tüchtiger Mann, rationalistisch, ernst und tief religiös. Bald nach der Geburt seines Sohnes Friedrich wurde er als Musterlehrer nach Mannheim berufen. Dort besuchte E. das Lyceum, ein körperlich zarter, aber geistig frühreifer Knabe, in dessen Geistesart der Vater etwas die Nüchternheit vermißte. Im October 1831 bereits bezog er die Universität Heidelberg, Philologie und Geschichte (bei Schlosser), Philosophie und Theologie zu studiren. Sein Sinn für Philosophie (besonders Religionsphilosophie und Philosophie der Geschichte) und speculative Theologie wurde wol durch den Schellingianer Creuzer, vor allem aber durch den Hegelianer Daub geweckt. In der Theologie hatte der greise Dr. Paulus wenig Einfluß auf ihn, mehr zog ihn die neuere nachrationalistische Theologie an, zu der Schwarz einen gewissen Uebergang bildete, der von mehr als einer Seite durch Hervorhebung der Idee des Ethischen und des Reiches Gottes im Gegensatz zu der Herrschaft des Individualismus und Subjectivismus sich mit Schleiermacher berührte. Nach beendetem Studium war E. sechs Jahre Religionslehrer in Mannheim, blieb aber auch noch in regem Verkehr mit der Universität Heidelberg, vor allem mit den neu berufenen Professoren Ullmann und Rothe. Jetzt studirte er besonders Schleiermacher, durch den er später wesentlich beeinflußt wurde. 1841 wurde er Vicar in Weinheim, dann Stadt- und Hofvicar in Karlsruhe, wo er sich 1844 mit Angelika Fink vermählte. Sie war eine durch Geist und Gemüth ausgezeichnete Frau, die ihm bei seiner vielen Kränklichkeit 34 Jahre hindurch treu zur Seite gestanden hat. Die glückliche Ehe wurde mit 5 Kindern gesegnet.

1840 hatte E. sein erstes großes theologisches Werk vollendet: „Die Theorie des christlichen Kultus“. Ausgehend von den Begriffen der Religion, des Reiches Gottes und der Kirche entwickelt er die Entstehung, das Wesen und die Gliederung des Cultus als Darstellung des Lebens Gottes in der Menschheit, des Lebens der Menschheit in Gott. Nicht von außen, sondern wie er selbst sagt, „als ein freier von selbst sich entwickelnder Lebensgedanke ist ihm der Grundgedanke, der seine Theorie des Kultus durchdringt, aufgegangen“. Aesthetisch gestimmt sucht er Religion und Kunst zu vereinigen, zum rechten Inhalt auch die rechte Form kirchlichen Lebens zu finden, dabei Schleiermacher’sche Ideen selbständig verarbeitend. 1845 folgte die „Entwickelungsgeschichte [286] der Menschheit, besonders in ethischer Beziehung in Umrissen dargestellt“. Das Buch ist aus Vorträgen entstanden, die im Winter 1844/45 in Karlsruhe gehalten sind. Es ist eine Art Geschichtsphilosophie von ethisch christlichem Standpunkte („Das Ethische ist das Sittliche in seinem Zusammenhange mit den göttlichen Principien“). E. will zeigen „warum man die Erscheinung Christi den Wende- und Mittelpunkt der Weltgeschichte nenne“. „Die Geschichte ist beides, Entwickelung des Reiches Gottes und Weltentwickelung; beide sind in einander, aber wir können nicht zwischen beiden feste Grenzen ziehen. Man muß Unkraut und Weizen wachsen lassen bis zur Ernte, bis zum Gericht und die Weltgeschichte ist das Weltgericht, doch so, daß hier verweslich gesät wird und auferstehen wird unverweslich.“ In diesem Sinne schildert er den Charakter der antiken Welt, des Volkes Israel, des Mittelalters, der Reformation und der Revolution. Die Gegenwart aber ist ihm „Reminiscenz des Mittelalters und extreme Consequenz des Reformationsprincips“, „Vereinigung des Gattungsmäßigen und Individuellen“, was die höchste That der Geschichte ist. Das Bewußtsein, die Reflexion, ist eine Macht geworden verbunden mit Kritik. Nationalität und Kosmopolitismus, Monarchie und Republik suchen Einheitspunkte, letztere in Formen von Verfassungen. „Der Staat ist die gebildete Erde, die Kirche der keimende Himmel“; für die Erscheinung sind beide stets getrennt, was sie zusammenhält, ist ein Höheres, das Reich Gottes, darum können weder die Formen des Staates, noch die der sichtbaren Kirche die unbedingt letzten sein. Das Ziel der Weltgeschichte ist die Führung des Menschengeschlechtes zur Freiheit, d. h. zur Ueberwindung und Beherrschung der Natur.

