ADB:Schmölders, Franz August

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Artikel „Schmölders, Franz August“ von Theodor Weber in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 32 (1891), S. 58–59, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schm%C3%B6lders,_Franz_August&oldid=- (Version vom 19. April 2024, 03:49 Uhr UTC)
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Schmölders: Franz August S. ward geboren am 28. November 1809 zu Rhede bei Bocholt, Reg.-Bez. Münster i. W. und starb zu Breslau am 21. Februar 1880. Im Herbste 1830 bezog er die Universität Bonn, wo er zunächst neben philosophischen vorzugsweise theologische Vorlesungen hörte. Bald aber widmete S. unter Freitag’s, Schlegel’s und Lassen’s Leitung sich gänzlich dem Studium der orientalischen Philologie, namentlich des Hebräischen, Arabischen, Persischen, Syrischen, Sanskrit und Zend. Begabung und Neigung bestimmten ihn schon frühzeitig, seine Aufmerksamkeit vor allem der Philosophie des Orients und vorzugsweise der der Araber zuzuwenden. Von dem um die Geschichte der griechischen Philosophie so hochverdienten Brandis in diesem Entschlusse bestärkt, beschäftigte er sich in den letzten Semestern seines Aufenthaltes zu Bonn fast ausschließlich mit dem Aristoteles. Schon in den ersten Jahren seiner akademischen Studien erhielt S. bei der Bewerbung um ein aus der arabischen Litteratur gestelltes Thema das Accessit; im J. 1835 wurde ihm für eine von der philosophischen Facultät geforderte neue Edition und Recension des indischen Gnomikers Bhartriharis der volle Preis zuerkannt. Am 22. Juli 1836 wurde S. in Bonn zum Dr. philosophiae promovirt. In demselben Jahre veröffentlichte er ebendaselbst die seinen Lehrern Freitag und Brandis gewidmete Schrift: „Documenta philosophiae Arabum.“ Bald darauf begab er sich zur Fortsetzung, Erweiterung und Vertiefung seiner Studien nach Paris. Eine von der Akademie der Wissenschaften zu Berlin ihm verliehene namhafte Unterstützung machte es S. möglich, seinen Aufenthalt in Paris auf nahezu 3 Jahre und 6 Monate auszudehnen. Während dieser Zeit beschäftigte er sich ausschließlich mit arabischer Philosophie. Er war ein fleißiger Zuhörer de Sacy’s, Reinaud’s und Jaubert’s. Hauptsächlich aber nahm ihn die Abfassung eines in französischer Sprache geschriebenen Buches: „Essai sur les écoles philosophiques chez les Arabes et notamment sur la doctrine d’Algazzali“ in Anspruch, welches er im J. 1842 vollendete und bei Firmin Didot Frères zu Paris erscheinen ließ. Die Vorrede der durch Form und Inhalt hervorragenden Arbeit trägt schon wieder das Datum: Bocholt (en Prusse) le 29. Mai 1842. Nach seiner Rückkehr aus Frankreich habilitirte sich S. an der Universität zu Berlin für orientalische Philologie. Schon am 22. December 1842 begann er mit einer öffentlichen Vorlesung: „De natura et indole grammaticae comparativae“ seine akademische Lehrthätigkeit. Der damalige Cultusminister Eichhorn schätzte Schmölders’ wissenschaftliche Bedeutung sehr hoch. Er wendete ihm wiederholt ansehnliche staatliche Unterstützungen zu und ernannte ihn am 29. Juni 1844 zum außerordentlichen Professor der orientalischen Sprachen an der Universität Breslau. Noch in demselben [59] Jahre veröffentlichte S. in den Berliner Jahrbüchern für wissenschaftliche Kritik eine ausführliche Besprechung der Schrift: „Ueber unsere Kenntniß der arabischen Philosophie von Heinr. Ritter“.

