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ADB:Ehrhardt, Adolf

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Artikel „Ehrhardt, Adolf“ von Ludwig Julius Fränkel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 48 (1904), S. 290–292, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Ehrhardt,_Adolf&oldid=- (Version vom 19. Dezember 2024, 00:12 Uhr UTC)
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Ehrhardt: Karl Ludwig Adolf E., Historienmaler, 21. November 1813 zu Berlin geboren, fand daselbst auf dem Joachimsthal’schen Gymnasium wenig Vorbildung für seinen, Herbst 1830 begeistert gewählten Beruf und besuchte die Kunstakademie zu Düsseldorf seit 1832, an die damals unter Leitung und im Geiste des alten Schadow stehende unter dem Zeichen der Romantik eine Menge von Schülern zusammenströmte. Unter Schadow entwickelte der junge Maler seine schönen Anlagen, bei ihm arbeitete er die ersten Bilder. Dann ging er Ende 1838 mit seinem dorthin berufenen Lehrer Bendemann nach Dresden als Gehülfe bei dessen Wandmalereien im Thron- und im Ballsaale des königlichen Schlosses. Er verblieb daselbst und wurde 1846 Professor an der Kunstakademie. Nach den Dresdener Hofmalereien führte er verschiedene Altargemälde für Kirchen und profane Historienbilder aus, „die bei tüchtiger Zeichnung und angenehmem Kolorit durch die Lieblichkeit der Motive anziehen“ (Künstlerlexikon). Aus der Reihe der zahlreichen Schöpfungen Ehrhardt’s seien genannt: „Der Tod des Sängers Rudello“ (nach Uhland); „Karl der Große an der Leiche seiner Gemahlin Fastrada“; „Rinaldo und Armida“; „Dem Dante, Virgil und Statius erscheinen Lea und Rahel“; „Ludwig der Bayer, Friedrich den Schönen in der Gefangenschaft aufsuchend“; „Karl V. im Kloster St. Just“; „Luther mit den beiden Studenten im Bären zu Jena“ (Städtisch. Museum zu Leipzig); „Moses schlägt Wasser aus dem Felsen“; „Jephtha’s Tochter zum Opfertod bereit“; „Auferstehung Christi“; „Christus mit Maria und Martha“. Auch im Porträtfache hat E. hervorragendes geleistet; unter seinen ausgezeichnet gelungenen Bildnissen ist eines von Ludwig Richter besonders zu erwähnen, daneben das des Königs Friedrich August II. von Sachsen (in Dresden). Ferner birgt das Gymnasium zu Bautzen ein Monumentalgemälde. Als dritter mit Bendemann und Stüber bildete E. in Dresden die Gruppe der Düsseldorfer, sie galten als Coloristen, und Schnorr von Carolsfeld sah ziemlich hochmüthig auf dies Terzett herab, ja gerieth mit ihnen öfters in einen, nicht bloß künstlerischen Streit. Als nun der von der Düsseldorfer Schule ausgebreitete sog. Colorismus in Mißachtung, ja Verruf kam, ersetzte Poth 1877 unsern E. im Malsaale der Dresdener Akademie, während E. selbst erst Lehrer in deren Actsaal, dann Disciplinar- und Studienprofessor wurde. Im J. 1889 trat er, hochbejahrt und durch die neuen Richtungen längst aus der ehemaligen führenden Stelle gedrängt, in den Ruhestand. Die Jahre seit 1892 verbrachte der allmählich erblindete Mann bei seinem Sohne in Wolfenbüttel, und sein Tod, daselbst am 19. November 1899 erfolgend, erweckte das Andenken an eine lange entschwundene Großzeit deutscher Malkunst, über die der Geschmack der Genießenden wie die Praxis der Ausübenden in der Hauptsache zur Tagesordnung übergegangen waren. Unter den vielen, ihm zu Theil gewordenen Auszeichnungen waren auch auswärtige, z. B. der österreichische Franz-Josefs-Orden.