Diese beiden Werke wurden die Veranlassung seiner Berufung nach Göttingen. 1845 trat er dort an als a. o. Professor der Theologie, Universitätsprediger und Mitdirector des homiletischen Seminars. Er wurde neben Lücke, mit dem ihn innige Freundschaft verband, eine Zierde und Segenskraft für die theologische Facultät. In seiner Grundanschauung war er mit Lücke eins und suchte gleich diesem, allem Extremen abgeneigt, mit seiner Arbeit die Kirche auf dem alten ewigen Grunde zu bauen und durch den Nachweis der Einheit von Humanität und Christenthum die Kluft zwischen Christenthum und moderner Cultur zu überbrücken. Wie viele Vertreter der Vermittlungstheologie wirkte er vor allem durch den Eindruck seiner Persönlichkeit. Er war eine außerordentlich reich und harmonisch angelegte Natur, Tiefe des Gemüthes mit Lebhaftigkeit des Geistes und einer seltenen Gabe der Receptivität verbindend, von feiner allseitiger Empfänglichkeit für das Ideale, von inniger und fester Hingabe an Christum und sein Reich, in dem er die Lösung aller Probleme der Theologie und Philosopie, die Einheit aller Gegensätze des Wissens und Lebens gefunden. Ihm war es unverständlich, daß Wissenschaft und Kirche, Theorie und Praxis, Glaube und Bildung, Kirchenregiment und akademisches Lehramt einander fremd oder gar feindlich gegenüberstehen sollten. In ihm war wissenschaftliches und praktisches Interesse vereinigt, wie sich feiner ästhetischer Sinn und plastische Gestaltungskraft harmonisch in ihm verbanden. Dabei behauptete er allerdings auch die Eigenart dieser Vermittlungstheologen, welche über der Welt in idealer Höhe schwebend die Welt im Grunde nicht verstanden und deren feinsinniger allzuzarter Geist nicht in die rauhe Luft der Wirklichkeit paßte. Es ist etwas ästhetisch Aristokratisches in dieser Theologie, die mehr Genuß als Stärkung bietet und darin liegt ein Grund mit, weshalb selbst Schüler und Verehrer Ehrenfeuchter’s in der Praxis sich von ihm abgewendet haben und seine Werke heute fast vergessen sind. Immerhin hat er durch seine tiefe und innige Art einen großen Einfluß auf [287] seine Hörer gehabt; er ist Vielen viel geworden durch seine Persönlichkeit und hat im Colleg und auf der Kanzel zahlreiche Schüler für das Amt begeistert und zu einer lebendigen Amtsführung angeleitet. Nach Lücke’s Tode (1855) erbte er gewissermaßen noch das Ansehen dieses Mannes und galt als das Haupt der theologischen Facultät.