Mit dem Extraordinariat bei der Universität wurde S. gleichzeitig eine Lehrerstelle bei dem königl. Matthias-Gymnasium in Breslau übertragen. Hier leitete er 16 Jahre hindurch den Unterricht im Französischen und Hebräischen; auch richtete er mit Genehmigung des vorgesetzten Provinzial-Schulcollegiums für die befähigteren Schüler der oberen Classen einen freiwilligen Cursus im Englischen ein, welcher stets mit großer Freude und reger Theilnahme besucht wurde. Seit der Veröffentlichung seines Essai im J. 1842 war Schmölders’ wissenschaftlicher Ruf in weite Kreise gedrungen und fand allgemeine Anerkennung. Wilhelm II., König von Holland und Großherzog von Luxemburg, ließ ihm im J. 1843 die große goldene Medaille für Kunst und Wissenschaft überreichen mit der Umschrift: Viro docto Augusto Schmölders hist. phil. apud Arabes interpreti acutissimo. Rex. Am 1. Mai 1846 wurde er von der deutschen morgenländischen Gesellschaft zu ihrem ordentlichen Mitgliede ernannt. Durch den am 5. April 1860 erfolgten Tod des Professors Dr. Bernstein war die ordentliche Professur für orientalische Sprachen und Litteratur an der Universität zu Breslau erledigt. Sie wurde auf Antrag der Facultät am 10. October desselben Jahres S. übertragen. Zur definitiven Uebernahme des neuen Amtes verfaßte er die Schrift: „De studiis Arabum grammaticis“, welche 1872 im Druck erschien. Am 23. März 1869 hatte S. noch die Freude, zum correspondirenden Mitgliede der Società Italiana di Storia ed Archeologia ernannt zu werden. Die Uebernahme der ordentlichen Professur war für S. Sporn und Veranlassung, mit verdoppeltem Eifer der Lehrthätigkeit bei der Universität sich zu widmen. Geschrieben und durch den Druck veröffentlicht hat er seit jener Zeit nur mehr weniges; so namentlich eine große und eingehende Abhandlung über Algazzali in der allgemeinen Encyklopädie von Ersch und Gruber. An zahlreicheren wissenschaftlichen Publicationen hinderten ihn theils seine vielfache Beschäftigung als akademischer Lehrer und als Mitglied der wissenschaftlichen Prüfungscommission, in der er viele Jahre hindurch Examinator im Englischen und Französischen war, theils seine Stellung bei dem königl. Stadt- und Appellationsgerichte, an denen er als vereideter Dollmetscher aller fremdländischen Sprachen – er beherrschte deren nicht weniger als 22 – mit Ausnahme der slavischen fungirte. Der Hauptgrund aber, der Schmölders’ schriftstellerische Thätigkeit seit dem Anfang der sechsziger Jahre beeinträchtigte, lag in einem hartnäckigen Unterleibsleiden, welches den reichbegabten Denker und vielseitigen Gelehrten bis zu seinem Tode nicht verlassen hat und im Anfange des Jahres 1880 unerwartet dahinraffte. Auf dem Vincenz-Kirchhofe zu Breslau ziert ein von der Familie errichtetes würdiges, granitenes Denkmal die Ruhestätte des Entschlafenen. Aus seinem litterarischen Nachlasse sind 16 Abschriften Pariser und Leidener arabischer Handschriften, die S. in den Jahren 1838 und 1839 selbst genommen, der Bibliothek der morgenländischen Gesellschaft zu Halle a. S. übergeben worden. Außerdem bearbeitete S. die von der Académie des Inscriptions et Belles-Lettres zu Paris im J. 1867 ausgeschriebene Preisaufgabe: „De la lutte entre la philosophie et la théologie des Arabes au temps de Gazzali et de l’influence que cette lutte a exercée sur l’une et sur l’autre.“ Die Reinschrift der Arbeit ist Eigenthum der Akademie; doch gestattet dieselbe einem von der Familie des Verfassers Bevollmächtigten, Abschrift zu nehmen. (Vgl. die ausführlichere, ebenfalls von mir verfaßte Lebensskizze in: „Schlesische Zeitung“ vom 6. März 1880, 1. Beilage.)