E. hat außer den zahlreichen Erzeugnissen seines liebevoll gepflegten Specialfachs eine Reihe von Cartons und Farbenskizzen zu Glasmalereien [291] für Kirchen in England geliefert, auch glückliche Zeichnungen zu verschiedenen illustrirten Werken und einige Radirungen zu dem köstlichen Bändchen „Lieder eines Malers, mit Handzeichnungen seiner Freunde, von Robert Reinick“. Er schrieb „Die Kunst der Malerei. Eine Anleitung zur Ausbildung der Kunst. Nebst einem Anhang zur Nachhilfe bei dem Studium der Perspektive, Anatomie und der Proportionen. Mit 53 Tafeln und Text-Illustrationen in Holzschnitten“ (1885; 2. [Titel-]Aufl. 1894) und veröffentlichte von C. F. Prange’s zuerst 1828, in 3. Auflage 1851 erschienener Uebersetzung M. L. B. Bouvier’s „Manuel des jeunes artistes et amateurs en peinture“, eine „vierte neu bearbeitete“ Auflage 1861 als „Handbuch der Oelmalerei für Künstler und Kunstfreunde“, eine 5. nach der 4. gänzlich neubearbeitete (1875) und noch eine 6. im J. 1882. Schon in der vierten Ausgabe, als E. die erste Umgestaltung des Bouvier’schen Textes besorgte, hat er an die Stelle des veralteten Originalanhangs einen eigenen „über Erhaltung und Herstellung alter Gemälde“ gesetzt. Im Juli 1875 erzählte dann seine neue Vorrede, daß er die Erfahrungen neuerer Technik in das frei bearbeitete Werk eingefügt und nun alles nicht rein Sachgemäße, die „behaglichen Plaudereien“ u. s. f. gestrichen habe; der Anhang verbreitet sich diesmal „über Conservirung, Regeneration und Restauration alter Gemälde“, und außer diesem besteht nun das Werk aus 30 in der Grundlage von Bouvier in Prange’s Verdeutschung überkommenen „Lektionen“ abhandelnden Charakters und der beibehaltenen ausführlichen Erklärung der das Buch abschließenden (7 instructiven) Kupfertafeln Bouvier’s. Das Compendium in dieser Ehrhardt’schen Redaction und Umformung bewahrt sich in technischer Hinsicht und durch die Fülle feiner Beobachtungen, ungeachtet allen Wandels künstlerischer und ästhetischer Anschauung und trotz seiner etwas altfränkischen Anlage bis heute verdientes Ansehen.

Entsprechend dem gesunkenen Renommé Ehrhardt’s in der Schätzung der Zeitgenossen behandeln ihn die neueren Auflagen der üblichen Nachschlagewerke knapper als die früheren; vgl. z. B. Meyer’s Konversationslex.5 V (1894) S. 425, auch H. A. Müller, Allgem. Künstlerlex. I2 (1878) S. 442 f. und daneben dessen Neuausgabe von Singer (1895). Außer letzterem sind oben dem kundigen Nachrufe von —n. in den Münch. Neuesten Nachrichten vom 14. Dec. 1899 Nr. 559, S. 3 mancherlei Angaben entlehnt.

Nun findet sich ferner in dem Nachschlage- und Anthologiewerke (Martin Maack’s) „Die deutschen Dichter der Gegenwart mit besonderer Berücksichtigung der Novellisten“ (1896) S. 191 bei einem kurzen Lebensabriß Ehrhardt’s die Angabe: „E. hat eine große Reihe Novellen geschrieben, die zum Theil in Zeitschriften, zum Theil in Buchform erschienen sind“, und demgemäß hat Brümmer in sein Lex. d. dtsch. Dcht. u. Pros. d. 19. Jhrhs. 4 u. 5 I, 309 eine Skizze über E. aufgenommen, die den Künstler zwar nur „auch als Schriftsteller auf dem Gebiet der Malerkunst thätig“ sein läßt, aber sofort dahinter als seine litterarischen Leistungen diejenigen beiden Veröffentlichungen seines hohen Alters aufzählt, die Ehrhardt’s einziges, wohlgelungenes Hinübergreifen in die Belletristik bedeuten dürften: „Gerda, oder Zwei Sommer-Sonnenwende-Tage. Eine Erzählung aus dem Ende des 3. Jahrhunderts. Mit einem Grundriß eines römischen (vornehmen) Wohnhauses“ (1889; 2. Aufl. 1894) und „Helene und [vier kürzere] andere Erzählungen“ (1891), diese als zweiter Band der Sammlung (classischer und) neuerer Novellen „Vom Jahrmarkt des Lebens“. Es scheint, daß bei der obigen Notiz über Ehrhardt’s angebliche Fruchtbarkeit belletristischen Genres eine Verwechslung mit dem fruchtbaren Lustspieldichter Frdr. Wilh. Ernst Eugen Adolf Ehrhardt (seit 1891 Ehrhardt-Korte, geboren 1843) unterläuft. Eine merklichere Bedeutung für die Litteratur [292] oder für unser Urtheil über Ehrhardt’s Rang kommt diesen originellen Novellen nicht zu.