Er begann seine Thätigkeit in Göttingen mit einer Vorlesung über Einleitung in das Studium der Theologie und Liturgik und richtete auch zugleich ein praktisches Seminar ein. Die Studirenden brachten ihren Dank für das ihnen Gebotene schon am Schlusse des ersten Semesters durch einen Fackelzug zum Ausdruck. Ungemein vielseitig las er neben der praktischen Theologie und ihren Einzelfächern noch Religionsphilosophie, Apologie, Apologetik, Leben Jesu, Erklärung der Pastoralbriefe, Geschichte der neueren Theologie im Zusammenhange mit der allgemeinen Culturentwicklung, kirchliche Statistik und hannoversche Kirchengeschichte. Ebensosehr wie seine wissenschaftlichen Vorträge zogen seine Predigten in der Universitätskirche an, die Tiefe und Innigkeit des Inhaltes mit eindringender Kraft verbanden und durch Feinheit und Eleganz der Form ausgezeichnet waren. In dem praktischen Seminar bewies er Menschenkenntniß und Fähigkeit sich in fremde Anschauungen zu versetzen und verstand seelsorgerisch die Anfänger zu leiten und die Gewissen zu schärfen. Göttingen ward ihm zur Heimath, zumal da er neben der erfolgreichen akademischen Thätigkeit hier auch eine Stätte vielseitigen geselligen und freundschaftlichen Verkehrs auch mit den jungen Docenten und Studenten fand. Oefters wurde er nach auswärts berufen (nach Heidelberg, Leipzig, Karlsruhe, Dresden), aber er konnte sich nicht entschließen, die ihm lieb gewordene Universität zu verlassen. Die hannoversche Regierung ehrte den von Heidelberg schon 1847 zum theologischen Doctor Ernannten auf mannichfache Weise; 1849 wurde er ordentlicher Professor, 1855 Consistorialrath, 1856 Abt von Bursfelde, 1859 ff. Oberconsistorialrath und Mitglied des hannoverschen Staatsrathes für geistliche und Unterrichtsangelegenheiten. König Georg V. schenkte ihm sein besonderes Vertrauen. Von seiner lebhaften Betheiligung an den kirchlichen Fragen der hannoverschen Landeskirche zeugen verschiedene Artikel Ehrenfeuchter’s in der „Vierteljahrschrift für Theologie und Kirche“ von Lücke und Wieseler, die er später mit herausgab, bis sie unter der Ungunst der Zeitströmung dem Petri’schen[WS 1] „Zeitblatte“ unterlag. Auch blieb er in enger Verbindung mit der Geistlichkeit durch seine thätige Theilnahme an dem Göttinger Predigerverein. 1856 war er Mitbegründer der „Jahrbücher für deutsche Theologie“.

Wie Lücke so war auch E. ein warmer Freund der Bestrebungen der innern und äußern Mission. Ueber die erstere hat er sich 1851 in einem Vortrage auf dem Elberfelder Kirchentage ausgesprochen (Ueber die innere Mission unter den höheren Ständen); über die äußere Mission hat er sich ausführlich verbreitet in seiner „Praktischen Theologie“ I (1859), wo er der Theorie der Mission einen hohen Ehrenplatz gibt, indem er an erster Stelle von ihr redet und die gesammte Lehre von der Mission eingehend mit großer Liebe und mit einer durch umfassende Studien gereiften Einsicht behandelt. Er hatte die Absicht, die gesammte praktische Theologie wissenschaftlich darzustellen, ist aber über den ersten Band nicht hinausgekommen, da er durch andere Arbeiten in Anspruch genommen wurde. Als Aufgabe hatte er sich gesetzt, die Kirche in ihrer ewigen Bedeutung, in ihrer demüthigen und in der Demuth wirksamsten Gestalt, in ihrem Beruhen auf dem Herrn, seinem Wort und Sacrament, in ihrem Thun und Treiben zu erschauen und zu beschreiben. An ihrem ganzen reichen Entwicklungsgange, ihrem vollen organischen Dasein soll gezeigt werden, [288] wie diese Kirche mit allen unseren Zielen, göttlichen und menschlichen, verknüpft und wie darum die Abkehr von ihr nur Einbuße sei, die wir an unseren höchsten Gütern erleiden. Das erste Buch bringt die Grundlegung, eine eingehende Darlegung des Wesens der Kirche, von hier geht er zum geistlichen Amt und der Gemeinde über, um dann aus Glaube und Amt die Theologie und insbesondere die praktische mit ihren Theilen abzuleiten, im zweiten Buche folgt dann die erwähnte Theorie der Mission. Aber nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch trat er für die Mission ein, sowol durch persönliche Betheiligung an dem Göttinger Missionsverein, als durch Gründung eines Studentenvereins für innere Mission (1849).

Inzwischen war E. in die theologischen und kirchenpolitischen Kämpfe hineingezogen, welche damals die hannoversche Landeskirche bewegten. 1853 machten die Anhänger Petri’s unter den hannoverschen Geistlichen auf der Pastoralconferenz in Stade einen Vorstoß gegen die unionsfreundliche Göttinger Facultät. Dorner antwortete in deren Namen mit einer eleganten aber unvorsichtigen „Denkschrift zur Wahrung der evangelischen Lehrfreiheit“ (1854), die von Pastor Petri in Hannover „beleuchtet“ und vernichtet wurde. E., der mit seinem milden Sinne eine Verständigung erstrebte, suchte die verfahrene Sache durch die sehr geschickt und vorsichtig abgefaßte „Erklärung der theologischen Facultät in Veranlassung ihrer Denkschrift über die gegenwärtige Krisis des kirchlichen Lebens“ (Göttingen 1854) wieder einigermaßen ins rechte Gleis zu bringen. Seinem Einfluß ist es zuzuschreiben, daß der Friede zwischen den confessionellen Lutheranern und der Göttinger Facultät angebahnt wurde, der dann in den Katechismuswirren von 1862 hergestellt ist. In den letzteren ist er hervorragend betheiligt gewesen. Mit besonderer Vorliebe hatte er sich mit katechetischen Studien beschäftigt und die Ergebnisse derselben in größeren Schriften veröffentlicht: „Zur Geschichte des Katechismus mit besonderer Berücksichtigung der hannoverschen Landeskirche“ (Göttingen 1857) und „Die Katechismusfrage in der hannoverschen Landeskirche“ (ebd. 1862). Er gehörte seit 1861 der Commission an, die an Stelle des überlebten und unbrauchbaren Landeskatechismus von 1791 einen neuen setzen sollte. Nach seiner Meinung hätte erst die längst gewünschte und von der Vermittlungstheologie geforderte Presbyterial- und Synodalordnung eingeführt werden sollen, ehe man an den Katechismus ging. Es wurde der umgekehrte Weg eingeschlagen und damit der mit den politischen Verhältnissen Hannovers unzufriedenen liberalen Partei eine Handhabe gegeben, die Volksleidenschaften durch religiöse Fragen zu entfesseln. Es folgte nun der Katechismussturm von 1862, in dem auch E. schwer unter Kränkungen und Beleidigungen der Gegner zu leiden hatte. Als sich zeigte, daß vorwiegend politische Beweggründe bei diesen vorhanden waren, ist auch E. gegen sie aufgetreten, zuweilen allerdings ängstlich und um des Friedens willen allzu nachgiebig, denn er war ein Mann des Friedens und der stillen Arbeit, aber nicht des Kampfes. Der Streit, der mit der Zurücknahme des durch königliche Verordnung eingeführten Katechismus endete, hatte aber die Frucht, daß jetzt eine Kirchenvorstands- und Synodalordnung zu Stande kam. E. ist an der Vorsynode von 1863, auf welcher diese geschaffen wurde, bedeutsam betheiligt gewesen und hat durch seine treue und besonnene Mitarbeit mit Professor Herrmann, dem späteren Präsidenten des Oberkirchenraths in Berlin, dieses Werk gefördert, das die rechtliche Grundlage der lutherischen Landeskirche Hannovers geworden ist.

Auf die stürmischen Kampfeszeiten folgten dann noch lange Jahre friedlichen Schaffens im akademischen Lehramte. Vom öffentlichen Leben zurückgezogen (1864 ließ er sich auch von den Geschäften eines Mitgliedes des [289] Consistoriums zu Hannover entbinden) lebte er nur seinen Studien. Die geistigen Anstrengungen und Aufregungen der kirchenpolitischen Kämpfe hatten einen Hauptanstoß gegeben zu einem tiefen, langsam fortschreitenden Nerven-, Augen- und Gehirnleiden, das die Kraft des zarten Mannes lähmte. Aber noch einmal wollte er, wie er selbst sagte, daran arbeiten, die große Kluft zwischen der kirchlichen, ja selbst christlichen Anschauung und der öffentlichen Tagesmeinung, die im Katechismussturm offenbar geworden, zu überbrücken, soweit die Entschiedenheit des Glaubens dies zuließe. Es sind dies Lieblingsgedanken dieses friedfertigen Theologen, die in seinem letzten Buche: „Christenthum und moderne Weltanschauung“ (Göttingen 1876) niedergelegt sind, einer Frucht seiner akademischen Vorlesungen über die Geschichte der neueren Theologie. Er schildert hier rein geschichtlich die Entstehung der modernen Weltanschauung seit der Mitte des 18. Jahrhunderts, sodann den Gegensatz des Christenthums, bezw. der Kirche zur allgemeinen Weltanschauung und gibt zuletzt eine Uebersicht über den Gang der neueren Theologie, als Vermittlerin dieses Gegensatzes. Liebevoll versenkt er sich in die verschiedensten Gedankenbilder und gibt sie objectiv in künstlerischer Vollendung wieder. Aber über das Jahr 1848 geht er nicht hinaus, die neuere realistische Weltanschauung berührt ihn nicht, davor zieht sein feiner edler Sinn sich scheu zurück, auch hier seine Weltfremdheit bewährend. Er kehrt lieber aus den Wirren der Gegenwart zu den Idealen seiner besten Jahre zurück, zu der Idee des Reiches Gottes. „Wunderbar laufen alle Linien in dem Bilde der Entwickelungen, das an unserem Auge vorüber ging, in dem Einen Mittelpunkt zusammen, da sich die Idee eines alle Gebiete umschließenden Reiches erhebt. – Wer erkannt hat, was an dem Reich Gottes sei, hat den wahren Schlüssel gefunden, welcher die Erkenntniß des Verhältnisses von Cultur und Kirche aufschließt“. Ist das, so möchte man fragen, das Ende eines schönen Weges, der doch nicht zum Ziele führen konnte, oder eine Weissagung auf eine bessere Zeit? Jedenfalls beweist E. auch in diesem letzten Buche die feine und tiefsinnige Art, die seiner Theologie eigen ist. Er gedachte noch eine Fortsetzung zu geben, welche die positive Darlegung der christlichen Anschauung in seinem Sinne geben sollte, aber sein Leiden, unter dem schon der erschienene Theil redigirt ist, ließ es nicht dazu kommen. Er mußte sich von jeder amtlichen, zuletzt auch jeder geistigen Thätigkeit zurückziehen. Unter vielen Schmerzen und mancher Verdunkelung seines Geisteslebens hat er die letzten Jahre zugebracht. „Es kam nie eine Klage über seine Lippen, wie Gott will, darin ist seine Seele still geworden“, so bezeugte seine Frau, die ihn bis ans Ende pflegen durfte. Am 20. März 1878 endete der Tod sein arbeitreiches und reichgesegnetes Leben.

Schriften. Außer den bereits genannten sind noch aufzuzählen: „Zeugnisse aus dem akademischen Gottesdienste in Göttingen“, zwei Sammlungen von Predigten (Göttingen 1849 u. 1852). Daneben hat G. eine Reihe einzelner Predigten drucken lassen. In der Vierteljahrschrift für Theologie und Kirche (von Lücke und Wieseler herausgegeben Göttingen 1845 ff.) stehen verschiedene Aufsätze über Kirchenverfassung, Armenpflege, innere Mission, Gymnasium und Kirche u. s. w. und eine Abhandlung über den Gang der neueren Theologie. Die Jahrbücher für deutsche Theologie (Stuttgart) enthalten Abhandlungen über theologische Principienlehre 1856, über den höchsten Gegensatz in der Apologie des Christenthums 1857, über Schelling’s Philosophie der Offenbarung 1859, über den Begriff einer Geschichte des christlichen Lebens 1860, über geistliche und weltliche Rede 1869. Eine Lebensbeschreibung von Lücke gab er in der Realencyklopädie, eine des Heidelberger Theologen und [290] Pädagogen Schwarz in der pädagogischen Encyklopädie von Schmid, über Franz von Assisi und Claudius schrieb er in Piper’s evangelischem Kalender, endlich verfaßte er auch ein Lebensbild seines Schwagers Dr. Fink 1866.

Dorner, Zum Andenken an Dr. Ehrenfeuchter (Jahrbb. f. deutsche Theologie 1878. Bd. XIII, H. 2, S. 315 ff.). – Wagenmann, Art. Ehrenfeuchter in Real-Encyklopädie³ V, S. 229 ff. – Nekrologe in der „Volkskirche“ 1878, S. 72 ff., Beilage z. Allg. Zeitung (Augsburg) 1878, Nr. 187, Protestant. K.-Zeitung 1878, Nr. 21, Neue Ev. K.-Zeitung 1878, Nr. 17.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Ludwig Adolf Petri (1803–1873), Neulutheraner